Vergütungsvereinbarungen einer Werkstatt für behinderte Menschen; Festsetzung der Grund- und Maßnahmepauschalen in der Sozialhilfe;
Kompetenzen der Schiedsstelle; Entscheidungsfreiraum; Ausführung des zweistufigen Prüfungsverfahrens
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Vergütungsvereinbarungen dreier Einrichtungsteile einer Werkstatt für behinderte Menschen für
die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.07.2010. Der Kläger beantragte als Antragsgegner bei der Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe
- niedrigere Festsetzungen der Grund- und Maßnahmepauschalen (Grundpauschale 7,72 Euro zzgl. Mittagessen 1,79 Euro; Maßnahmepauschale
für die Hilfebedarfsgruppe 1 in Höhe von 21,49 Euro und für die Hilfebedarfsgruppe 2 in Höhe von 33,63 Euro).
Die Beklagte (dem Caritasverband angeschlossen) betreibt eine Werkstatt für behinderte Menschen als eine Hauptstelle mit zwei
Zweigstellen. Insgesamt erbringt sie für 356 Personen Leistungen. Verhandlungen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe
(Kläger) über eine neue Entgeltvereinbarung für die Zeit vom 01.08.2009 bis zum 31.07.2010 waren nach zwei Terminen gescheitert.
Der Kläger lehnte die von der Schiedsstelle festgesetzte Vergütung insbesondere wegen der Personalkosten (betreffend Grundpauschale
und Maßnahmepauschale) ab. Das Angebot lag um 175.000 EUR unter dem von der Beklagten geltend gemachten Vergütungen.
Am 28.07.2009 beantragte die Beklagte bei der Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe - einen Schiedsspruch über den Abschluss
einer Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung für seine Einrichtungen mit 356 Werkstattbeschäftigten, 328 Personen
davon in Hilfebedarfsgruppe 1 und 56 in Hilfebedarfsgruppe 2, mit Beträgen von 8,18 Euro (Grundpauschale), 22,64 Euro (Maßnahmepauschale
für Hilfebedarfsgruppe 1) sowie von 34,09 Euro Maßnahmepauschale für Hilfebedarfsgruppe 2).
Der Abschluss einer Prüfungsvereinbarung wurde vor der Schiedsstelle nicht mehr weiter verfolgt und hat sich wohl auch durch
entsprechende Bestimmungen der Leistungsvereinbarung, insbesondere durch Bezugnahme auf die Rahmenvereinbarung, erledigt.
Am 20.07.2009 kam eine Leistungsvereinbarung entsprechend der Rahmenvereinbarung mit Wirkung ab 01.08.2009 zu Stande. Danach
besteht die Verpflichtung zur Leistungserbringung und Bereitstellung von Personal im Umfang von 72,79 Stellen bezogen auf
356 Werkstattbeschäftigte im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich sowie im Arbeitsbereich. Daraus wurde ein Basisstellenplan
vom 20.07.2009 entwickelt, in dem jeder einzelne Mitarbeiter mit Geburtsdatum und Regelvergütungsstufen (Altersstufen, Erfahrungsstufen)
sowie Planstellenanteil und Vergütungsgruppe aufgeführt war. Nach einer entsprechenden Kalkulation auf der Basis der Verdienstabrechnungen
vom September 2009 gelangte die Beklagte zu den von ihr beantragten Vergütungswerten. Die Entlohnung erfolgte nach den Richtlinien
kirchlicher Arbeitgeber (AVR) unter Berücksichtigung von Werkstatt- und Meisterzulagen (26.587 Euro), Leistungszulagen (20.457
Euro) und sonstige Personalkosten (58.125 Euro). Als Anlage war eine Personalkostenhochrechnung beigegeben, die pro Person
eine Lohnsumme inklusive sämtlicher Lohnbestandteile und Arbeitgeberanteile enthielt. Jede Lohnsumme sei mit einer Verdienstabrechnung
belegt. Es handele sich um notwendige Kosten im Sinne von §
41 Abs.
3 SGB IX. Es müssten die der jeweiligen Einrichtung zu Grunde liegenden Tarifvereinbarungen, die Altersstruktur und weitere, gemäß
Tarifvereinbarung die Vergütungshöhe beeinflussende Merkmale berücksichtigt werden.
Der Kläger äußerte sich mit Schriftsatz vom 16.03.2010 gegenüber der Schiedsstelle. Demnach seien nicht mehr die Personalstellen,
sondern die Personalkosten strittig. Zunächst sei das Angebot der Entgelte auf Plausibilität geprüft worden und dann erst
auf einen externen Vergleich abgestellt worden. Beim Personal seien die Kosten zu hoch. Dies ergebe ein Vergleich mit Jahreslohnsummen
aus den Arbeitsvertragsrichtlinien und den Arbeitgeberkosten (zusätzlich 30%) unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen
Altersstufe (Stufe 6). Die Leistungszulagen seien doppelt kalkuliert worden (sie seien schon in den sonstigen Personalkosten
mit eingerechnet). Die tatsächlich angefallenen Personalkosten seien nicht ausschlaggebend, da es sich um eine prospektive
Vergütung handele und nicht um die Deckung der Selbstkosten. Wegen der zu hohen Kalkulation ergebe sich dann auch im Fremdvergleich,
dass die Beklagte in der Grundpauschale den zweithöchsten Wert beanspruche, in der Maßnahmepauschale 1 den höchsten Wert und
lediglich in der Maßnahmepauschale 2 im unteren Drittel liege. Bei einer richtigen Kalkulation würden lediglich 21,49 Euro
für Hilfebedarfsgruppe 1 und 33,63 Euro für Hilfebedarfsgruppe 2 anfallen.
