Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung
Berufungszulassung
Keine Geldleistung oder ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt
Grundsatz der Rechtsmittelklarheit
Gründe:
Die Beschwerde (§
145 Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) iVm §
105 Abs
1 Satz 3
SGG) der Klägerin, die sie entsprechend der dem im Tenor bezeichneten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) beigefügten Rechtsmittelbelehrung eingelegt hat, ist in dem aus Satz 1 Halbsatz 2 des Tenors ersichtlichen Umfang bereits
unstatthaft und damit unzulässig (dazu unter 1.), weshalb sie insoweit als unzulässig zu verwerfen war (§
202 Satz 1
SGG iVm §
572 Abs
2 Satz 2
Zivilprozessordnung); im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet (dazu unter 2.).
Die Berufung bedarf keiner Zulassung (§
143 SGG iVm §
105 Abs
1 Satz 3
SGG), sofern sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. Die Berufung bedarf der Zulassung im Gerichtsbescheid
des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage,
die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt
(§
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG) und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§
144 Abs
1 Satz 2
SGG). Soweit innerhalb eines Klageverfahrens Geld- oder Sachleistungen neben anderen Streitgegenständen im Wege der objektiven
Klagehäufung (§
56 SGG) verfolgt werden, ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig
zu beurteilen (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 18. April 2016 - B 14 AS 150/15 BH, juris RdNr 5 mwN, ua auch zur Rechtsprechung des beschließenden Senats; BSG, Beschluss vom 15. Mai 2017 - B 14 AS 5/17 BH, juris RdNr 6).
1. Soweit die Klägerin den aus Satz 1 Halbsatz 2 des Tenors bezeichneten Anspruch weiterverfolgt, bedarf die Berufung nicht
der Zulassung, weil sie bereits kraft Gesetzes zulässig ist.
Denn eine (Fortsetzungsfeststellungs-)Klage (§
131 Abs
1 Satz 3
SGG), die - wie hier - auf die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung abzielt, betrifft keine
Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so dass weder §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG (so aber das SG unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2017 - L 18 AS 826/17, juris Orientierungssatz und RdNr
15) noch die (Rück-)Ausnahme nach §
144 Abs
1 Satz 2
SGG Anwendung finden, sondern eine - nicht im Vollstreckungswege durchsetzbare und daher nur als Obliegenheit einzuordnende -
Verpflichtung zum Erscheinen (so bereits Senatsurteil vom 02. November 2016 - L 10 AS 2391/13, unveröffentlicht). Dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung zu einer Minderung des Leistungsanspruchs der Klägerin auf
Arbeitslosengeld II in einem bestimmten wertmäßigen Umfang führen kann, erlaubt nicht den Schluss, dass die Meldeaufforderung
selbst eine Geldleistung oder einen gerichteten Verwaltungsakt betrifft (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.
Januar 2018 - L 25 AS 1138/17 NZB, juris RdNr 21; aA ohne weitere Begründung, BSG, Beschlüsse vom 24. August 2017 - B 4 AS 223/17 B und B 4 AS 256/17 B (vorangegangen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03. Juli 2017 - L 19 AS 1123/17), beide juris; BSG, Beschluss vom 02. November 2017 - B 4 AS 356/17 B (vorangegangen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2017 - L 18 AS 826/17), juris). Der abweichenden Auffassung liegt insoweit eine extensive Auslegung des Wortlauts des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG zu Grunde, die mit dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit nur schwer vereinbar scheint (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 25. Januar 2018 - L 25 AS 1138/17 NZB, aaO.).
Sollte es sich bei der Rechtsauffassung des Senats zur Zulassungsfreiheit der Berufung im beschriebenen Umfang um eine mögliche
Abweichung von der Rechtsprechung des BSG handeln, kann dies der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Denn ihr kann in einem etwaigen Berufungsverfahren nicht entgegen
gehalten werden, die Berufung sei unstatthaft, weil der vorliegende Beschluss insoweit Bindungswirkung erzeugt (vgl BSG, Urteil vom 03. Juni 2004 - B 11 AL 75/03 R, juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, RdNr 11b zu §
145).
2. Soweit die Klägerin ihren gegen den Beklagten gerichteten Anspruch auf (Aus-)Zahlung von Arbeitslosengeld II für Juli 2014
bis September 2014 in Höhe von monatlich 156,40 EUR, mithin insgesamt in Höhe von 469,20 EUR, im Wege einer allgemeinen Leistungsklage
(§
54 Abs
5 SGG) weiterverfolgt, ist die Beschwerde zulässig, aber nicht begründet, weil keine der in §
144 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend normierten Zulassungsvoraussetzungen gegeben ist.
