Vergütungsvereinbarungen eines Pflegeheims; Festsetzung der Grund- und Maßnahmepauschalen in der Sozialhilfe; Überprüfung
des Beschlusses der Schiedsstelle; Kompetenzen und Beiladung; Ausführung des zweistufigen Prüfungsverfahrens
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Festsetzung von Vergütungen nach den §§ 75 ff SGB XII für das Caritasheim St. U., Leistungstyp
W-E-G in P ...
Der Beklagte (Caritasverband - wegen der besseren Lesbarkeit wird der Bezirk Niederbayern einheitlich als Kläger, der Caritasverband
als Beklagter bezeichnet) betreibt in P. das Caritasheim St. U., in dem Erwachsene mit geistiger Behinderung betreut werden.
Die Bewohner sind auf vier Wohngruppen zu je 9 Plätzen aufgeteilt. Von den im streitigen Zeitraum 35 Bewohnerinnen und Bewohnern
besuchten 13 eine Werkstätte für behinderte Menschen, 15 eine Förderstätte und 7 wurden auch tagsüber in der Einrichtung betreut.
Die Parteien schlossen am 21./26.11.2007 eine derzeit weiterhin geltende Leistungsvereinbarung. In der bis zum 31.12.2008
geltenden Vergütungsvereinbarung vom 17.12.2007 hatten sie für den Leistungstyp W-E-G Vergütungen pro Platz und Kalendertag
wie folgt festgelegt:
Maßnahmepauschalen
Hilfebedarfsgruppe 1: 27,66 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 39,47 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 68,43 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 99,47 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5: 123,13 EUR.
Die Grundpauschale wurde auf 14,45 EUR, die Investitionspauschale auf 10,69 EUR vereinbart.
Die Vergütungsverhandlungen für das Jahr 2009 scheiterten insbesondere daran, dass der Beklagte auf den von ihm geltend gemachten
Ist-Lohnkosten bestand, während der Kläger die höchsten Durchschnittspersonalkosten je Vollkraft für das Betreuungspersonal
anderer tarifgebundener Einrichtungen für geistig behinderte Erwachsene als Obergrenze ansah. Der Beklagte beantragte am 30.12.2008
für die Festsetzung der Vergütung durch die Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe bei der Regierung von Niederbayern für die
Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 für den Leistungstyp W-E-G beim Caritasheim St. U. folgende Maßnahmepauschalen:
Hilfebedarfsgruppe 1: 30,62 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 43,18 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 73,99 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 107,01 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5: 132,19 EUR.
Die Grundpauschale wurde in Höhe von 16,69 EUR, der Investitionsbetrag in Höhe von 10,69 EUR beantragt.
Die vom Maßnahmeträger vorgelegten Unterlagen machten deutlich, dass er auch im Jahr 2008 eine gravierende Unterdeckung habe
verkraften müssen. Die Kalkulation sei gemäß dem Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII erstellt worden. Strittig seien insbesondere
die Personalkosten, die maßgeblicher Teil der Gesamtkosten seien. Nach den von ihm kalkulierten Werten ergäben sich Durchschnittspersonalkosten
im Bereich Erziehung und Pflege von rund 45.400 EUR. Das sei keinesfalls ungewöhnlich. Für das Jahr 2009 seien Tarifsteigerungen
und beim Sachaufwand die außergewöhnlichen Steigerungen bei den Energiekosten zu berücksichtigen. Die kalkulierten Personalkosten
seien tarifrechtlich bedingt und nicht zu mindern. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien sie wirtschaftlich
und angemessen. Für einen externen Vergleich fehle es an Vergleichseinrichtungen. Denn das Heim St. U. stehe zwischen einem
Wohnpflegeheim, in dem die Bewohner Förderstätten besuchten oder auch tagsüber im Heim betreut werden, und einem Wohnheim,
in dem die Bewohner tagsüber Werkstätten für behinderte Menschen besuchten. Die Betreuung in einem Wohnpflegeheim erfordere
wesentlich mehr Betreuung und sei daher kostenaufwändiger.
Demgegenüber beantragte der Kläger am 15.01.2009 die Festsetzung folgender Vergütungen:
Hilfebedarfsgruppe 1: 27,99 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 39,87 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 68,98 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 100,19 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5; 123,97 EUR.
Die Grundpauschale wurde in Höhe von 14,88 EUR beantragt.
Zur Begründung führte der Kläger aus, dass er sich bei seinem Angebot in nahezu allen Einzelpositionen seiner Kalkulation
im Rahmen der Grundsätze zur Vergleichbarkeit an die Obergrenze der in Niederbayern mit anderen Behinderteneinrichtungen vereinbarten
Zahlen gehalten habe. Die vom Beklagten genannte neue Rechtssprechung des Bundessozialgerichts beziehe sich auf Pflegeheime
nach dem
SGB XI und sei auf Einrichtungen nach dem SGB XII nicht übertragbar. Jedenfalls seien hier die Grundsätze des externen Vergleichs
heranzuziehen, um zu prüfen, ob die vom Beklagten beantragten Vergütungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit
und Leistungsfähigkeit im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII entsprächen. Bei den Maßnahmepauschalen sei entscheidend, dass
sie sich im Wesentlichen aus den Kosten für das betreuende Gruppenpersonal ergeben. Die Höhe dieser Kosten sei abhängig von
der Personalmenge und den Lohnkosten. Die Personalmenge sei in den einzelnen Einrichtungen verschieden. Sie hänge ab von dem
zu betreuenden Personenkreis (Werkstatt- oder Förderstättenbesucher) und der Verteilung der Leistungsberechtigten auf die
fünf Hilfebedarfsgruppen. Diese Unterscheidung sei aber für die Lohnkosten unerheblich. Denn die Tarifwerke der einzelnen
Einrichtungen würden nicht unterscheiden, ob eine Betreuungskraft einen Werkstattgänger der Hilfebedarfsgruppe 3 oder einen
Förderstättenbesucher der Hilfebedarfsgruppe 4 betreue. Auch werde die Betreuung in einem Wohnheim tariflich nicht unterschieden
von der Betreuung in einem Wohnpflegeheim. Streitig sei nicht die Personalmenge, sondern die der Personalmenge hinterlegten
Lohnkosten. Sein Angebot, die Durchschnittspersonalkosten pro Vollkraft im Betreuungsbereich in Höhe von 43.000 EUR anzusetzen,
sei in Niederbayern der Spitzenwert bei tarifgebundenen Einrichtungen. Die vom Beklagten geforderten Steigerungsraten bei
den Personal- und Sachkosten seien mit tariflichen oder preislichen Erhöhungen nicht begründbar und daher nicht plausibel,
nicht wirtschaftlich und nicht sparsam.
In der mündlichen Verhandlung vor der Schiedsstelle Bayern vom 17.06.2009 wurde dem Beklagten aufgegeben, die Überlegungen
zur Kalkulierung seiner Personalkosten darzulegen. Dem Kläger wurde aufgegeben,
a) die vereinbarten Personalschlüssel der von ihm genannten Vergleichseinrichtungen, aufgeschlüsselt nach Hilfebedarfsgruppen,
mitzuteilen und
b) die Maßnahmen- und Grundpauschalen auf der Basis der Personalschlüssel und der Fachkraftquoten der streitgegenständlichen
Einrichtung umzurechnen.
