Gründe
I.
Die Beteiligten dieses Beschwerdeverfahrens streiten über die vorläufige Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe
nach dem sechsten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - (SGB XII).
Der 2009 geborene Antragsteller (es verbleibt bei der Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren) lebt
seit März 2012 stationär in einem Kinderheim in D. Die Kosten hierfür übernimmt der Antragsgegner im Rahmen der Eingliederungshilfe
(Bescheid vom 14.03.2013, Bewilligung vom 27.03.2012 bis 31.08.2014). Der Antragsteller wurde im Alter von knapp drei Jahren
durch das zuständige Jugendamt in Obhut genommen, das Sorgerecht wurde den Eltern vorläufig entzogen. Laut pädiatrischem Bericht
der Kinderzentrums C-Stadt vom 24.02.2012 zeigte sich bei dem Antragsteller ein Entwicklungsrückstand von mehr als der Hälfte
des chronologischen Lebensalters, was auf eine ausgeprägte Entwicklungsstörung mit der Gefahr einer drohenden geistigen Behinderung
hinweise.
Das Kinderheim bietet neben der Unterbringung und pädagogischen Betreuung als Zusatzleistung auch einen heilpädagogischen
und sonderpädagogischen Fachdienst an, der ausweislich der Leistungsbeschreibung (Bl. 103 ff der Verwaltungsakte) flexibel
und zeitnah eingesetzt werden kann und keine extra Vergütung bedingt. Das Kinderheim verfügt außerdem über einen Kindergarten,
den der Antragsteller seit September 2013 besucht. Der Kindergarten ist ein zusätzliches Betreuungsangebot für 12- 15 Kinder
im Alter von 3 bis 6 Jahren, die jeweils vormittags durch 2 Fachkräfte eine intensive Förderung erfahren. In einem strukturierten
kindergartenähnlichen Rahmen, kann flexibel auf den individuellen Entwicklungsstand der Kinder eingegangen werden. Die ganzheitliche
Förderung orientiert sich an den Vorgaben des BayKiBiG und hat folgende Schwerpunkte: Soziales Miteinander erlernen, Förderung
des Denkvermögens, Einüben motorischer Fähigkeiten, Vorschulerziehung, musisches und kreatives Gestalten, Vermittlung religiöser
Inhalte, vor allem christlicher Bräuche und Rituale.
Mit E-Mail vom 11.06.2013 beantragte der Ergänzungspfleger des Antragstellers bei dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten
für dessen Besuch eines heilpädagogischen Kindergartens /-Tagesstätte (HPT) in L.
Laut pädiatrischem Bericht des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013 zeige sich beim Antragsteller weiterhin eine kombinierte
Entwicklungsstörung. Der Antragsteller habe zwar deutliche Fortschritte gemacht; er habe in psychologischer Sicht jedoch immer
noch ein Entwicklungsdefizit von ca. 8 Monaten. Das Kinderzentrum empfehle dringend auf Grund der multiplen Entwicklungsstörung
sowie der erheblichen Probleme besonders im sprachlichen Bereich mit Auswirkungen auf die emotionale Entwicklung und die soziale
Integration eine teilstationäre Leistung der Eingliederungshilfe. Die baldige Aufnahme in einen heilpädagogischen Kindergarten
werde empfohlen, weil trotz der erfreulichen Fortschritte ein erhöhter Förderbedarf bestehe. Der Antragsteller benötige eine
kleinen, gut betreuten und strukturierten Rahmen, in dem er die Entwicklungsschritte nachholen könne, die er in seiner Familie
nicht habe machen können.
Ein ähnlich lautender Antrag war vom Antragsgegner bereits mit Bescheid vom 15.03.2013 bestandskräftig ablehnt worden, weil
der komplexe Förderbedarf des Antragstellers nach der Stellungnahme des sozialpädagogischen Fachdienstes des Antragsgegners
vom 13.12.2012 innerhalb des Kinderheimes vollumfänglich gedeckt werden könne.
