Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII; Leistungserbringer als Rechtsnachfolger des verstorbenen Hilfebedürftigen; Höhe des Anspruchs bei stationärer Hilfe zur
Pflege; Zahlungsanspruch auf der Grundlage und im Umfang des im Grundverhältnis erklärten Schuldbeitritts; Keine Erweiterung
um die sonst in der Pflegeversicherung gesondert berechenbaren Kosten für Unterkunft und Verpflegung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs der Klägerin, der Rechtsnachfolgerin des am 08.05.2010 verstorbenen Leistungsempfängers
C. (I.B.). Eine Einrichtung der Klägerin erbrachte in der Zeit vom 16.01.2010 bis zum 11.03.2010 für den Beklagten als überörtlichen
Träger der Sozialhilfe Hilfe zur Pflege für I.B.
Der im Jahre 1939 geborene I.B. war zuvor in einem Altenpflegeheim in A-Stadt, später vom 27.10.2009 bis zum 18.12.2009 im
"betreuten Einzelwohnen" und dann aufgrund eines bis zum 16.03.2012 befristeten Unterbringungsbeschlusses ab 16.01.2010 in
der von der Klägerin betriebenen Pflegeeinrichtung aufgenommen worden. Am 11.03.2010 kehrte I.B. in seine Privatwohnung zurück
und verstarb dort am 08.05.2010.
Die Pflegekasse bei der AOK Bayern hatte mit Bescheid vom 26.06.2009 die Gewährung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung
abgelehnt, da keine erhebliche Pflegebedürftigkeit bestehe. Der Nachlass war überschuldet. Eine Nachlasspflegschaft wurde
mangels Masse aufgehoben (Beschluss vom 26.01.2011). Für die Bestattung gab es einen Treuhandvertrag.
Der Beklagte übernahm die am 16.01.2010 von der Klägerin beantragten Kosten mit Bescheid vom 27.05.2010 dem Grunde nach für
die Zeit vom 16.01.2010 bis zum 11.03.2010 mit der Maßgabe einer Eigenbeteiligung in Höhe des Renteneinkommens des Verstorbenen
(1222,29 EUR monatlich). Auf den dagegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wurde mit Änderungsbescheid vom 17.06.2011
die Eigenbeteiligung für den o.g. Zeitraum auf 1.244,86 EUR reduziert. Das Einkommen sei nämlich um Aufwendungen der Wohnungsmiete
(553,90 EUR mtl.) zu mindern. Mit Bescheid vom 18.07.2011 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch im Übrigen zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.07.2011 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Zu Begründung hat sie vorgebracht, eine Eigenbeteiligung des Leistungsempfängers, welche den Anspruch der Klägerin
auf Kostenübernahme mindere, sei unzulässig, weil sich I.B. vorhersehbar nur für kurze Zeit in der Einrichtung aufgehalten
habe.
Mit Urteil vom 28. Januar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar eine Berechtigung zur Geltendmachung des Anspruchs durch
die Einrichtung der Klägerin vorliege, aber insgesamt kein höherer Erstattungsanspruch bestehe. Denn I.B. habe für die Leistungen
des Lebensunterhalts sein Einkommen einsetzen müssen. Diese seien in den von der Klägerin in Rechnung gestellten Aufwendungen
enthalten gewesen (Positionen "Unterkunft", "Verpflegung" sowie "Investitionskosten"). Der Inhalt der Hilfe zur Pflege in
der Sozialhilfe sei nicht anders als nach den Regelungen der Pflegeversicherung zu bestimmen. Auf die (voraussichtliche) Dauer
des Aufenthalts des Leistungsberechtigten in der Einrichtung komme es dabei nicht an. Gem. §
43 Abs.
2 Satz 1
SGB XI würden in der Pflegeversicherung die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen
für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege übernommen. Die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung (die sog. "Pensionskosten")
trügen die Pflegebedürftigen selbst. Auch im Recht der Sozialhilfe bestehe eine Trennung zwischen den Leistungen der Hilfe
zum Lebensunterhalt einerseits und der Hilfe zur Pflege andererseits. Das sei die besondere Bedeutung der zum 01.01.2005 in
Kraft getretenen Neuregelung des § 35 SGB XII. Damit sei die bis dahin in § 27 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelte Verklammerung von Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen (zu der gem. § 27 Abs. 1 Nr. 9 BSHG auch die Hilfe zur Pflege gehörte) aufgelöst worden.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 28.01.2014 (Az. S 48 SO 362/11) ist am 13.02.2014 beim Bayer.
