Kosten einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben
Erstattungsanspruch unter Leistungsträgern
Pflegeleistungen der Versicherten in Haushalt oder Familie
Tatbestand
Streitig ist ein Erstattungsanspruch unter Leistungsträgern in Höhe von 283.690,00 EUR für kosten einer Maßnahme zur Teilhabe
am Arbeitsleben der 1983 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten A. (im Folgenden: Versicherte).
1. Die Versicherte war wegen Frühgeburt über längere Zeit künstlich beatmet worden, mit der Folge von Fehlentwicklungen der
Luftröhre, so dass ihr bis zum Alter von sechs Jahren eine Trachealkanüle eingesetzt war. In der Folgezeit prägten sich wegen
einer Luftröhren-Engstelle rezidivierende Infektionen sowie Störungen bei Belastungen aus, so dass die Luftröhre der Versicherten
im Juli 2001 operativ behandelt wurde. Dabei kam es zu einer Ödembildung im Rückenmark. Seither leidet die Versicherte an
einer inkompletten Querschnittslähmung unterhalb des Halswirbelkörpers C5 mit Blasen- und Mastdarmlähmung, zudem ist sie wegen
einer Luftröhrenöffnung (Tracheostoma) auf Behandlungspflege 24 Stunden/Tag angewiesen mit mehrfacher (auch nachts) durch
Fremdhilfe durchzuführende Absaugmaßnahmen wegen akuter Erstickungsgefahr. Den entsprechenden medizinischen Versorgungsbedarf
stellt die Beklagte sicher insbesondere durch Einsatz examinierten Pflegepersonals - abzüglich der von der Pflegeversicherung
getragenen Sachleistungen (Grundpflege 7,5 h/Tag bei Pflegestufe III).
Nach Abschluss der Hauptschule im Sommer 2003 durchlief die Versicherte im Herbst Maßnahmen der Arbeitserprobung und Berufsfindung
zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Trägerschaft die Klägerin. Daraus resultierte eine positive Prognose für eine kaufmännische
Ausbildung der Versicherten. Dafür bewilligte die Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.12.2003 einen einjährigen
berufsvorbereitenden Förderlehrgang mit kaufmännischem Schwerpunkt im vom Wohnort der Klägerin über 200 km entfernt liegenden
beruflichen Rehabilitationszentrum L., einer speziell für schwerstkörperbehinderte pflegeabhängige Menschen zur Durchführung
berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und Erstausbildungen ausgestatteten Einrichtung. Weil diese nicht über das für die
Versicherte wegen ihres Tracheostomas notwendige besondere Behandlungspflegepersonal verfügt, stellt die Einrichtung die Behandlungspflege
in Zusammenarbeit mit der örtlichen Diakoniestation sicher.
Aufgrund des individuell erforderlichen Pflegeaufwands der Versicherten sah sich das Rehabilitationszentrum L. zu einer Aufnahme
der Versicherten nur gegen individuelle, die vertraglichen Regelungen zwischen der Klägerin und dem Berufsbildungswerk L.
e.V. ergänzende Kostenübernahme in der Lage. Es mussten mehrere zusätzliche Pflegekräfte (mit Personal-Sonderkosten von 35,39
EUR pro Stunde gemäß späterem Schreiben vom 24.5.2004) arbeitsrechtlich wirksam angestellt werden, um den Betreuungsbedarf
(Grund- und Behandlungspflege) abzudecken. Die Übernahme dieser Sonder-Kosten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.2.2004
ab, weil während der wohnortfern durchgeführten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme kein Anspruch auf häusliche Krankenpflege
zur Sicherung der ärztlichen Behandlung bestünde, da diese nicht im Haushalt der Versicherten anfalle. Auf Eilantrag der Versicherten
verpflichtete das Sozialgericht Hannover die Klägerin mit Beschluss vom 7.7.2004 (S 9 AL 993/04 ER), bestätigt durch Beschluss des LSG Celle vom 21.7.2004 (L 8 AL 311/04 ER) vorläufig, die Versicherte zur Rehabilitation im Rehabilitationszentrum L. anzumelden und sämtliche Kosten für eine berufsvorbereitende
Bildungsmaßnahme ab dem 1.9.2004 zu übernehmen; die endgültige Kostentragung wurde dort einem Hauptsacheverfahren zugewiesen.