Mit Bescheid vom 15.07.2013 lehnte der Antragsgegner die beantragte Kostenübernahme ab. Der Förderbedarf des Antragstellers
sei aufgrund der Betreuung und Förderung innerhalb des Kinderheims bereits gedeckt. Dies ergebe sich aus der erneuten Stellungnahme
des sozialpädagogischen Fachdienstes vom 21.06.2013.
Mit Schreiben vom 09.08.2013 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners
vom 15.07.2013 ein.
Mit Schriftsatz vom 18.09.2013 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers am Sozialgericht München (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 abgelehnt. Es fehle bereits an einem glaubhaften Anordnungsanspruch. Das
Gericht gehe aufgrund der vorliegenden Unterlagen davon aus, dass der bestehende Bedarf des Antragstellers an Eingliederung
durch die bereits bewilligten Hilfen in einem Maße gedeckt sei, dass eine darüber hinaus gehende vorläufige Bewilligung durch
den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angezeigt sei. Aufgrund der vorgelegten, insbesondere pädiatrischen Unterlagen
ergebe sich beim Antragsteller zwar eine kindliche Entwicklungsstörung, jedoch ohne weiteres auch ein deutlich erkennbarer
Fortschritt. Der Antragsteller habe demnach in einem Zeitraum von ca. einem Jahr (zwischen den beiden Begutachtungen durch
das Kinderzentraum C-Stadt) annähernd ein Jahr der Entwicklungsstörung aufgeholt. Dies könne insbesondere nur auf die spezifische
Betreuung durch das Kinderheim, bzw. die externen Fachdienste dort zurück zu führen sein, so dass mit einiger Sicherheit davon
auszugehen sei, dass im Laufe der nächsten Monate eine weitere Rückführung des Entwicklungsrückstandes erfolgen werde. Nicht
ausreichend glaubhaft gemacht sei daher ein Bedarf und somit ein Anordnungsanspruch, der in einem Maße ungedeckt sei, dass
er eine einstweilige Anordnung in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren erforderlich machen würde. Die weitere Beurteilung
des Sachverhaltes könne somit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, welches im Übrigen bereits als Widerspruchsverfahren
bei der Widerspruchsbehörde anhängig sei.
Die Regierung von Oberbayern hat den Widerspruch des Antragstellers mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Antragsteller am 18.11.2013 Klage zum SG erhoben (S 22 SO 572/13).
Gegen den ihr am 17.10.2013 zugestellten Beschluss des SG vom 10.Oktober 2013 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers am 18.11.2013 (Montag) Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht
erhoben.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 10. Oktober 2013, S 52 SO 490/13 ER, aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig
zu verpflichten, die Kosten für den Besuch des Antragstellers in der Heilpädagogischen Tagesstätte B-Stadt zu übernehmen und
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat die Bevollmächtigte des Antragstellers gebeten, aktuelle kinderärztliche Befunde vorzulegen, die sich auch mit
den Nachteilen des Besuches der HPT in L. (Neueingewöhnung in neue Kindergartengruppe, tägliche Fahrten zwischen D-Stadt und
B-Stadt) auseinander setzen sollten. Die Bevollmächtigte hat mit Fax vom 23.01.2014 mitgeteilt, dass keine neueren Erkenntnisse
als der Bericht des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013 vorlägen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der HPT vom 23.01.2014 zum
heilpädagogischen Konzept dieser Einrichtung.
Eine telefonische Nachfrage des Senats bei der Leiterin des Kinderheimes am 24.01.2014 hat ergeben, dass der Antragsteller
einen ausgeprägten heil- und sonderpädagogischen Förderbedarf habe, der in einem "normalen" Kindergarten wie in dem Kinderheim
nicht gedeckt werden könne. Die Leiterin unterstütze ausdrücklich die Aufnahme des Antragstellers in der HPT. Dies hat die
Leiterin des Kinderheimes in einem Fax vom 27.01.2014 bekräftigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte
des Antragsgegners Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Das Bayer. Landessozialgericht ist zur Entscheidung über die zulässige Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
zuständig (§§
86 b Abs.