Landessozialgerichts (LSG) eingegangen. Die Klägerin beruft sich nun auf § 88 SGB XII, wonach der Grenzbetrag unterschritten sei und kein Einkommenseinsatz erfolgen dürfe. Ebenso sei § 92a SGB XII zu beachten. Letztlich habe die Klägerin ausschließlich Hilfe zur Pflege erbracht, die ihr gemäß § 75 SGB XII zu erstatten sei. Hilfe zum Lebensunterhalt sei nicht erbracht worden, was in den Entscheidungen des Bundessozialgerichts
vom 28. Oktober 2008 und 9. Dezember 2008 auch so gesehen werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.01.2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 27.05.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides
vom 17.06.2011 sowie des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 18.07.2011 teilweise aufzuheben und den Beklagten
zu verurteilen, der Klägerin weitere Leistungen in Höhe von 1.237,42 EUR zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakten
und der Widerspruchsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die ohne Zulassung statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufungsforderung in Höhe des behaupteten Anspruchs
von 1.237,42 EUR überschreitet den Wert von 750,00 EUR (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG in der Fassung des 8.
SGG-ÄndG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§§
143,
151 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Schon die form- und fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) war nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 27.05.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.06.2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§
95 SGG) vom 18.07.2011, soweit darin weitere Leistungen in Höhe von 1.237,42 EUR abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich der
Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.1 Satz 1 und Abs.
4 i.V.m. §
56 SGG).
Die Klägerin ist Inhaberin des beim Leistungsempfänger entstandenen Anspruchs auf Sozialhilfe. Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch von Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen (oder auf Pflegegeld), soweit die Leistung den Berechtigten
erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht (oder die Pflege geleistet) hat (BSG, Urteil vom 20.09.2012, B 8 SO 20/11 R). Der Hilfeanspruch war zum Zeitpunkt des Todes des Leistungsempfängers bereits entstanden,
der Beklagte hatte jedoch zu dessen Lebzeiten nicht über den Anspruch entschieden. Ein Fall des § 19 Abs. 6 SGB XII ist damit gegeben.
Dieser Anspruch besteht allerdings nur in der Höhe, in der er auch dem I.B. zugestanden hätte, insbesondere im Hinblick auf
den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII).
Ihrer Rechtsnatur nach war die erbrachte Leistung zunächst eine Sachleistungsverschaffung im Dreiecksverhältnis i.H.d. dem
Leistungsberechtigten zustehenden Anspruchs (laut Bescheid vom 27.05.2010 nach Entgeltvereinbarung für die Pflegestufe 0 ).
Der Beklagte tritt insoweit in die Schuldverpflichtungen aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag nach dem Gesetz zur Regelung
von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (WBVG) ein (§ 75 Abs. 3 SGB XII: Übernahme der Vergütung). Die Sachleistungsverschaffung erfolgt durch Übernahme der Vergütung, die der bedürftige Hilfeempfänger
aufgrund des im Erfüllungsverhältnis geschlossenen zivilrechtlichen Vertrages dem Leistungserbringer schuldet. Der Leistungserbringer
erwirbt einen Zahlungsanspruch nur auf der Grundlage und im Umfang des im Grundverhältnis erklärten Schuldbeitritts (abgeleiteter
bzw. akzessorischer Zahlungsanspruch). Er erwirbt dieses Recht auf Zahlung erst durch den Schuldbeitritt. Weder hat der Leistungserbringer
vor der Bewilligung eine entsprechende eigene Rechtsposition, noch kann er aus eigenem Recht vom Sozialhilfeträger mehr als
das dem Hilfeempfänger im Grundverhältnis Bewilligte verlangen.