Die Beteiligten kamen dem nach. Im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 28.07.2009 und 26.08.2009 samt den damit vorgelegten
Anlagen verwiesen. Der Beklagte legte mit Schreiben vom 05.11.2009 Aufstellungen über die Ist-Personalkosten im Jahre 2008
und in den Monaten Januar bis Oktober 2009 vor. Der Kläger machte hierzu geltend, dass die Fachkraftquote im Jahr 2008 68
% habe betragen und im Jahr 2009 auf 73 % angestiegen sei, was ebenfalls zu einem unverhältnismäßigen Ansteigen der Durchschnittspersonalkosten
führe.
In der mündlichen Verhandlung vor der Schiedsstelle Bayern am 19.11.2009 einigten sich die Beteiligten hinsichtlich des Kalkulationspostens
"Sachkosten für Energie, Wasser, Brennstoffe" (Nr. 2.4 der Kalkulation) auf 40.044,40 EUR. Im Übrigen wiederholten die Beteiligten
ihr Vorbringen.
Mit Schiedsspruch vom 19.11.2009 setzte die Schiedsstelle die Vergütungen kalendertäglich pro Platz für die Laufzeit vom 01.01.2009
bis 31.12.2009 für den Leistungstyp W-E-G wie folgt fest:
Hilfebedarfsgruppe 1: 29,40 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 41,97 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 72,78 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 105,80 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5: 130,97 EUR.
Die Grundpauschale wurde auf 14,88 EUR festgesetzt.
Zur Begründung führte die Schiedsstelle aus, dass sie methodisch nach der Rechtsprechung des BSG in einem zweischrittigen
Verfahren vorgehend sowohl nach einem internen wie externen Vergleich zum festgestellten Ergebnis gelangt sei. Dabei habe
sie eine Fachkraftquote von 56 % berücksichtigt.
Im externen Vergleich sehe die Schiedsstelle grundsätzlich die höchste Vergütung in der Bandbreite der vergleichbaren Einrichtungen
als Obergrenze an. Das wäre jedoch unvereinbar mit dem Grundsatz, dass Maßstab der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung
nicht nur der im Einzelfall, sondern der allgemein erforderliche Betriebsaufwand "einer" Einrichtung sei.
Hier sei die mit der Maßnahmepauschale zu vergütende Leistung des Beklagten nicht hinreichend vergleichbar mit den Leistungen,
die in den vom Kläger genannten Einrichtungen erbracht werden. Daher seien die in dem internen Vergleich gewonnenen Ergebnisse
maßgeblich für die Entscheidung bei der Maßnahmepauschale.
Anders verhalte es sich bei der Grundpauschale. Die mit diesem Vergütungsanteil honorierte Leistung "Unterkunft und Verpflegung"
sei pro Platz und Tag in den vom Kläger genannten Einrichtungen vergleichbar. Bei dieser Leistung komme einem überdurchschnittlichen
Aufwand für Betreuungspersonal bei weitem nicht das Gewicht zu, wie bei der mit der Maßnahmepauschale zu vergütenden Leistung.
Die Schiedsstelle gehe über die Obergrenze der Bandbreite der Vergleichsgrundpauschalen mit 14,84 EUR hinaus, weil der Kläger
selbst eine Grundpauschale in Höhe von 14,88 EUR beantragt habe. Der darüber hinausgehende Antrag des Beklagten sei abzulehnen.
Am 16.12.2009 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Am 17.05.2010 hat er die auf Aufhebung
des Schiedsspruches und auf Festsetzung der Vergütungen entsprechend seinem Antrag gerichtete Klage begründet. Demnach sei
die Entscheidung der Schiedsstelle vom 19.11.2009 formell rechtswidrig, weil die Schiedsstelle die in der Leistungsvereinbarung
vom 17.12.2007 festgelegte Fachkraftquote von 56 % nicht beachtet habe. Im Übrigen habe die Schiedsstelle materiell rechtsfehlerhaft
den so genannten externen Vergleich mit anderen Einrichtungen nicht durchgeführt und habe somit einen Methodenfehler begangen.
Würde man der Argumentation der Schiedsstelle folgen, dann könne es nie einen externen Vergleich bei Behindertenheimen geben,
weil diese - anders als Alten - und Pflegeheime - wegen der sehr individuellen Bewohnerstruktur nie vergleichbar wären.
Der Beklagte hat 30.12.2009 ebenfalls Klage gegen den Beschluss der Schiedsstelle vom 19.11.2009 erhoben und beantragt, den
Schiedsanspruch aufzuheben, soweit dieser die Grundpauschale auf einen geringeren Betrag als 16,56 EUR pro Tag festsetzt.
Nach Auffassung des Klägers ist diese "Widerklage" bereits unzulässig, weil die Höhe der Grundpauschale vor der Schiedsstelle
nicht streitig verhandelt worden sei, wie sich aus dem insoweit fehlenden Ausführungen in der Begründung der angefochtenen
Schiedsstellenentscheidung entnehmen lasse.
Der klagende Bezirk beantragt,
den Schiedsspruch der Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe - vom 19. November 2009 insoweit aufzuheben, als eine über die im
Antrag zu 1)
Grundpauschale 14,88 EUR,
Hilfebedarfsgruppe 1: 27,99 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 39,87 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 68,98 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 100,19 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5: 123,97 EUR.
bezifferten Vergütungssätze hinausgehende Vergütung festgesetzt wurde und den Erhöhungsantrag des Beklagten zur erneuten Entscheidung
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts an die Schiedsstelle zu verweisen.
Der beklagte Caritasverband beantragt,
die Klage des Bezirks abzuweisen.
Der klagende Caritasverband beantragt,
den Schiedsspruch insoweit aufzuheben, als die Grundpauschale auf 14,88 EUR festgesetzt worden ist.
Der beklagte Bezirk beantragt,
die Abweisung der Klage des Caritasverbandes.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des LSG sowie auf die vorgelegten Akten der Schiedsstelle - Sozialhilfe -
Bayern verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klagen sind zulässig.
1.1. Für die von den Beteiligten erhobenen Klagen ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Nach §§
77 Abs.
1 Satz 3 und 4 SGB XII, 51 Abs.
1 Nr. 6 a
SGG ist gegen Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Die Beteiligten wenden sich auch gegen eine Entscheidung einer Schiedsstelle
nach § 80 SGB XII, den Beschluss der Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe - vom 19.11.2009.
1.2. Für die vor dem LSG gegen diese Entscheidung der Schiedsstelle erhobene Klage ist das Gericht auch nach §
29 Abs.
2 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) im ersten Rechtszug zuständig. Seine örtliche Zuständigkeit folgt aus §
57 Abs.
1 Satz 1
SGG, da die jeweiligen Kläger ihren Sitz in Bayern haben.
1.3. Die Klagen richten sich - § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII entsprechend - gegen den jeweiligen Vertragspartner der Kläger.