Die Beklagte hat sich am 13.04.2010 nochmals geäußert. Die Erfahrungsstufen (Altersstufen) hätten real einen Durchschnitt
von 8,48. Dabei handle es sich um notwendige Kosten im Sinne von §
41 Abs.
3 SGB IX, die übernommen werden müssten. Die Leistungszuschläge seien nicht zusätzlich bei den sonstigen Personalnebenkosten enthalten.
Bei diesen handele sich vielmehr um die Rechnungsposten, Mitarbeitervertreter, Datenschutzbeauftragte, Beihilfe, Berufsgenossenschaft
und Personalbeschaffung. Eine Stelle sei tatsächlich falsch kalkuliert (Gruppenleiterstelle in Vergütungsgruppe 4a, richtig
in 4b). Der externe Vergleich hinke. Nur bei einer der verglichenen Einrichtungen liege eine echte Kostenkalkulation vor.
Es handele sich auch um unterschiedliche Zeiträume der jeweiligen Vereinbarungen. Schließlich hänge die Wertigkeit des Personalkostenanteils
auch von der Größe und den Betriebstagen der Einrichtung ab.
Am 22.04.2010 hat die Schiedsstelle verhandelt. Dabei hat die Beklagte ihren Antrag modifiziert (Grundpauschale 8,18 Euro,
Maßnahmepauschale Hilfebedarfsgruppe 1 - 22,44 Euro, Maßnahmepauschale Hilfebedarfsgruppe 2 - 33,89 Euro und ihre Kalkulation
insoweit geändert, als Leistungszulagen in Höhe von 20.457 Euro bei dem Personalkosten nicht mehr berücksichtigt werden würden.
Dies, sowie die Berichtigung der Stelle des Gruppenleiters ergebe jeweils einen Abschlag von 0,20 Euro. Mit Beschluss vom
22. April 2010 hat die Schiedsstelle die Grundpauschale auf 8,18 EUR zuzügl. von 1,79 EUR für die Kosten des Mittagessens,
die Maßnahmepauschale für die Hilfebedarfsgruppe 1 auf 22,44 Euro und die Maßnahmepauschale für die Hilfebedarfsgruppe 2 auf
33,89 Euro festgesetzt (bezogen auf den Zeitraum 01.08.2009 bis 31.07.2010).
Zur Begründung führt sie aus, dass sie zunächst einen internen Vergleich angestrengt habe ("ersten Schritt": Überprüfung der
vom Einrichtungsträger vorzulegenden prospektiven Kalkulation in den Positionen, die zwischen den Beteiligten strittig sind,
an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit sowie daran, ob und inwieweit der in den einzelnen
strittigen Kalkulationspositionen eingestellte Aufwand notwendig sei, damit der Einrichtungsträger die vereinbarte Leistung
erbringen könne). Danach sei die Kalkulation des Beklagten nach der entsprechenden Bereinigung (Leistungszulagen, Gruppenleiterstelle,
Darlegung der sonstigen Personalnebenkosten) schlüssig. Die Altersstufen bestimmten sich trotz prospektiver Vorgehensweise
nach der vorhandenen Altersstruktur. Es gebe keinen fiktiven Betrieb. Im weiteren Prüfschritt, ob das im internen Vergleich
gewonnene Ergebnis im sogenannten externen Vergleich plausibel sei, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Dabei handle sich um
die Bewertung, ob das gefundene Ergebnis in angemessener Relation zu den Vergütungen stehe, die der Kostenträger mit Trägern
anderer Einrichtungen, in denen im Wesentlichen gleiche Leistungen zu erbringen sind, vereinbart habe. Grundsätzlich sei die
höchste Vergütung, die einem anderen Einrichtungsträger vom Kostenträger bezahlt wird, eine Obergrenze. Der externe Vergleich
(die Maßnahmepauschale der Hilfebedarfsgruppe 1 liege über der Höchstgrenze) sei eingeschränkt und würde nicht zu einer Reduzierung
auf die Obergrenze führen. So überschreite sogar der Kläger selbst mit der von ihm beantragten Maßnahmepauschale der Hilfebedarfsgruppe
1 diese Grenze. Schließlich gehe dieser zu Unrecht von einer durchschnittlichen Eingruppierung des Personals in Stufe 6 aus.
Dieser Umstand erkläre eine Überschreitung. Nur bei einer der angeführten anderen Einrichtungen sei auch bereits das vorliegende
Kalkulationsmodell (entsprechend der neuesten bayerischen Leistungsvereinbarung für den Leistungstyp T-E-WfbM) zu Grunde gelegt
worden. Daher seien auch keine weiteren Ermittlungen zu anderen Einrichtungen notwendig geworden.