Dieser Schuldbeitritt war auch nicht erweitert um die sonst in der Pflegeversicherung gesondert berechenbaren Kosten für Unterkunft
und Verpflegung (vgl. §
82 Abs.
1 S. 4
SGB XI, wonach für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege der Pflegebedürftige selbst aufzukommen hat). Die Pflegekassen
gewähren hierfür keine Leistungen. Im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, ob zivilrechtlich neben der Pflegeversicherung
eine weitere Haftung besteht (vgl. etwa O'Sullivan in: jurisPK-
SGB XI, 1. Aufl. 2014, §
82 SGB XI, Rn 44). Dort ist ausgeführt, dass dies der Fall sein kann, sofern ein Sozialhilfeträger Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII gewährt, gerade weil z.B. der Pflegebedürftige diese Kosten nicht selbst tragen kann, und dem Einrichtungsträger den Kostenübernahmebescheid
bekanntgibt. Dann gelte dies als Schuldbeitritt des Sozialhilfeträgers (§
311 Abs.
1 BGB), sodass der Sozialhilfeträger zivilrechtlich neben dem Pflegebedürftigen hafte. Ein derart erweiterter Schuldbeitritt kann
nach der vorgenommenen Regelung im Bescheid vom 27.05.2010, (der der Klägerin gegenüber zwar als Rechtsnachfolgerin ergangen
ist, aber auch ihren Vergütungsanspruch betrifft) vom Senat nicht festgestellt werden. Vielmehr ist dort ausdrücklich eine
Kostenbeteiligung des Leistungsempfängers geregelt.
Durch den Tod des Leistungsempfängers und den gesetzlichen Forderungsübergang sind der Leistungsanspruch und das Recht auf
Zahlung durch den Schuldbeitritt zwar zusammengefallen. Besaß der Hilfeempfänger aber zu berücksichtigendes Einkommen oder
Vermögen, muss dieses dennoch in gleicher Weise bei dem übergegangenen Anspruch der Einrichtung Berücksichtigung finden.
Die Klägerin irrt, wenn sie vorbringt, dass sie keine Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet habe und ihr deshalb die vereinbarte
Vergütung in vollem Umfang allein für die erbrachte Pflege zusteht. Die angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung stützt
die Argumentation der Klägerin nicht. So führt das BSG im Urteil vom 28.10.2008, Az. B 8 SO 22/07 R, aus: "Gerade zum Pflegeversicherungsrecht hat das BSG nämlich ausgeführt, es handele sich um einen reinen Leistungsbeschaffungsvertrag, mit dem die Erbringung der Sachleistung
"Pflege" zugunsten eines einzelnen Versicherten sichergestellt werden solle. Schließlich zielt auch § 35 SGB XII, wonach der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den "darin erbrachten Lebensunterhalt" umfasst, auf eine Sachleistung
in der beschriebenen Form".
Auch im Urteil vom 09.12.2008, Az.: B 8/9b SO 11/07 R, RN 16 stellt das BSG nicht in Abrede, dass Kosten des Lebensunterhalts in einer Einrichtung anfallen: "Wie bei einer WfbM sind damit auch Vereinbarungen
nach § 76 SGB XII, insbesondere Leistungsvereinbarungen mit und einer Grundpauschale für Unterhalt und Verpflegung (Abs. 2) zu schließen. Auch
für die Förderstätte belegt § 92 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Satz 5 und Satz 1 Nr. 8 SGB XII, dass der Gesetzgeber erforderliche Kosten des Lebensunterhalts in der Einrichtung bei der Eingliederungshilfe verortet,
nicht bei der Hilfe zum Lebensunterhalt".