Nach § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII war auch vor Klageerhebung keine Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren
notwendig. Die Kläger haben auch die für Anfechtungsklagen nach §
54 Abs.
1 Satz 1, 1. Alt.
SGG geltende einmonatige Klagefrist des §
87 Abs.
1 SGG eingehalten, da sie gegen den am 03.12.2009 (Bezirk) bzw. am 04.12.2009 (Caritasverband) zugestellten Beschluss der Schiedsstelle
vom 19.11.2009 am 22.12.2009 bzw. 30.12.2009 Klage erhoben haben. Diese Klagefrist war einzuhalten, weil die Kläger eine Anfechtungsklage
nach §
54 Abs.
1 Satz 1 1. Alt.
SGG erhoben haben, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses der Schiedsstelle Bayern, Sozialhilfe vom 19.11.2009 begehren. Soweit
die Kläger zunächst kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen bzw. Anfechtungs- und Leistungsklagen geltend machten,
sind diese unzulässig, weil das Gericht auf Grund des eingeschränkten Prüfungsmaßstabes (s. dazu unter 2.2.) weder eine Verpflichtung
der Schiedsstelle auf Erteilung eines bestimmten Schiedsspruches noch eine unmittelbar geltende Vergütung festsetzen kann.
Der angefochtene Beschluss der Schiedsstelle Bayern stellt einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X dar. Nach § 31 Satz 1 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der Beschluss
der Schiedsstelle Bayern vom 19.11.2009 erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsaktes, insbesondere stellen die nach §§ 80, 81 SGB XII zu bildenden Schiedsstellen Behörden im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X dar, die hoheitliche Maßnahmen treffen.
Nach § 1 Abs. 2 SGB X ist Behörde jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Grundlage für die Tätigkeit der Schiedsstellen
sind die gesetzlichen Regelungen über die Einrichtung von Schiedsstellen in §§ 80, 81 SGB XII und über die Entscheidungen
der Schiedsstelle und ihre Wirkungen in § 77 Abs. 1 Satz 3 bis 6, Abs. 2 SGB XII. Damit beruhen die Einrichtung der Schiedsstelle,
die Tätigkeit der Schiedsstellen und die Wirkungen, die den Entscheidungen der Schiedsstelle zukommt, nicht auf Vereinbarungen
der Parteien, die die Verträge nach § 76 SGB XII schließen, sondern auf gesetzlichen Vorgaben. Die Schiedsstelle nach § 80
Abs. 2 Satz 1 SGB XII setzt sich zwar aus je vier - § 101 Abs. 1 Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetze in Bayern vom
01.12.2008 AVSGBay2008 - Vertretern der privaten Träger der Einrichtungen und Vertretern der örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger
sowie einem unparteiischen Vorsitzenden zusammen. Die privaten Träger der Einrichtungen können den von ihnen in die Schiedsstelle
entsandten Vertretern auch nicht die Rechtsmacht verleihen, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Die nach §§
80, 81 SGB XII gebildete Schiedsstelle nimmt diese Aufgaben jedoch als Ganzes und unabhängig von dem Status der in sie entsandten
Vertreter aufgrund einer Beleihung wahr. Damit erfüllt sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Die Beleihung gibt der Schiedsstelle
auch die Rechtsmacht, bei dieser Aufgabenerfüllung hoheitlich zu handeln. Die für eine solche Beleihung notwendigen Voraussetzungen
(Beleihung durch oder aufgrund eines Gesetzes, keine Kernbereiche der staatlichen Tätigkeit betroffen und Unterliegen des
privaten Trägers unter einer staatlichen Aufsicht), liegen für die Schiedsstelle Bayern - Sozialhilfe - nach § 80 SGB XII
vor. In §§ 80, 81 SGB XII ist die Verpflichtung zur Einrichtung von Schiedsstellen in den Ländern und die Ermächtigung für
die jeweiligen Landesregierungen zur näheren Ausgestaltung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII geregelt. Dementsprechend wurde
durch § 100 AVSG Bay. 2008 die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII errichtet. Die Beleihung dieser Schiedsstelle mit Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung im Bereich der Streitschlichtung zwischen den an den Verträgen nach § 76 SGB XII beteiligten Vertragsparteien
und die Übertragung entsprechender hoheitlicher Macht erfolgt hier durch die Regelungen des § 77 Abs. 1 Satz 3 bis 6, Abs.
2 SGB XII, die Entscheidungskompetenzen der Schiedsstelle und die Wirkungen ihrer Entscheidungen festlegen, also unmittelbar
durch Gesetz. In § 113 AVSG Bay.2008 ist geregelt, dass die Tätigkeit der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII auch einer staatlichen
Aufsicht unterliegt. Schließlich sind auch die Grenzen der Beleihung nicht überschritten, da bei der vorliegend übertragenen
Aufgabe der verbindlichen Festlegung von Vertragsinhalten nach § 76 SGB XII, auf die sich die Vertragsparteien nicht einigen
konnten, keine staatlichen Kernaufgaben auf Private übertragen werden. Damit sind der Schiedsstelle Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung übertragen, so dass die Schiedsstelle eine Behörde darstellt und ihre Entscheidungen stellen aufgrund ihrer Verbindlichkeit
für die Vertragsparteien auch hoheitliche Maßnahmen dar, die zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen
Rechts getroffen werden und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen, nämlich auf die Vertragsparteien, gerichtet sind.
Damit stellen die Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII Verwaltungsakte dar. Dies entspricht auch der in der
Literatur überwiegend vertretenen Meinung (Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 56 ff. und Jaritz/Eicher,
in: jurisPK-SGB XII, Stand: 19.04.2011, § 80 Rn. 33 m.w.N., Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII, 18. Auflage,
§ 80 Rn. 7; Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII, 3. Auflage § 80 Rn. 10) und wird in der Rechtssprechung so bestätigt (Hessisches
LSG Urteil vom 25.02.2011, Az.: L 7 SO 237/10 KL, Rn. 45, 46 ; LSG NRW Urteil vom 29.09.2008, Az.: L 20 SO 92/06 Rn. 50)
2. Klage des Bezirks Niederbayern
Die zulässige Anfechtungsklage des Bezirkes Niederbayern ist unbegründet. Der Bezirk hat in der mündlichen Verhandlung vom
24.11.2011 seinen Klageantrag auf eine Teil-Anfechtungs- klage nach §
54 Abs.
1 S. 1, 1. Alt.
SGG beschränkt.
2.1. Der Beschluss der Schiedsstelle Bayern vom 19.11.2009, der für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 für das Caritasheim
St. U., Leistungstyp W-E-G kalendertäglich pro Platz die Vergütungen in Höhe von
Hilfebedarfsgruppe 1: 29,40 EUR
Hilfebedarfsgruppe 2: 41,97 EUR
Hilfebedarfsgruppe 3: 72,78 EUR
Hilfebedarfsgruppe 4: 105,80 EUR
Hilfebedarfsgruppe 5: 130,97 EUR.