2,
172 Abs.
1, Abs.
3 Nr.
1 SGG).
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG i.V.m. §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde wurde auch frist- und formgerecht
eingelegt (§
173 SGG). Die einmonatige Beschwerdefrist endete wegen §
64 Abs.
3 SGG erst am Montag, den 18.11.2013, an dem auch die Beschwerdeschrift beim SG einging.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt hat. Auf die zulässige Beschwerde des Antragstellers
hin ist der Beschluss des SG vom 10. Oktober 2013 aufzuheben und Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die Kosten für den Besuch des Antragstellers
in der Heilpädagogischen Tagesstätte B-Stadt bis zum 31.08.2014 zu übernehmen.
1.
Bei Nichtgewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Sinne des oben bezeichneten Antragsinhalts drohen dem Antragsteller schwere
und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden
können (BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Hier droht dem Antragsteller insbesondere eine endgültige Verhinderung seiner Grundrechtsverwirklichung (Art.
1,
2 GG), wenn ihm zugemutet wird, die Entscheidung im anhängigen Hauptsacheverfahren vor dem SG (S 22 SO 572/13) abzuwarten. Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Antragsteller im April 2014 fünf Jahre alt wird und
somit das für die spätere Einschulung entscheidende Vorschuljahr im September 2014 beginnt. Der Antragsteller befindet sich
damit in einer für seine Persönlichkeitsentwicklung entscheidenden Lebensphase vor dem Beginn der allgemeinen Schulpflicht.
Es ist in dieser Lebensphase notwendig, das Förderpotential bestmöglich auszuschöpfen und den Antragsteller auf die späteren
Herausforderungen in der Schule vorzubereiten, damit er trotz der deprivatorischen Verhältnisse in seiner Familie Bildungschancen
nutzen kann. Die besondere Wertigkeit dieser sensiblen Lebensphase kommt im Recht der Sozialhilfe auch einfachgesetzlich deutlich
zum Ausdruck. So findet die Ermöglichung einer optimalen Schulbildung mehrmals bei der Aufführung eines Eingliederungsbedarfs
Berücksichtigung (vgl. § 54 Abs 1 Nr. 1, 2 SGB XII bzw. § 12 Nr. 1 der Verordnung zu § 60 SGB XII). Eine Förderung in dieser Lebensphase unterliegt auch einer besonderen einkommens- und vermögensrechtlichen Privilegierung
(§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGB XII). Schließlich sind geeignete Förderungen auch in der Rehabilitation besonders hervorgehoben (vgl. §§
30 Abs.
1 Nr.
2,
56 SGB IX). Insbesondere erfordern aber heilpädagogische Leistungen an schwerstbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind,
keine Erfolgsprognose (§
56 Abs
1 S. 2
SGB IX).
Beim Antragsteller bestehen gravierende allgemeine Entwicklungsstörungen, eine fein- und grobmotorische Koordinationsstörung
und eine Sprachentwicklungsstörung, die zuletzt durch das Kinderzentrum C-Stadt im Bericht vom 26.04.2013 beschrieben wurden.