Am 25.06.2010 hat der Antragsgegner beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Klage gegen den Antragsteller (Katholische Jugendfürsorge)
erhoben und beantragt, den Schiedsspruch aufzuheben und die Vergütungen für die Grund- und Maßnahmepauschalen, wie bisher
beantragt, festzusetzen. Die Schiedsstelle habe ihrer Entscheidung vom Kläger bestrittene, lediglich mündlich von der Beklagten
vorgetragene Angaben hinsichtlich der individuellen Personalkosten (sonstige Personalnebenkosten, Personalaquise) als plausibel
nachgewiesene Personalkosten zu Grunde gelegt. Die von der Schiedsstelle für den externen Vergleich herangezogenen Einrichtungen
seien in individuellen Leistungen konkret nicht vergleichbar. Insoweit habe die Schiedsstelle ihrer Ermittlungspflicht nicht
genügt. Eine Kostenkalkulation sei hinreichend zu belegen und müsse tatsächlich nachvollziehbar sein. Für eine erhebliche
und nicht durch konkrete Fakten belegte Erhöhung der Personalkosten genüge nicht die Begründung, diese Beträge seien an dem
tariflichen Arbeitgeberaufwand orientiert. Falsch an der Entscheidung der Schiedsstelle sei, dass diese bei ihrer Entscheidung
mehr auf das Kostendeckungsprinzip abstelle, als auf die Forderung prospektiv vereinbarter Entgelte. Den externen Vergleich
betreffend seien von der Beklagten Einrichtungen benannt worden, die nicht vergleichbar seien, weil es sich nicht um nach
den Rahmenleistungsvereinbarungen verhandelte oder größenmäßig nicht vergleichbare Einrichtungen oder um Modellprojekte gehandelt
habe. Letztlich habe die Schiedsstelle das Kostendeckungsprinzip betreffend die Personalkosten angewandt und dies mit einer
vorhandenen Altersstruktur und tariflich vorgesehenen Eingruppierung begründet, ohne dass ihr entsprechende Nachweise vorgelegen
hätten. Den Besonderheiten der Einrichtung der Beklagten in der Personalstruktur sei schon mit einem höheren Ansatz der Jahreslohnsummen
in den Kostenansätzen Rechnung getragen worden. Diese enthielten im Schnitt um 3,33% höhere Jahreslohnsummen, wie bei den
durchschnittlichen, vergleichbaren Einrichtungen (Stufe 6, verheiratet, ein Kind).
Die Beklagte hat erwidert, dass das Ansinnen des Klägers nach konkreter Belegung von Lohnkosten widersprüchlich sei, weil
im Verfahren bei der Schiedsstelle derartige Angebote immer unter Verweis auf fehlende Relevanz der Ist-Aufwendungen bei prospektiver
Vergütung zurückgewiesen worden seien. Die Personalnebenkosten seien zudem Gegenstand eingehender Diskussionen in der mündlichen
Verhandlung gewesen. Eine Belegpflicht bestehe im Übrigen nur, wenn einzelne Positionen substantiiert in Zweifel gezogen seien.
Für den externen Vergleich fehlten der Beklagten im Regelfall die genauen Daten. Die vom Kläger offenbarten Einrichtungen
habe diese selbst nicht für vergleichbar gehalten. Für weitere Einrichtungen habe er unter Missachtung der Auflagen der Schiedsstelle
seiner Mitwirkungspflicht nicht genügt.
Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 27.09.2010 nochmals geäußert und wiederholt, dass sich die Schiedsstelle unzulässigerweise
am Kostendeckungsprinzip ausgerichtet habe. Schließlich liege ein Ermessensfehler vor, weil die Schiedsstelle für ihren Erkenntnisgewinn
nicht genügend Tatsachen ermittelt habe.
Der Kläger stellte den Antrag,
den Schiedsspruch der Schiedsstelle Bayern. - Sozialhilfe - vom 22. April 2010 aufzuheben, damit diese unter Beachtung ihrer
Amtsermittlungspflicht neu entscheidet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der Schiedsstelle verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsweg ist eröffnet. Gegen Entscheidungen von Schiedsstellen im Sinne von § 80 SGB XII (hier Schiedsstelle SGB XII) ist nach § 77 Abs. 1 S. 4 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.
Das LSG ist nach §
29 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) idF des 8.
SGG-ÄndG ab 01.04.2008 im ersten Rechtszug sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §
57 Abs.
1 S. 1
SGG, da der Kläger seinen Sitz in Oberbayern hat.
Die Klage richtet sich - § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII entsprechend - gegen den Vertragspartner des Klägers, die katholische Jugendfürsorge der Erzdiözese München und Freising
e. V., nicht gegen die Schiedsstelle.
Eine Beiladung der Schiedsstelle hat nicht zu erfolgen. Der Senat folgt der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, BVerwG,
Beschluss vom 28.02.2002 - 5 Schiedsstelle Bayern 25/01 (auch VGH BY 06.04.2001 - 12 B 00/2019 - NDV-RD 2001, 70). Die Schiedsstelle war auch nicht gem. §
75 Abs.
2 SGG (..."derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann ...") notwendig beizuladen.
Zwar wirkt eine Aufhebung des Schiedsstellenspruchs unmittelbar auf die der Schiedsstelle anvertraute Schiedskompetenz ein.
Sie bewirkt eine Fortsetzung des nunmehr nicht wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens und verpflichtet die Schiedsstelle,
über den Schiedsantrag erneut unter Beachtung der gerichtlichen Aufhebungsgründe zu entscheiden. Die Schiedsstelle ist aber
allein als hoheitliches Vertragshilfeorgan ohne eigene materielle Rechte in das Vereinbarungsverfahren eingeschaltet. Durch
eine Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis (Vergütungsvereinbarung) wird nicht zugleich in die Rechtssphäre der
Schiedsstelle als eines Dritten unmittelbar eingegriffen (stRspr, ua BSGE 11, 262, 264; 70, 240, 242 m.w.N.; BSGE 97, 242, 247; BVerwGE 51, 275; vgl. auch §
74 SGG i.V.m. §
62 ZPO). Diese Entscheidung kann ohne Beteiligung der Schiedsstelle getroffen werden. Sie muss ja beispielsweise überhaupt nicht
eingeschaltet werden, wenn sich die Beteiligten unstreitig einigen. Allein aus Landesrecht wächst dieser eine solche Stellung
nicht zu. Zwar bestimmt § 111 Abs. 3 S. 4 Bayer. Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) vom 02.12.2008 die Bezahlung
einer Fallpauschale, wenn die Schiedsstelle an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt wird. Hier handelt es sich aber ausschließlich
um eine Kostenvorschrift.
