Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei einer Unterbrechung des versicherten Weges durch eine Blutentnahme
auf der nächstgelegenen Polizeidienststelle
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 22.11.2007 als Arbeitsunfall.
Der 1955 geborene Kläger war am Unfalltag mit dem Auto unterwegs auf der Bundesautobahn A 8 von seiner Wohnung zu einer Baustelle
in R ... Dort geriet er in eine Polizeikontrolle. Dem D-Arzt-Bericht zufolge erlitt hierbei eine Thoraxprellung rechts sowie
multiple Prellungen und Schürfungen. Später wurde der Kläger außerdem wegen des Verdachts eines Myokardinfarkts stationär
behandelt.
Der Kläger machte auf die Polizeibeamten einen äußerst aggressiven Eindruck. So lehnte er es ab, Führerschein und Fahrzeugschein
auszuhändigen.
Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren (Az.: 8 DS 82 JS/16334/07) eingeleitet. Das Amtsgericht P. verurteilte den Kläger
am 21.10.2008 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung
und Beleidigung. Die Polizisten gaben als Zeugen an, der Kläger habe sich bei der Verkehrskontrolle aggressiv und lautstark
verhalten. Deswegen und wegen seines unsicheren Stands sahen sie sich veranlasst, ihn in Gewahrsam zu nehmen und mit Handschließen
zu fesseln.
Der Kläger beleidigte ferner den von der Polizei hinzugerufenen Arzt, als dieser eine Blutprobe nehmen wollte. Die in den
Verfahren gehörte Sachverständige Dr. L. gab an, dass kein Herzinfarkt stattgefunden habe.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 16.12.2008 ab. Die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall
seien nicht gegeben, weil die Vorkommnisse während der Polizeikontrolle nicht durch das Zurücklegen des Weges, sondern durch
die aggressive Verhaltensweise des Klägers bedingt gewesen seien.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2009 zurück.
Dagegen legte der Kläger am 14.04.2009 Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) ein. Der Unfall müsse als Wegeunfall anerkannt werden. Es bestehe ein Kausalzusammenhang der Schäden mit dem Handeln der
Polizisten. Der Vorwurf eines Drogenmissbrauchs habe sich nicht bestätigt. Allein die von den Polizisten betriebene Eskalation
der Situation habe den Herzinfarkt ausgelöst. Eine Bezugnahme auf das Urteil des Amtsgerichts P. gehe fehl, da die Zeugen
sich widersprochen hätten. Die Aussage des Klägers sei ignoriert und als unglaubwürdig hingestellt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.09.2009 wies das SG die Klage ab. Der sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit sei spätestens zu dem Zeitpunkt unterbrochen worden,
als der Kläger sich gegen die Kontrollmaßnahmen der Polizeibeamten zu wehren begann. Denn ab dann sei nicht mehr davon auszugehen,
dass das Verhalten des Klägers noch im Interesse eines störungsfreien Zurücklegens des versicherten Weges lag. Vielmehr sei
dann eine andere, nicht mehr betriebsdienliche Motivation in den Vordergrund getreten. Damit sei jedoch der versicherte Weg
unterbrochen worden. Die folgenden Gesundheitsschädigungen des Klägers ereigneten sich daher nicht mehr bei einer Verrichtung,
die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2009 Berufung eingelegt. Er habe bei dem Vorfall einen Herzinfarkt erlitten. Dies sei allein
durch die von den Polizisten vorsätzlich betriebene Eskalation der Situation bewirkt worden. Er habe entgegen der Behauptung
der Polizisten keine rechtswidrigen Handlungen begannen.
In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, dass das Strafverfahren derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig
sei. Seine Rechtsmittel seien erfolglos geblieben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15.09.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.2008 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2009 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 22.11.2007 ein Arbeitsunfall
ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gemäß §
8 Abs.
1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall.
Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird
abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren konnte zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen.
Der Kläger hat im Wesentlichen seine Einlassung vor dem Sozialgericht wiederholt. Die Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts
P. sind ausgeschöpft. Aus der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass diese erfolglos blieben.
Damit ist festgestellt, dass der Kläger sich rechtswidrig der Polizeikontrolle widersetzte. Hierdurch ist der grundsätzlich
versicherte Weg unterbrochen worden.
Ergänzend wird auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19.03.2007 (Az.: L 1 U 5087/06) verwiesen. Das LSG Baden-Württemberg kam in diesem Urteil ebenfalls zum Ergebnis, dass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
rechtlich wesentlich unterbrochen wird, wenn der Versicherte auf einem grundsätzlich versicherten Weg nach einer Atem-Alkoholkontrolle
von einem Polizeibeamten aufgefordert wird, zur Blutentnahme auf die nächstgelegene Polizeidienststelle mitzukommen.
Die Einlassung des Klägers, es seien bei ihm keine Rauschmittel festgestellt worden, kann zu keiner anderen Beurteilung führen.
Der Kläger hat sich der Kontrolle durch die Polizei widersetzt. Diese Kontrolle war veranlasst worden, durch entsprechende
Hinweise anderer Verkehrsteilnehmer, die sich vom Kläger gefährdet fühlten. Dass der Kläger bis heute die Meinung vertritt,
diese Kontrolle sei zu Unrecht erfolgt, ändert daran nichts. Durch sein Widersetzen gegenüber der Polizei hat er den Weg unterbrochen.
Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der Kläger nicht durch Rauschmittel in seinem Verhalten beeinflusst war.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG liegen nicht vor.