Der Antragsteller besucht erst seit September 2013 den Kindergarten im Kinderheim St. A. und ist in der Gruppensituation mit
15 Kindergartenkindern überfordert. Die Leiterin des Kindesheimes bezeichnet am 27.01.2014 die Aufnahme des Antragstellers
in eine heilpädagogische Tagesstätte als wünschenswert, weil dort die Unterstützung besser möglich wäre. Der Antragsteller
brauche intensive Anleitung, viel Unterstützung, Aufmerksamkeit und Beobachtung, die ihm in einer Kleingruppe mit heilpädagogisch
geschultem Personal in einer HPT geboten werden könnten (Telefax vom 27.01.2014). Aus der Tatsache, dass selbst die Leiterin
des Kinderheimes, einer sozialpädagogischen Kindereinrichtung mit einem heilpädagogischen und einem sonderpädagogischen Fachdienst
(vgl. Leistungsbeschreibung der Einrichtung), die Frühförderung des Antragstellers in einer HPT angesichts der gegenwärtigen
Probleme beim Besuch des Heimkindergartens für wünschenswert hält, schließt der Senat im Rahmen seiner im einstweiligen Rechtsschutz
eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten, dass die Maßnahme erforderlich und die alsbaldige Einleitung dringend ist. Die Leiterin
des Kinderheimes und das dortige Personal kennen den Antragsteller seit seiner Aufnahme im März 2012 und können als unmittelbare
Betreuungs- und Bezugspersonen dessen Situation und Bedürfnisse unmittelbar einschätzen. Sie halten es in der derzeitigen
Entwicklungsphase bei allen bisherigen Fortschritten für angezeigt, dem Antragsteller soziale Kontakte mit gleichaltrigen
Kindern zu ermöglichen. Der seit September 2013 stattfindende Versuch, den Antragsteller in den Heimkindergarten zu integrieren,
ist nach Auskunft der Heimleiterin wegen der Gruppengröße von 15 Kindern bei zwei Erzieherinnen (laut Internetauftritt des
Kinderheimes) schwierig. Aus der Sicht der Heimleiterin wäre in einem kleineren Gruppensetting die Unterstützung für den Antragsteller
besser möglich und die Aufnahme in der HPT wünschenswert. Das Kinderzentrum C-Stadt hat in seinem Befundbericht vom 26.04.2013
in Kenntnis der sozialpädagogischen, heilpädagogischen und sonderpädagogischen Möglichkeiten des Kinderheimes St. A. den Besuch
einer HPT als teilstationäre Maßnahme zur Eingliederungshilfe nach §§ 53,54 SGB XII aus kinderärztlicher und psychologischer Sicht als dringend indiziert angesehen und den baldigen Besuch eines heilpädagogischen
Kindergartens empfohlen.
Aktuellere sozialpädiatrische Befunde liegen nicht vor und können im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nicht beigezogen
werden. Die bezirksinterne Stellungnahme des Fachdienstes des Antragsgegners vom 21.06.2013 wurde nach Aktenlage erstellt
und geht davon aus, dass der Antragsteller im Heimkindergarten adäquat gefördert werden kann. Ob der Verfasser hierbei davon
ausgeht, dass der Antragsteller tatsächlich bereits im Kindergarten des Kinderheimes gefördert wird (wovon allein nach seinem
Lebensalter ab 06.04.2012 auszugehen wäre), ergibt sich aus der Stellungnahme nicht. Dies ist jedoch aus dem internen Anschreiben
an den sozialpädagogischen Fachdienst der Fachabteilung vom 19.06.2013 zu vermuten. Tatsächlich hat das Kinderheim jedoch
erst im September 2013 den Versuch unternommen, den Antragsteller in den Kindergarten des Kinderheimes zu integrieren.
Den Besuch der HPT in B-Stadt hat die Leiterin des Kinderheimes im Übrigen bereits am 10.06.2013 anlässlich eines Telefonats
mit dem Antragsgegner unterstützt und als dringend notwendig bezeichnet. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Antragsteller im
Kinderheim noch durch einen sehr intensiven Einsatz der Erzieher in der Wohnheimgruppe gefördert, was sich allerdings erst
aus dem Fax vom 27.01.2014 ergibt.
Dem Senat ist aus anderen Verfahren bekannt, dass bei der heilpädagogischen Förderung von Vorschulkindern ein enges Zeitfenster
besteht, in dem die optimale Frühförderung am effektivsten einsetzen und wirken kann. Nachdem die Frühförderung ohnehin nur
bis zum Schuleintritt greifen kann, drohen dem Antragsteller beim Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung möglicherweise dauerhafte
Einbußen bei der Förderung und Herstellung der Bedingungen für die eigene Selbstverwirklichung und Zugehörigkeit, für den
Erwerb von Kompetenz und Lebenssinn. Der Senat sieht bei dieser Ausnahmesituation Grundrechte des Antragstellers tangiert,
weil bei Nichtgewährung der erforderlichen Frühförderung nicht mehr aufholbare Nachteile für den Antragsteller allein durch
Zeitablauf entstehen und gerade im Hinblick auf die Bildungschancengleichheit für den Schuleintritt nicht mehr durch das Hauptsacheverfahren
zu beseitigen wären.
