I.
Der Antragsteller begehrt die Zahlung von Krankengeld im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Der 1970 geborene Antragsteller,
der zuletzt Arbeitslosengeld bezog, ist seit 11.07.2014 arbeitsunfähig krank. Bis 21.08.2014 bestand Anspruch auf Leistungsfortzahlung
durch die Agentur für Arbeit, ab 22.08.2014 bis einschließlich 15.02.2015 gewährte die Antragsgegnerin aufgrund lückenlos
vorgelegter AU-Bescheinigungen Krankengeld. Eine Weiterzahlung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17.02.2015 ab,
da der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos erfolgt sei. Der hiergegen unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG
Baden Württemberg vom 31.08.2012 (L 4 KR 284/12) erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 zurückgewiesen. In der Begründung der Entscheidung wird
im Wesentlichen ausgeführt: Durch den Krankengeldauszahlschein der Praxis Dr. H. vom 07.01.2015 sei Arbeitsunfähigkeit bis
Sonntag dem 15.02.2015 bescheinigt worden. Um die Mitgliedschaft aufrecht zu erhalten, wäre es notwendig gewesen, die weitere
Folgebescheinigung spätestens am 15.02.2015 ausstellen zu lassen, damit durchgehend ein Krankengeldanspruch besteht. Die am
Montag dem 16.02.2015 ausgestellte AU-Bescheinigung könne einen Krankengeldanspruch erst ab 17.02.2015 auslösen; zu diesem
Zeitpunkt habe jedoch keine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch nach §
192 Abs.1 Nr. 2
SGB V mehr bestanden. Gegen diese Entscheidung wurde am 24.03.2015 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben (S 1 KR 92/15). Mit weiterem Schriftsatz vom 25.03.2015 (Eingang beim Sozialgericht: 25.03.2015) hat der Antragsteller einen Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Landshut gestellt mit dem Antrag, die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten,
dem Antragsteller Krankengeld infolge der seit dem 11.07.2014 bestehenden Arbeitsunfähigkeit über den 15.02.2015 hinaus ab
Rechtshängigkeit dieses Antrag bis zur Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, längstens bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer,
zu bewilligen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Die Ablehnung von Krankengeld durch die Beklagte sei rechtswidrig
gewesen. Die besondere Eilbedürftigkeit würde sich aus der Tatsache ergeben, dass der Antragsteller ansonsten schwerwiegende
und unzumutbare Vermögensdispositionen treffen müsse, die nach Abschluss der Hauptsache nicht mehr rückgängig zu machen wären.
Er könnte seinen Lebensunterhalt nicht anderweitig decken. Ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache könne ihm auch
nicht unter Hinweis auf Leistungen nach dem SGB II zugemutet werden. Ergänzend trug der Antragsteller vor: Aufgrund eines ärztlichen Gutachtens sei durch die Krankenkasse die
erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers festgestellt worden. Daraufhin sei der Antragsteller
von der Krankenkasse aufgefordert worden, einen Reha-Antrag zu stellen. Dieser Antrag sei vom Rentenversicherungsträger mit
Schreiben vom 13.03.2015 abgelehnt worden, da durch die beantragte Rehamaßnahme die geminderte Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich
gebessert werden könne. Der Reha-Antrag sei daher in einen Rentenantrag umgedeutet worden. Solange über das Rentenverfahren
noch nicht abschließend entschieden ist, sei die Krankenkasse zur Leistung von Krankengeld verpflichtet. Ein Obsiegen in der
Hauptsache sei wahrscheinlich, da bei der Gesamtschau alles dafür spreche, dass der Krankenkasse die wohl dauerhafte Arbeitsunfähigkeit
unabhängig von den eingereichten Zahlscheinen, auch aufgrund des ärztlichen Gutachtens, bekannt gewesen sein müsste. Mit Beschluss
vom 08.04.2015 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Für die Aufrechterhaltung
des Krankengeldanspruches aus der Beschäftigtenversicherung sei nach der Rechtsprechung des BSG erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnittes erneut
ärztlich festgestellt werde (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. zuletzt Urteile vom 16. Dezember 2014,
Az: B 1 KR 31/14 R, B 1 KR 35/14 R, B 1 KR 37/14 R). Hieran würde es im vorliegenden Fall fehlen. Die auf der Krankenversicherung der Arbeitslosen beruhende Mitgliedschaft
