Gründe
I.
Der Antragsteller betreibt als Einzelunternehmer die handelsregisterlich nicht eingetragenen Firma Pflegedienste A., A-Straße,
A-Stadt, Internetseite www ...de. Unter dieser Firma unterhält er neben dem in A-Stadt ansässigen ambulanten Pflegedienst,
welcher auf die ambulante Intensivpflege Erwachsener spezialisiert und nach ISO 9001 zertifiziert ist, auch die Wohngemeinschaft
B. in B-Stadt, das Haus A. Nord, C-Straße, C-Stadt sowie die A. Akademie, A-Straße, A-Stadt. Der Antragsteller ist als Leistungserbringer
für gesetzlich krankenversicherte Mitglieder der Antragsgegnerin zugelassen. Für ihn gilt u.a. die Schiedsvereinbarungsregelung
gem. Anlage 2 des Rahmenvertrages für den Bereich häusliche Krankenpflege; zum Inhalt wird auf Blatt 47 - 50 der Sozialgerichtsakten
(Anlage A 10 zum Schriftsatz vom 16.8.2013) Bezug genommen. Der Antragsteller steht einer Beitragsnachforderung auf Grund
einer Betriebsprüfung der - hier nicht beteiligten - Deutschen Rentenversicherung gem. Bescheid 7.3.2013 iHV 345.725,82 EUR
gegenüber. Die Antragsgegnerin vergütete Intensivpflegerische Leistungen der Beatmungspflege des Antragstellers gegenüber
gesetzlich Versicherten der Antragsgegnerin ab 1.4.2012 mit einem Stundensatz von 31,50 EUR sowie die Leistung von Betreuungs-
und Beobachtungszeiten mit einem Stundensatz von 30,35 EUR. Vor Auslauf dieser bis 30.6.2013 befristeten Vergütungssätze nahmen
die Beteiligten Verhandlungen zur künftigen Vergütungshöhe auf. Seit dem 1.7.2013 vergütet die Antragsgegnerin Betreuungs-
und Beobachtungszeiten mit einem Stundensatz von nur noch 25,00 EUR. Nach Scheitern zweier Verhandlungsterminen am 20.06.
und 19.07.2013 zur weiteren Vergütungshöhe beantragte der Antragsteller mit Schreiben vom 16.8.2013, die Vergütung gem. §
132a Abs.
2 SGB V durch eine unabhängige Schiedsperson festzusetzen. Am 16.8.2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Landshut im Wege
des Einrechtsschutzes beantragt, bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens die Antragsgegnerin zur Vergütung von unverändert
31,50 EUR/Stunde für Behandlungspflege und von 30,35 EUR/Stunde für Betreuungs- und Beobachtungszeiten zu verpflichten. Er
hat geltend gemacht, wie ein Kurzgutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatergesellschaft S. GmbH vom September 2011
sowie eine weitere, von dieser erstellte Stellungnahme vom 16.8.2013 zeige, folge aus der Vergütung von nur 25,00 EUR/Stunde
für die 16 (von 48) bei der Antragsgegnerin versicherten Patienten eine Unterdeckung von 16.500 EUR/Monat. Dem Antragsteller
drohe daher die Insolvenz. Andere Kassen vergüteten mit pauschal 38,00 EUR/Stunde. Die Antragsgegnerin hat erwidert, vergleichbare
Einrichtungen wirtschafteten mit 26,00 bzw. 28,00 EUR. Der Antragsteller rechne als günstig anzusehende Vergütungsentgelte
von 23,45 EUR durch übersetzte Beträge für Leitung, Organisation sowie Qualitätsmanagement künstlich nach oben. Soweit der
Antragsteller unwirtschaftlich arbeite sei es nicht Aufgabe der Antragsgegnerin, dieses auf Dauer zu finanzieren. Mit Beschluss
vom 16.10.2013 hat das Sozialgericht dem Begehren des Antragstellers entsprochen. Im Wesentlichen hat das Sozialgericht zur
Begründung angeführt, dass eine grundrechtsorientierte Abwägung der Rechte des Antragstellers auf seinen eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb sowie seines Anspruches auf effektiven Rechtsschutz einerseits und den überwiegend finanziellen
Beitragslastinteressen der Antragsgegnerin andererseits die begehrte Anordnung erforderlich machten. Nur so könne der Fortbestand
der Pflegeleistungen des Antragstellers für die Zeit des Vergütungs-Schiedsverfahrens gesichert werden. Dies gelte, obgleich
dem Antragsteller ein Anordnungsgrund nicht zur Seite stehe. Dagegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt und vorgebracht,
wenn kein Anordnungsgrund bestehe, dürfe auch keine Eilanordnung erfolgen. Finanzielle Defizite des Antragstellers hingen
mit dessen unternehmerischen Fehlentscheidungen zusammen. Unterdeckungen seinen vom Antragsteller errechnet worden, indem
er nicht nachvollziehbare Aufschläge geltend gemacht habe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 16.10.2013 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers vom 16.9.2013 abzuweisen.
Der Antragsgegner hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die nach §§
172,
173 SGG zulässig erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Das Sozialgericht war nicht berechtigt, die angegriffene
Regelungsanordnung im Beschluss vom 16.10.2013 zu erlassen. Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind darüber hinaus zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung - §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Eine solche Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Zivilprozessordnung,
ZPO). Dabei bilden Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund wegen ihres funktionellen Zusammenhangs ein bewegliches System. Je
größer das Gewicht des einen, umso geringer sind die Anforderungen an den anderen (st. Rspr. Bayer. LSG, Beschluss vom 02.