Das BSG bringt in diesen Entscheidungen im Wesentlichen zum Ausdruck, dass die Vergütung im Rechtsverhältnis zwischen Einrichtung
und Träger der Sozialhilfe in der Hilfe zur Pflege beziehungsweise der Eingliederungshilfe verortet ist. Die "Übernahme der
Unterbringungskosten (so das BSG im zitierten Urteil vom 28.10.2008) bedeutet damit Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, allerdings in der
Form eines Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme); denn das
HeimG geht - wie oben ausgeführt - von einer fortbestehenden Verpflichtung des Heimbewohners aus. Der Schuldbeitritt hat dann zum
einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers
gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an die Einrichtung zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner
in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers".
Des Weiteren ist gerade für Pflege aus der gesetzlichen Pflegeversicherung die Aufteilung im Gesetz normiert. So bestimmt
§
82 Abs.
1 S. 4
SGB XI, das für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege der Pflegebedürftige selbst aufzukommen hat.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist aber nicht dieser og Zahlungsanspruch im Streit. Der Leistungsanspruch des Leistungsempfängers
z.B. bestimmt sich aus den aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag erbrachten Leistungen nach der dort bestimmten und an die Vereinbarungen
gekoppelten (§ 7 Abs. 2 WBVG) Vergütung iSv § 76 Abs. 3 bzw. 5 SGB XII. Der Anspruch der Klägerin leitet sich allein aus dem so genannten Grundverhältnis (zwischen Leistungsempfänger und Träger
der Sozialhilfe) her. Dies bedeutet, dass gem. § 27b SGB XII zum Zeitpunkt des jeweiligen Bedarfsanfalls (Fälligkeit der Heimkosten) eine Gegenüberstellung von Bedarf und Einkommen/Vermögen
erforderlich ist, und nach § 19 Abs. 6 SGB XII auch der Einrichtung nur der das zu berücksichtigende Einkommen/ Vermögen überschreitende Bedarfsanteil als Leistung nach
dem SGB XII gewährt werden kann (BSG, Urteil vom 20.09.2012 B 8 SO 20/11 R).
Der Anspruch beziffert sich aus der Rechnung vom 05.02.2010 für die Zeit vom 16.01.2010 bis 28.02.2010 in Höhe von 3033,36
EUR. Maßgeblicher Kostenrahmen war die Leistung "Pflegesatz Stufe null behütetes Wohnen" über 1520,64 EUR. Als weiteres Erkenntnismittel
liegt die Rechnung vom 10.06.2010 vor über den Zeitraum vom 16.01.2010 bis 11.03.2010 in Höhe von 2541,16 EUR. Der niedrigere
Betrag erklärt sich aus der Berücksichtigung von Rentenleistungen, die offensichtlich von der Klägerin - wie im Bewilligungsbescheid
erklärt - berechnet worden sind. Diese Rechnung ist aber offensichtlich erst aufgrund der Maßgaben des Bescheides vom 27.05.2010
entstanden, gegen den dann wohl nach entsprechenden Überlegungen Widerspruch eingelegt worden ist (erst am 27.01.2011, aber
rechtzeitig, weil der Bescheid ohne Rechtsmittelbelehrung ergangen war). Tatsächlich bezahlt worden sind 2546,84 EUR (vgl.
die Kontenübersichten der Beklagten auf Blatt 381f.).
Insgesamt steht der Klägerin kein Anspruch über einen Gesamtbetrag von 3784,26 EUR zu. Denn Hilfe zum Lebensunterhalt ist
nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nur (bzw. insoweit) Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften
und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 1 SGB XII).
Ähnlich wie in der Pflegeversicherung (siehe dazu schon oben) wird für die so genannten Hotelkosten eine Eigenbeteiligung
verlangt. Dies geschieht durch die Schaffung eines Rechnungspostens nach § 35 SGB XII. Es werden nicht die tatsächlich entstandenen Kosten für Unterkunft und Verpflegung (etwa aus der Grundpauschale) herausgerechnet,
sondern die pauschalierten Sätze der allgemeinen Lebensführung aus der Grundsicherung im Alter unter Erwerbsminderung zum
Maßstab genommen (§ 27b Abs. 1 S. 2 SGB XII: "Der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach
§ 42 Nummer 1, 2 und 4"). Die Bezugnahme auf die pauschalierten Leistungen nach § 42 wird auch nur als "Rechengröße" (so der
Deutsche Verein, Gutachten G 24/04; ebenso Behrend, in: [...] PK-SGB XII, § 27b Rn. 9 und 23; BSG, Urteil vom 23.08.2013, B 8 SO 17/12 R) verstanden, und nicht als Leistungsnorm für den individuellen Anspruch des Leistungsberechtigten.