des Antragstellers bei der Beklagten habe mit Ablauf des 15.02.2015 geendet. Als der Antragsteller am 16.02.2015 erneut seinen
Hausarzt aufgesucht habe, um die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, sei er nicht mehr nach §
192 Abs.1 Nr. 2
SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Hinweise darauf, dass der Antragsteller möglicherweise durch Handlungs-
oder Geschäftsunfähigkeit gehindert gewesen wäre, seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vor Ablauf des 15.02.2015
feststellen zu lassen, würden nicht vorliegen. Allein der Umstand, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit an einem Sonntag
geendet habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Auch in diesem Fall wäre der Versicherte verpflichtet gewesen, rechtzeitig
ein Fortbestehen seiner Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen (Bundessozialgericht, Urteil vom 04.03.2014, B 1 KR 17/13 R). Nichts anderes würde sich aus dem Umstand ergeben, dass die Praxis Dr. H. vom 11. bis 15.02.2015 geschlossen gewesen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hätte der Kläger einen anderen Arzt zur Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit
aufsuchen oder aber den hausärztlichen Notfalldienst in Anspruch nehmen müssen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.03.2014
a.a.O., Rd.Nr. 20, Jurisausdruck). Schließlich würden auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
nicht vorliegen. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller hat nochmals darauf hingewiesen,
dass sich aus dem zum Reha-Verfahren nach §
51 SGB V vom MDK erstellten Gutachten ergeben würde, dass der Antragsteller bis auf weiteres Arbeitsunfähig wäre.
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller
vorläufig über den 15.2.2015 hinaus Krankengeld in gesetzlicher Höhe zuzahlen.
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verweist im Wesentlichen auf die Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2015. Der
Senat hat das auf Grund persönlicher Untersuchung des Antragstellers erstellte MDK-Gutachten vom 12.01.2015 beigezogen. Der
Gutachter Dr. H. stellte in dem Gutachten u.a. fest: "Ein Ende der Arbeitsunfähigkeit ist nicht zu erkennen ...Die Leistungsfähigkeit
im Erwerbsleben ist erheblich gefährdet ...Es ist mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht
zu rechnen ...Durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen ist in absehbarer
Zeit mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen." Ergänzend wird verwiesen auf die Akten
beider Rechtszüge sowie auf die Akte der Antragsgegnerin.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 08.04.2015 ist gemäß §§
172 Abs.
1,
173 SGG zulässig und überwiegend begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des sozialgerichtlichen Beschlusses.
Durch die Feststellung Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers - ohne zeitliche Begrenzung - durch den Arzt des MDK Dr. H. am
12.1.2015 ist der Antragsteller auch über den 15.2.2015 hinaus mit Anspruch auf Krankengeld bei der Antragsgegnerin nach §
192 Abs.1 Nr.
2 SGB V versichert. Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, das sich eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint (Regelungsanordnung - §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung,
ZPO). 1.) Nach der in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) grundsätzlich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage steht dem Antragsteller ab 25.3.2015 (Eingang des
Antrags beim Sozialgericht) ein Anspruch auf Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften und damit auch ein Anordnungsanspruch
zu, längstens jedoch bis zu rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache maximal bis zur Erschöpfung des 78 Wochen dauernden
Anspruchs auf Krankengeld. a) Nach §
44 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach den insoweit übereinstimmenden
Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. H. (vgl. u.a. Auszahlschein vom 16.2.2015 Diagnose "DPLD") und des sozialmedizinischen
Gutachtens des MDK vom 12.01.2015 (Dr. H.) leidet der Antragsteller an einer diffus parenchymatösen Lungenerkrankung (engl.
