Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob weitere Gesundheitsstörungen Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2000 sind und ob
über den 28.01.2001 hinaus unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Verletztengeld bestanden hat.
Die Klägerin war in ihrem eigenen Versicherungsbüro tätig, als sie am 19.12.2000 auf dem Weg zu einem Kunden in einen Verkehrsunfall
verwickelt wurde. Ein anderer PKW fuhr auf ihr Fahrzeug auf. Am 21.12.2000 begab sie sich zu dem Allgemeinarzt Dr.E. in Behandlung.
Dieser stellte eine Distorsion der Halswirbelsäule und eine Kontusion des linken Kniegelenks mit einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit
von voraussichtlich zwei Wochen fest. Dem Durchgangsarzt Dr.E. stellte sich die Klägerin erstmals am 15.01.2001 vor. Dr.E.
beschrieb in seinem Bericht vom 22.01.2001 eine deutliche Muskelverspannung der Nacken- und Schultermuskulatur, schmerzhaft
eingeschränkte Bewegung der Halswirbelsäule bei Drehung des Kopfes nach rechts, Kopfschmerzen, gelegentlich pelziges Gefühl
am vierten rechten Finger rechts bei bestimmten Haltungen der Halswirbelsäule. Seine Diagnose lautete ebenfalls Distorsion
der Halswirbelsäule. Auf Wunsch der Klägerin war von einer Röntgenuntersuchung Abstand genommen worden. Der Neurologe Dr.Z.
berichtete über eine Untersuchung der Klägerin am 26.01.2001. Danach sei die Halswirbelsäulenbeweglichkeit frei gewesen, bei
Drehung in Reklination nach beiden Seiten sei eine Schmerzausstrahlung in die rechte Schulter bei ansonsten freier Beweglichkeit
der Extremitäten angegeben worden. Dysästhesien hätten im distalen C8-Dermatom, vor allem der Finger vier und fünf bestanden.
Dies sei als Reizung aus dem C8-Dermatom zu deuten gewesen.
Mit Bescheid vom 16.02.2001 gewährte die Beklagte der Klägerin Verletztengeld für die Zeit vom 12.01.2001 bis 28.01.2001.
Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der Halswirbelsäule vom 10.04.2001 zeigte eine Protrusion bei C 5/6 und C 6/7. Der Verdacht
auf eine Wurzelirritation bei C 7 beidseits wurde geäußert. Dr.E. bestätigte, dass die Klägerin ab 29.01.2001 wieder arbeitsfähig
gewesen sei. Dr.Z. berichtete über das Ergebnis der Untersuchung der Klägerin am 07.12.2001 und Dr.S. über die Untersuchung
am 20.11.2001. Erneute Arbeitsunfähigkeit bescheinigte Dr.S. vom 13.12.2001 bis 26.12.2001.
Mit Bescheid vom 13.12.2001 erkannte die Beklagte den Unfall vom 19.12.2000 als Arbeitsunfall an mit folgenlos verheilter
Zerrung der Halswirbelsäule. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe bis 20.04.2001 bestanden und unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
vom 22.12.2000 bis 28.01.2001. Ein Muskelhartspann der Schulter- und Nackenmuskulatur mit Schmerzausstrahlung in den rechten
Arm, schmerzhafte Einschränkungen der Beweglichkeit im Bereich der Halswirbelsäule, Missempfindungen im Bereich der vierten
und fünften Finger rechts, abnutzungsbedingte Knorpelveränderungen mit verformenden Veränderungen an den Halswirbelkörpern
(Spondylochondrose) mit Verlagerung der Bandscheiben in Höhe der Halswirbelkörper 5/6 und 6/7, wiederkehrende Irritationen
der Nervenwurzeln in Höhe des siebten und achten Halswirbelkörpers sowie Schwindel seien nicht Folge des Arbeitsunfalls. Diese
Entscheidung stütze sich vor allem auf das Ergebnis des MRT vom 10.04.2001. Zu diesem Zeitpunkt hätten keinerlei unfallbedingte
Verletzungen von Knochen, Muskeln, Sehnen, Bändern oder sonstigen Weichteilen mehr festgestellt werden können.
Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein. Die Unfallfolgen seien keineswegs folgenlos verheilt. Sie sei wieder arbeitsunfähig
erkrankt auf Grund verstärkter Schmerzen im rechten Arm, Taubheitsgefühle im vierten Finger der rechten Hand und Kopfbeschwerden.
Ein weiteres MRT der rechten Schulter und der Halswirbelsäule vom 06.02.2002 habe den früheren Verdacht einer Deckplattenimpressionsfraktur
von HWK 7 bestätigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei dem Unfall sei
es lediglich zu einer leichten Zerrung der Halswirbelsäule ohne frische knöcherne Verletzungen oder Rupturen der Längsbänder
bzw. der Muskulatur gekommen.
Gegen die vorgenannten Bescheide erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Regensburg mit dem Antrag, ihr über den 20.04.2001
(richtig wohl über den 28.01.2001) Verletztengeld und Verletztenrente zu gewähren. Sie bezog sich auf Bescheinigungen der
Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2002 über 57 Tage, nämlich vom 29.07. bis 02.08.2002 (5 Tage), 09.08. bis 16.08.2002 (8 Tage) und
19.09. bis 01.11.2002 (44 Tage), die Dr.D. attestiert hatte.
Auf Antrag der Klägerin (§
109 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) erstattete der Chirurg Dr.I. am 26.11.2003 ein Gutachten zu den ihm vom Sozialgericht vorgegebenen Fragen, nämlich welche
Gesundheitsstörungen durch den Unfall vom 19.12.2000 hervorgerufen oder wesentlich verschlimmert worden seien, wie hoch die
Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab dem Wegfall der Arbeitsunfähigkeit am 28.01.2001 einzuschätzen sei und ob nach dem
28.01.2001 eine weitere unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten
vom 26.11.2003 aus, nach den ihm vorliegenden MRTs vom 10.04.2001 und 06.02.2002 handle es sich um folgende Unfallfolgen:
Impressionsfraktur HWK 5, Zervikobrachialgien rechts mit sensiblen C8-Symptomen rechts, chronische Zephalgien, Vertigo, Tinnitus,
schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, zephales Syndrom nach schwerem Beschleunigungstrauma. Die MdE sei
hierfür mit 20 v.H. einzuschätzen. Weitere mögliche Arbeitsunfähigkeitszeiten nach dem 29.01.2001 wegen Schulter-Nacken-Schmerzen,
Zervikobrachialgien, Schwindel und Kopfschmerzen müssten als unfallbedingt bewertet werden.
Das Sozialgericht zog die Akten des Zentrums Bayern bei. In einer von der Beklagten vorgelegten beratungsfachärztlichen Stellungnahme
nach Aktenlage führte Prof.Dr.H. am 23.02.2004 aus, die bereits in der Kernspintomographie vom 10.04.2001 abgebildeten erheblichen
Vorschäden seien unfallunabhängig. Die leichte Impression der Deckplatte von C7 halte er für eine altersgemäße Erscheinung
und nicht für eine traumatische Schädigung. In letzterem Fall hätte es nicht bloß zu einer leichten Impression einer Deckplatte
und zudem ohne begleitende Bandverletzungen oder Wirbelkörperbrüche kommen dürfen. Es sei überhaupt fraglich, ob eine Deckplattenimpression
C7 vorliege, da in diesem Bereich keine Bone bruise-Veränderung nachgewiesen sei.
Nach Anhörung wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2004 ab. Es ging davon aus, die Klägerin habe
lediglich Verletztengeld über den 28.01.2001 hinaus begehrt. Ein solcher Anspruch sei unbegründet. Dies lasse sich aus den
nach dem Unfall erhobenen Befunden der behandelnden Ärzte ableiten. Soweit die Klägerin Verletztenrente begehre, sei die Klage
unzulässig und insoweit abzuweisen. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden nur über die Dauer der Gewährung von
Verletztengeld und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit entschieden und zur Frage der Rentengewährung nicht Stellung genommen.
Insoweit liege noch kein anfechtbarer Verwaltungsakt vor.