Dezember 2013 - L 5 KR 361/13 B ER; vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage, §
86b Rn. 27). 1. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin befinden sich zum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, nämlich
zur Vergütungshöhe für Leistungen der häuslichen Krankenpflege gem. §
37 SGB V in Form der Beatmungspflege in einem Schiedsverfahren. Dieses genießt Vorrang vor dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren,
so dass auch Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich hinter diesem Vorrang zurücktreten und deshalb unzulässig
sind. Zwischen den Beteiligten läuft nach dem Scheitern der beiden Verhandlungstermine am 20.06. und 19.07.2013 auf Grund
Antrags im Schriftsatz vom 16.8.2013 ein Schiedsverfahren zur Vergütungshöhe für die hier gegenständlichen Leistungen der
Häuslichen Krankenpflege. Dieses Schiedsverfahren beruht auf §
132a Abs
2 Sätze 6 - 8
SGB V, die durch Art 1 Nr
97 GMG v 14. 11. 2003 (BGBl I 2190) eingefügt wurden mWv 1. 1. 2004. in dieser Norm ist eine Schlichtung in der Gestalt der
Leistungsbestimmung durch einen Dritten verbindlich geregelt (vgl BT-Drs 15/1525 vom 8. 9. 2003, seite 123). Einzelheiten
zum Schlichtungsverfahren sind geregelt in der zwischen den Beteiligten gültigen Anlage 2 des Rahmenvertrages für den Bereich
häusliche Krankenpflege. Dort ist das Vorgehen in der Schlichtung in §§ 1 - 11 näher bestimmt; die Möglichkeit, während des
Verfahrens eine vorläufige Vergütungsregelung im Gerichtswege zu treffen, sind dort nicht vorhanden. Damit hindert der Vorrang
des Schiedsverfahrens (BSG SozR 4-2500 § 132a Nr. 4; BSG SozR 3-2200 § 376d Nr. 1; LSG NRW v. 12.03.2009 - L 16 KR 64/08) auch das vorliegende Verfahren. Im Schiedsverfahren sind die Gerichte nämlich grundsätzlich daran gehindert, das, was ein
Leistungserbringer in Verhandlungen mit einer Krankenkasse nicht durchsetzen kann, zum Vertragsinhalt zu machen - und sei
es auch nur vorläufig. Denn darin läge ein systemwidriger Eingriff in die gesetzgeberische Entscheidung, den Vertragspartnern
selbst die Verantwortung zuzuweisen, ausgewogene und interessengerechte Lösungen zu vereinbaren. 2. Eine einstweilige Regelungsanordnung,
die als Ausnahme zum Vorrang des Schiedsverfahrens geboten sein könnte, um den Grundrechten des Antragstellers aus Art,
12,
14 GG sowie aus Art
19 Abs
4 GG im Einzelfall Geltung zu verschaffen, ist nicht eröffnet. Eine Rechtsschöpfung dieser Art wäre in Anlehnung an die Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes in sozialgerichtlichen Verfahren vor Einfügung der §§ 86a, 86b
SGG in das
Sozialgerichtsgesetz (mWz 2.1.2002 durch das Sechste SGGÄndG v 17. 8. 01 - BGBl I S 2144; zur Entstehungsgeschichte vgl Krodel NZS 2001, 449) allenfalls in Ausnahmefällen zu begründen. Das setzte eine konkrete, akute und anders nicht abwendbare konkrete Existenzgefährdung
für den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers voraus. Zudem müsste diese vorliegend allein kausal
auf der Vergütungsdifferenz iHv 5,35 EUR für die konkreten16 (von insgesamt 48) Patienten, die bei der Antragsgegnerin versichert
sind, zurückzuführen sein. Zudem müsste die Existenzgefährdung ausschließlich durch die Anhebung der Stundenvergütung abgewendet
werden können. Dafür aber fehlt es aber an Anhaltspunkten. Denn die Einzelfirma des Antragstellers besteht aus vier Teilbetrieben,
nämlich dem ambulantem Pflegedienst, A-Stadt, der Wohngemeinschaft B. in B-Stadt, aus dem Haus A. Nord, C-Straße, C-Stadt
sowie aus der A. Akademie, A-Straße, A-Stadt. Warum alle vier Teilbetriebe in der Existenz gefährdet sein sollten, wenn in
einem der Teilbetriebe für einen Patientenanteil von 16 aus 48 für die Teilleistung Beobachtungspflege eine um 5,35 EUR/Stunde
geringere Vergütung gezahlt wird, erschließt sich nicht. Dies gilt auch für die Ausführungen der Wirtschaftsprüfungs- und
Steuerberatergesellschaft S. GmbH vom September 2011 sowie vom 16.8.2013. Dort sind zu dieser speziellen Problematik keine
Ausführungen vorhanden. Der wirtschaftliche Stand von 2011 ist für das aktuelle Verfahren nicht maßgeblich. Es finden sich
zudem keine Darlegungen zur Beitragsnachforderung auf Grund Betriebsprüfung iHV 345.725,82 EUR. durch die Deutsche Rentenversicherung
gem. Bescheid vom 7.3.2013. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum die geltend gemachte Existenzbedrohung nicht durch Beseitigung
dieser Forderung, sondern durch die hier geforderte Vergütungsdifferenz abgewendet werden kann.
Der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 2.10.2013 wird daher auf die Beschwerde der Antragsgegnerin aufgehoben und der
Antrag des Antragstellers vom 16.8.2013 abgewiesen.
Der Streitwert wird wie vom Sozialgericht bestimmt auf 50.000 Euro festgesetzt (§
197a Abs.
1 Satz 1
SGG, i.V.m. § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 2 GKG).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 VwGO.
Dieser Beschluss beendet das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.