Der Hinweis auf die Leistungen nach § 42 hat lediglich den Sinn, die Höhe des Anteils des notwendigen Lebensunterhalts an
den in der Einrichtung erbrachten Leistungen zu bestimmen, um einen eventuellen Kostenbeitrag des Hilfeempfängers zu ermitteln.
Nach der besonderen Konstruktion der Leistung in Einrichtungen durch das SGB XII hat der Beklagte nicht ausschließlich eine (einheitliche) Leistung der Hilfe zur Pflege erbracht, für welche §§ 19 Abs. 3, 85ff SGB XII eine weniger strikte Anrechnung von eigenem Einkommen vorsehen, sondern daneben auch Leistungen für den Lebensunterhalt in
der Einrichtung gem. §§ 19 Abs. 1, 35 SGB XII (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, jetzt § 27b eingefügt mWv 01.01.2011 durch G v. 24.03. 2011, BGBl. I S. 453). Für die Hilfe zur Pflege bleibt es nach den für die Kapitel 5 ff SGB XII getroffenen Regelungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen. Insoweit ist - wie es die Klägerin irrtümlich auch für den
Lebensunterhalt des Leistungsempfängers annimmt - § 88 SGB XII anzuwenden (siehe auch unten).
Es handelt sind bei dem hier vorzunehmenden Einsatz des Einkommens auch nicht um die Frage einer Heranziehung oder eines Kostenbeitrags.
Die Hilfe für den Leistungsberechtigten wurde nicht als erweiterte Hilfe (Bruttoprinzip iSv § 19 Abs. 5 SGB XII) erbracht. Dementsprechend ist § 92a SGB XII (Absätze 1 und 2) keine Norm, die eigenständig zum Erlass einer Heranziehung ermächtigt; sie setzt für die Berechtigung zur
Heranziehung vielmehr die Regelung in einer anderen Norm (vgl. § 92 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) voraus. Nur wenn das Bruttoprinzip zur Anwendung kommt, darf die Beteiligung an den Kosten durch einen Verwaltungsakt "Heranziehung"
vorgenommen werden.
Der verstorbene Leistungsberechtigte bezog nach den Feststellungen des Beklagten, denen sich der Senat ohne Zweifel anschließt,
monatlich eine Altersrente von 307,41 EUR, eine Witwerrente von 648,44 EUR und eine Betriebsrente von 266,44 EUR, insgesamt
1222,29 EUR. Dieser Betrag wurde um die Kosten der Miete für die noch bestehende Unterkunftsmöglichkeiten "bereinigt". Damit
konnte I.B. seinen Bedarf nicht decken. Dieser setzt sich zusammen aus den pauschalierten Beträgen, wie es § 27b Abs. 1 S. 2 SGB XII anordnet. Danach entspricht der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen den Umfang der Leistungen der Grundsicherung
nach § 42 Nummer 1, 2 und 4 (SGB XII). Danach umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen
der Anlage zu § 28, die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels und die Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels; bei Leistungen in einer stationären Einrichtung sind als Kosten
für Unterkunft und Heizung Beträge in Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete
eines Einpersonenhaushaltes im Bereich des nach § 98 zuständigen Trägers der Sozialhilfe zugrunde zu legen. Zutreffend hat
der Beklagte dazu einen Betrag in Höhe von 728,93 EUR ermittelt. Insbesondere im Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern
von 18.07.2011 ist die Berechnung nochmals deutlich dargelegt und führt neben einem Regelsatz von 287 EUR, den Kosten der
Unterkunft und Heizung in oben genannter Pauschalierung in Höhe von 345 EUR sowie einem Barbetrag zur persönlichen Verfügung
in Höhe von 96,93 EUR zu einem Gesamtbetrag von 728,93 EUR.