Die Rechtssache hat insoweit zunächst keine grundsätzliche Bedeutung iS des §
144 Abs
2 Nr
1 SGG, weil sie klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung nicht aufwirft. Es liegt insoweit auch keine Divergenzentscheidung
iS des §
144 Abs
2 Nr
2 SGG vor, weil das SG nicht von einer Entscheidung einer der in der Norm genannten Gericht abgewichen ist.
Die Klägerin hat schließlich insoweit auch keinen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel iS
von §
144 Abs
2 Nr
3 SGG - eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Anwendung einer verfahrensrechtlichen Bestimmung auf dem Weg zur Entscheidung - geltend
gemacht, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann. Insbesondere hat das SG entgegen der Auffassung der Klägerin zu Recht die Auffassung vertreten, dass der von der Klägerin erst im März 2018 (Schreiben
vom 21. März 2018) erhobene Zahlungsanspruch als eine Klagerweiterung und damit an §
99 SGG zu messende Klageänderung anzusehen war, die unzulässig war. Denn die Klägerin hat ihr bis dahin zur Entscheidung gestelltes
Feststellungsbegehren nicht lediglich in einer Weise erweitert, die nicht als Änderung der Klage gilt (§
99 Abs
3 Nr
2 SGG), sondern sie hat einen weiteren selbständigen prozessualen Anspruch zur Entscheidung gestellt. Eine solche nachträgliche
objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung iS des §
99 Abs
1 SGG zu behandeln. Sie ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten - hier der Beklagte - einwilligen (§
99 Abs
1 Alt 1
SGG) oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (§
99 Abs
1 Alt 2
SGG). Da sich der Beklagte auf die Klageänderung nicht in einem Schriftsatz eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen (§
99 Abs
2 SGG), hatte das SG darüber zu befinden, ob die Klageänderung sachdienlich ist. Es kann offen bleiben kann, ob der Senat diese Entscheidung des
SG nur daraufhin nachprüfen darf, ob es den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit und damit die Grenzen seines Ermessens verkannt
hat (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, RdNr 11 zu §
99 zur stRspr der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Nachweisen und zur Kritik am Begriff des Ermessens) oder ob diese Entscheidung
des SG der vollen gerichtlichen Überprüfung durch den Senat unterliegt. Denn selbst wenn die Kompetenz zur vollen gerichtlichen
Prüfung in Anspruch genommen wird, hat die Entscheidung des SG Bestand, denn das SG hat zu recht die Zulässigkeit der Klageänderung mit der Begründung verneint, dass der Rechtsstreit im Übrigen im Zeitpunkt
der Klageerweiterung bereits entscheidungsreif war und der klageerweiternd erhobene Anspruch in keinem inhaltlichen Zusammenhang
mit der Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung stand. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§
177 SGG). Der Gerichtsbescheid ist damit, soweit damit der erhobene Zahlungsanspruch abgewiesen worden ist, rechtskräftig geworden
(§
145 Abs
4 Satz 4
SGG). Diese Rechtsfolge ist hingegen nicht eingetreten, soweit mit dem Gerichtsbescheid der erhobene Anspruch auf gerichtliche
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung abgewiesen worden ist. Denn da die Berufung insoweit zulassungsfrei
ist und die Berufungsfrist noch nicht in Gang gesetzt worden ist (§
66 Abs
1 SGG), weil der hier vorliegende Sachverhalt - es wurde insoweit über das falsche Rechtsmittel belehrt -, dem in §
66 Abs
2 Satz 1 Halbsatz 2
SGG geregelten Fall gleich zu setzen ist, wonach die Jahresfrist dann nicht gilt, wenn eine schriftliche oder elektronische Belehrung
dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 4 R 19/06 R, juris RdNr 54 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, RdNr 13d zu §
66 mwN), kann die Klägerin insoweit eine Berufung bis zur Grenze der Verwirkung (so zu §
58 Abs
2 Verwaltungsgerichtsordnung, der mit §
66 Abs
2 SGG inhalts- und wortgleich ist, Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 02. April 1987 - 5 C 67/84, juris RdNr 15 = BVerwGE 77, 181, 184) noch einlegen. Dieser Prozesshandlung bedarf es auch, will sie der Rechtskraft (§
141 SGG) des Gerichtsbescheids des SG bzgl des zulassungsfreien Teils entgegen wirken. Denn für eine (teilweise) Umdeutung der Nichtzulassungsbeschwerde in eine
Berufung ist kein Raum, da die Umdeutung eines eindeutig eingelegten, aber unstatthaften Rechtsmittels in das zulässige Rechtsmittel
ausscheidet (Senatsbeschluss vom 13. April 2011 - L 10 AS 1087/09 NZB, juris RdNr 5 mwN).