Die Klägerin bewilligte daraufhin der Versicherten mit Bescheid vom 22.9.2004 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Maßnahmekosten
monatlich 2.737,97 EUR und Kosten der medizinischen Grundversorgung monatlich 25.790,00 EUR) und wies zugleich darauf hin,
dass die Kosten der medizinischen Versorgung im Reha-Zentrum vorleistungsmäßig erbracht werden. Die Versicherte durchlief
in der Folge die Maßnahme, zu welcher die Kostenträgerschaft für Ausbildungsgeld, Fahrtkosten und reine Maßnahmekosten unstreitig
der Klägerin zukommt. In gleicher Weise ist die Beklagte bei zwischenzeitlichen Aufenthalten der Versicherten zu Hause für
die Behandlungspflege unstreitig kostenpflichtig. Geltend gemacht wird von der Klägerin die endgültige Kostenlast für die
Behandlungspflege während der beruflichen Rehabilitation der Versicherten und zwar hiervon vorliegend ausschließlich der Anteil,
der auf die Zeit vom 1.9.2004 bis 31.7.2005 entfällt. Die Versicherte hat zwar auch in der Folgezeit im Rehabilitationszentrum
L. weitere Maßnahmen durchlaufen und dafür Leistungen der Klägerin erhalten. Jedoch ist dieser Zeitraum, der sich bis zum
Januar 2009 erstreckt, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Deshalb sind auch Rechtsänderungen, die in diesen Folgezeitraum
fallen, vorliegend nicht Grundlage der Entscheidung. Zum Ausgang eines von der Klägerin gegen den Klinikträger angestrengten
Regressverfahrens vor dem Landgericht Mönchengladbach (6 O 90/07) konnte die Klägerin keine näheren Angaben machen; die Beteiligten haben sich insoweit verständigt, dass dort von der Klägerin
eventuell realisierte Ansprüche nicht zu Lasten der Beklagten gehen.
2. Mit Schreiben vom 16.9.2004 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch für die im Vorleistungswege
voraussichtlich im Zeitraum 1.9.2004 - 31.7.2004 zu erbringenden Kosten der medizinischen Grundversorgung der Versicherten
iHv monatlich 25.790,00 EUR an. Dies wies die Beklagte unter dem 22.10.2004 zurück. Erneut machte die Klägerin den Erstattungsanspruch
unter dem 2.12.2004 geltend. Auch hier wies die Beklagte das Begehren zurück (Schreiben vom 29.3.2005). Sie machte geltend,
dass sie die notwendigen medizinischen Leistungen erbringe für die Zeit, in denen sich die Versicherte an Wochenenden sowie
in den Ferien im eigenen Haushalt aufhalte. Die im Rehabilitationszentrum L. notwendigen medizinischen Leistungen hingegen
zählten zur beruflichen Rehabilitationsmaßnahme, welche der Klägerin zugewiesen seien, da die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
ausdrücklich auch medizinische Hilfen umfassten, soweit diese erforderlich sind, um die Ziele der Maßnahme zu erreichen.
3. Mit der am 29.6.2005 zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Leistungsklage hat die Klägerin ihren Erstattungsanspruch weiterverfolgt
im Wesentlichen mit der Begründung, der Beklagten sei die medizinische Grundversorgung gesetzlich zugeteilt. Die Kosten für
notwendige Maßnahmen der Behandlungssicherungspflege der Versicherten stellten keine besonderen Kosten dar, die (nur) im Rahmen
der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme entstünden, sondern existenzsichernde Hilfeleistungen, die unabhängig vom Aufenthaltsort
anfielen. Demgegenüber hat die Beklagte betont, anders als bei einem Aufenthalt am Wohnort sei sie für die Beatmungspflege
während einer auswärtigen Maßnahme zur Teilhabe am Berufsleben nicht der gesetzliche Träger.
Mit Urteil vom 17.3.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, entsprechend dem zutreffenden
Grund-Bewilligungsbescheid der Klägerin vom 15.12.2003 habe die Versicherte eine Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung durchlaufen
in Gestalt eines Förderlehrgangs mit kaufmännischem Schwerpunkt, für welche die Klägerin zuständiger Träger sei, so dass keine
vorläufige Sozialleistungsverpflichtung vorliege. Die Leistungsverpflichtung sei auch nicht nachträglich entfallen oder von
der Klägerin als nur nachrangig verpflichteter oder unzuständiger Leistungsträger erbracht worden. Der Beklagten seien lediglich
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zugewiesen. Vorliegend
seien berufsfördernde und medizinische Elemente der Teilhabeleistungen nicht zu trennen, so dass eine ganzheitliche Leistungsträger-Zuständigkeit
bestehe. Als Besondere Leistungen zur Förderung der Teilnahme behinderter Menschen am Arbeitsleben habe die Klägerin auch
weitere Aufwendungen zu tragen, die nach Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen. Die Versicherte habe zwar
von der Beklagten neben der ärztlichen Behandlung für die erforderliche Überwachung und Absaugen des Tracheostomas auch Behandlungspflege
durch geeignete Pflegekräfte beanspruchen können. Diesen Sozialleistungsanspruch habe aber die Beklagte erfüllt während der
Aufenthalte der Versicherten an Wochenenden und maßnahmefreien Tagen. Während des Aufenthalts im Berufsbildungswerk L. habe
ein entsprechender Anspruch aber nicht bestanden, weil die Versicherte keine häusliche Krankenpflege erhalten habe in ihrem
Haushalt oder in ihrer Familie, sondern während ihrer internatsmäßigen Unterbringung zur Durchführung der berufsfördernden
Teilhabeleistung ohne eigenem Haushalt am Maßnahmeort. Gesetzliche Änderungen hierzu seien erst 2007 in Kraft getreten und
mangels Rückwirkung vorliegend nicht einschlägig.
4. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zusätzlich zur Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens betont, die tracheostomabedingte
Pflege der Versicherten sei als Behandlungspflege gesetzlich der Beklagten als Trägerin der Krankenversicherung zugewiesen.
Es lägen somit krankheitsbedingte Leistungen vor, die unabhängig von der Maßnahme der Teilhabe am Berufsleben zu erbringen
und nur medizinisch bedingt seien, so dass der Aufenthalt im Berufsbildungswerk L. nicht zu einem Trägerwechsel führen dürfe.
Die haushaltsbezogene Begründung des erstinstanzlichen Urteiles sei unzutreffend und finde keine Grundlage im Gesetz.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.03.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der medizinischen
Grundversorgung für die Versicherte A. während deren Teilnahme an der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 1.9.2004 bis
31.7.2005 im Rehabilitationszentrum L. in Höhe von 283.690,00 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsankten der Klägerin sowie der Beklagten. Darauf
sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch
gegen die Beklagte, weil sie im gegenständlichen Zeitraum als zuständiger Leistungsträger auch die Beatmungs-/Behandlungspflege
der Versicherten zu erbringen hatte.
1. Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist im Rahmen einer Leistungsklage, ob die Beklagte der Klägerin
Kosten iHv 283.690,00 EUR zu erstatten hat, die vom 1.9.2004 bis 31.7.2005 für die im Rehabilitationszentrum L. während des
dortigen Maßnahmeaufenthaltes der Versicherten durchgeführte Behandlungspflege in Gestalt der rund um die Uhr erforderlichen
Beatmungspflege angefallen sind. Die Forderungshöhe steht fest auf Grund der überstimmenden Erklärungen der Beteiligten in
der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2015. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit
dieses Vorgehens zB BSG Urt. v. 21.4.2015 - B 1 KR 8/15 R; BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-5562 § 9 Nr 4 RdNr 8); im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung vom 1.9.2004 bis 31.7.2005 im Rehabilitationszentrum
L. nicht ersichtlich. In gleicher Weise ist wegen der Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2015
keine weitere Schaufklärung veranlasst, inwieweit die Klägerin im Regressverfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach (6 O 90/07) Zahlungsansprüche gegen den Klinikträger mit Relevanz für das vorliegende Verfahren erstritten hatte; zudem ist der Klägerin
nicht zu unterstellen, dass sie ihr nicht zustehende oder bereits von anderer Seite erfüllte Ansprüche gegenüber der Beklagten
geltend machte.
2. Entsprechend dem zutreffenden und bestandskräftigen Bewilligungsbescheid der Klägerin vom 15.12.2003 sowie entsprechend
dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin ist die von der Versicherten in der Zeit vom 1.9.2004 bis
31.7.2005 im Rehabilitationszentrum L. durchlaufene Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung zur Teilhabe behinderter Menschen
am Arbeitsleben gem. §§
97 ff
SGB III (in der Fassung vor der zum 1.4.2012 in Kraft getretenen Änderung durch G v. 20.12.2011, BGBl. I S. 2854) zuzuordnen. Die vom 1.9.2004 bis 31.7.2005 durchgeführte Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §
97, §
98 Abs.
1 Nr
1, §
100 SGB III i.V.m. §
33 SGB IX zielte darauf ab, die Erwerbsfähigkeit der schwerbehinderten und dauerpflegebedürftigen Versicherten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit
herzustellen und die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend ihrer Neigungen und Fähigkeiten gem. §
4 Abs.
1 Nr.
3 SGB IX auf Dauer zu sichern. Damit zählt die Maßnahme des berufsvorbereitenden Förderlehrgangs mit kaufmännischem Schwerpunkt zum
genuin per legem der Klägerin zugewiesenen Leistungsbereich. Die Beklagte ist dagegen nicht zuständiger Rehabilitationsträger
nach §
5 Nr.
2, §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB IX, weil dieser nur Leistungen der medizinischen Rehabilitation oder unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zugewiesen
sind. Die insoweit grundsätzlich bestehende Trägerschaft der Klägerin ist unter den Beteiligten auch nicht strittig.