diffuse parenchymal lung disease - DPLD). Die Arbeitsunfähigkeit ist damit ausreichend glaubhaft gemacht. Der behandelnde
Arzt des Antragstellers Dr. H. hat diesem zunächst bis Sonntag dem 15.2.2015 lückenlos auf den Auszahlscheinen gemäß §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V Arbeitsunfähigkeit bescheinigt (vgl. Auszahlschein vom 7.1.2015). Der nächste sich in den Akten befindliche Auszahlschein
des Dr. H. datiert vom Montag dem 16.2.2015 und wäre - worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat - nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteilsserie des BSG vom 16.12.2014 - B 1 KR 31/14 R; B 1 KR 32/13 R; B 1 KR 19/14 R u.a.) zu spät ausgestellt, um die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin mit Anspruch auf Krankengeld gemäß §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGB V aufrechtzuerhalten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29.12.2014 - BT-Drs. 641/14 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
- GKV-VSG -) mit dem eine Änderung des §
46 SGB V dahingehend geplant ist, dass nach Satz 1 folgender Satz eingefügt wird "Der Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen, wenn
nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit am nächsten Arbeitstag,
der ein Werktag ist, ärztlich festgestellt wird." ist noch nicht in Kraft getreten. Nach dem aktuellem Stand des Gesetzgebungsverfahrens
(vgl. BT-Drs. 18/4095 v. 25.2.2015) soll dem GKV-VSG in diesem Punkt auch keine Rückwirkung zukommen, so dass die geplante
Gesetzesänderung auf den streitgegenständlichen Fall keine Auswirkung hat und auch nicht haben wird. b) Die "Lücke" in der
AU-Feststellung vom 16.2.2015 wird jedoch durch die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegte und sich laut Eingangsstempel
seit 13.01.2015 in den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin befindliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung des MDK (Dr. H.) vom
12.01.2015 "geheilt". In dem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 12.1.2015 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
beim Antragsteller "ein Ende der Arbeitsunfähigkeit nicht zu erkennen ist ...Die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben erheblich
gefährdet ist ...Mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist ...Durch die gesundheitlichen
Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen in absehbarer Zeit mit einer weiteren Minderung der
Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zu rechnen ist." Der MDK legte seiner Arbeitsunfähigkeitsfeststellung auch den richtigen
Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit - "auf alle Tätigkeiten verweisbar" zu Grunde. aa) In der Rechtsprechung
und Literatur ist geklärt, dass die Arbeitsunfähigkeit durch jeden Arzt festgestellt werden kann. Weder muss es sich um einen
Vertragsarzt handeln, noch um den behandelnden Arzt des Versicherten. Eine Begrenzung auf Vertragsärzte kennt das Gesetz nicht
(vgl. im Einzelnen Berchtold, Krankengeld, 2004, Rn. 481 ff.; vgl. hierzu auch KassKomm/Brandts
SGB V §
46 Rn. 10). Auch im Urteil vom 16.1.2014 - B 1 KR 25/14 R - hat der 1. Senat des BSG nochmals darauf hingewiesen, dass §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eine persönliche Untersuchung des Versicherten - wie hier - durch einen Arzt voraussetzt.
Hierzu zählen dann aber auch die Ärzte des MDK. Dies ergibt sich zunächst aus dem Regelungssystem von §
