Tatbestand:
Streitig ist noch, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.04.1990 bis 01.06.2004 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
stand.
Der Arbeitgeber und Ehemann der Klägerin und die Klägerin haben im Feststellungsbogen zur versicherungspflichtigen Beurteilung
eines Beschäftigungsverhältnisses, bei der Beklagten eingegangen am 25.06.2004, angegeben, dass die Klägerin seit 01.05.1978
bis jetzt als Bürokraft im Betrieb des Ehemannes sechs Stunden wöchentlich für einen Betrag von 441,00 EUR brutto beschäftigt
ist. Die Tätigkeit werde aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt, die Klägerin sei wie eine fremde Arbeitskraft
eingegliedert, ohne ihre Mitarbeit müsste eine andere Arbeitskraft eingestellt werden, die Klägerin unterliege den Weisungen
des Arbeitgebers, das Weisungsrecht werde ausgeübt. Die Klägerin könne ihre Tätigkeit nicht frei gestalten, sie wirke in der
Führung des Betriebs nicht aufgrund besonderer Fachkenntnisse mit. Die Mitarbeit sei nicht durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander
zum Betriebsinhaber geprägt. Es bestehe ein Urlaubsanspruch, Arbeitsentgelt werde im Krankheitsfall mindestens sechs Wochen
fortgezahlt, die Gehaltszahlung erfolge regelmäßig auf ein privates Girokonto der Klägerin. Lohnsteuer falle keine an. Bei
dem Betrieb handelt es sich um ein Elektrofachgeschäft als Einzelunternehmen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19.08.2004 fest, dass die Klägerin seit Beginn ihrer Mitgliedschaft bei der BEK (01.04.1990)
bei ihrem Ehemann eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübe. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch eingelegt.
Die Bundesagentur für Arbeit stimmte mit Bescheid vom 01.09.2004 der versicherungsrechtlichen Beurteilung zu. Am 14.10.2004
unterzeichneten die Klägerin und der Beigeladene zu 3) einen weiteren von der Firma P. hereingereichten Feststellungsbogen,
in dem sie angaben, die Klägerin sei bis 01.06.2004 als Büroleiterin tätig gewesen, Arbeitszeit sei nach Belieben, Arbeitsentgelt
unterschiedlich gewesen. Weiter wurde ein Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten vorgelegt, geschlossen am 01.07.1997 sowie von
der Klägerin mitunterzeichnete Darlehens- und Kreditverträge. Die Klägerin gab hierzu an, sie sei bis 01.06.2004 als mitarbeitende
Ehegattin tätig gewesen, nicht an Zeit, Ort und Art ihrer weisungsfreien Tätigkeit gebunden gewesen. Die Beklagte hat mit
weiterem Bescheid vom 21.12.2004 ihre Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht aufrechterhalten. Hiergegen legte der
Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 03.01.2005 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2005
zurückgewiesen hat.
Zur Begründung der hiergegen am 11.07.2005 beim Sozialgericht Bayreuth eingegangenen Klage über die Zeit vom 01.08.1978 bis
01.06.2004 führte der Bevollmächtigte der Klägerin unter anderem aus, der Betrieb sei ausschließlich auf den Ehemann angemeldet
worden, das notwendige Eigenkapital stamme jedoch aus dem gemeinsamen Privatvermögen. Die Tätigkeitsbereiche der Eheleute
seien aufgeteilt, der Beigeladene zu 3) führe als Elektromeister den technischen Bereich, er treffe die notwendigen Personalentscheidungen
in seinem Bereich. Im Bereich Einkauf sei er auch mitverantwortlich. Der Klägerin obliege allein der Ladenverkauf, die Segmentierung
der sog. weißen Ware und sonstiger Produkte sowie schlussendlich auch der gesamte kaufmännische Bereich einschließlich Lohnbuchhaltung
sowie Rechnungs- und Mahnwesen. Aus den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1990/91 sowie 1993 bis 2004 des Beigeladenen zu
3) und der Klägerin geht hervor, dass durchgängig der Ehemann der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, die Klägerin
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für die Klägerin bestand eine sog. Direktversicherung.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.10.2006 abgewiesen. Soweit die Zeit bis 31.03.1990 streitgegenständlich
ist, sei die Klage unzulässig, die Klägerin sei in dieser Zeit nicht Mitglied der Beklagten gewesen. Die Beklagte habe über
diesen Zeitraum auch nicht entschieden, somit fehle es an einem belastenden Verwaltungsakt. Für die Zeit vom 01.04.1990 bis
01.06.2004 sei die Klage unbegründet. Nach der vorzunehmenden Gesamtabwägung sprächen die Umstände überwiegend für eine abhängige
Beschäftigung der Klägerin bei ihrem Ehemann. Es sei ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden, das Arbeitsentgelt
auf ein privates Konto überwiesen worden, eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sei vereinbart worden. Dies spreche für
eine Eingliederung in den Betrieb. Außerdem habe die Klägerin selbst angegeben, sie habe ihre Tätigkeit nicht frei bestimmen
und gestalten können, ihre Mitarbeit sei nicht durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen.