3. Als zuständigem Träger ist damit der Klägerin zugewiesen, für die Versicherte die Sozialleistungen zur Teilhabe zu erbringen,
die wegen Art und Schwere der Behinderung der Versicherten erforderlich sind, um das Maßnahmeziel zu erreichen. Bei der rollstuhlpflichtigen,
körperlich massivst bewegungsbeeinträchtigten und aufgrund des Tracheastomas ständig beatmungspflege- und beatmungsüberwachungsbedürftigen
Versicherten war nach der gesamten medizinischen Dokumentation einschließlich der von den Beteiligten eingeholten ärztlichen
Stellungnahmen eine gefahrlose Teilnahmemöglichkeit und damit Durchführung der Maßnahme nur durch die Bereitstellung entsprechender
medizinischer Hilfen und Pflegekräfte erreichbar. Denn die Dauerüberwachung und die Hilfestellungen bei der Säuberung des
Tracheastomas waren aus medizinischen Gründen erforderlich. Als Besondere Leistung nach §
102 SGB III hatte damit die Klägerin die entsprechenden Kosten als zur Förderung der Teilnahme behinderter Menschen am Arbeitsleben gehörig
zu tragen. Denn zu diesen zählen neben den Teilnahmekosten gem. §
103 SGB III auch die weiteren Aufwendungen, die nach Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar - wie vorliegend - unerlässlich sind
gem. §
109 SGB III.
Zwar ist die Beklagte nach §§
11 Abs.
1 Nr
4,
37 Abs.
2 SGB V verpflichtet, der Versicherten die tracheastomabedingten Leistungen der krankenpflegerischen Dauerüberwachung und Hilfestellungen
als erforderliche Behandlungspflege zu erbringen. Und nach §
4 Abs.
2 S. 1
SGB IX sind Leistungen zur Teilhabe nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen
Sozialleistungen zu erbringen. Aber nach dem unmissverständlichen Wortlaut des §
37 SGB V (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch Art. 1 Nr. 22, Art. 46 GKV-WSG vom 26.3.2007) sind die entsprechenden Pflegeleistungen der Versicherten "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" zu gewähren.
In der hier gegenständlichen Zeit war dies während der Freizeit-Aufenthalte der Versicherten zu Hause der Fall, nicht aber
während ihrer Unterbringung im Rehabilitationszentrum L ... Insoweit ist übereinstimmend mit der erstinstanzlichen Entscheidung
festzustellen, dass der Versicherten dort kein eigener Haushalt zukam im Sinne einer wohnungsmäßige familienhaften Wirtschaftsführung
und eigenständigen Lebensführung (BSG vom 21.11.2002 - B 3 KR 13/02 R; vom 01.09.2005 - B 3 KR 19/04 R). Weil der gesetzlich durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 erweiterte Haushaltsbegriff (vgl. dazu BT-Drs. 16/3100 S. 104) vorliegend keine Anwendung findet, ist insoweit
ein Anspruch auf Krankenpflege gegenüber der Beklagten zu verneinen. Zwar ist die Überlegung der Klägerin im Grundsatz zutreffend,
Behandlungsbedürftigkeit dürfe nicht dadurch zu einer Einschränkung der Mobilität und Freiheit Behinderter führen, dass ein
Wechsel der Kostenträgerschaft von der gesetzlichen Krankenversicherung weg hin zu einem neuen Träger und die damit verbundene
neue Kostenlast eher hinderlich bis abschreckend wirkt. Auch sollte die für die Versicherte existenziell notwendige medizinische
Behandlungspflegeversorgung grundsätzlich der typischen Risikoabsicherung der gesetzlichen Krankenversicherung zugewiesen
sein. Jedoch findet sich dafür im hier anzuwendenden Gesetz keine Stütze, die es rechtfertigen würden, die oben dargelegten
Zuweisungen außer Acht zu lassen.
Damit bestand für die gesamte Dauer der Maßnahme eine originäre Leistungszuständigkeit der Klägerin. Eine Aufteilung in berufsfördernde
und medizinische Elemente ist nicht möglich, weil eine einheitliche berufsfördernde Leistung festzustellen ist, innerhalb
welcher die zur Durchführung erforderlichen Maßnahmen auch in der vorliegenden medizinischen Hinsicht ganzheitlich der Klägerin
zugewiesen sind
Damit liegt in der streitigen Kostenübernahme durch die Klägerin keine lediglich vorläufige Sozialleistungsverpflichtung gem.
§ 102 SGB X vor. Die Leistungsverpflichtung der Klägerin ist auch nicht nachträglich entfallen nach § 103 SGB X. Die Leistung ist auch nicht von der Klägerin als nachrangig verpflichteter oder unzuständiger Leistungsträger iSd § 104 SGB X oder § 105 SGB X erbracht worden. Insoweit scheidet auch ein Anspruch nach §
23 Abs.
2 SGB III aus.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.