Im Übrigen ist die Klage zulässig.
Sie ist rechtzeitig (§
87 Abs.
1 SGG) ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§ 77 Abs. 1 S. 6 SGB XII) als Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alt.
SGG erhoben. Auf den Meinungsstreit, ob gegen Schiedssprüche eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54
Abs. 1 S.1, Alt. 1 i.V.m. §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG oder gar eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach §§
54 Abs.
1 S.1, Alt. 1 i.V.m. Abs.1 S. 2
SGG oder kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1 S.1, Alt. 1 i.V.m. Abs.
4 SGG zulässig ist, (vgl. hierzu Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 68) kommt es hier nicht an, weil der Senat in diesem Verfahren zu den Fragen der Leistungsbestimmung keine Stellung nehmen
muss, weil weder ein solcher Antrag gestellt worden ist noch eine Aufhebung der Schiedsstellenentscheidung erfolgt. Es ist
im übrigen in der Rechtsprechung geklärt, dass die Entscheidung der Schiedsstelle einen gerichtlich - wenn auch nur eingeschränkt
- überprüfbaren Verwaltungsakt darstellt (Hessisches LSG Urteil vom 25.02.2011, Az.: L 7 SO 237/10 KL, Rn. 45, 46 ; LSG NRW
Urteil vom 29.09.2008, Az.: L 20 SO 92/06 Rn. 50, früher: BVerwG, FEVS 49, 337; BVerwG, FEVS 53, 484). Diese Meinung wird
auch überwiegend in der Literatur vertreten (Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 56 ff. und Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 19.04.2011, § 80 Rdnr. 33 m.w.N., Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII, 18. Auflage, § 80 Rn. 7; Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII, 3. Auflage § 80 Rn. 10). Angesichts der Vorstellung des Gesetzgebers, dass § 80 SGB XII die bisherige Regelung des § 93b BSHG übernimmt (vgl. BT-Dr. 15/1514, S. 64), ist die Entscheidung der Schiedsstelle auch unter der Geltung des SGB XII als ein gerichtlich überprüfbarer vertragsgestaltender Verwaltungsakt anzusehen. Für die Schiedsstelle nach §
76 SGB XI hat das BSG in seinem Urteil vom 29.01.2009 (Az.: B 3 P 8/07 R) die Verwaltungsakt-Qualität des Schiedsspruchs betont. Für die Einordnung der Schiedsstellenentscheidung als Verwaltungsakt
spricht als weiteres Argument im Übrigen auch die Vorschrift des § 77 Abs. 1 S. 6 SGB XII, wonach die Entscheidung der Schiedsstelle einer Überprüfung in einem Vorverfahren nicht bedarf (vgl. LSG SL, Beschluss vom
04.12.2008 - L 11 B 10/08 SO).
Wie von § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorausgesetzt, handelt es sich auch um eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII (Vergütungsvereinbarung i.S.v. § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII). Denn gem. § 100 Abs. 2 der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze vom 02.12.2008 (AVSG) hat die Schiedsstelle die Aufgabe, über die Gegenstände,
die Vereinbarungen nach § 76 Abs. 2 SGB XII unterliegen, zu entscheiden, soweit eine Einigung der Parteien nicht zustande gekommen ist.
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII vom 22. April 2010 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn die Schiedsstelle hat keine Vergütung festgesetzt, die
nicht gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Entscheidung der Schiedsstelle hält der der Natur der Sache nach eingeschränkten
Überprüfung durch den Senat stand.
1. Die dem Kläger eingeräumte Rechtsposition entspringt dem Recht der Leistungserbringung in der Sozialhilfe. Er hat zwar
im Wege der Leistungserbringung der Eingliederungshilfe (§ 53 ff. SGB XII) keine eigenen Einrichtungen zu schaffen jedoch zugelassenen Einrichtungen (mit denen eine Leistungsvereinbarung besteht)
Vergütungen zu zahlen, wenn eine Vergütungsvereinbarung vorliegt (§ 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Nach dem System der Sozialhilfe (sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis, vgl. Urteile des BSG vom 28.10.2008, Az.: B 8 SO 22/07 R und 02.02.2010, Az.: B 8 SO 20/08 R) hat ein Hilfebedürftiger nur Anspruch auf Übernahme
solcher Kosten, die er selbst dem Heimträger schuldet. Die in einer Einrichtung erbrachte vollstationäre Eingliederungshilfe
wird von dem Sozialhilfeträger als Sachleistung in der Form der Sachleistungsverschaffung (Schuldbeitritt) erbracht. Ebenso
wie die Leistungen selbst auch bei Wünschen der Leistungsberechtigten angemessen sein müssen (vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII), müssen die Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (§ 75 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII). Diese Grundsätze sind auszurichten am Leistungsinhalt. Insoweit besteht zwischen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung
eine logische Rechtseinheit (vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 75 SGB XII, Rn. 42).