Dagegen legte die Klägerin Berufung ein. Im Schriftsatz vom 15.08.2004 stellte sie den Antrag, als Folge des Arbeitsunfalls
vom 19.12.2000 festzustellen: Impressionsfraktur HWK 5, Cervikobrachialgien rechts mit sensiblem C8-Syndrom rechts, chronische
Zephalgien, Vertigo, Tinnitus, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, zephales Syndrom, narbige Veränderungen
an der Supraspinatussehne, Schultereckgelenksarthrose und SLAP-Läsion. Ferner beantragte sie, die Beklagte zur Zahlung eines
weiteren Verletztengeldes für die Zeit vom 29.01. bis 19.06.2001 zu zahlen sowie im Anschluss daran Verletztenrente nach einer
MdE um 20 v.H. Sie stützte ihr Begehren auf die überzeugenden Ausführungen des Dr.I. und wehrte sich gegen eine Verwertung
der Stellungnahme des Prof.Dr.H., der ein Mitarbeiter der Beklagten sei. Im Übrigen habe das Sozialgericht ihrem Antrag, Dr.I.
in der mündlichen Verhandlung zu hören, zu Unrecht nicht stattgegeben. Sie verwies darauf, dass die Beklagte inzwischen einen
Bescheid vom 05.10.2004 erlassen und auf §
96 SGG Bezug genommen habe. Ihrer Meinung nach sei der Bescheid vom 05.10.2004 nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden,
da die Beklagte darin Rente abgelehnt habe mit der Begründung, über die 26. Woche habe keine unfallbedingte MdE bestanden.
Im jetzigen Berufungsverfahren sei allein Verletztengeld Streitgegenstand. Die Beklagte stimmte insoweit zu, als auch ihrer
Meinung nach der Bescheid vom 05.10.2004 nicht Streitgegenstand geworden sei. Weiter stützte sich die Klägerin auf einen Arztbrief
des Dr.D. vom 06.10.2004 und eine Stellungnahme des Dr.I. vom 27.01.2005. Danach sei ein Deckplatteneinbruch bei HWK 7 eindeutig
bestätigt.
Der Senat zog die Akten des Landgerichts B-Stadt I über den Rechtsstreit der Klägerin gegen die G. Allgemeine Versicherungs-
AG bei. In diesem Verfahren wurden Gutachten des Privatdozenten Dr.M., Rheumazentrum O. sowie des Chirurgen Dr.B. eingeholt.
Beide Sachverständige hielten eine Deckplattenimpressionsfraktur traumatischer Art bei C7 für nicht nachvollziehbar bzw. sogar
für ausgeschlossen. Sie gingen dabei eingehend auf von Dr.V. gefertigte bildgebende Befunde ein.
Der Senat zog die einschlägigen MRTs bei und beauftragte den Chirurgen Dr.G., Oberarzt des Krankenhauses der Barmherzigen
Brüder in B-Stadt, mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens. Der Sachverständige führte am 28.02.2008 aus, bei der Klägerin
sei eine Halswirbelsäulendistorsion mit funktionellen Störungen ohne Nachweis struktureller unfallbedingter Schäden abgelaufen.
Es sei lediglich zu einem Muskelhartspann und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule gekommen.
Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 28.01.2001, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis 20.04.2001 bestanden. Eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit habe zu keiner Zeit vorgelegen. Nach der sog. Quebec-Klassifikation habe es sich um eine HWS-Distorsion
Grad II, nach der Einteilung von Schröter nach Grad I gehandelt.
Am 10.07.2008 beantragte die Klägerin die mündliche Anhörung des Dr.G. zu einem Vorbringen, das sie im Schreiben vom 21.06.2008
zusammengefasst habe. Darin führte sie aus, Dr.G. lüge und habe einige Sachverhalte offensichtlich zu ihren Ungunsten dargestellt,
nämlich dass ihr Fahrzeug keinerlei Schäden aufgewiesen habe, sie nur bestimmte Medikamente vertrage, sie häufig ausschweifend
bzw. ohne wesentliche Leidensbetonung ihre Beschwerden vorgetragen habe, sie bei der Untersuchung durchaus schmerzhafte Bewegungseinschränkungen
gehabt habe und eine Reihe von Befunden reine Dichtung seien.