Grundpauschale 14,88 EUR festsetzt, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
2.2. Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 80 SGB XII unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit
(vgl. auch Hess. LSG Urteil vom 25.02.2011. Az.: L 7 SO 237/10 KL; LSG NRW, Urteil vom 29.09.2008, L 20 SO 92/06). Den paritätisch
aus Vertretern der Einrichtungen und der Sozialhilfeträger besetzten Schiedsstellen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) wird vom
Gesetz als mit der zu regelnden Materie vertrautem und zu einer vermittelnden Zusammenführung von gegenläufigen Interessen
der Beteiligten berufenem Gremium eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen. Den Schiedsstellen kommt deshalb eine Einschätzungsprärogative
zu. Damit ist gerichtlich allein zu überprüfen, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien
ermittelt hat, sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen hat, und ob ihre Abwägung frei
von Einseitigkeiten, in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben des
Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen wurde (vgl. Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 73 ff,
Schellhorn in Schellhorn/Schell horn/Hohm SGB XII, 18. Auflage, § 80 Rn. 5; Flint in Grube/Wahrendorf SGB XII, 3. Auflage
§ 80 Rn. 31). Zu den Schiedsstellen nach dem
SGB XI hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 3/08 R unter Rn. 67 ff juris ausgeführt:
"Im Hinblick auf den im Prüfverfahren bestehenden Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle ist das SG zutreffend von einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeit des Schiedsspruchs ausgegangen.
a) Der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar.
Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§
76 Abs.
3 SGB XI) will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und
zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig Kompromisscharakter aufweist.
Gleichwohl haben die Schiedsstellen eine umfassende Aufklärungspflicht und dürfen Aufklärungsermittlungen auf beiden Seiten
durchführen. Sie müssen aber das Beschleunigungsgebot beachten (§
89 Abs.
3 Satz 4 i.V.m. §
85 Abs.
5 Satz 1
SGB XI) und sollten Auflagen zur Sachverhaltsklärung möglichst schon mit der Ladung zum Schiedstermin verbinden. Die Möglichkeit
zum Erlass von sog Beweislastentscheidungen ist nicht ausgeschlossen, falls eine der Schiedsparteien den gemachten Auflagen
nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, in der Praxis aber durch den Umstand beschränkt, dass ein Schiedsspruch auch unmittelbare
Wirkung für die am Verfahren nicht direkt beteiligten Versicherten besitzt (§
89 Abs.
3 Satz 4 i.V.m. §
85 Abs.
6 Satz 1
SGB XI) und sie nicht "Opfer" von Beweislastentscheidungen werden dürfen. Den Abschluss des Verfahrens bildet bei fehlender Einigung
der Schiedsspruch, der mit einer hinreichenden Begründung zu versehen ist (vgl. BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 S. 5 mwN).
b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze und des Entscheidungsspielraums der Schiedsstelle ist gerichtlich ausschließlich
zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist,
ob zwingendes Gesetzesrecht beachtet und ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden ist. Dies setzt voraus,
dass die gefundene Abwägung durch die Schiedsstelle Eingang in die Begründung des Schiedsspruchs gefunden hat. Die Anforderungen
hieran dürfen im Hinblick auf Stellung und Funktion der Schiedsstelle jedoch nicht überspannt werden. Die Schiedsstelle unterhält
- jedenfalls im Wesentlichen - keinen eigenen Verwaltungsunterbau und ist deshalb in besonderer Weise auf die Mitwirkung der
Beteiligten angewiesen. Es ist deshalb in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstellenbegründung auf die in
diesem Rahmen vorgebrachten Angaben der Beteiligten oder von ihren Mitgliedern selbst eingeführte Hinweise bezieht. Dies kann
auch in knapper Form erfolgen, soweit dies für die Beteiligten verständlich ist und sich nicht auf Tatsachen bezieht, die
in der Schiedsstellenverhandlung selbst in Zweifel gezogen worden sind."
Gleichlautende Ausführungen zum gerichtlichen Überprüfungsmaßstab finden sich auch im BSG Urteil vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 7/08 R, Rn. 41 ff - juris.
Der Senat wendet die zu den Schiedsstellen nach dem
SGB XI ergangenen Entscheidungen des BSG entsprechend auf Schiedsstellenentscheidungen nach dem SGB XII an, weil die Strukturen
des Vergütungsvereinbarungsrechtes im
SGB XI und SGB XII wesentlich gleich ausgestaltet und in beiden Rechtsgebieten fachkundig besetzte Schiedsstellen zur Entscheidung
von vertragsgestaltenden Verwaltungsakten berufen sind.
Aus der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte ergibt sich auch, dass das statthafte Klageziel - wie hier geschehen
- nur mit einer reinen Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 S. 1, 1. Alt.
SGG erreicht werden kann. Auch wenn in der Literatur umstritten ist, ob gegen Schiedssprüche eine kombinierte Anfechtungs- und
Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1 S.1, Alt. 1 i.V.m. §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG oder gar eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach §§
54 Abs.
1 S.1, Alt. 1 i.V.m. Abs.1 S. 2
SGG oder kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1 S.1, Alt. 1 i.V.m. Abs.
4 SGG zulässig ist, (vgl. hierzu Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, Stand: 14.09.2011, § 77 Rn. 68) hält der Senat angesichts
der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte ausschließlich die reine Anfechtungsklage für statthaft, weil sich das Gericht
nicht anstelle der sachnahen und fachkundigen Schiedsstelle einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt erlassen darf.
2.3. Die Beiladung der Schiedsstelle zu den Anfechtungsklagen der Vertragsparteien gegen den Schiedsstellenspruch hat nicht
zu erfolgen. Der Senat folgt der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, BVerwG, Beschluss vom 28.02.2002 - 5 C 25/01 (auch VGH BY 6.4.2001 - 12 B 00/2019 - NDV-RD 2001, 70). Die Schiedsstelle war auch nicht gem. §
75 Abs.
2 SGG (..."derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann ...) notwendig beizuladen.
Zwar wirkt eine Aufhebung des Schiedsspruchs unmittelbar auf die der Schiedsstelle anvertraute Schiedskompetenz ein. Sie bewirkt
eine Fortsetzung des nunmehr nicht wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens und verpflichtet die Schiedsstelle, über den
Schiedsantrag erneut unter Beachtung der gerichtlichen Aufhebungsgründe zu entscheiden. Die Schiedsstelle ist aber allein
als hoheitliches Vertragshilfeorgan ohne eigene materielle Rechte in das Vereinbarungsverfahren eingeschaltet. Durch eine
Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis (Vergütungsvereinbarung) wird nicht zugleich in die Rechtssphäre der Schiedsstelle
als eines Dritten unmittelbar eingegriffen (stRspr, u.a. BSGE 11, 262, 264; 70, 240, 242 m.w.N.; BSGE 97, 242, 247; BVerwGE 51, 275; vgl. auch §
74 SGG i.V.m. §
62 ZPO). Diese Entscheidung kann ohne Beteiligung der Schiedsstelle getroffen werden. So muss sie ja beispielsweise überhaupt nicht
eingeschaltet werden, wenn sich die Beteiligten unstreitig einigen
2.4. An diesen Maßstäben gemessen ist der angefochtene Beschluss der Schiedsstelle Bayern, Sozialhilfe, vom 19.11.2009 rechtmäßig.
Die gerichtliche Überprüfung, ob
1. die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt hat,
2. sie alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen hat und
3. die Abwägung frei von Einseitigkeiten in einem fairen und willkürfreien Verfahren, inhaltlich orientiert an den materiellen
Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts, vorgenommen wurde, ergibt, dass der Schiedsstellenspruch vom 19.11.2009 nicht zu
beanstanden ist.