Daraus erschließt sich, dass dem Kläger von der Rechtsordnung ein Verhandlungsspielraum zur Ausfüllung der oben genannten
unbestimmten Rechtsbegriffe (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit, Angemessenheit) eingeräumt ist. Aus dieser
Zubilligung einer Verhandlungsposition heraus entspringt die Kompetenz der Schiedsstelle. Sie ist zum Teil Vertragsausfüllung,
denn nach § 77 Abs. 1 S. 2 SGB XII entscheidet die Schiedsstelle unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte, wenn eine
Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 innerhalb von sechs Wochen nicht zustande kommt. Sie tritt in ihrer Eigenschaft als Vertragshilfeorgan
an die Stelle der Vertragsparteien und ersetzt deren Willenserklärungen. Die Schiedsstelle verfügt damit über einen der Vertragsfreiheit
der Parteien vergleichbaren Entscheidungsfreiraum. Die ermessensähnliche Entscheidung der Schiedsstelle ist nur eingeschränkt
gerichtlich überprüfbar. Daher wird der Schiedsstelle auch eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen, woraus ebenfalls
eine nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit folgt. Von den Gerichten ist allein zu überprüfen, ob die Schiedsstelle
die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen
Erkenntnisse gewonnen hat, und ob ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten, in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie
inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde (zuletzt LSG Baden-Württemberg
vom 05.10.2011, Az.: L 2 SO 5659/08 KL im Anschluss an Urteil des LSG Hessen vom 25.02.2011, Az.: L 7 SO 237/10 KL im Anschluss
an LSG NRW, Urteil vom 29.09.2008, L 20 SO 92/06 KL). Dazu ist die Schiedsstelle als sachkundiges Gremium gestaltet. Nach
der Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze (AVSG) vom 02.12.2008 (GVBl 2008, 912) hat sie (vgl. § 101 Abs. 1 AVSG) ein
vorsitzendes Mitglied und in Reihenfolge vier Sitze für Vertreter der Vereinigungen "der Träger von Einrichtungen und vier
Sitze für Vertreter und Vertreterinnen der Vereinigungen der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die die Mitglieder
bestellen". Nach § 101 Abs. 3 S. 1 AVSG ist die Schiedsstelle jeweils mit einem Mitglied besetzt, das für die betreffende
Vereinigung bestellt ist, sofern der betreffende Träger nicht schon durch ein für ihn bestelltes Mitglied vertreten ist, in
Angelegenheiten eines Trägers, der einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege in Bayern oder der Lebenshilfe für Menschen
mit geistiger Behinderung, Landesverband Bayern e.V., angehört, eines privatgewerblichen oder eines kommunalen Trägers.
Insofern hat schon früher das BVerwG zu Recht entschieden, dass hinsichtlich der unbestimmten Rechtsbegriffe (insbesondere
Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit) der Schiedsstelle eine Einschätzungsprärogative zusteht (BVerwG 01.12.1998
- 5 Schiedsstelle Bayern 17.97 - E 108, 47; BVerwG 28.02.2002 - 5 Schiedsstelle Bayern 25.01 - E 116, 78; OVG NI 24.08.2005
- 4 L 811/99 - NDV-RD 2005, 114 ff.).
Das BSG ist im Ergebnis dieser Rechtsprechung für die Pflegeversicherung gefolgt (vgl. Urteil vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 7/08 R, Ziff ... 11, später BSG Urteil 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08 Rn. 74 nach juris, jeweils mit weiteren Hinweisen). Eine Übertragung auf die gleiche Interessenlage
in der Sozialhilfe ist geboten, auch wenn dort (vgl. §
76 Absätze 1 und 4
SGB XI) die Schiedsstelle in ihrer Rechtsnatur etwas anders ausgestaltet ist.
Diese Ansicht wird auch von der Literatur geteilt (vgl. Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 73 ff, Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII, 18. Auflage, § 80 Rn. 5; Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII, 3. Auflage § 80 Rn. 31).
2. Diese besondere, vertragsausfüllende Kompetenz der Schiedsstelle führt auch dazu, dass diese nur über die Gegenstände entscheidet,
über die keine Einigung erreicht werden konnte (vgl. § 77 Abs. 1 S. 2 SGB XII).
Die Schiedsstelle ist im Rahmen des Schiedsstellenverfahrens nur zur Entscheidung jener Punkte berufen, die in den vorangegangenen
Vergütungsverhandlungen streitig geblieben sind. Sie muss demgemäß alle Sachverhaltselemente, über welche die Vertragsparteien
vorab eine einvernehmliche Regelung getroffen haben oder die aus anderen Gründen nicht mehr umstritten sind, ihrem Schiedsspruch
ohne eigene Prüfung zugrunde legen. Gleiches gilt für jene Vergütungsbestimmungen, die von den Vertragsparteien in der Vergangenheit
einvernehmlich angewandt und auch für den bevorstehenden Vergütungszeitraum von vornherein außer Streit gestellt worden sind.
Will eine Vertragspartei ein anderes Vergütungsmodell durchsetzen oder Modifikationen am bisher vereinbarten Vergütungsmodell
erreichen, muss dies durch eine entsprechende Willenserklärung zu Beginn der Vertragsverhandlungen zum Ausdruck gebracht werden
(vgl. Urteil des BSG vom 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08, Rn. 74 nach juris).