Am 20.02.2009 wies der Senat darauf hin, dem Schreiben der Klägerin vom 21.06.2008 könne kein Aufklärungsbedarf bezüglich
des Gutachtens des Dr.G. entnommen werden. Eine ergänzende Stellungnahme durch Dr.G. erscheine nicht geboten.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Regensburg vom 16.07.2004 und
Abänderung des Bescheids vom 13.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2002 zu verurteilen, als weitere
Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.12.2000 festzustellen: Impressionsfraktur HWK 5, Zervikobrachialgien rechts mit sensiblem
C8-Syndrom rechts, chronische Zephalgien, Vertigo, Tinnitus, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, zephales Syndrom,
narbige Veränderungen an der Supraspinatussehne, Schultergelenksarthrose und SLAP-Läsion und ihr für die Zeit vom 29.01.2001
bis 19.06.2001 Verletztengeld zu zahlen; hilfsweise Dr.G. und Dr.I. mündlich zu ihren Einwendungen aus ihrem Schreiben vom
21.06.2008 anzuhören.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 16.07.2004
zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sacherhalts gemäß §
136 Abs.2
SGG auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägerin ist zulässig (§§
143,
151 SGG), aber unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen ihres Arbeitsunfalls vom 19.12.2000
und ebenso wenig Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit über den 28.01.2001 hinaus.
Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß
§
54 Abs.1 und 55 Abs.1 Nr.3
SGG. Soweit die Klägerin die Zahlung von Verletztengeld über den 28.01.2001 begehrt, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage nach §
54 Abs.1 und 4
SGG mit dem Ziel eines Grundurteils.
Streitgegenstand ist die im Bescheid vom 13.12.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2002 getroffene Entscheidung,
dass lediglich eine folgenlos verheilte Zerrung der Halswirbelsäule Unfallfolge ist und eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
nur für die Zeit bis 28.01.2001 bestanden hat. Gegen die weitere Feststellung, unfallbedingte Heilbehandlung habe nur bis
21.04.2001 bestanden, wendet sich die Klägerin nicht. Sie begehrt nach dem zuletzt gestellten Antrag Verletztengeld für den
Zeitraum vom 29.01.2001 bis 19.06.2001 (wohl gemäß §
46 Abs.3 Satz 2 Nr.3
SGB VII bis zum Ablauf der 78. Woche nach dem Unfall).
Zwar enthält der Schriftsatz vom 15.08.2004 noch den Antrag auf Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., jedoch
entschied das Sozialgericht insoweit zutreffend, dass eine solche Klage mangels Vorliegen einer diesbezüglichen Verwaltungsentscheidung
unzulässig ist. Im Übrigen lehnte die Beklagte erst im während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid vom 05.10.2004
Rentengewährung ab, weil keine Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Unfall bestanden habe. Dieser Bescheid
trifft eine Entscheidung über einen weiteren Anspruch, nämlich auf Verletztenrente dem Grunde nach und ändert den Bescheid
vom 13.12.2001 nicht ab, der sich lediglich mit der Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und der Dauer der
unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit befasste. Zutreffend wandte sich die Klägerin daher gegen eine Einbeziehung des Bescheids
vom 05.10.2004 und gegen die zunächst von der Beklagten vertretenen Meinung, dieser sei gemäß §
96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Verletztenrente gemäß §
56 SGB VII ist ein vom Gewähren von Verletztengeld während der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zu unterscheidender Anspruch.
