Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin 276,28 EUR zu bezahlen.
Der 1939 geborene und am 08.08.2008 verstorbene M. B. war Mitglied der Beklagten. Er hat am 28.09.2004 bei der LVA Württemberg
Antrag auf stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation gestellt. Die LVA Baden-Württemberg hat mit Schreiben vom
06.10.2004 den Antrag nach §
14 Abs.1
SGB IX an die Klägerin weitergeleitet, weil der Aufenthaltsort (L.) des Klägers nicht im Zuständigkeitsbereich der LVA Baden-Württem-berg
liegt. Am 04.10.2004 hat der Versicherte Antrag auf Altersrente gestellt. Die Klägerin hat mit Bescheid vom 07.10.2004 die
beantragte Reha-Leistung bewilligt. Die Maßnahme fand in der Zeit vom 14.10. bis 11.11.2004 in der Fachklinik L. statt. Es
wurden Kosten in Höhe von insgesamt 4.456,60 EUR in Rechnung gestellt, die Zahlung enthielt unter anderem Übergangsgeld und
Beiträge zur Sozialversicherung. Ab 01.11.2004 gewährte die Klägerin dem Versicherten Rente wegen Alters.
Die Klägerin hat von der Beklagten mit Schreiben vom 05.01.2005 insgesamt 4.732,88 EUR gefordert. Sie berief sich auf einen
Erstattungsanspruch gemäß §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX und forderte für die Zeit vor Rentenbeginn, also vom 14.10. bis 31.10.2004 Übergangsgeld sowie Beiträge zur Renten-, Kranken-,
Arbeitslosen-, Pflege- und Unfallversicherung.
Am 13.03.2006 ging die Klage auf Zahlung von restlichen 606,36 EUR beim Sozialgericht Augsburg ein. Die Klägerin äußerte ihre
Auffassung, die Beklagte habe ihr neben der geleisteten Erstattung auch sämtliche Sozialversicherungsbeiträge, die auf die
Zeit der für den Versicherten durchgeführten Maßnahme entfallen, zu erstatten. Die Beklagte anerkannte mit Schreiben vom 31.05.2006
die Erstattungsforderung hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 205,38 EUR sowie zur Pflegeversicherung
in Höhe von 24,12 EUR und zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 93,16 EUR. Hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung
in Höhe von 276,28 EUR sei die Klage unbegründet. Mit Aufwendungen im Sinne von §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX könnten nur konkrete tatsächliche Aufwendungen gemeint sein und nicht abstrakte bzw. fiktive Aufwendungen. Solche Aufwendungen
seien hier nicht entstanden. Rentenversicherungsbeiträge fielen während einer Rehabilitation durch einen Träger der Rentenversicherung
konkret nicht an, dies regle §
176 Abs.3
SGB VI. Beiträge seien daher auch nicht erstattungsfähig. Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 16.06.2006 das Teilanerkenntnis an,
ebenso das Anerkenntnis bezüglich der Unfallversicherungsbeiträge, das mit Schreiben vom 07.12.2006 von der Klägerin angenommen
wurde.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung
in Höhe von 276,28 EUR beantragt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 01.02.2007 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 276,28 EUR zu bezahlen. Rechtsgrundlage
für den Erstattungsanspruch sei §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX. Die Klägerin sei zweitangegangene Leistungsträgerin, da der ursprünglich bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg
gestellte Antrag von dieser ausdrücklich nach §
14 SGB IX weitergeleitet wurde. Die Klägerin sei auch an sich unzuständig für die Heilbehandlungsmaßnahme, da aufgrund des Rentenantrags
vom 04.10.2004 ein Leistungsausschließungsgrund gemäß §
12 Abs.1 Nr.2
SGB VI vorgelegen habe. Die Notwendigkeit einer stationären Anschlussbehandlung werde von der Beklagten nicht bestritten. Entsprechend
habe die Klägerin auch sämtliche Aufwendungen, ausgenommen die Rentenversicherungsbeiträge, bereits erstattet. Zur Überzeugung
des Gerichts stellten diese Beiträge ebenfalls erstattungsfähige Aufwendung im Sinne des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX dar. Dies sei deshalb problematisch, weil nach §
176 Abs.3
SGB VI eine Beitragszahlung tatsächlich nicht erfolgt sei, sondern die Beiträge lediglich als gezahlt gelten. Was unter dem Begriff