Demnach sind hinsichtlich der Frage, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat
bzw. was in den vorangegangenen Vergütungsverhandlungen streitig geblieben ist, nur mehr die folgende Punkte einer Überprüfung
bedürftig: sonstige Personalnebenkosten in Höhe von 58.125 Euro, Berücksichtigung der konkreten Erfahrungs-/Altersstufen anstelle
einer durchschnittlichen Vergütungsstufe, Vorlage von konkreten Kalkulationsunterlagen, Durchführung eines externen Vergleichs.
Außer Streit waren nach der Verhandlung bei der Schiedsstelle die Einstufung einer Abteilungsleiterstelle in Vergütungsgruppe
4b sowie Leistungszulagen in Höhe von 20.457 Euro.
3. Die zu diesen strittigen Punkten gefundenen Lösungen der Schiedsstelle sind nicht zu beanstanden.
Eine Überprüfung ist, wie oben ausgeführt nur eingeschränkt möglich und zwar dahingehend, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden
Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen
hat und die Abwägung frei von Einseitigkeiten in einem fairen und willkürfreien Verfahren inhaltlich orientiert an den materiellen
Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde.
Daher hat ist die Schiedsstelle bei ihrem Spruch zu recht geprüft, ob die Elemente der Vergütungsvereinbarung mit den Pauschalen
von Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale, § 76 Abs. 2 S. 1 SGB XII) und Maßnahmepauschalen in wirtschaftlicher und sparsamer Weise wirksam die geschlossene Leistungsvereinbarung verwirklichen.
Sie hat dies besonders für die Personalkalkulation der Beklagten bejaht. Dabei hat sie mit den erforderlichen tatsächlichen
Erkenntnissen geprüft, ob alle kalkulierten Positionen richtig erfasst und wirtschaftlich erfolgt sind.
Vorgegeben war zunächst durch die Leistungsvereinbarung das Personalgerüst. Nach Ziff. 9.1.5. der am 20.07.2009 geschlossenen
Vereinbarung waren die Tätigkeitsfelder für notwendige Arbeitnehmer bezeichnet und dafür ein genauer Stellenschlüssel vorgesehen.
Ebenso sind Funktionen und Qualifikationen beschrieben. Weiterer Bestandteil dieser Einigung war auch die Anlage Gesamtstellenplan
zu Ziff. 9.1 der Rahmenleistungsvereinbarung T-E-WfbM. Diese Anlage beruht auf einem Beschluss der Landesentgeltkommission
der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Bayern vom 15.06.2004 und enthält detaillierte
Positionsbeschreibungen mit der angemessenen Anzahl der Stellen und der angemessenen Eingruppierung. Danach ist beispielsweise
für gruppenübergreifende Aufgaben je 4 Gruppen 1 Abteilungsleiter erforderlich. Dieser Abteilungsleiter ist im Gruppenpersonal
enthalten. Ab 8 Gruppen ist ein zweiter, ab 12 Gruppen ein dritter usw. Abteilungsleiter möglich. Die Eingruppierung erfolgt
in Vb/IVb.
Diese Vorgaben sind von der Beklagten wiederum in einen Basisstellenplan umgesetzt worden, der als Anlage dem Antrag an die
Schiedsstelle vom 28.07.2009 beigegeben war. Darin sind (ohne Namensnennung) im Einzelnen die Stelleninhaber mit Geburtsdatum,
Regelvergütungsstufe, Planstellenanteil und Vergütungsgruppe aufgeführt. Darin befindet sich beispielsweise ein Mitarbeiter
im Gruppenpersonalarbeitsbereich als Abteilungsleiter in Vergütungsgruppe IVa. Danach besteht insgesamt die Verpflichtung
zur Leistungserbringung und Bereitstellung von Personal im Umfang von 72,79 Stellen bezogen auf 356 Werkstattbeschäftigte
im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich sowie im Arbeitsbereich.
Soweit die Schiedsstelle diese Kalkulation (Personalkostenhochrechnung als Anlage zum Antrag bei der Schiedsstelle) zugrunde
legt und nicht diejenige des Klägers, der Vergütungen mit einer Regelvergütungsstufe von im Durchschnitt 6 für angemessen
erachtet, hält sie sich an die gesetzlichen Grundlagen von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit bzw. Angemessenheit.
Denn eine tarifgerechte Entlohnung der Arbeitnehmer der involvierten Einrichtung ist nicht unwirtschaftlich, läuft der Sparsamkeit
nicht zuwiderläuft und erhält die Leistungsfähigkeit der Einrichtung. Das wäre aber beim Ansatz der Werte des Klägers nicht
der Fall. Die Einrichtung hätte dann eine Unterdeckung ihrer hinterlegten Unkosten zu verkraften. Dem widerspricht auch nicht
der prospektive Ansatz der Vergütung. § 77 Abs. 1 S. 1 SGB XII besagt lediglich, dass die Vereinbarungen vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen
sind und nicht im Nachhinein Kostenersatz zu leisten ist. Damit werden nicht Schätzungen ohne jegliche Grundlage verlangt,
was der Fall wäre, wenn eine fiktive Personalfluktuation unterstellt wird, die auf einem Durchschnitt der Erfahrungsstufe
6 abzielt. Die prospektive Betrachtungsweise verlangt eine Prognose, die auf zuverlässigen Tatsachen beruhen muss. Das sind
- wie geschehen - die Vergütungen, die die Beklagte im ersten Monat der Leistungsvereinbarung erbringen musste. Dabei ist
es vernünftig diese auf den Vereinbarungszeitraum hoch zu spiegeln. Es ist nicht ersichtlich und widerspricht jeglicher Erfahrung,
dass eine signifikante Verjüngung des Personalstamms der Beklagten erfolgen wird.