Der Bescheid vom 05.10.2004 ändert den Bescheid vom 13.12.2001/Widerspruchsbescheid vom 08.10.2002 nicht ab. Eine direkte
Anwendung des §
96 SGG scheidet damit aus zumal auch nicht nur das Ende der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und damit ein späterer Beginn der Verletztenrente
streitig ist (Meyer-Ladewig,
SGG, §
96 Rdnr.9c). Einer analogen Einbeziehung steht bereits die ausdrückliche Erklärung der Klägerin entgegen. Eine analoge Anwendung
des §
96 SGG verbietet sich darüber hinaus deshalb, weil bei einer etwaigen Klageerweiterung gemäß §
99 SGG auch für eine erweiterte Klage die Sachurteilsvoraussetzungen zu prüfen sind. Insoweit fehlt es an einem durchgeführten Widerspruchsverfahren
(vergleiche hierzu die neuere Rechtsprechung des BSG vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R). Im Übrigen erklärten beide Beteiligten im Rahmen des ihnen zustehenden Dispositionsrechts, der Bescheid vom 05.10.2004
sei nicht Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens.
Die zulässige Anfechtungs- und Feststellungsklage auf Anerkennung weiterer Unfallfolgen, nämlich Beschleunigungsverletzung
der HWS mit Impressionsfraktur HWK 5, Zervikobrachialgien rechts mit sensiblem C8-Syndrom rechts, chronische Zephalgien, Vertigo,
Tinnitus, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS, zephales Syndrom, narbige Veränderungen an der Supraspinatussehne und
Schultereckgelenksarthrose mit SLAP-Läsion besteht nicht. Ein ursächlicher Zusammenhang im Grad Wahrscheinlichkeit zwischen
dem Unfall und einer schwereren Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule mit den von der Klägerin geltend gemachten weiteren
Gesundheitsstörungen ist nicht zu begründen. Der Senat stützt sich insoweit auf das seiner Auffassung nach überzeugende Gutachten
des Dr.G. vom 28.02.2008. Danach ist gesichert, dass sich die Klägerin lediglich eine Halswirbelsäulendistorsion zugezogen
hat, die nach einer neueren Klassifikation, der sog. Quebec-Klassifikation dem Grad II und nach einer von Schröter entwickelten
Klassifizierung dem Grad I zuzuordnen ist. Es handelt sich dabei um eine leichte bis mittelgradige HWS-Distorsion ohne Nachweis
struktureller unfallbedingter Schäden. Die Beschwerdesymptomatik ist dabei auf wenige Wochen begrenzt. Die bei der Klägerin
vorzufindenden Funktionsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule sind ausschließlich als degenerative Veränderungen im Bereich
der kopffernen Segmente des Halswirbelkörpers 5/6 sowie Halswirbelkörpers 6/7, dem am häufigsten von einem anlagebedingten,
typischen Degenerationsprozess betroffenen Segment, zu qualifizieren.
Hierfür sprechen die unfallzeitnahen klinischen Untersuchungsergebnisse durch den Hausarzt Dr.E ... Dieser konnte lediglich
klinische Symptome einer HWS-Distorsion mit Parästhesien an der rechten oberen Extremität ohne eindeutigen Bezug zu einer
Nervenwurzel feststellen. Der von dem Chirurgen Dr.E. am 15.01.2001 erhobene klinische Befund ergab ebenfalls nur Hinweiszeichen
auf eine HWS-Distorsion mit typischem muskulären Hartspann und entsprechender Bewegungseinschränkung. Neurologische Störungen
konnten nicht objektiviert werden. Die erste neurologische Untersuchung am 26.01.2001 durch Dr.Z. deckte keine neurologischen
Störungen auf. Es war lediglich von einer Reizung bei C 8 rechts und einer HWS-Distorsion die Rede. Die erste bildgebende
Untersuchung, das MRT der HWS vom 10.04.2001, offenbarte keine Anzeichen für traumatische strukturelle Schäden an der HWS,
weder im knöchernen noch im Bereich der Bandscheiben bzw. der Weichteile. Die bei der Klägerin jetzt vorzufindenden Funktionsstörungen
an der Halswirbelsäule lassen sich zwanglos als Folge degenerativer Veränderungen im Bereich der kopffernen Segmente, nämlich
des HWK 5/6 sowie des HWK 6/7 erklären. Es handelt sich dabei um Wirbelsäulenabschnitte, die typischerweise am häufigsten
von anlagebedingten Prozessen betroffen werden.