Die Schiedsstelle Bayern hat in ihrer Entscheidung vom 19.11.2009 auch die zu den Schiedsstellenverfahren nach dem
SGB XI (BSG vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 7/08 R; BSG vom 29.01.2009, Az.: B 3 P 8/07 R) ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts beachtet, weil diese auf Schiedsstellensentscheidungen nach § 80 SGB
XII übertragbar sind. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich ein zweistufiges Prüfungsverfahren für die von einem Einrichtungsträger
beanspruchten Vergütungen. Eine beanspruchte Vergütung ist leistungsgerecht, wenn die vom Träger zugrunde gelegten voraussichtlichen
Gestehungskosten nachvollziehbar sind (Plausibilitätskontrolle) und sie im Vergleich mit der Vergütung anderer Einrichtungen
(externer Vergleich) den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht.
In den externen Vergleich sind die in demselben Einzugsbereich tätigen Einrichtungen einzubeziehen, unabhängig von der Rechtsform,
Ausrichtung oder Tarifbindung des Trägers. Die Wahrung der Tarifbindung steht der Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung einer
Einrichtung nicht entgegen. Grundsätzlich sind Vergütungsverhandlungen und evtl. nachfolgende Schiedsstellenverfahren nach
einem zweigliedrigen Prüfungsmuster durchzuführen: Grundlage der Verhandlungen über die Entgelte ist zunächst die Abschätzung
der voraussichtlichen Kosten der zu erbringenden Leistungen nach (Prognose). Daran schließt sich in einem zweiten Schritt
die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit an. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen bei anderen
Leistungserbringern (externer Vergleich). Im Ergebnis sind die Entgelte dann leistungsgerecht i.S. von §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB XI, wenn erstens die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden und sie
zweitens in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen
stehen. Geltend gemachte Entgelte sind dann nicht angemessen, wenn Kostenansätze und erwartete Kostensteigerungen nicht plausibel
erklärt werden können oder wenn die begehrten Sätze im Verhältnis zu anderen Einrichtungen oder ambulanten Diensten unangemessen
sind (BSG Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08, Rn. 50 nach juris).
Dabei ist die Schiedsstelle im Rahmen des Schiedsstellenverfahrens nur zur Entscheidung jener Punkte berufen, die in den vorangegangenen
Vergütungsverhandlungen streitig geblieben sind. Sie muss demgemäß alle Sachverhaltselemente, über welche die Vertragsparteien
vorab eine einvernehmliche Regelung getroffen haben oder die aus anderen Gründen nicht mehr umstritten sind, ihrem Schiedsspruch
ohne eigene Prüfung zugrunde legen. Gleiches gilt für jene Vergütungsbestimmungen, die von den Vertragsparteien in der Vergangenheit
einvernehmlich angewandt und auch für den bevorstehenden Vergütungszeitraum von vornherein außer Streit gestellt worden sind.
Will eine Vertragspartei ein anderes Vergütungsmodell durchsetzen oder Modifikationen am bisher vereinbarten Vergütungsmodell
erreichen, muss dies durch eine entsprechende Willenserklärung zu Beginn der Vertragsverhandlungen zum Ausdruck gebracht werden
(vgl. BSG Urteil 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08, Rn. 74 nach juris).
2.5. Der Kläger macht zu Unrecht geltend, dass die Schiedsstellenentscheidung vom 19.11.2009 formell rechtswidrig sei, weil
die Schiedsstelle die in der Leistungsvereinbarung vom 21./26.11.2007 festgelegte Fachkraftquote von 56 % nicht beachtet habe
und die Leistungsinhalte unzulässig erweitert habe.
Die Schiedsstelle Bayern hat in ihrem Beschluss vom 19.11.2009 unter Ziffer II.3. ausgeführt, dass sie die Fachkraftquote
von 56 % dadurch berücksichtigt habe, dass sie von den Durchschnittspersonalkosten ausgegangen sei, so wie dieser in der Anlage
3 zum Schriftsatz des Klägers vom 28.05.2009 in Höhe von 44.803 berechnet worden seien. Das ergebe bei zusätzlicher Berücksichtigung
der geminderten Sachkosten:
eine Grundpauschale von 16,56 EUR und eine durchschnittliche Maßnahmepauschale von 90,86 EUR, die sich aufgliedere in die
festgesetzten
MP
|
H-BG 1
|
HB-G 2
|
H-BG-3
|
HB-G-4
|
HB-G 5
|
29,40 EUR
|
41,97
|
41,97 EUR
|
72,78 EUR
|
105,80 EUR
|
130,97 EUR
|
Damit steht zur vollen Überzeugung des Senats (§
128 Abs.
1 SGG) fest, dass die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Beteiligten ermittelt und fair und willkürfrei, inhaltlich
orientiert an den materiellen Vorgaben des Entgeltvereinbarungsrechts (hier: der Leistungsvereinbarung vom 21./26.11.2007),
vorgenommen hat. Der Rückgriff auf die von dem Kläger selbst ausgerechneten durchschnittlichen Personalkosten unter Berücksichtigung
der Fachkraftquote von 56 % ist nicht zu beanstanden, weil Ausgangspunkt der eigenen Berechnung des Klägers im Schriftsatz
vom 28.05.2009 die vom Beklagten kalkulierten voraussichtlichen Gestehungskosten für 2009 auf der Grundlage der tatsächlichen
Personalkosten 2008 waren. Diese Tatsache für die prospektive Kalkulation der voraussichtlichen durchschnittlichen Personalkosten
2009 ist nicht zu beanstanden, wie die Schiedsstelle unter Ziffer II. 2 des Schiedsstellenspruches zutreffend ausgeführt hat
(dazu vgl. unten Punkt 2.6).
2.6. Der Kläger dringt mit seiner Rüge (Klagebegründung vom 17.05.2010) der fehlenden Plausibilität der vom Beklagten geltend
gemachten Personalkosten nicht durch.
Die Feststellungen der Schiedsstelle seien danach fehlerhaft, weil die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen belegten, dass
gerade im Personalbereich der Aufwand auch in dem Wirtschaftsjahr, das dem Vergütungszeitraum vorangegangen sei, tatsächlich
deutlich höher gewesen sei als in der Kalkulation für das vergangene Wirtschaftsjahr. Es sei die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung
in Frage zu stellen, wenn mit den vereinbarten Sätzen Verluste erwirtschaftet worden seien. Das Unternehmerrisiko hierfür
sei aber nicht vom Kostenträger zu übernehmen.
Entgegen dieser Auffassung des Klägers hat die Schiedsstelle zutreffend auf Grund der ihr vorgelegten Unterlagen auf ausreichender
Tatsachengrundlage die Plausibilität der Personalkosten bejaht.
Entsprechend der unter 2.2. und 2.4. zitierten Rechtssprechung des BSG sind Entgelte dann leistungsgerecht i.S. von §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB XI, wenn erstens die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden und sie
zweitens in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen
stehen.
