Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für die 1994 und 1995 durchgeführten Petö-Behandlungen streitig.
Der 1991 geborene Kläger leidet nach einer Frühgeburt an spastischen Störungen sowie einer geistigen Behinderung. Nachdem
die gesetzliche Vertreterin des Klägers am 20.03.1995 bereits voraussichtliche Kosten für die Teilnahme an einem Kindergarten-Seminar
des Petö-Instituts in B. für die Zeit vom 02.04. bis 27.04.1995 angekündigt hatte, gingen am 18.05.1995 bei der seinerzeit
zuständigen GKK (im weiteren Verlauf erfolgte eine Fusion mit der Beklagten) Anträge der Mutter des Klägers vom 15.05.1995
auf Erstattung der Kosten einer Untersuchung des Klägers am Petö-Institut in B. am 22.06.1994, der Kosten für die Teilnahme
am Mutter-Kind-Seminar des Institutes in S. in der Zeit von 01.08. bis 19.08.1994 sowie der Kosten für die Teilnahme am Kindergarten-Seminar
in B. in der Zeit vom 02.04. bis 27.04.1995 sowie der damit in Zusammenhang stehenden Reisekosten ein. Die konduktive Förderung
habe beim Kläger seit seiner Teilnahme im Sommercamp des Petö-Institutes in S. bereits erfreuliche Ergebnisse gezeigt. In
Deutschland werde die Methode bisher weder angeboten noch praktiziert.
Mit streitigem Bescheid vom 10.08.1995 lehnte die Beklagte den Antrag auf der Grundlage eines MdK-Gutachtens des Nervenarztes
Dr. E. vom 26.07.1995 ab. Bei der konduktiven Förderung nach Petö handle es sich nicht um eine dem allgemeinen anerkannten
Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung. Es stünden ausreichende Behandlungsmöglichkeiten im Inland
zur Verfügung. Mit dem Widerspruch wies die Mutter des Klägers erneut darauf hin, die Petö-Methode sei mit den in Deutschland
angebotenen Therapieformen nicht vergleichbar. Der Kläger habe deutliche Fortschritte gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Insbesondere lägen die Voraussetzungen
des §
18 Abs.1 Satz 1
SGB V für die Übernahme der Kosten der Behandlung nicht vor. Im Inland seien ausreichende Behandlungsmöglichkeiten gegeben.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger fristgerecht Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Es handele sich um unaufschiebbare Behandlungen, die nicht rechtzeitig von der Beklagten erbringbar seien, da ein
Sachleistungsangebot nicht vorhanden sei.
Nachdem vor dem BSG ein Revisionsverfahren gegen das Urteil des erkennenden Senats vom 27.04.2000 - L 4 KR 35/99 - anhängig war, wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Nach Fortsetzung des Verfahrens hat das SG mit Urteil vom 11.10.2006 die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte abgelehnt, die geltend gemachten Kosten in Höhe
von insgesamt 4.042,25 EUR zu erstatten. Bei Auslandsbehandlungen, die wie hier, nicht Gegenstand zwischenstaatlicher Vereinbarungen