275 Abs.
1 Nr.
3b SGB V und §
62 Abs.
3 Bundesmantelvertrag-Ärzte. Nach §
275 Abs.
1 Nr.
3b SGB V sind die Krankenkassen bei Arbeitsunfähigkeit unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet zur Beseitigung von Zweifeln
an der Arbeitsunfähigkeit eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer
Dienst) einzuholen. § 62 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) v. 1. Januar 2015 (vgl. http://www.kbv.de/media/sp/BMV Aerzte.pdf) bestimmt, dass ein Gutachten des MDK zur Beurteilung
der Arbeitsunfähigkeit verbindlich ist. Diese verbindliche Feststellung greift jedoch nicht nur zu Lasten der Versicherten
sondern auch zu ihren Gunsten. Diese verbindliche Feststellung muss aber auch dann gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit - wie
vorliegend - in einem Gutachten des MDK im Rahmen einer Antragstellung nach §
51 SGB V erfolgt. Der gutachterlichen Stellungnahme des MDK im Rahmen des §
51 SGB V bzgl. der "Erwerbsfähigkeit" hat jedenfalls einen höheren Stellenwert als eine einfaches Attest oder eine ärztliche Bescheinigung
(Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 2. Aufl. 2012, §
51 SGB V Rn. 15). bb) Nach der Rechtsprechung des BSG muss die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auch nicht auf dem durch § 5 Abs.1 oder § 6 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien vorgesehenen Vordruck erfolgen, um die Voraussetzungen des §
46 Satz 1 Nr. 2
SGB V zu erfüllen (BSG v.10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R). Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit muss idR die Schlussfolgerung aus einer persönlichen ärztlichen Untersuchung sein.
Hierzu genügt es, dass der Arzt in einem formlosen Verfahren die Erkrankung feststellt und dass der Versicherte aufgrund dessen
weder seine letzte noch eine ähnlich bzw. gleich geartete Arbeit verrichten kann (BeckOK SozR/Tischler
SGB V §
46 Rn. 13 ff). Auch diesen Anforderungen genügt das Gutachten des MDK vom 12.01.2015. Es fand eine persönliche ärztliche Untersuchung
des Klägers am 22.12.2014 statt und es wurde im Gutachten vom 12.01.2015 ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit bezüglich "allen
Tätigkeiten" bis auf weiteres ("Ein Ende der Arbeitsunfähigkeit ist nicht zu erkennen") festgestellt. Es wurde ferner darauf
hingewiesen, dass mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit zu rechnen ist. cc) Stellt der MDK eine längere - zeitlich
nicht begrenzte - Arbeitsunfähigkeit ärztlich fest, dann kommt es bzgl. dieses Zeitraums auf eine Lücke in den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
durch den behandelnden Arzt nicht mehr an. Dieses Ergebnis entspricht auch der Sinn und Zweck der Ausschlussregelung des §
46 Satz 1 Nr.
2 SGB V - ebenso dem des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V - wonach die Krankenkasse lediglich davon freigestellt werden soll, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten
Krankengeld-Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Diese Normen sollen der Krankenkasse die Möglichkeit erhalten, die
Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Wenn aber der MDK selbst Arbeitsunfähigkeit feststellt und dies
der Krankenkasse mitteilt, können die Ausschluss- bzw. Ruhensregelungen nicht mehr greifen. Von einem Missbrauch und praktischen
Schwierigkeiten kann in dieser Fallgestaltung nicht mehr die Rede sein. dd) Bei einer Krankschreibung "auf nicht absehbare
Zeit" oder "bis auf Weiteres" müssen für eine ärztliche Feststellung iSd. §
46 Satz 1 Nr. 1
SGB V keine neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorgelegt werden unabhängig davon, ob die Krankenkasse dieser Beurteilung
folgt oder nicht (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Januar 2014 - L 11 KR 4174/12 -, [...]). Dies gilt in gleicher Weise, wenn der MDK in einer gutachterlichen Stellungnahme feststellt "dass ein Ende der
Arbeitsunfähigkeit nicht zu erkennen ist". ee) Vorliegend hat sich die AU-Feststellung durch den MDK (Persönliche Untersuchung
am 22.12.2014) nicht durch den Auszahlschein vom 07.01.2015 überholt. Zum einen ist für das Entstehen des Krankengeldanspruchs
nach §
46 Satz 1 Nr. 1
SGB V die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit entscheidend - dies ist vorliegend der 12.01.2015. Zum anderen hat sich nicht auf
Grund einer persönlichen Untersuchung des Antragstellers durch einen Arzt kein neuer Sachverhalt ergeben. 2.) Der Antragsteller
hat jedoch nicht nur einen Anordnungsanspruch gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG, sondern zumindest für den Zeitraum ab 25.3.2015 auch einen Anordnungsrund für eine Krankengeldgewährung glaubhaft gemacht.
a) Dem Antragsteller kann bei der Prüfung des Anordnungsgrundes nicht entgegengehalten werden, dass die begehrte einstweilige
Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht notwendig sei, weil es ihm grundsätzlich zuzumuten sei, Leistungen nach
dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II bzw. SGB XII) zu beantragen. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 22.1.2013 - L 5 KR 492/12 B ER = NZS 2013, 422 entschieden, dass diese Rechtsauffassung nicht mit Art.
