Pflegeversicherung
Leistungen der Pflegestufe III
Antrag auf Höherstufung
Grundpflegebedarf
Tatbestand
Der 1944 geborene Kläger leidet an verschiedenen Gebrechen, u. a. einem Zustand nach Nierenzell-Karzinom-Operation links in
2014, einer Gehbehinderung, einem sehr schlecht eingestellten Diabetes mellitus, sowie verschiedenen Erkrankungen des Bewegungsapparates,
vor allem aber auch an einer geistigen Erkrankung, und zwar entweder einer Demenz oder einer Schizophrenie bzw. Depression
mit beginnenden schizophrenen Zügen.
Seit dem 01.12.2009 bezieht der Kläger Leistungen der Pflegestufe II. Am 16.05.2012 stellte er einen Höherstufungsantrag.
Die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 21.05.2013 ergab einen Grundpflegebedarf
von 156 Minuten täglich. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.05.2013 den Höherstufungsantrag ab. Auf den dagegen
eingelegten Widerspruch hin veranlasste die Beklagte eine erneute Begutachtung durch den MDK mit Hausbesuch. Der MDK ermittelte
in seinem Gutachten vom 13.09.2013 weiterhin nur einen Grundpflegebedarf von 158 Minuten, traf aber darüber hinaus die Feststellung,
dass die Alltagskompetenz in erheblichem Maße eingeschränkt sei.
Mit Bescheid vom 24.09.2013 bewilligte die Beklagte zusätzliche Betreuungsleistungen von bis zu 100 EUR pro Monat ab dem 01.09.2013.
Am 11.11.2013 beantragte der Kläger zur Niederschrift des Sozialgerichts München die Anerkennung der Pflegestufe III ab März
2013.
Eine Begutachtung durch den MDK vom 09.07.2014 ergab einen Grundpflegebedarf von 137 Minuten täglich.
Mit Bescheid vom 16.07.2014 teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 04.07.2013 mit, dass
Schwerstpflegebedürftigkeit nicht bestehe.
Gegen den Bescheid vom 16.07.2014 erhob der Kläger am 21.08.2014 beim Sozialgericht (SG) München Klage.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2014 wies die Beklagte den am 04.07.2013 gegen den Bescheid vom 27.05.2013 eingelegten
Widerspruch als zulässig, aber unbegründet zurück.
Das SG bestellte den Arbeits- und Sozialmediziner Dr. H. zum Sachverständigen, der in seinem Gutachten vom 11.04.2015, das unter
Heranziehung einer Dolmetscherin für Bosnisch mit Hausbesuch erstellt worden war, einen Grundpflegebedarf von 191 Minuten
täglich sowie eine in erhöhtem Maße eingeschränkte Alltagskompetenz ermittelte.
Aufgrund dieses Gutachtens bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 26.05.2015 zusätzliche Betreuungsleistungen von bis zu
200 EUR monatlich ab dem 01.04.2013.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2015 (Az. S 12 P 228/15) die Klage abgewiesen.
Der Kläger gegen den Gerichtsbescheid, der ihm am 03.09.2015 zugestellt worden war, am 17.09.2015 beim Bayerischen Landessozialgericht
(LSG) Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht lediglich vorgebracht, dass die
Ausführungen seiner Ehefrau gegenüber dem Sachverständigen Dr. H. falsch übersetzt worden seien.
Der Senat hat mit Beschluss vom 14.06.2016 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 28.08.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 27.05.2013, den weiteren
Bescheid vom 16.07.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 05.11.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger
Pflegegeld der Pflegestufe III ab dem 01.05.2012 zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§
105 Abs.
2 Satz 1,
143, 151
Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Berufung bedarf gemäß §
144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist zulässig als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
1 in Verbindung mit Abs.
4 SGG gegen den Ablehnungsbescheid vom 27.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2014. Der Bescheid vom 16.07.2014
ist gemäß §
86 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die Klage ist nicht begründet. Die Voraussetzungen der Pflegestufe III lagen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vom
01.05.2012 bis zur mündlichen Verhandlung nicht vor. Erforderlich wäre zur Zuerkennung der Pflegestufe III nach den §§
14,15
SGB XI ein Grundpflegebedarf von mindestens 240 Minuten. Festgestellt wurde jedoch in den Gutachten des MDK Bayern ein Grundpflegebedarf
von nur 156 bzw. 158 bzw. 137 Minuten. Das Sachverständigengutachten des Dr. H. hat einen Grundpflegebedarf von 191 Minuten
täglich ermittelt. Dieses Gutachten ist höchst sorgfältig erstellt, berücksichtigt die Begutachtungs-Richtlinien und ist in
jeder Hinsicht schlüssig. Das Gericht hat den Kläger bzw. dessen Ehefrau mehrfach darüber aufgeklärt, dass substantielle Einwände
gegen konkrete Feststellungen des Sachverständigengutachtens vorgebracht werden müssten, um das Vertrauen in die Richtigkeit
dieses Gutachtens zu erschüttern und eventuell Anlass für weitere Ermittlungen zu geben. Der Kläger hat insoweit jedoch lediglich
vorgebracht, dass bei der Begutachtung durch Dr. H. die Dolmetscherin für die bosnische Sprache nicht korrekt übersetzt habe.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht glaubhaft. Dr. H. schildert in seinem Gutachten ausführlich die Schwierigkeiten, sich mithilfe
der Dolmetscherin mit der Ehefrau des Klägers zu verständigen. Dabei lagen, was aus dem Gutachten klar hervorgeht, die Schwierigkeiten
nicht bei der Übersetzung selbst, sondern darin, dass die Ehefrau des Klägers immer wieder vom Thema abschweifte und in ihrem
Redefluss kaum zu stoppen war. Dieselbe Beobachtung wurde vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gemacht. Rein in sprachlicher
Hinsicht war dabei eine Verständigung mit der Ehefrau auf Deutsch, wenn auch etwas mühsam, möglich. Der Kläger hat auch in
keiner Weise vorgebracht, welche seiner Aussagen bzw. welche Aussagen seiner Ehefrau falsch übersetzt worden seien und welche
Aussagen richtig wären. Insofern ist der pauschale Hinweis auf angebliche Übersetzungsfehler in keiner Weise geeignet, die
Überzeugung des Senats von der Richtigkeit des Gutachtens des Dr. H. zu erschüttern.
Gemäß §
153 Abs.
5 SGG konnte der Senat in der Besetzung durch den Berichterstatter als Vorsitzenden und zwei ehrenamtliche Richter entscheiden,
weil die erstinstanzliche Entscheidung durch Gerichtsbescheid ergangen war und der Senat durch Beschluss vom 14.06.2016 die
Berufung auf den Berichterstatter übertragen hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung
des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).