Aufwendungen zu verstehen sei, sei im Gesetzestext nicht definiert. Aus §
256 BGB ergebe sich, dass mit Aufwendungen entweder ein aufgewendeter Betrag oder die Aufwendung von anderen Gegenständen als Geld
gemeint sein könne. Der Versicherte habe einen Anspruch auf Zahlung von Beiträgen aus dem während der AHB-Maßnahme gezahlten
Übergangsgeld gehabt. Diese Beitragsansprüche seien nicht nur fiktiv, sondern konkret berechenbar. Beitragsschuldner sei die
Klägerin. Grundsätzlich bestehe also eine Verpflichtung der Klägerin zur Beitragszahlung, die aber durch die Regelung des
§
176 Abs.3
SGB VI ersetzt werde. Nach dieser Sonderregelung gelten Rentenversicherungsbeiträge als bezahlt, wenn ein Träger der Rentenversicherung
Träger der Rehabilitation war. §
176 Abs.3
SGB VI stelle eine Sonderregelung für die Zahlung der Beiträge dar. Hiervon unberührt bleibe der Anspruch des Versicherten auf Beitragszahlung
aus dem Übergangsgeld durch den Rehabilitationsträger Rentenversicherung. Die Folgen aus der fiktiven Beitragszahlung seien
für den Versicherten genau dieselben wie bei der tatsächlich erfolgten Beitragszahlung. Die Beiträge wurden seinem Versicherungskonto
gutgeschrieben und wirkten sich auf die spätere Rentenzahlung aus, gerade so als ob die Klägerin die Beiträge aus dem Übergangsgeld
an sich selbst bezahlt hätte und erst dann dem Konto des Versicherten gutgeschrieben. Zur Überzeugung des Gerichts seien damit
der Klägerin tatsächlich Aufwendungen im Sinne des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX entstanden. Eine andere Betrachtungsweise würde letztlich auch die Beklagte begünstigen, die, wenn der Antrag sofort an sie
weitergeleitet worden und die Anschlussheilbehandlung von ihr getragen worden wäre, Rentenversicherungsbeiträge in der streitigen
Höhe an die Klägerin hätte entrichten müssen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 13.03.2007 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten, zu
deren Begründung sie ausführt, streitgegenständlich sei lediglich die Rechtsfrage, inwieweit im Rahmen der Erstattungsvorschrift
des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX mit dem Begriff Aufwendungen auch fiktive, tatsächlich aber von der Klägerin nicht erbrachte Rentenversicherungsbeiträge
zu subsumieren seien. Der tatsächlichen Zahlung stehe die Bestimmung des §
176 Abs.3
SGB VI entgegen, wonach, wenn ein Träger der Rentenversicherung Träger der Rehabilitation ist, die Beiträge als gezahlt gelten.
Das Sozialgericht gehe in seinem unzutreffenden Urteil dagegen davon aus, dass der Klägerin Aufwendungen im Sinne des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX entstanden seien, und zwar in Form der Gutschrift der Beiträge auf dem Versicherungskonto in derselben Höhe wie bei vorheriger
interner Beitragszahlung. Eine Zahlung werde laut Sozialgericht vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gefordert. Der Begriff
der Aufwendungen sei im Sozialrecht keine Begrifflichkeit, die sich lediglich in der Bestimmung des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX finde. Beispielsweise sehe auch § 91 SGB X unter der Überschrift "Erstattung von Aufwendungen" im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Auftragsverhältnis nach §§ 88 ff. SGB X vor, dass erbrachte Sozialleistungen zu erstatten seien, ebenso entstandene Kosten. Eine einheitliche Verwendung des Begriffs
Aufwendungen sei vom Gesetzgeber angestrebt. Das heiße dann aber auch, dass der Begriff der Aufwendungen durchgängig im Sozialgesetzbuch
dem Grundgedanken des §
670 BGB entspreche.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2007 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Kammer habe zutreffend darauf abgestellt, dass es im Rahmen des §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX keinen Unterschied machen könne, ob ein anderer (unzuständiger) Rehabilitationträger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
tatsächlich überwiesen hat oder der Rentenversicherungsträger, der als unzuständiger Träger die Maßnahme erbracht habe, von