Die einzelnen Positionen der Personalkosten sind von der Schiedsstelle ebenfalls richtig geprüft worden. So ist insbesondere
die Berechnung der Personalnebenkosten im Umfang von 58.125 Euro (vgl. Anlage zum Schiedsstellenantrag) richtig erfolgt. Die
Beiträge zur Berufsgenossenschaft beruhten auf den für das Jahr 2008 gezahlten Beträgen, ebenso wie Beihilfe und Personalbeschaffungskosten.
Es ist überhaupt nicht ersichtlich, weswegen diese Kosten nicht notwendig sein sollen. Werkstatt- und Meisterzulagen
(26.587 Euro) waren arbeitsvertraglich vom Beklagten geschuldet. Weitere strittige Positionen wie die Eingruppierung eines
Abteilungsleiters und Leistungszulagen (20.457 Euro) sind beim letzten Antrag an die Schiedsstelle nicht mehr in die Prognose
eingestellt worden.
Methodisch war der Schiedsstelle keine Verletzung ihrer Amtsermittlungspflicht anzulasten. Die oben dargelegte Plausibilitätsprüfung
(erste Stufe, interner Vergleich) erfolgte sachgerecht ohne willkürliche Erwägungen und auf einer ausreichenden Tatsachenbasis.
Richtig ist zwar, dass die Vorlage einer reinen Kostenkalkulation ohne weitere Angaben in aller Regel nicht ausreicht. Die
Kostenkalkulation ist vielmehr hinreichend zu belegen und muss tatsächlich nachvollziehbar sein (vgl. Urteil des BSG vom 17.12.2009, B 3 P 3/08 R, Rn. 53 nach juris.). Dies war aber der Fall. Denn die Beklagte hat als Anlage zum Antrag an die Schiedsstelle vom 28.07.2009
einen Basisstellenplan vorgelegt, in dem der Personalstamm individualisierend aufgeführt war. Darin sind im Einzelnen die
Stelleninhaber mit Geburtsdatum, Regelvergütungsstufe, Planstellenanteil und Vergütungsgruppe aufgeführt. Zudem sind konkrete
Unterlagen vom Kläger in den Vergütungsverhandlungen nicht angemahnt worden. Dieser hat vielmehr immer darauf abgestellt,
dass eine durchschnittliche Vergütung in Altersstufe 6 zugrunde zulegen sei und der Annahme konkreter Vergütungen wegen des
Grundsatzes der Prospektivität widersprochen. Erst im Klageverfahren hat sie vorgetragen, dass die Schiedsstelle ihrer Entscheidung
vom Kläger bestrittene, lediglich mündlich von der Beklagten vorgetragene Angaben hinsichtlich der individuellen Personalkosten
(sonstige Personalnebenkosten, Personalaquise) als plausibel nachgewiesene Personalkosten zu Grunde gelegt habe. Später hat
er allgemein eine fehlende Tatsachenbasis gerügt. Nach der oben angeführten zutreffenden Rechtsprechung (vgl. Urteil des BSG vom 17.12.2009, B 3 P 3/08 R, Rn. 65 nach juris) werden weitere Nachweise erst erforderlich, wenn die Kostenprognose der Einrichtung durch ein substantiiertes
Bestreiten der Kostenträger erschüttert wird. Dann muss die Einrichtung wiederum im Nachweisverfahren weitere Belege dafür
beibringen, dass ihre Vergütungsforderung auf einer plausiblen Kalkulation der voraussichtlichen Gestehungskosten beruht.
Diese in der Pflegeversicherung entwickelten Verfahrensmodalitäten sind auf das Vergütungsfindungsverfahren in der Sozialhilfe
zu übertragen.
Auch ein weiterer Methodenfehler besteht nicht. Die Schiedsstelle hat den von der Rechtsprechung entwickelten (vgl. dazu mit
weiteren Hinweisen Urteil des BSG vom 17.12.2009, B 3 P 3/08 R), erforderlichen externen Vergleich angestrengt. Die von ihr daraus gezogenen Schlussfolgerungen - die Vergütungen zu belassen,
wie beantragt - sind im Rahmen der eingeschränkten Prüfdichte zu akzeptieren. Die ermessensähnliche Entscheidung der Schiedsstelle
ist - wie oben bereits ausgeführt - nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Daher wird der Schiedsstelle auch eine besondere
Beurteilungskompetenz zugemessen, woraus eine nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit folgt. Die Schiedsstelle hat
bei ihrer Entscheidung die ihr von den streitenden Parteien unterbreiteten Beschreibungen anderer Einrichtungen zur Kenntnis
genommen und gewürdigt, insbesondere auch den Umstand, dass die Klägerin selbst an der Vergleichbarkeit einer Vielzahl von
Einrichtungen Zweifel hat. Schließlich hat sie auch die Erklärung der Beklagten zur Kenntnis genommen, wonach der Faktor der
Personalkosten in hohem Maße von der Größe der Einrichtung abhängig ist. Die Entscheidung, die festgesetzten Vergütungen nicht
auf obere Werte der zum Vergleich unterbreiteten Einrichtungen abzusenken, beruht nicht auf sachfremden Erwägungen.
