Tatbestand
Streitig ist eine Untätigkeitsklage.
1. Der Kläger war im Herbst 2008 wegen Bezuges von Leistungen nach dem SGB II (Alg II) gesetzlich krankenversichertes Mitglied der Beklagten. Am Donnerstag, 16.10.2008 wurde er bei der Firma X. in A.
vorstellig. Diese gibt an, der Kläger sei nicht gegen Entgelt beschäftigt worden, am Folgetag habe dieser nicht arbeiten können
wegen Stromausfalls. Am Montag, 20.10.2008 sei der Kläger erneut bei der X. erschienen, der Betriebsleiter habe ihn jedoch
nicht eingestellt. Am 23.10.2008 bescheinigte Dr. H. dem Kläger Arbeitsunfähigkeit ab 22.10.2008 wegen Schädelhirnkontusion.
Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind für die Zeit bis 31.10.2008 (Dr. H.) sowie am 6.11.2008 bis 16.11.2008 (Dr.
G.) ausgestellt.
Zur Entscheidung über die Bewilligung von Krankengeld kam es nicht, vielmehr erstattete die Beklagte unter dem 13.3.2009 Strafanzeige
wegen Betruges. Der Kläger hatte im Laufe des Jahres 2008 in einer Vielzahl von Fällen während des Alg-II-Bezuges, namentlich
am 22.10.2008, Kontakt zu Arbeitgebern aufgenommen und sodann faktenwidrig jeweils das Vorliegen eines Arbeitsunfalles und
Arbeitsunfähigkeit mit dem Ziel des Erhalts von Sozialleistungen behauptet. Zugleich hatte er den jeweiligen vermeintlichen
Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten verklagt (zB Klage zur Niederschrift vom 19.11.2008 Arbeitsgericht B-Stadt - Az.: RAST
424/08); insoweit wird auf die 25 Arbeitsgerichtsverfahren umfassende Liste aus den Jahren 2007 bis 2010 auf Blatt 188 ff
der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen. Wegen dieser Vorgehensweise wurde der Kläger in mehreren Fällen am 15.11.2011
- rechtskräftig seit 23.11.2011 - wegen Betruges verurteilt (Amtsgericht B-Stadt, Az.: 852 Ds 388 Js 35507/09).
2. Am 12.1.2009 hat der Kläger Untätigkeitsklage zum Sozialgericht München erhoben, weil er von der Beklagten keine Hilfe
bekommen habe. Mit Schriftsatz vom 13.7.2009 hat der damalige Klägerbevollmächtigte - der den Kläger auch im Strafverfahren
vertreten hat - nach dem Ergehen eines Bescheides nachgefragt sowie angekündigt, das klageverfahren könne für erledigt erklärt
werden, falls mittlerweile über den Krankengeldantrag des Klägers entschieden worden sei.
Nach Aussetzung der Untätigkeitsklage wegen der strafrechtlichen Verfahren hat die Beklagte mit Bescheid vom 31.7.2014 den
geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld abschlägig verbeschieden, weil der Kläger nicht beschäftigt gewesen war, sondern
im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden hatte. Gegen diesen Bescheid ist Widerspruch nicht eingelegt worden. In der Folgezeit hat der Kläger die für den
Fall eines Bescheiderlasses angekündigte Erledigterklärung der Untätigkeitsklage nicht abgegeben, so dass das Sozialgericht
mit Gerichtsbescheid vom 4.9.2014 die Untätigkeitsklage abgewiesen hat wegen Erledigung sowie wegen des Vorliegens eines sachlichen
Grundes für die Nichtentscheidung
3. Dagegen hat der Kläger persönlich Berufung eingelegt. Er habe lange Zeit keine Nachricht bekommen.
Der Kläger beantragt somit weiterhin sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 4.9.2014 zu verurteilen, den Anspruch des
Klägers Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab 22.10.2008 zu verbescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. darauf sowie auf die Gerichtsakten
beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft, §§
143,
151 SGG, sie bleibt aber ohne Erfolg.
Streitgegenstand ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 4.9.2014, mit welchem die Untätigkeitsklage vom 12.1.2009
abgewiesen wurde.
Eine Untätigkeitsklage ist nach §
88 Abs.
1 Satz 1
SGG zulässig, wenn seit der Stellung eines Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsaktes sechs Monaten vergangen sind, und sie
ist begründet, wenn der Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. 1. Maßgebend
für die Bestimmung des Streitgegenstands ist der geltend gemachte prozessuale Anspruch, d.h. Klageantrag und Klagegrund im
Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt (vgl. BSG vom 28.3.2013, B 4 AS 12/12 R - mwN).