Dass Darlehensverträge mitunterschrieben worden seien sowie Bürgschaften mitübernommen wurden, sei auch damit zu begründen,
dass es eine weitverbreitete Praxis im Bankwesen sei, bei Krediten Bürgschaften der Ehepartner zu verlangen oder sie mitzuverpflichten.
Auch aus dem Güterstand Zugewinngemeinschaft ergebe sich nicht eine selbständige Tätigkeit der Klägerin. Die Einkommensteuerbescheide
bestätigten die nichtselbständige Tätigkeit. Im Übrigen habe die Klägerin beim Antrag auf Kindererziehungszeiten angegeben,
dass sie nicht selbständig tätig war. Sie habe auch Krankengeld bezogen.
Zur Begründung der gegen diesen Gerichtsbescheid eingelegten Berufung will der Bevollmächtigte die einzelnen Sachverhalte
anders gewichtet wissen, so auch die steuerliche Behandlung der gezahlten Vergütungen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2008 beantragt er.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.10.2006 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.04.1990
bis zum 01.06.2004 nicht sozialversicherungspflichtig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin sei seit dem 01.04.1990 Mitglied der Beklagten und werde aufgrund der bei dem Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung
und der diesbezüglich erfolgten Meldung als versicherungspflichtiges Mitglied geführt. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten
zu den Fragebögen seien nicht glaubhaft. Darüber hinaus sei die steuerrechtliche Handhabe keinesfalls so bedeutungslos, wie
es die Klägerin darzustellen versuche. Im vorliegenden Fall seien neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch
die strengen Kriterien des Steuerrechts für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis erfüllt. Der Beigeladene zu 3) schließt
sich dem Antrag der Berufungsklägerin an. Die Beigeladene zu 1) folgt dem Vorbringen der Beklagten.
Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) sowie der
Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), die nicht der Zulassung nach §
144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Die Tätigkeit der Klägerin in der Firma ihres Ehemannes ist von
Beginn an richtigerweise als Beschäftigungsverhältnis gemeldet und von der Beklagten auch so behandelt worden. Dies hat das
Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt. Es durfte auch die Klage als zulässig erachten, denn nach Auffassung
des Senats (vgl. Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06 und spätere Urteile) ist der Klägerin ein Rechtsschutzinteresse auf gesonderte Statusfeststellung zuzubilligen, es handelt
sich nicht um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage hinsichtlich des Begehrens auf Beitragserstattung.