Der Beklagte hat hier seine voraussichtlichen Gestehungskosten für das Kalenderjahr 2009 (Vereinbarungszeitraum) gegenüber
der Schiedsstelle anhand der vereinbarten Vergütungen für das Jahr 2008 (Vergütungsvereinbarung vom 17.12.2007), der tatsächlichen
Kosten für das Jahr 2008, der Antragswerte für 2009 (Antrag vom 30.12.2008) und der tatsächlich angefallenen Personalkosten
für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.10,2009 (Schriftsatz vom 05.11.2009) dargestellt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der
Beklagte und die Schiedsstelle Bayern als tatsächlichen Ausgangspunkt der Kalkulation der Gestehungskosten für das Kalenderjahr
2009 die tatsächlichen Kosten im Kalenderjahr 2008 angesetzt haben. In dem ersten Prüfschritt der Plausibilität sind die Gestehungskosten
zu ermitteln und eine evt. Kostenentwicklung darzustellen. Daraus, dass als Ausgangspunkt die tatsächlichen Kosten angesetzt
werden, kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Schiedsstelle zurück zum Kostenerstattungsrecht wollte. Ein Einrichtungsträger
hat bei der prospektiven Kalkulation seiner Personalkosten von der konkreten Einrichtung und der vorhandenen Mitarbeiterstruktur
auszugehen. Allerdings darf er dabei nicht zu Lasten des Kostenträgers von bestehenden Leistungsvereinbarungen abweichen,
so dass sich zwar ein Einrichtungsträger eine höhere Fachkraftquote als die vereinbarte "leisten" kann, die dadurch erhöhten
Kosten aber nicht auf den Kostenträger abwälzen kann. Insoweit wird auf Ziffer 2.5. verwiesen.
Der Beschluss der Schiedsstelle Bayern, Sozialhilfe, vom 19.11.2009 lässt unter Ziffer II.2. erkennen, dass die Schiedsstelle
den prospektiven Personalaufwand und vor allem die Kosten für das Betreuungspersonal anhand der vorgelegten und mit Auflagenbeschluss
vom 17.06.2009 nachgeforderten Unterlagen des Beklagten ausreichend in einem fairen und willkürfreien Verfahren gewürdigt
hat. So führt die Schiedsstelle darin aus, dass sie der Auffassung sei, dass bei der Kalkulation für den zukünftigen Vergütungszeitraum
nicht von den früher einmal prospektiv vereinbarten aber tatsächlich nicht eingetretenen Zahlen auszugehen sei. Bei der gebotenen
prospektiven, also vorausschauenden Betrachtungsweise sei die zukünftige Entwicklung des derzeitigen tatsächlichen Zustandes
zu beurteilen und hier deshalb von den Personalkosten auszugehen, wie sie bisher tatsächlich angefallen seien. Das bedeute
keinen Rückfall in das früher praktizierte und nunmehr vom Gesetz abgelehnte Selbstkostendeckungsprinzip mit seinem nachträglichen
Ausgleichen von Unterdeckungen. Ziel des Gesetzes sei es, konkrete stationäre Hilfen leistungsgerecht zu vergüten. Zu diesem
"prospektiven Entgeltsystem" heiße es bereits in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des
Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms: "Es ist auch unter dem neuen Entgeltsystem selbstverständlich, dass keine
Einrichtung gezwungen werden kann, die von ihr zu erwartenden Leistungen unterhalb ihrer "Gestehungskosten" anzubieten und
zu erbringen" (BT-Drucks. 12/5510 S. 10). Daher seien, wenn, wie hier, die tatsächlichen Gestehungskosten des vergangenen
Wirtschaftsjahres deutlich höher liegen als die hierfür prospektiv kalkulierten Kosten, die bisherigen tatsächlichen Gestehungskosten
Grundlage der Kalkulation für den zukünftigen Vergütungszeitraum. Das gelte allerdings, wie bereits ausgeführt, mit der Einschränkung,
dass zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen sei, ob und inwieweit die tatsächlichen Gestehungskosten auf Grund von
Verstößen gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Notwendigkeit entstanden seien. Damit sei der Einwand
des Klägers, die Kalkulation des Beklagten enthalte eine nicht nachvollziehbare und unangemessene Steigerung der Lohnkosten,
nicht überzeugend, denn diese Steigerung liege nicht vor, wenn man von den bisher tatsächlich angefallenen Lohnkosten ausgehe.
Damit hat die Schiedsstelle die Plausibilität der geltend gemachten Personalkosten zutreffend gewürdigt. Im Wege der Plausibilitätskontrolle
hat sie auch die bereits tatsächlich angefallenen Personalkosten in der Zeit vom 01.01.2009 bis 31.10.2009 den beantragten
Werten für 2009 gegenübergestellt und somit ein weiteres Plausibilitätskriterium angewandt, das nur deswegen verfügbar war,
weil die Entscheidung über die prospektive Vergütung für 2009 auf den Antrag vom 30.12.2008 hin erst am 19.11.2009 getroffen
werden konnte.
2.7. Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Schiedsstelle Bayern in ihrem Beschluss vom 19.11.2009 unter Ziffer II.5. den
Vergütungsanteil "Maßnahmepauschale" nicht mit dem externen Vergleich bewertet hat, weil sie der Überzeugung war, dass die
mit der Maßnahmepauschale zu vergütende Leistung des Beklagten nicht hinreichend vergleichbar sei mit den Leistungen, die
in den vom Kläger genannten Einrichtungen erbracht werden. Nach der Begründung des Beschlusses der Schiedsstelle sei festzuhalten,
dass mit der Maßnahmepauschale die "Betreuung, Beratung, Bildung, Erziehung, Förderung, Pflege und Behandlung" und mit der
Grundpauschale "Unterkunft und Verpflegung" vergütet werden (s. §§ 6 und 10 des Bayer. Rahmenvertrags gemäß § 79 Abs. 1 SGB
XII). Der Beklagte habe überzeugend dargelegt, dass im Caritasheim St. U. im Gegensatz zu den Vergleichseinrichtungen die
Zahl der Werkstattgänger gering und die Zahl der Heimbewohner, die auch tagsüber einer personenaufwändigen Betreuung bedürfen,
hoch sei. Von den derzeit 35 Bewohnern besuchten nur 13 eine Werkstätte. Der Anlage 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 28.05.2009
sei zu entnehmen, dass bis auf das Wohnpflegeheim Grafenau in allen anderen Einrichtungen nur oder zumindest ganz überwiegend
Werkstattgänger untergebracht seien. Der Beklagte habe daher ein höheres Maß an Betreuung zu erbringen und damit einen größeren
Personalaufwand und die Kosten hierfür zu tragen als die Vergleichseinrichtungen. Das wirke sich insbesondere beim Betreuungspersonal
aus. Im Hinblick auf das Alter der Heimbewohner und -bewohner- innen in St. U. (s. Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten
vom 30.12.2008) sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Werkstattgänger, die ein geringeres Maß an Betreuung benötigen, in
Zukunft eher abnehme als ansteige. Einer Nicht-Vergleichbarkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Personalmenge unstrittig
sei (s. Schriftsatz des Klägers vom 26.08.2009 S. 4/5). Denn dieser Umstand lasse nicht zwingend darauf schließen, dass die
Betreuungsintensität in allen Einrichtungen gleich ist. Klar sei auch, dass die Nicht-Werkstattgänger in St. U. dem Leistungstyp
W-E-G unterfallen und dennoch ein höheres Maß an Betreuung erfordern. Auch der Umstand, dass der Kläger der Einrichtung des
Beklagten gerade für die betreuungsintensiven Hilfebedarfsgruppen 4 und 5 den höchsten, zwar allgemeinen, Personalschlüssel,
nämlich 1: 1,40 bzw. 1: 1,10, zugestehe (s. die Liste auf S. 1 des Schriftsatzes des Klägers vom 26.08.2009), weise auf eine
insofern überdurchschnittliche Belastung des Beklagten hin. Bei diesen Gegebenheiten halte es die Schiedsstelle auch im Hinblick
auf das Gebot eines zügigen Verfahrens nicht mehr für notwendig, sich alle mit den Vergleichseinrichtungen geschlossenen Leistungsvereinbarungen
zur Durchführung eines umfassenden externen Vergleichs vorlegen zu lassen. Daher seien die in dem internen Vergleich gewonnenen
Ergebnisse maßgeblich für die Entscheidung bei der Maßnahmepauschale.