Zur Recht hat das Sozialgericht die Klage als Untätigkeitsklage iSd §
88 SGG gewertet. Denn der Kläger selbst hatte im Klageschriftsatz angegeben, er habe "keine Hilfe von AOK beckomen". Um dem Grundrecht
aus Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen
Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. BVerfG vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02 und vom 03.03.2004, Az.: 1 BvR 461/03) ist vor der Tatsache, dass die Beklagte im September 2009 nicht über einen geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld wegen
der am 23.10.2008 von Dr. H. erstbescheinigten ab 22.10.2008 sowie für die Zeit bis 31.10.2008 (Dr. H.) und am 6.11.2008 bis
16.11.2008 (Dr. G.) folgebescheinigte Arbeitsunfähigkeit entschieden hatte, das Begehren des Klägers als Tätigwerden gegenüber
der Untätigkeit der Beklagten zu werten. Dem entspricht der Anwalts-Schriftsatz vom 13.7.2009, mit welchem unter dem Betreff
"Leistungen nach dem
SGB V (Krankengeld)" nach Bescheiderlass nachgefragt sowie angekündigt wurde, für den Fall des zwischenzeitlichen Bescheiderlass
könne das Klageverfahren erledigt werden.
2. Die zunächst formwirksame Untätigkeitsklage ist jedenfalls unzulässig geworden, als die Beklagte mit Bescheid vom 31.7.2014
einen Anspruch des Klägers auf Krankengeld ab 22.10.2009 abgelehnt hat. Denn mit Bescheiderlass war das Ziel der Klage erreicht,
ein Rechtsschutzbedürfnis liegt seither nicht mehr vor.
3. Die Untätigkeitsklage war darüber hinaus unbegründet, weil die Beklagte zum Einen sachliche Veranlassung hatte, den Sachverhalt
zum Anspruch auf Krankengeld eingehend zu ermitteln und zum Anderen die Sachverhaltsermittlung zeitaufwändig war. Denn der
Kläger hatte nach dem Inhalt der beigezogenen Akten sowie nach den Gerichtsakten beider Instanzen im Laufe des Jahres 2008
in einer Vielzahl von Fällen während des Alg-II-Bezuges, namentlich am 22.10.2008, Kontakt zu Arbeitgebern aufgenommen und
sodann faktenwidrig jeweils das Vorliegen eines Arbeitsunfalles sowie mit dem Ziel des Erhalts von Krankengeld durch die Beklagte
Arbeitsunfähigkeit behauptet. Dieses Vorgehen ist auch durch die Klage vom 19.11.2008 zum Arbeitsgericht B-Stadt - Az.: RAST
424/08) sowie durch die Vielzahlt von Arbeitsgerichtsverfahren nachgewiesen. Wegen dieser Vorgehensweise ist der Kläger zudem
in mehreren Fällen rechtskräftig vom Amtsgericht B-Stadt (Az.: 852 Ds 388 Js 35507/09) wegen Betruges verurteilt.
Um diese Hintergründe aufzuklären war die Beklagte somit veranlasst, vom Erlass eines Bescheides hinsichtlich eines Krankengeldanspruches
ab 22.10.2008 abzusehen.
4. Schließlich fehlt es für die Klage an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil dem Kläger kein Krankengeldanspruch ab 22.10.2008
zusteht. Denn der Ablehnungsbescheid vom 31.7.2014 ist gem. §§
84 Abs.
2 S. 3, 66 Abs.
2 SGG nach Ablauf der Jahresfrist nicht mehr mit einem Widerspruch anfechtbar und damit rechtskräftig geworden; ein Schriftsatz,
welcher in einen Widerspruch (um-)gedeutet werden kann, ist im vorliegenden Verfahren nicht feststellbar.
Im Übrigen hat der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld gem. §
44 Abs.
1 SGB V, weil er nach den glaubhaften Angaben der Firma X. A. bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht gegen Arbeitsentgelt beschäftigt
war. Die anderslautenden Einlassungen des Klägers sind vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Verurteilung nicht glaubhaft.
Im maßgeblichen Zeitpunkt war der Kläger vielmehr als Alg-II-Bezieher krankenversichert und hatte somit nach §
44 Abs.
2 Nr.
1 i.V.m. §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V keinen Anspruch auf Krankengeld.
Die Berufung bleibt damit vollumfänglich ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Revisionszulassungsgründe iSd §
160 Abs.
2 SGG sind nicht erkennbar.