19 Abs.
4 GG zu vereinbaren ist. Ein Anordnungsgrund kann daher nicht mit der Begründung verneint werden, die Antragstellerin könne Grundsicherungsleistungen
für Arbeitssuchende oder Sozialhilfe in Anspruch nehmen. b) Soweit der Antragsteller mit seinem Beschwerdeantrag jedoch einen
Krankengeldanspruch auch für die Zeit vom 16.2.2015 bis 24.3.2015 geltend macht, fehlt ihm allerdings der Anordnungsgrund.
Insoweit ist die Beschwerde zurückzuweisen. Dem Wesen der einstweiligen Anordnung gemäß §
86 b Abs.
2 SGG entsprechend werden im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur vorläufige Regelungen getroffen, um die Zeit
bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu überbrücken. Die vorläufige Regelung durch das Gericht soll nur sicherstellen,
dass ein Antragsteller während der Dauer eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens - was häufig viele Monate in Anspruch nehmen
kann - nicht ohne finanzielle Mittel für seinen Lebensunterhalt bleibt, obwohl ihm vielleicht in der Sache bei vorläufiger
Prüfung ein Anspruch zur Seite steht. Dieser Gedanke kann aber grundsätzlich nicht eingreifen, wenn es sich um Leistungszeiträume
vor Stellung des Eilantrages beim SG handelt. Denn hinsichtlich dieser Zeiträume besteht kein dringend zu regelndes Bedürfnis mehr, weil sich insoweit die Antragsteller
selbst haben helfen können. Die rückwirkende Feststellung einer besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann
jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen
Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4
Grundgesetz (
GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen
- Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden,
zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht,
Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend
die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der Anhängigkeit
des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht vorgelegen hat. Denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch
den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist
dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar (Vgl. dazu bereits BayLSG, Beschluss v. 22.01.2013 - L 5 KR 492/12 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
86b Rn. 29a und 35a) Nur ausnahmsweise kann das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel
19 Absatz
4 GG in besonderen Fällen auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen, so insbesondere dann,
wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren
der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende -
Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen. An diesen Grundsätzen gemessen,
ist hier für den Zeitraum 16.2.2015 bis 24.3.2015 bereits keine besondere, fortbestehende Notlage erkennbar, die den Erlass
der begehrten einstweiligen Anordnung rechtfertigen würde. Eine solche wurde zum einen nicht glaubhaft gemacht, zum anderen
ist eine solche auch von anderweitig nicht ersichtlich. 3.) Hinzuweisen ist auf die Vorläufigkeit der Bewilligung von Krankengeld
im vorliegenden Verfahren. Falls nach der gebotenen Sachaufklärung in der Hauptsache die Voraussetzungen des Krankengeldes
verneint werden, sind die Leistungen der Antragsgegnerin zurückzuerstatten. Eines Erstattungsbescheides bedarf es wegen der
Prozessnatur des Rückerstattungsanspruches nicht (Krodel in: Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.12.2013, 37.
Edition, § 86b Rn. 187 ff). Zudem bestünde ein Schadensersatzanspruch gem. §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG, §
945 ZPO, der zB auch die Beiträge umfassen kann, die die Antragsgegnerin wegen der Versicherungspflicht von Krankengeldbeziehern
in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung abzuführen hat. 4.) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens selbst. 5.) Dem Beschwerdeführer ist gemäß §
73 a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) Prozesskostenhilfe zu gewähren. Er ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die
Kosten der Prozessführung aufzubringen und es bestand eine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Wegen der Schwierigkeiten der
Rechtsfragen und der Bedeutung der Angelegenheit war ihm antragsgemäß Rechtsanwältin B. beizuordnen.