Gesetzes wegen so gestellt wird, als habe er Rentenbeiträge an sich selbst gezahlt. Die Berufungsklägerin verkenne, dass durch
die fiktiven Beiträge dem Rehabilitanden Rentenanwartschaften entstehen, wodurch versicherungsrechtliche Voraussetzungen begründet
werden können und woraus sich die Höhe des Rentenanspruchs bemesse. Nachdem der Rentenanspruch dem Grunde nach und die Rentenhöhe
aber unter anderem vom Beitragsaufwand abhängen, setzte die Gutschrift von Entgeltpunkten für Beitragszeiten während des Bezugs
von Übergangsgeld begriffsnotwendig einen Aufwand voraus, der dem Rentenversicherungsträger in seiner Eigenschaft als Rehabilitationsträger
zuzurechnen sei. Gäbe es die gesetzliche Fiktion des §
176 Abs.3
SGB VI nicht, müsste der Rentenversicherungsträger als Träger der Rehabilitation an sich selbst Beiträge überweisen. Nur um diesen
überflüssigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sei die Fiktion des §
176 Abs.3
SGB VI geschaffen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten des Sozialgerichts und des Bayer. Landessozialgerichts, insbesondere
auf die gewechselten Schriftsätze, Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat zutreffend einen Erstattungsanspruch der Klägerin auch für die Rentenversicherungsbeiträge bejaht.
Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist §
14 Abs.4 Satz 1
SGB IX. Wird danach nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Abs.1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein
anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung
erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften. Es ist zwischen den Beteiligten unbestritten,
dass die Klägerin nicht zuständiger Rehabilitationsträger für die vom 14.10. bis 11.11.2004 durchgeführte Leistung ist. Dies
ergibt sich aus §
12 Abs.1 Nr.2
SGB VI. Nach dessen Absatz
1 Ziffer 2 werden Leistungen zur Teilhabe nicht für Versicherte erbracht, die eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Drittel
der Vollrente beziehen oder beantragt haben. Der Versicherte hat den Rentenantrag am 04.10.2004 bei der Klägerin gestellt,
also bereits vor Beginn der Reha-Maßnahme. Der Rechtslage entsprechend, hat die Beklagte deshalb für die Zeit vor Rentenbeginn,
also für die Zeit vom 14.10. bis 31.10.2004 Übergangsgeld sowie Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen-, Pflege- und Unfallversicherung
erstattet. Streitig ist nur noch, ob die Beklagte auch verpflichtet ist, den geforderten Beitrag zur Rentenversicherung in
Höhe von 276,28 EUR an die Klägerin zu bezahlen. Das Sozialgericht führt hierzu zutreffend aus, dass nach §
176 Abs.3
SGB VI die gemäß §
176 Abs.1 Satz 1 vom Leistungsträger zu zahlenden Beiträge zur Rentenversicherung als gezahlt gelten, wenn, wie im vorliegenden
Fall, der Träger der Rentenversicherung auch Träger der Rehabilitation war. Es trifft nicht nur zu, wie das Sozialgericht
unter Hinweis auf die Literatur ausführt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des §
176 Abs.3
SGB VI eine Zahlung des Rentenversicherungsträgers an sich selbst verhindern wollte, sondern ebenso eine Zahlung eines für die Rehabilitation
zuständigen Rentenversicherungsträgers an den kontoführenden Rentenversicherungsträger. Diese Regelung betrifft ausschließlich
das Innenverhältnis zwischen dem Rentenversicherungsträger als Leistungsträger und Versicherungsträger (Kreikeboom, Kommentar
zum
SGB VI, Rz.6 zu §
176). Daraus ergibt sich, dass diese Zahlungsregelung keinen Einfluss auf den Anspruch der Versicherten auf Beitragszahlung hat.
Das hat zur Folge, dass die Beklagte im Rahmen der Erstattung auch die von der Klägerin nur fiktiv geleisteten Beiträge zur
Rentenversicherung zu bezahlen hat. Damit wird auch dem Grundsatz der Erstattungsregeln Genüge getan, dass der Erstattungspflichtige
nur das zahlen soll, was er nach dem für ihn maßgeblichen Leistungsrecht aufzuwenden hat. Aus § 91 SGB X, eine spezielle Regelung gegenüber den §§ 102 ff. SGB X, lässt sich nichts Gegenteiliges folgern, was die Beklagte entlasten könnte.
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.