Diesen Bedarf hätte der Kläger zwar mit seinem Einkommen in Höhe von 1222,29 EUR denken können. Das Einkommen ist aber vom
Beklagten - zu Gunsten des Klägers - schon um die real laufenden Mietkosten in Höhe von 556,90 EUR (zunächst irrtümlich von
553,90 EUR mit Auswirkungen auf die um 7,44 EUR unterschiedliche Klageforderung im Berufungsverfahren) gemindert und nicht
als Bedarf angesehen worden. Eine solche Betrachtungsweise als Bedarf hätte keinen Anspruchsübergang im Sinne von § 19 Abs. 6 SGB XII in diese Mietkosten bewirkt. Denn als Bedarf wäre dies nicht nachholbar gewesen und mit dem Tode des Leistungsempfängers
als höchstpersönlicher Anspruch untergegangen. Im Ergebnis führte das daher dazu, dass nicht das volle Einkommen in Höhe von
1222,29 EUR einzusetzen war, sondern nur ein um 556,90 EUR geminderter Betrag, mithin 665,39 EUR für jeden vollen Monat, anteilige
Beträge für die übrigen beiden Monate(343,36 EUR und 236,11 EUR); in der Summe genau zu einem Betrag von 1244,82 EUR bzw.
1.237,42 EUR, der Klageforderung.
Darüber hinaus - über den Einsatz im dritten Kapitel - konnte kein Einkommen eingesetzt werden. Nur bei der Hilfe nach dem
Fünften bis Neunten Kapitel ist die Einkommensgrenze (§ 85 SGB XII) maßgeblich. Soweit bei diesen Hilfen der nachfragenden Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner
die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten ist, unterbleibt ein Einkommenseinsatz. Das oben ermittelte Einkommen war - insbesondere
durch die günstige Berechnungsmethode hinsichtlich der Wohnungs- miete (andernfalls wäre man zu einem den Bedarf der Grundsicherung
übersteigenden Betrag von circa 240 EUR gelangt) - bereits aufgebraucht und konnte zum Beispiel im Sinne von § 88 SGB XII rein faktisch nicht mehr verwendet werden. Zur Frage des Einsatzes des Einkommens unter der Einkommensgrenze (§ 88 SGB XII) gelangt man somit nicht.
Nur soweit die konkret erbrachte Leistung als Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel anzusehen
ist, gelten die Einkommensgrenzen nach den §§ 85 ff. SGB XII und die Schutzvorschrift zur Vermögensberücksichtigung nach § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII (Behrend in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 27b SGB XII, Rn. 21).
§ 92 SGB XII begrenzt nicht die Heranziehung des Einkommens des verstorbenen Leistungsempfängers. Die Vorschrift steht zwar unter der
Überschrift "Einschränkung der Anrechnung (§ 92 bis § 92a)". Eine zu unterbleibende Anrechnung (Freistellung) im Sinne von § 92 SGB XII ist systematisch nicht einschlägig. Sie betrifft bei behinderten Menschen die Leistungen der Eingliederungshilfe, nicht der
Hilfe zur Pflege. Aber selbst bei der Eingliederungshilfe ist ein Einsatz für die Leistungen zum Lebensunterhalt zu erbringen.
Die Zweiteilung der Hilfe in Einrichtungen neben der Hilfe zum Lebensunterhalt wird auch hier konsequent durchgeführt. Es
gibt lediglich zusätzliche Pauschalierungen und Verschonungen (vgl. § 92 Abs. 3 S. 2 SGB XII
§ 92a SGB XII (Einkommenseinsatz bei Leistungen für Einrichtungen, eingefügt mWv 07.12.2006 durch G vom 02.12.2006 ) setzt für die Berechtigung
zur Heranziehung die Regelung in einer anderen Norm (vgl. § 92 a Abs. 1 Satz 2 SGB XII) voraus. Das geschieht hier über § 19 Abs. 3 SGB XII. Insofern tritt § 92a Abs. 2 SGB XII als Spezialnorm zu § 19 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII an die Stelle der üblichen Normen der Bedürftigkeitsprüfung. Nur wenn das Bruttoprinzip zur Anwendung kommt, darf die Beteiligung
an den Kosten durch einen Verwaltungsakt "Heranziehung" vorgenommen werden; ansonsten erfolgt eine höhenmäßige Leistungsbegrenzung.