Die Klägerin, die nach wie vor Mitglied der Beklagten ist, ist in der streitgegenständlichen Zeit als Arbeitnehmerin im Sinne
von §
7 SGB IV einzuschätzen. Die Klägerin hat im Fragebogen zur versicherungspflichtigen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses,
den sie ausgefüllt hat, bevor sie von anderer Seite beraten war, angegeben, sie sei den Weisungen ihres Arbeitgebers, also
ihres Ehemannes unterlegen. Auch die weiteren Angaben, die Klägerin habe nicht an der Führung des Betriebs aufgrund besonderer
Fachkenntnisse mitgewirkt, es sei kein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber gegeben gewesen, sie habe eine
fremde Arbeitskraft ersetzt, bestätigt das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Es ist auch nicht vorgetragen,
dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung, aufgrund deren sie die Tätigkeit ausgeübt hat, jemals gekündigt wurde. Die Klägerin
hat sich also als Arbeitnehmerin behandeln lassen, indem sie nicht nur ein festes monatliches Fixum bezogen hat, sondern auch
Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts während der Arbeitsunfähigkeit für mindestens sechs Wochen hatte. Entsprechend
hat auch die Klägerin, wie sich aus den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1990, 1991 sowie 1993 und 1994 ergibt, Einkünfte
aus nichtselbstständiger Arbeit angegeben und versteuert, während ihr Ehemann Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Bei den
erzielten Zusatzzahlungen handelt es sich um Vergütungen, die einem abhängig Beschäftigten zu zahlen sind (BSG vom 24.01.2007
- B 12 KR 31/06 R -, die Beiträge, Beilage 7, 212, 216). Die für Arbeitnehmer geschaffene sogenannte Direktversicherung wird von der Klägerin
durchgeführt. Dass die Klägerin einen eigenen Geschäftsbereich hatte, für den sie allein verantwortlich ist, reicht nicht
zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit aus.
Der Senat folgt nicht der Auffassung einer vollständigen Unabhängigkeit der steuerrechtlichen von der sozialversicherungsrechtlichen
Beurteilung der klägerischen Tätigkeit. Richtig ist zwar, dass zwischen beiden Rechtsgebieten keine Bindungswirkung besteht,
also der Einzugsstelle jeglicher Beurteilungsspielraum und Entscheidungskompetenz bei Vorlage eines Steuerbescheides genommen
wäre, doch besteht eine starke Indizwirkung im Sinne eines Regel-Ausnahmeverhältnisses. Das hat der Gesetzgeber in § 28p
SGB IV berücksichtigt, wonach bei den Betriebsprüfungen auf die Lohnsteuerprüfungen zurückgegriffen werden kann (§
10 Abs.2 Beitragsverfahrensverordnung). Auch findet sich der Bezug in § 1 Abs.1 Nr.1 Sozialversicherungsentgeltverordnung, als Nachfolgevorschrift der früheren Arbeitsentgeltverordnung.
Darüber hinaus bezieht sich der Senat auf seine bisherige Rechtsprechung, so sein Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06, Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde B 12 KR 3/08 B. Dort, wie im vorliegenden Fall sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang
mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder
Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind bei der Klägerin auszuschließen. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit
zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligten zutreffenden Rechtszustandes zu solchen
Unklarheiten und Unsicherheiten wie im vorliegenden Fall führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz
formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich rückwirkend nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999,
BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein
beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 1) ohne Rücksicht auf
konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist. Dass Änderungen in die Vergangenheit schon
aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der vorliegende Fall deutlich. Kein ernstzunehmender Vortrag wird
dahingehen, dass bereits vom Eintrittstag an bei der damals 23-jährigen Klägerin, die im Übrigen im ersten Fragebogen ihre
Beschäftigung von Anfang an als die einer Bürokraft bezeichnet hat, deren Tätigkeit einer Büroleiterin entsprach. Abgesehen
davon sind regelmäßig auch Büroleiter abhängig beschäftigt. Es darf durchaus auch darauf hingewiesen werden, dass die Klägerin
die Vorteile einer abhängigen Beschäftigung und Versicherung bei der Beklagten, unter anderem nämlich den Bezug von Krankengeld
und Mutterschaftsleistungen, zu ihrem Vorteil ausnützen konnte.
Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Mitunterzeichnung von Kreditverträgen durch die Klägerin sie nicht
zur selbstständigen Unternehmerin macht, sondern, wie das Sozialgericht zutreffend hinweist, bankübliches Vorgehen bei Kreditverträgen
für Ehepartner ist.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für das Rechtsmittel gesetzt hat, sind der Klägerin
ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten.
Im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Dass die die Klägerin beratende
Firma P. im Verwaltungsverfahren an einer ganzen Reihe solcher Rechtsstreitigkeiten vor dem Senat namens Angehöriger einer
Familienfirma beteiligt war bzw. ist, macht den anhängigen Rechtsstreit nicht zu einem, der grundsätzliche Fragen aufwirft,
so dass die Revision gemäß §
160 SGG nicht zuzulassen ist.