Dazu führt die Schiedsstelle - in nicht zu beanstandender Weise - aus, dass das im internen Vergleich gewonnene Ergebnis im
sogenannten externen Vergleich im Sinne einer Plausibilitätskontrolle überprüft wird, ob also das gefundene Ergebnis in angemessener
Relation zu den Vergütungen steht, die der Kostenträger mit Trägern anderer Einrichtungen, in denen im Wesentlichen gleiche
Leistungen zu erbringen sind, vereinbart hat. Der Antrag der Beklagten überschreitet danach bei der Grundpauschale und bei
der Maßnahmepauschale der Hilfebedarfsgruppe 1 zwar die vom Kläger angeführte Höchstgrenze. Dies ist aber schon beim Angebot
des Klägers hinsichtlich der der Maßnahmepauschale der Hilfebedarfsgruppe 1 selbst der Fall. Und letztlich ist - worauf die
Beklagte zu Recht hinweist - die Differenz auch gut erklärbar, weil die Struktur der Erfahrungsstufen beim Beklagten anders
ist (im Durchschnitt in Stufe 8,24). Hier kategorisch auf dem externen Vergleich zu beharren, würde den materiellen Vorgaben
widersprechen. Diese verlangen ein betriebswirtschaftliches Verhalten, das ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein
muss und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf (§ 76 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Damit nicht vereinbar ist, dass die Beklagte ihr Personal ad hoc umstrukturiert, tariflich unkorrekt beschäftigt oder die
Differenz aus eigenen Mitteln trägt.
Detailliert beschreibt die Schiedsstelle dann in ihrer Begründung auch, dass die Bedeutung des externen Vergleichs eingeschränkt
ist. Nur bei einer der vom Kläger genannten Einrichtungen liegt den Vergütungsverhandlungen das vorliegende Kalkulationsmodell
zu Grunde. Ebenso verhält es sich für die gesonderte Vereinbarung über die Kosten des Mittagessens. Die mit dem Beklagten
abgeschlossene Leistungsvereinbarung enthält im Gegensatz zu den mit den Vergleichseinrichtungen abgeschlossenen Vereinbarungen
aktualisierte Leistungen gemäß der Bayerischen Rahmenleistungsvereinbarung für den Leistungstyp T-E-WfbM in der aktuell geltenden
Fassung (siehe Nr. 1 der Leistungsvereinbarung vom 20.07.2009).
Schließlich hat die Beklagte auch aufgezeigt, dass sich die Personalkosten (auch wenn sie völlig gleich angesetzt werden)
angesichts der übrigen Kosten, die in die Grundpauschalen und die Maßnahmepauschalen einfließen, unterschiedlich auswirken.
Danach sind letztlich kleinere Werkstätten in ihrem Personalkostenanteil teurer als große Werkstätten (vgl. Anlage Personalstellen
ohne Stellenfortschreibung zum Schriftsatz vom 13.04.2010).
Auch die Festlegung der Grundpauschale ist nicht zu beanstanden. Diese umfasst nach dem Gesetzeswortlaut Unterkunft und Verpflegung
und ist somit inhaltlich identisch mit §
87 SGB XI. Eine detaillierte Aufschlüsselung findet meist in den Landesrahmenverträgen statt, üblicherweise in Anlehnung an die Rahmenverträge
nach §
75 SGB XI. Danach gehört hierzu insbesondere die Bereitstellung, Möblierung und Ausgestaltung der Gemeinschaftsräume, des individuellen
Wohnraums, die Bereitstellung der Mahlzeiten, die Reinigung und Wartung der Räume, die Ver- und Entsorgung mit Energie, Wasser
usw. und die dafür anteiligen Kosten für Leitung und Verwaltung. So umfasst hier nach § 10 Abs. 3 der gültigen Rahmenvereinbarung
die Grundpauschale (Unterkunft und Verpflegung) Personal- und Sachaufwand, soweit er nicht der Maßnahmepauschale und/oder
dem Investitionsbetrag zuzuordnen ist.
Auch insoweit hat die Schiedsstelle sachgerechte Erwägungen angestrengt. Sie hat dazu ausgeführt, dass der Kläger auch in
der mündlichen Verhandlung nicht darlegen konnte, ob und inwieweit die Kosten für das Mittagessen bei den anderen Einrichtungen
gesondert festgelegt, bzw. vereinbart wurden. Diese Kosten würden erst auf Grund einer Rechtsprechung des BSG (vom Dezember 2009) gesondert kalkuliert und vereinbart. Schließlich überzeuge auch das Vorbringen des Klägers nicht, die
Grundpauschale mit dem Höchstwert 9,77 Euro sei als Vergleichswert ungeeignet, weil sie vor Jahren überhöht vereinbart und
deshalb für die nächsten Jahre festgeschrieben worden sei.
Im Übrigen muss die Schiedsstelle ihre Entscheidung nicht bis ins Einzelne begründen. Vielmehr sind ihre Beschlüsse schon
aufgrund ihrer personellen Zusammensetzung Ergebnis eines Interessenausgleichs. Demnach ist es insgesamt plausibel, dass die
Schiedsstelle einen im Vergleich mit übrigen Einrichtungen im mittleren Bereich liegenden Wert der Grundpauschale festgesetzt
hat. Insoweit ist es auch sachgerecht, angesichts der geringeren Relevanz der Personalkosten bei der Grundpauschale (siehe
oben zur Zusammensetzung der Grundpauschale) mehr auf den externen Vergleich abzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs.
1 VwGO.
Die Beklagte hat obsiegt und ist von Kosten freizustellen.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 SGG).