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LSG Bayern, Urteil vom 21.06.2012 - 8 SO 132/10
Anspruch auf Sozialhilfe; Kostenerstattung bei Aufenthalt in einer Einrichtung; gewöhnlicher Aufenthalt
1. Zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I.
2. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen, wobei auf die subjektiven und die objektiven Merkmale abzustellen ist.
3. Auch wenn es sich bei dem subjektiven Element zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes um einen tatsächlichen Willen und nicht um eine rechtlichen Willen handelt und davon auszugehen ist, dass auch ein psychisch Kranker einen Willen zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes haben kann, überlagert hier die massive seelische Behinderung den von der LB geäußerten Willen.
4. Aus dem Gesundheitszustand der leistungsberechtigten Person ergeben sich nachhaltige Hinderungsgründe an der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in O.
5. Ausgangspunkt für die Feststellung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist zunächst der tatsächliche Aufenthalt im Zeitpunkt des Eintritts des sozialhilferechtlichen Bedarfs. Zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an einem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalte und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Für einen letztlich zukunftsoffenen Verbleib ist einerseits der Wille des Betroffenen beachtlich, wobei es nicht auf den rechtlichen Willen, sondern auf den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt. Andererseits muss sich ein festgestellter Wille in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthalts objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Dabei kommt es auf das Vorhandensein einer Wohnung oder des Wohnsitzes in melderechtlicher Hinsicht nicht entscheidend an. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGB I § 30 Abs. 3 S. 2
,
SGB XII § 106 Abs. 3
,
SGB XII § 98 Abs. 2
Vorinstanzen: SG Augsburg 11.12.2008 S 15 SO 77/08
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten zu 1 (Stadt S.) gegen das Urteil des SG Augsburg vom 11. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zu 1 verurteilt wird, an die Klägerin (Stadt K.) 43.886,86 EUR zu zahlen.
II.
Die Beklagte zu 1 (Stadt S.) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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