2.
Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen,
die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch,
sondern abschließend zu prüfen.
Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ist in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren in der Kürze
der Zeit nicht zu realisieren, weil hierzu der sozialhilferechtliche Eingliederungsbedarf des Antragstellers nach § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. §
55 Abs.
2 Nr.
2 SGB IX anhand aktueller medizinischer Befunde und ggfs. Gutachten zu klären wäre. Der aktuellste Befund ist der des Kinderzentrums
C-Stadt vom 26.04.2013. Dieser hat in Kenntnis der sozialpädagogischen, heilpädagogischen und sonderpädagogischen Möglichkeiten
des Kinderheimes St. A. den Besuch einer HPT als teilstationäre Maßnahme zur Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII aus kinderärztlicher und psychologischer Sicht als dringend indiziert angesehen und den baldigen Besuch eines heilpädagogischen
Kindergartens empfohlen. Aktuellere medizinische Befunde liegen derzeit nicht vor, eine Wiedervorstellung des Antragstellers
im Kinderzentrum C-Stadt ist für Frühjahr 2014 geplant.
3.
Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, kann bei anderenfalls drohenden schweren
und unzumutbaren Nachteilen aufgrund einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung
zu entscheiden sein (BVerfG 12. 05. 2005 aaO). Aufgrund einer reinen Folgenabwägung kann aber nur entschieden werden, wenn
der Anordnungsanspruch zumindest möglicherweise gegeben ist und wegen der zeitlichen Dringlichkeit eine vollständige Sachaufklärung
nicht erfolgen kann (Krodel NZS 2009, 18,22).
Hier liegt ein möglicher Anordnungsanspruch nach §
86 b Abs.
2 S.2
SGG auf Eingliederungshilfe nach § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. §
55 Abs.
2 Nr.
2 SGB IX vor. Die Erforderlichkeit der Frühförderungsmaßnahme durch den Besuch der HPT ergibt sich aus dem Bericht des Kinderzentrums
C-Stadt vom 26.04.2013 und der im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahme der Leiterin der Kinderheimes vom 27.01.2014
(s. o. 1).
4.
Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe,
sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite entstünden, wenn das
Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht
(LSG Berlin 28. 01.2003, L 9 B 20/02 KR ER W02 I, HVBG-INFO 03, 2985). Dabei sind je nach Fallgestaltung in die Interessenabwägung einzubeziehen: Intensität einer drohenden Verletzung
von Grundrechten; wirtschaftliche Verhältnisse; unbillige Härte; Mitverantwortung des Antragstellers für eine entstandene
nachteilige Situation (Keller in Meyer-Ladewig,
SGG Kommentar, 10. Auflage, §
86 b Rn. 29 a).
Der Antragsteller gehört zum Personenkreis der behinderten Menschen, dem Eingliederungshilfe in Form der heilpädagogischen
Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, zu erbringen ist, §§ 53 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs.
2 Nr.
2,
56 SGB IX. Aufgrund der in der medizinischen Stellungnahme festgestellten bzw. drohenden körperlichen und geistigen wesentlichen Behinderung,
§§ 1, 2 Eingliederungshilfeverordnung, sind für den im Vorschulalter sich befindlichen Antragsteller Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Form
der heilpädagogischen Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, zu erbringen, §§
55 Abs.
2 Nr.
2,
56 Abs.
1 SGB IX.
Frühförderung ist eine spezialisierte Pädagogik, die von einer Bedrohung durch personale und soziale Desintegration ausgeht,
und der es im Besonderen um die Herstellung oder Wiederherstellung der Bedingungen für eigene Selbstverwirklichung und Zugehörigkeit,
für den Erwerb von Kompetenz und Lebenssinn, also um ein Ganzwerden geht, soweit es dazu spezieller Hilfe bedarf (vgl. Mrozynski,