Diese Argumentation der Schiedsstelle widerspricht der unter Ziffer 2.4. dargestellten Rechtssprechung des BSG nicht, weil
zwar grundsätzlich in einem zweiten Prüfungsschritt ein externer Vergleich durchzuführen ist, dieser aber nicht ausschließt,
dass eine plausible Vergütung auch oberhalb der vergleichbaren vereinbarten Vergütungen anderer Einrichtungen liegt - vgl.
hierzu BSG Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08 R, in dem drei Fallgruppen unterschieden werden:" (3) Auch oberhalb des unteren Drittels vergleichbarer Pflegevergütungen kann
sich eine Forderung als leistungsgerecht erweisen, sofern sie auf einem - zuvor nachvollziehbar prognostizierten - höheren
Aufwand der Pflegeeinrichtung beruht und dieser nach Prüfung im Einzelfall wirtschaftlich angemessen ist. Das ist der Fall,
soweit der Pflegedienst Gründe für ein höheres Entgelt aufzeigt und diese den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung
entsprechen. Gründe für einen in diesem Sinne als wirtschaftlich angemessen anzusehenden höheren Aufwand können sich insbesondere
aus Besonderheiten im Versorgungsauftrag des Pflegedienstes ergeben. Rechtfertigende Gründe für ein höheres Entgelt können
auch aus Standort und Größe eines Pflegedienstes folgen, wenn sich daraus wirtschaftliche Nachteile gegenüber der Lage oder
dem Zuschnitt anderer Anbieter ergeben und der Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen (vgl. §
69 Satz 1
SGB XI i.d.F. des PflegeVG) ohne die vergleichsweise teure Einrichtung nicht erfüllt werden kann. Schließlich genügt auch die Einhaltung der Tarifbindung
und ein deswegen höherer Personalkostenaufwand stets den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung; dies ergibt sich nunmehr
als ausdrückliche Folge der Regelung des §
72 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 SGB XI idF des Art 1 Nr. 40 Buchst c) aa) des PflegeWEG, galt aber - als Rechtfertigung für eine höhere Vergütungsforderung - entsprechend schon zuvor,
wenn die Tarifbindung einen höheren Personalkostenaufwand des Pflegedienstes bedingte. Entscheidend kommt es jeweils in der
Gesamtbewertung darauf an, ob der von einem Pflegedienst geforderte Vergütungssatz im Vergleich mit günstigeren Entgelten
anderer Einrichtungen im Hinblick auf die Leistungen der Einrichtung und die Gründe für ihren höheren Kostenaufwand (dennoch)
als insgesamt angemessen und deshalb leistungsgerecht i.S. von §
89 Abs.
1 Satz 2
SGB XI anzusehen ist. Ist diese Frage zu bejahen, dann sind Vergütungsforderungen auch oberhalb des unteren Vergleichsdrittels wirtschaftlich
angemessen."
Hier hat die Schiedsstelle Bayern, Sozialhilfe nach in zwei Sitzungen und einem nahezu einjährigen Schiedsverfahren erfolgter
umfangreicher Sachverhaltsaufklärung eindeutig einen externen Vergleich angestrengt. Im Rahmen dieser Prüfung ist sie aber
aus nachvollziehbaren Gründen (Struktur des Caritasheimes St. U., Zwischenstellung zwischen Wohnheim und Wohnpflegeheim, besondere
Altersstruktur der Bewohner) zu dem Ergebnis gelangt, dass sich das Caritasheim St. U. in P. wesentlich von den vom Kläger
im Rahmen des Schiedsverfahrens genannten Einrichtungen unterscheidet, so dass die dortigen Maßnahmepauschalen als Obergrenze
für die Einrichtung St. U. nicht geeignet sind. Die Schiedsstelle hat diesen Befund mit der Formulierung beschrieben, die
Einrichtungen seien "nicht vergleichbar". Die gerichtliche Überprüfung kann sich hier nur auf das Datenmaterial beziehen,
das der Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung vorlag. Nicht relevant sind Unterlagen und Vergleichseinrichtungen, die der Kläger
erst im Klageverfahren vorgelegt und benannt hat (vgl. Urteil des BSG vom 17.12.2009, Az.: B 3 P 3/08 R Rn. 54 ff.). Zwar könnte sich aus der fehlenden Anforderung weiterer Unterlagen von den Vertragsparteien ein Verstoß der
Schiedsstelle gegen deren Verpflichtung zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung ergeben.
Der Auflagebeschluss der Schiedsstelle Bayern vom 17.06.2009 zeigt aber, dass die Schiedsstelle ihrer Aufklärungspflicht genügt
hat und sich einem externen Vergleich gerade nicht verschlossen hat, weil sie dem Kläger darin aufgegeben hat, die vereinbarten
Personalschlüssel, Maßnahmepauschalen und Grundpauschalen der Vergleichseinrichtungen vorzulegen und auch dem Beklagten aufgegeben
hat, die Überlegungen zur Kalkulierung der Personalkosten darzulegen.
Auch nach Vorlage der Unterlagen mit Schreiben des Klägers vom 26.08.2009 und Schriftsatz vom 13.11.2009 hat die Schiedsstelle
nicht die Überzeugung gewinnen können, dass es sich bei den vom Kläger benannten Einrichtungen um "vergleichbare" Einrichtungen
handelte. Diese Bewertung der Schiedsstelle ist rechtlich nicht zu beanstanden, zumal der Kläger im Übrigen auch im Falle
einer Beweislastentscheidung die Konsequenz aus dem fehlenden Nachweis der "Vergleichbarkeit" der Einrichtungen zu tragen
hätte. Bei den vom Kläger vorgelegten Vergleichseinrichtungen handelt es sich ausschließlich um Wohnheime, bei denen fast
alle Bewohner Werkstattgänger sind und die keine Förderstättengänger und in dem Heim selbst Gepflegte betreuen (Anlage 5 zum
Schreiben des Klägers vom 28.05.2009). Diese Einrichtungen sind mit der Struktur des Caritasheimes St. U. nicht "vergleichbar".
Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Caritasheim St. U. anders als die vom Kläger benannten Einrichtungen überproportional
viele Bewohner mit der Hilfebedarfsgruppe 4 und 5 und ältere Bewohner betreut.
Ebenso wenig ist rechtlich zu beanstanden, dass die Schiedsstelle den Kläger nicht im Rahmen ihrer Sachverhaltsaufklärungspflicht
zur Vorlage aller mit den benannten Vergleichseinrichtungen geschlossenen Leistungsvereinbarungen aufgefordert hat und dies
mit dem Beschleunigungsgebot begründet hat. Hier stammte der Antrag des Beklagten an die Schiedsstelle vom 30.12.2008 (gerichtet
auf die Vergütung für das Kalenderjahr 2009), so dass die Schiedsstelle am 19.11.2009 nach Aufklärung des Sachverhaltes zu
einer Entscheidung kommen durfte. Die Tatsache, dass der Kläger erst im Klageverfahren wiederum andere Vergleichseinrichtungen
benannt hat (vgl. Klagebegründung vom 17.05.2010) belegt, dass der Kläger selbst mittlerweile erkannt hat, dass die im Schiedsverfahren
vorgelegten Unterlagen für den externen Vergleich nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis führen. Hierin liegt aber kein
methodischer Fehler der Schiedsstelle, die den geforderten externen Vergleich anhand der ihr vorliegenden Unterlagen durchgeführt
hat.
Die Befürchtung des Klägers, dass bei Behindertenheimen wegen der Einzigartigkeit der Bewohnerstruktur und deren besonderer
Hilfebedarfe grundsätzlich nie ein externer Vergleich erfolgen könne, ist nicht begründet, solange die Schiedsstelle im Rahmen
ihrer Aufklärungspflicht dem Kostenträger ermöglicht, entsprechende Vergleichseinrichtungen zu benennen und anhand vergleichbarer
Kalkulationen einen Vergleich der angebotenen Leistung vorzunehmen.
Die Klage des Klägers auf Aufhebung des Schiedsstellenspruches ist somit unbegründet.
3. Klage des Caritasverbandes
Auch die zulässige Klage des Caritasverbandes ist unbegründet.
Mit der am 30.12.2009 erhobenen Klage wendet sich der Beklagte gegen die Festsetzung der Grundpauschale für die Zeit vom 01.01.2009
bis 31.12.2009 und begehrt die Festsetzung in Höhe von 16,56 EUR.
Wie bereits oben ausgeführt, ist nur die reine Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 S. 1 1. Alt.
SGG gegen Schiedssprüche statthaft.
Der Schiedsspruch vom 19.11.2009 ist auch hinsichtlich der in Höhe von 14,88 EUR festgesetzten Grundpauschale nach dem oben
dargestellten Überprüfungsmaßstab (s. Ziffer 2.2) nicht zu beanstanden. Die Schiedsstelle hat die widerstreitenden Interessen
der Vertragsparteien ermittelt, sie hat alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und hat die
Abwägung frei von Einseitigkeiten in einem fairen und willkürfreien Verfahren inhaltlich orientiert an den materiellen Vorgaben
des Entgeltvereinbarungsrechts vorgenommen.
Der Beklagte macht zu Unrecht geltend, dass die Schiedsstelle die Grundpauschale auf Grund eines vorgenommenen externen Vergleiches
gekürzt habe. Nach Auffassung der Beklagten hätte die von ihm beantragte Grundpauschale in Höhe von 16,69 EUR nicht unter
16,56 EUR gekürzt werden dürfen, weil die Schiedsstelle selbst diesen Wert unter Ziffer II. 3 des Schiedsstellenspruches vom
19.11.2009 genannt habe. Die Schiedsstelle sei zutreffend hinsichtlich der Maßnahmenpauschalen zu dem Ergebnis gelangt, dass
die Leistungen des Caritasheimes St. U. bei den Maßnahmepauschalen nicht mit den vom Kläger vorgelegten Einrichtungen vergleichbar
seien, so dass für die Grundpauschale ebenfalls eine Vergleichbarkeit ausscheide.
Hierzu hat die Schiedsstelle Bayern in ihrem Beschluss vom 19.11.2009 unter Ziffer ausgeführt, dass die mit dem Vergütungsanteil
Grundpauschale honorierte Leistung "Unterkunft und Verpflegung" pro Platz und Tag in den vom Kläger genannten Einrichtungen
vergleichbar sei. Bei dieser Leistung komme einem überdurchschnittlichen Aufwand für Betreuungspersonal bei weitem nicht das
Gewicht zu, wie bei der mit der Maßnahmepauschale zu vergütenden Leistung. Die Schiedsstelle gehe über die Obergrenze der
Bandbreite der Vergleichsgrundpauschalen mit 14,84 EUR hinaus, weil der Kläger selbst eine Grundpauschale in Höhe von 14,88
EUR beantragt habe. Der darüber hinausgehende Antrag des Beklagten sei abzulehnen.
Den Überlegungen der Schiedsstelle ist beizutreten, weil die Trennung in Grund- und Maßnahmepauschale bei der Entscheidung
über die Vergleichbarkeit im Rahmen des externen Vergleichs sowohl sachgerecht als auch vom Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle
gedeckt war. Die Grundpauschale (Unterkunft und Verpflegung) umfasst nach § 10 Abs. 3 des Bayer. Rahmenvertrages zu § 79 Abs.
1 SGB XII Personal- und Sachaufwand, soweit er nicht der Maßnahmepauschale und/oder dem Investitionsaufwand zuzuordnen ist.
Nach der Anlage 2 zu § 10 des Bayer. Rahmenvertrages zu § 79 Abs. 1 SGB XII sind in der Grundpauschale insbesondere nicht
umlagefähig gruppenübergreifende Dienste, Erziehung, Betreuung und Pflege, Sonderkosten für Betreute und Lernmittel. Damit
steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei der Grundpauschale der Sonderstatus des Caritaspflegeheimes St. U. (Struktur
als Wohnheim-/Wohnpflegeheim und besondere Altersstruktur) nicht dieselbe Bedeutung hat, wie bei den Maßnahmepauschalen.
Vergleicht man die konkret zu beurteilende Einrichtung mit den weiteren vom Kläger benannten Einrichtungen (vgl. hierzu dessen
Schriftsatz vom 28.05.2009), in denen auch geistig behinderte Erwachsenen (Leistungstyp W-E-G) betreut werden, so ergeben
sich dort Grundpauschalen zwischen 10,02 EUR und 14, 84 EUR. Die von der Schiedsstelle festgesetzte Grundpauschale in Höhe
von 14,88 EUR ist im Vergleich zur im Kalenderjahr 2008 vereinbarten Grundpauschale in Höhe von 14,45 EUR und der Grundpauschalen
in anderen Einrichtungen mit dem Leistungstyp W-E-G nicht zu beanstanden.
Insgesamt ist die Entscheidung der Schiedsstelle Bayern vom 19.11.2009 nicht zu beanstanden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§
197 a Abs.
1 SGG,
154 Abs.
1 VwGO und berücksichtigt das beiderseitige Unterliegen mit den jeweiligen Anträgen.
5. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, §
160 Abs.
2 SGG.