seien, könne die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung gemäß §
18 Abs.
1 SGB V ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung
nur im Ausland möglich sei. Der Anspruch auf Krankengeld ruhe dann nicht gemäß §
16 Abs.1 Nr.1
SGB V. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 03.09.2003 - Az.: B 1 KR 34/01 R - ausgeführt habe, handle es sich bei der konduktiven Förderung nach Petö um medizinische Dienstleistungen, die auf Verordnung
eines Arztes durch besonders ausgebildete nicht ärztliche Fachkräfte (Konduktoren) erbracht werden und rechtlich als Heilmittel
im Sinne des §
32 SGB V einzustufen seien. Gemäß §
138 SGB V dürften neue Heilmittel nur verordnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt
und in den Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr. 6 Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung
abgegeben habe. Die Regelung des §
138 SGB V sei auch hier anzuwenden, obwohl zwei Behandlungsmaßnahmen in Ungarn durchgeführt worden seien. Wenn eine Untersuchungs-
und Behandlungsmethode nur im Ausland angeboten werde, bestehe zwar grundsätzlich für eine Prüfung durch den gemeinsamen Bundesausschuss
keine Grundlage (BSG vom 16.06.1999, BSGE 84, 90). Dies gelte jedoch nur, soweit die betroffene Methode ausschließlich im Ausland angeboten wird. Sobald die Behandlung auch
in Deutschland zum Einsatz komme, sei es auch nur, dass der ausländische Leistungserbringer seine Tätigkeit hierher erstrecke,
entfalle der Grund für die abweichende Behandlung und es würden die allgemeinen Vorschriften gelten. Es spiele dann auch keine
Rolle, ob die Therapie im konkreten Fall im In- oder im Ausland durchgeführt wird. Denn für die Beurteilung der Qualität einer
Behandlungsmethode müssten unabhängig von dem Ort der Leistungserbringung einheitliche Maßstäbe und Verfahrensweisen gelten
(vgl. dazu BSG, Urteil vom 03.09.2003, B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 Nr.1).
Da das Mutter-Kind-Seminar des Petö-Institutes ab 01.08.1994 in S. stattgefunden habe, sei §
138 SGB V im streitgegenständlichen Zeitraum bereits anzuwenden gewesen. Zudem ergebe sich aus dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses
vom 21.12.2004, dass Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlich der konduktiven Förderung bei der Therapie von cerebralen Bewegungsstörungen
auch im Vergleich zu den bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nicht hinreichend belegt werden konnten.
Dies spreche dafür, dass eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung auch
vor Abschluss des Verfahrens beim Gemeinsamen Bundesausschuss nicht wie von §
18 Abs.1
SGB V gefordert "nur" im Ausland möglich war.
Gegen das Urteil vom 11.10.2006 richtet sich die Berufung des Klägers. Er hält das angefochtene Urteil nicht für zutreffend.
Auch könne das Urteil des BSG vom 03.09.2003 nicht herangezogen werden, da es einen anderen Sachverhalt betreffe. Unstreitig
lägen hier die Voraussetzungen des §
18 SGB V vor.
Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2008 sind die Feststellungen des BSG in dem Urteil vom 02.03.2003 und die Reichweite
der Feststellung des Bundesausschusses, wonach die Petö-Behandlung nicht zur Leistungspflicht der Krankenkasse zählt, besprochen
worden.
Der Vertreter des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.10.2006 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 10.08.1995 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Behandlungskosten
für die 1994 und 1995 durchgeführten Petö-Behandlungen in Höhe von 4.042,25 EUR zu bezahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Lediglich ergänzend weist der Senat auf die eindeutigen Ausführungen im Urteil des BSG vom 03.09.2003 aaO. hin. Dort heißt
es unter anderem (vgl. Rdnr.14) ... "denn die konduktive Förderung nach Petö gehört nicht zu den Behandlungsmethoden, auf
die sich die Leistungspflicht der Krankenkasse erstreckt." Nachdem nun auch der Gemeinsame Bundesausschuss gemäß §
91 Abs.5
SGB V am 21.12.2004 beschlossen hat, dass die konduktive Förderung nach Petö nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung
aufzunehmen ist, geht die Argumentation des Klägers, hier sei §
18 SGB V - Auslandsversorgung - anzuwenden, ins Leere. Denn Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der konduktiven Förderung
konnten auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nicht hinreichend belegt werden. Hinzu
kommt, dass das Berufsbild des "Konduktors" anders als bei den Erbringern der anerkannten Therapiemethoden nicht gesetzlich
abgesichert und außer in Norwegen diese Therapie in keinem weiteren EU-Mitgliedsstaat anerkannt wird. Insgesamt ist somit
nicht entscheidungserheblich, wo die Leistung erbracht wurde.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG B-Stadt 11.10.2006 zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.