Kommentar zum
SGB IX, 2002, §
56 Rn. 3).
In der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung vom 24. Juni 2003, BGBl I Seite 998) werden in §
6 die heilpädagogischen Leistungen des §
56 SGB IX dahin umschrieben, dass sie alle Maßnahmen umfassen, die die Entwicklung des Kindes und die Entfaltung seiner Persönlichkeit
mit pädagogischen Mitteln anregen, einschließlich der jeweils erforderlichen sozial- und sonderpädagogischen, psychologischen
und psychosozialen Hilfen sowie die Beratung der Erziehungsberechtigten.
Aufgrund der vorliegenden pädiatrischen Unterlagen liegen zur Überzeugung des Senats beim Antragsteller eine kombinierte Entwicklungsstörung,
eine fein- und grobmotorische Koordinationsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung und ein Zustand nach deprivatorischen Lebensumständen
mit Migrationshintergrund vor.
Würde der Senat die begehrte einstweilige Verfügung nicht erlassen und sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass ein
Anspruch auf Förderung in der HPT bestünde, wären auf Grund des Zeitablaufes Entwicklungschancen der Frühförderung für den
Antragsteller unwiederbringlich verloren. Demgegenüber besteht die Gefahr, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe,
sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht, dass der Antragsgegner zu uneinbringlichen
finanziellen (Mehr-) Aufwendungen verpflichtet würde und der Antragsteller "über Bedarf" gefördert würde.
Der Senat entscheidet hier bei der Folgenabwägung zugunsten des bislang nicht vom Schicksal begünstigten Antragstellers und
berücksichtigt das finanzielle Risiko einer "Überförderung" des Antragstellers durch den teilstationären Besuch der HPT (bei
gleichzeitiger vollstationärer Unterbringung im Kinderheim St. A.), indem die vorläufige Verpflichtung zeitlich bis zum Ende
der derzeitigen Bewilligungsperiode des Bescheides vom 14.03.2013 (Leistungen der stationären Unterbringung 27.03.2012 bis
31.08.2014) befristet wird. Nachdem die nächste Vorstellung des Antragstellers im Kinderzentrum C-Stadt ohnehin für Frühjahr
2014 geplant ist, kann anlässlich dieser Vorstellung auch der aktuelle Förderbedarf unter Berücksichtigung dann vorliegender
erster Eindrücke durch den Besuch der HPT pädiatrisch eingeschätzt werden. Die Befristung erfolgt entgegen der sonst im einstweiligen
Rechtschutz üblichen Befristung von sechs Monaten (Meyer-Ladewig,
SGG Kommentar, 10. Auflage, §
86 b Rn. 35 f, 35 b) für sieben Monate, damit ausreichend Gelegenheit für die Auswertung der neuen Stellungnahme des Kinderzentrums
besteht und ein Gleichklang mit der aktuellen Bewilligung der stationären Unterbringung im Kinderheim hergestellt ist. Nachdem
der Antragsteller bislang nicht in die HPT B-Stadt aufgenommen wurde, sind in der Vergangenheit keine Kosten entstanden. Möglicherweise
wird die Aufnahme des Antragstellers auch eine gewisse Vorlaufzeit beanspruchen.
Der Senat berücksichtigt bei seiner Entscheidung die vom Antragsgegner mit der Aufnahme in die HPT geltend gemachten Nachteile
(Neueingewöhnung in eine andere Gruppe, tägliche Fahrten zwischen D-Stadt und B-Stadt). Angesichts der nachdrücklichen Befürwortung
des Wechsels in die HPT durch die Leiterin des Kinderheimes hält der Senat diese Nachteile aber für zumutbar.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
6.
Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe nach §
73 a SGG i.V.m. §
114 ff
ZPO zu bewilligen, weil die erforderlichen Erfolgsaussichten vorliegen und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
vorliegen.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.