Nach § 19 Abs. 3 SGB XII werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel Hilfen geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nicht getrennt lebenden
Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches
nicht zuzumuten ist. § 92a SGB XII findet damit zwar systematisch, weil zum dritten Kapitel gehörig, nicht aber thematisch eine Anwendung. Denn diese Vorschrift
setzt schon in ihrem Abs. 1 voraus, dass eine Einstandsgemeinschaft mit einem Ehegatten oder Lebenspartner besteht. Nach dem
klaren Wortlaut ist dort geschrieben, dass die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten
und Vierten Kapitel "von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Einkommen"
(nur) verlangt werden kann, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden (sog. Garantiebetrag). Auch
bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, "nicht getrennt
lebenden Ehegatten oder Lebenspartners" Rechnung zu tragen (§ 92a Abs. 3 SGB XII).
Durch den Bezug auf das gemeinsame Einkommen sollte eine aufgrund des bisherigen Rechts eingetretene Ungleichbehandlung von
Ehegatten, mit der einseitig diejenige Konstellation bessergestellt war, bei welcher der Heimbewohner seinen zu Hause verbleibenden
Ehepartner überwiegend unterhielt, beseitigt werden. Insbesondere die Materialien zum Gesetz zur Änderung des SGB XII (BT-Drucksache 16/2711) zeigen, dass es ausschließlich um Regelungen für Einstandsgemeinschaften handelt. Es geht im Wesentlichen
um den Selbstbehalt des im Haushalt verbliebenen (Ehe-) Partner sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen, unverheirateten
Kindern.
Damit ergibt sowohl die semantische, teleologische wie historische Auslegung einen eindeutigen Anwendungsbereich der Norm
(vgl. auch 1.1 zu § 92a Dietrich Schoch Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII, 9. Auflage 2012, Rn. 1). Die vom Beklagten vorgenommene Freistellung der Mietkosten, die die Klägerin als Berufungsführerin
ohnehin nicht angreift, ist allenfalls durch eine entsprechende Anwendung erklärbar. Eine weitergehende (über die Freistellung
der Mietkosten hinaus) entsprechende Anwendung würde aber für die Klägerin zu keinem günstigeren Ergebnis führen. In gleicher
Weise wie im Rahmen des § 92 Abs. 1 SGB XII müssen die Aufwendungen tatsächlich erspart werden. Erforderlich ist eine Prognose darüber, welche Aufwendungen anfallen
würden, wenn der Betreffende nicht in einer Einrichtung untergebracht wäre; diese prognostische Betrachtung ist auch dann
erforderlich, wenn vor der Aufnahme in eine Einrichtung kein Haushalt im eigentlichen Sinne bestanden hat. Es spricht nichts
dagegen, dass der Leistungsberechtigte sein Einkommen nicht einzusetzen gehabt hätte. Seine häusliche Ersparnis war bis auf
die Miete umfassend; seine sonstigen Lebensbedürfnisse waren durch die Unterbringung und den Barbetrag völlig gedeckt.
Zur Kostenentscheidung nach §
193 SGG ist zu beachten, dass ein Kläger, der sich eines Rechts als Sonderrechtsnachfolger nach einem verstorbenen Hilfebedürftigen
berühmt, zum kostenprivilegierten Personenkreis des §
183 SGG gehört (vgl. zur Stellung des Sonderrechtsnachfolgers nach § 19 Abs. 6 SGB 12 BSG vom 01.09.2008 - B 8 SO 12/08 B = SozR 4-1500 § 183 Nr. 8, BSG Urteil vom13.07.2010 Az.: B 8 SO 13/09 R).
Gründe zur Zulassung der Revision gibt es nicht (§
160 Abs.
2 SGG).