Demgegenüber kann der Senat den Ausführungen des PD Dr.I. nicht folgen. Dieser schildert in seinem Gutachten vom 26.11.2003
sehr detailliert den gegenwärtigen Stand der Diskussion in der medizinischen Wissenschaft zu Beschleunigungstraumata. Er verschweigt
dabei nicht, dass auch modernste hochauflösende Untersuchungsmethoden bisher Residuen von Beschleunigungstraumata weder im
Knochen- oder Bandapparat noch in neuralen Strukturen des oberen Halsmarks, des Hirnstamms und der darüberliegenden Zentren
aufzeigen konnten. Eingehend stellt er den Stand der Diskussion dar, wonach vaskuläre Schädigungen, insbesondere Irritationen
der Arteria vertebralis und darauf aufbauend ein Symptomenkomplex u.a. mit Kopfschmerzen, als mögliche Ursachen von HWS-Beschleunigungstraumata
angesehen werden. Für die hierzu treffende Entscheidung ist von Bedeutung, dass es sich insoweit um in der medizinischen Wissenschaft
diskutierte Möglichkeiten von Entstehungsursachen handelt. Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge
eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens
oder indirekt ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Danach
dient die rein naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie lediglich als Ausgangsbasis. Auf Grund der Unbegrenztheit
der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten
Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht
werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil
vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R). Im Sozialrecht werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung
zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung
des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet
werden.
Feststeht, dass bei der Klägerin auf Grund der ersten klinischen Untersuchungen eine HWS-Distorsion diagnostiziert werden
konnte, die von sämtlichen Sachverständigen auf die Unfallverletzung zurückgeführt wurde. Daneben bestanden zum Unfallzeitpunkt
bzw. zum Zeitpunkt der ersten bildgebenden Dokumentation, dem MRT vom 10.04.2001, deutliche degenerative Veränderungen an
der Halswirbelsäule. Dies räumt auch PD Dr.I. ein. Wenn er diese als altersentsprechend wertet, so mag dies zwar zutreffen,
ändert aber nichts an der Tatsache, dass degenerative Veränderungen vorgelegen hatten. Eine Impressionsfraktur bei HWK 5,
wie sie von PD Dr.I. angenommen wird, ist hingegeben nicht mit der hierfür erforderlichen mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit
festzustellen.
Die in der Folgezeit begutachtenden Ärzte im Zivilrechtsstreit der Klägerin waren unter Auswertung des vorhandenen Bildmaterials
zum Ergebnis gelangt, eine Deckplattenimpression an HWK 7 sei nicht nachweisbar. Zum selben Ergebnis kam der ebenfalls im
Zivilrechtsverfahren gehörte Sachverständige, der Orthopäde Dr.B. in seinem Gutachten vom 11.01.2006. Damit ist bereits der
Annahme des PD Dr.I., es sei zu einem schweren Beschleunigungstrauma gekommen, weil dieses zu einer HWK-7-Fraktur oder HWK-5-Fraktur
geführt habe, der Boden entzogen. Darüber hinaus macht sich der Senat die Ausführungen des Dr.G. zueigen. Dieser legt eingehend
dar, dass keinerlei fassbaren strukturellen Schäden an der Halswirbelsäule erhoben werden konnten. Damit bleibt von den von
PD Dr.I. herangezogenen Begründungen lediglich die subjektive Angabe der Klägerin übrig, sie habe vor dem Unfall keinerlei
Schmerzen seitens der Halswirbelsäule gehabt, sondern erst danach. Mithin ist lediglich der zeitliche Zusammenhang bewiesen.
Dass ein solcher nicht genügt, ergibt sich bereits aus der oben dargestellten Theorie der wesentlichen Bedingung, die im Unfallversicherungsrecht
anzuwenden ist.
