Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger seit 01.01.1995 bei seinem Vater in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
steht.
Der 1970 geborene Kläger hat am 11.04.1994 die Abschlussprüfung als Diplom-Ingenieur (FH) im Studiengang Elektrotechnik/Nachrichtentechnik
abgelegt. Sein Vater betreibt die Einzelfirma A. Transporte Baustoffe. Der Kläger ist dort seit 01.01.1995 nach seinen Angaben
als Juniorchef mit den Tätigkeiten Verwaltung, Einkauf, Verkauf, Personalleitung beschäftigt. Nach den Angaben im Feststellungsbogen
bezieht er ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt von 6.250,00 EUR. Die Tätigkeit werde nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen
Vereinbarung ausgeübt. Ohne die Mitarbeit des Klägers hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Weiter wurde
im Feststellungsbogen angegeben, dass der Kläger an Anweisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit nicht
gebunden sei. Der Kläger habe seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten können. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes
Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen. Es habe ein Urlaubsanspruch nach betrieblichen Erfordernissen bestanden.
Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wurde eine Fortzahlung des Arbeitsentgelts von mindestens sechs Wochen vereinbart. Aufgrund
hoher Verantwortung und weil Familiengehalt, sei übertarifliches Arbeitsentgelt gezahlt worden. Die Frage, ob der Kläger als
mitarbeitender Angehöriger an dem Betrieb beteiligt gewesen sei, beantwortete dieser mit nein und gab an "Sohn". Am 10.02.2000
wurde im Registergericht W. Prokura für den Kläger zur Eintragung angemeldet. Bereits am 03.03.1994 war dem Kläger sowie seiner
Mutter und seiner Schwester Bankvollmacht erteilt worden. Der Vater des Klägers und Beigeladene zu 1) bestätigte, dass die
Handlungsvollmacht in der Praxis auch definitiv ausgeübt werde.
Am 14.12.2004 beantragte die Firma P. namens des Klägers die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als
mitarbeitender Sohn. Er gab an, aus unternehmerischen Aspekten habe er in der Firma eine Privateinlage von 30.000,00 DM getätigt.
Laut Kontoauszug erfolgte dies bereits am 31.03.1998.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 03.03.2005 festgestellt, dass es sich beim Beschäftigungsverhältnis des Klägers um eine
sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handele. Mit dem am 31.03.2005 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte
der Bevollmächtigte des Klägers geltend, im Ergebnis sprächen sämtliche maßgeblichen Kriterien für eine versicherungs- und
beitragsfreie Tätigkeit, hinter denen insbesondere die Entrichtung von Lohnsteuern auf das Gehalt und dessen bisherige Verbuchung
als Betriebsausgabe deutlich in den Hintergrund träten. Es sei zu unterstellen, dass diese zuletzt genannten Kriterien allein
auf die in der Vergangenheit bestehende Unkenntnis der Beteiligten von der Möglichkeit einer im sozialversicherungsrechtlichen
Sinn selbständigen Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zurückzuführen seien. Die Beklagte hat den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2005 zurückgewiesen.
Zur Begründung der hiergegen am 02.12.2005 beim Sozialgericht Regensburg eingegangenen Klage trugen die Bevollmächtigten des
Klägers vor, der Vater des Klägers habe sich den operativen Arbeiten im Unternehmen gewidmet, der Kläger um die im Wesentlichen
dem kaufmännischen Bereich zuzuordnenden Angelegenheiten. Der Kläger sei nicht im Sinne der Rechtsprechung in einen Betrieb
eingegliedert, die betrieblichen Aufgaben seien in familientypischer Manier gleichberechtigt nebeneinander ausnahmslos arbeitsteilig
gestaltet worden. Seine Einlage von 30.000,00 DM betrage etwa die Hälfte des Jahresbruttoeinkommens, daher fehle es hier an
dem für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Kläger und Beigeladener
zu 1) seien davon ausgegangen, dass für einen jeden Arbeitnehmer, gleich, ob Fremdbeschäftigter oder Familienangehöriger,
ausnahmslos Sozialversicherungsbeiträge abzuführen seien. Die Beklagte dürfe sich nicht weigern, diese in Unkenntnis der tatsächlichen
Rechtslage bezahlten Beiträge zu erstatten.
Das Sozialgericht hat nach Beiziehung der Betriebsprüfungsakten der LVA Niederbayern-Oberpfalz sowie der Akten des Finanzamts
W. die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.09.2006 angehört. Hierbei erklärte der Kläger, 1997, 1998 habe
die Firma auf sein Betreiben ein weiteres Unternehmen übernommen und in der Folge neue Felder (Abfalltransporte) erschlossen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.09.2006 abgewiesen. Unstreitig sei der Kläger zum Eintrittszeitpunkt in
die Firma des Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigter gesehen worden. Der Kläger erhalte nach wie vor ein Festgehalt,
wenn auch ein sehr hohes. Dies spreche nicht zwangsläufig für die Stellung als Betriebsinhaber, da auch leitende Angestellte
einen großen Verantwortungsbereich aufwiesen sowie ein hohes Gehalt bezögen und trotzdem abhängig beschäftigt seien. Ein Unternehmerrisiko
trage der Kläger nicht. Auch die lange Arbeitszeit mache den Kläger nicht zum Mitunternehmer. Die Ausführungen des Klägers,
er habe nicht gewusst, dass er auch als Betriebsinhaber gelten könnte, seien völlig lebensfremd. Es handele sich beim Kläger
immerhin um einen studierten Diplom-Ingenieur, der unter Zuhilfenahme des Steuerberaters hätte leicht erkennen können, welche
Gestaltungsmöglichkeiten es für seinen Einsatz im Betrieb des Beigeladenen zu 1) geben könnte. Mitte der 90-er Jahre sei intensiv
in den Betrieben sowie in der Öffentlichkeit über Scheinselbständigkeit diskutiert worden. Es sei deshalb abwegig, dass erst
die Consultingfirma P. den Kläger auf den Gedanken habe bringen können, er sei als Selbständiger im Betrieb des Beigeladenen
zu 1) tätig gewesen. Im Übrigen hätte der Kläger als frisch von der Fachhochschule Gekommener ab 1995 gar nicht das Rüstzeug
gehabt, selbständiger Betriebsinhaber zu sein. Auch bis jetzt hätten weder der Kläger noch sein Vater das Beschäftigungsverhältnis
trotz zunehmender Verantwortung des Klägers im Betrieb geändert.
Weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die völlige Aussichtslosigkeit der Klage hingewiesen worden sei, sei angemessen,
ihm gemäß §
192 SGG Verschuldenskosten von 500,00 EUR aufzuerlegen.
Zur Begründung der hiergegen am 10.11.2006 eingegangenen Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen und hält
die Auferlegung von Verfahrenskosten für unangemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 06.09.2006 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 03.03.2005 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2005 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit bei
der Firma A. seit dem 01.01.1995 nicht der Versicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 2) und 3) schließen sich dem Antrag der Beklagten an.
Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten
beider Instanzen Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2008 weist der Vertreter der Beigeladenen zu 3) auf das bestandskräftige Ergebnis
der Betriebsprüfung vom 13.05.2005 hin.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§
151 SGG), die nicht der Zulassung nach §
144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist in der Hauptsache nicht
zu beanstanden. Der Kläger steht seit 01.01.1995 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei dem
Beigeladenen zu 1).
Maßstab für die Beurteilung ist §
7 SGB IV und die hierzu ergangene vielfältige Rechtsprechung. Danach ist unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, vorrangig
in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Ein solches ist anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig
ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies dann gegeben, wenn der Beschäftigte dem Betriebsablauf eingegliedert
ist und dabei einem Zeit, Dauer, Art und Ort der Ausführung umfassendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei der
zugewiesene Verantwortungsbereich sich in einem engen, aber auch in einem weiten Rahmen bewegen kann. Arbeitnehmer tragen
keine Geschäftsrisiken und erbringen kein wirtschaftliches Engagement. Sie besitzen keine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft liegt beim Arbeitgeber. Ist dies alles nicht der Fall, ist von einer selbständigen Tätigkeit
auszugehen. Somit hängt die Statusfeststellung davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen, wobei maßgeblich das Gesamtbild
der Arbeitsverrichtung ist (vgl. hierzu BSG vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, die Beiträge, Beilage 07, 212, 215). Liegt ein Beschäftigungsverhältnis nach §
7 Abs.1
SGB IV vor, zieht dies die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung nach sich (§
1 Satz 1 Nr.1
SGB VI bezüglich der Rentenversicherung; §
25 Abs.1
SGB III und deren Vorläufervorschrift § 168 Abs.1 AFG für die Arbeitslosenversicherung, §
5 Abs.1 Nr.1
SGB V für die Krankenversicherung und §
20 Abs.1 Nr.1
SGB XI für die Pflegeversicherung). Der Kläger trägt selbst vor, dass sowohl er als auch sein Vater bis zur Antragstellung am 17.12.2004
(bzw. bis zur Kontaktaufnahme mit der Firma P. Gesellschaft für Consulting GmbH) davon ausgegangen sind, dass ein sozialversicherungsrechtliches
Beschäftigungsverhältnis bestand. Entsprechend war der Kläger angemeldet, es wurden Beiträge abgeführt. Der Kläger hat zwar
die vom Senat geforderten Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt, es ist jedoch davon auszugehen, dass er Einkommen aus
abhängiger Beschäftigung versteuert hat. Auch bei den Betriebsprüfungen wurde der Versichertenstatus des Klägers von keiner
Seite angezweifelt.
Es sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung der Beteiligten
bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichen eines Versicherungsschutzes
sind auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel
verschiedenster Beteiligten zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und Unsicherheiten wie hier führt, hat das
Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht für die
Vergangenheit geändert werden sollten (BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen,
ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2) ohne Rücksicht
auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist (so der Senat in zahlreichen Entscheidungen,
etwa L 4 KR 249/07 vom gleichen Tage oder L 4 KR 79/06 vom 18.10.2007). Dass Änderungen für die Vergangenheit schon aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der
vorliegende Fall. Im Übrigen weist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil
hin und sieht gemäß §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Kostenfolge ergibt sich aus §
193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Soweit allerdings das Sozialgericht dem Kläger Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs.1 Satz 1 im Urteil auferlegt hat, ist diese
Entscheidung unangemessen. Es reicht nicht aus, wenn der Richter am Sozialgericht der Auffassung ist, die Rechtsverfolgung
sei aussichtslos. Es handelt sich in Streitsachen wie der vorliegenden um komplexe Sachverhalte, deren Überprüfung durch eine
weitere Instanz aus den vom Sozialgericht angeführten Gründen nicht verwehrt werden darf.
Gründe, die Revision gemäß §
160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben. Es handelt sich nicht um streitige Rechtsfragen, sondern die Auslegung von Tatsachen.