Auf welche medizinisch begründete Meinung die Klägerin ihre Forderung auf Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen wie Vertigo
(Schwindel), Tinnitus, narbige Veränderungen an der Supraspinatussehne und Schultereckgelenkarthrose stützen will, erschließt
sich dem Senat nicht. Aus dem Gutachten des PD Dr.I. lässt sich dies jedenfalls nicht ableiten. Er führt in seiner Zusammenfassung
aus, er könne auf seinem, dem chirurgischen Fachgebiet, lediglich chronische Zephalgien, schmerzhafte Bewegungseinschränkung
der HWS und ein traumatisches, sensibles C8-Syndrom rechts feststellen und mit einer MdE um 20 v.H. beziffern. Im Übrigen
schlägt er eine fachneurologische bzw. hno-ärztliche Untersuchung zur Abklärung der zephalen Symptomatik vor. Für den Senat
bestand jedoch keine Veranlassung, solche weiteren Begutachtungen durchzuführen, weil es bereits an einer schweren Beschleunigungsverletzung
fehlt, die allein geeignet wäre, neurologische Störungen des vorgenannten Umfangs hervorzurufen.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass weitere als im angefochtenen Bescheid festgestellte Gesundheitsstörungen nicht mit
Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 19.12.2000 zurückzuführen sind. Eine Feststellung weiterer Unfallfolgen kommt daher
nicht in Betracht.
Aus den vorstehenden Ausführungen erschließt sich ohne weiteres, dass - so auch im Gutachten des Dr.G. ausgeführt - unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit zutreffend von der Beklagten nur bis 28.01.2001 angenommen werden konnte. Ein Anspruch auf Verletztengeld
gemäß §
45 SGB VII über den 28.01.2001 hinaus ist nicht zu begründen. Der Senat brauchte insoweit auch nicht der Frage nachzugehen, ob im von
der Klägerin geltend gemachten Zeitraum bis 19.06.2001 überhaupt durchgehend Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hatte.
Dem Hilfsantrag der Klägerin, den Orthopäden Dr.G. und PD Dr.I. zur mündlichen Anhörung zu laden, war nicht zu entsprechen.
Gemäß §§
116 Satz 2,
118 Abs.1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
397,
402,
411 Abs.4
Zivilprozessordnung (
ZPO) hat ein Beteiligter das Recht, dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen gegen ein Gutachten, die
Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann dann den
Sachverständigen zur Beantwortung dieser Fragen auffordern und ihn bitten, diese schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung
zu beantworten. Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen zwar nicht formuliert werden, es ist aber erforderlich,
die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen, z.B. auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Die Klägerin
ist - auch nach Hinweis des Senats - dabei geblieben, dass sich ihr Fragerecht auf die von ihr im Schreiben vom 21.06.2008
aufgeworfenen Punkte erstrecken solle. Die Klägerin rügt darin, der Sachverständige Dr.G. habe die an ihrem Fahrzeug entstandenen
Schäden, die von ihr einzunehmenden Medikamente, die von ihr bei der Untersuchung gezeigten Einschränkungen an Wirbelsäule,
Schulter- und Ellbogengelenken unrichtig wiedergegeben, Diagnosen unrichtig als unfallunabhängig bezeichnet, die Äußerungen
von Dr.H. zitiert, der sie nicht persönlich gesehen oder untersucht habe. Er habe übersehen, dass sie ab 24.12.2000 von Dr.C.
betreut und behandelt worden sei. Das Schreiben der Klägerin beinhaltet Kritik am Gutachten des Dr.G., enthält aber keine
aufklärungsbedürftigen Fragen, die der Sachverständige beantworten könnte. Das Fragerecht ist demnach nicht hinreichend konkretisiert.
Für den Senat bestand auch keine Veranlassung, den Sachverständigen gemäß §
411 Abs.3
ZPO zur mündlichen Verhandlung zu laden, weil nach dem Vorbringen der Klägerin nicht deutlich wird, worin noch ein Aufklärungsbedarf
bestehen sollte. Erkennbar wendet sich die Klägerin lediglich gegen für sie negative Feststellungen des Sachverständigen.
Für den Senat bestand daher keine Veranlassung, den Sachverständigen zu laden, zumal er im Schreiben vom 20.02.2009 hierzu
bereits Stellung genommen hat.
Fragen, die an den Sachverständigen PD Dr.I. gerichtet wären, enthält das Schreiben der Klägerin vom 21.06.2008 nicht. Dem
Hilfsantrag war daher nicht weiter nachzugehen.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.07.2004
zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG liegen nicht vor.