Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz der ehemaligen DDR;
Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen durch Montagebetriebe
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz.
Der 1951 geborene Kläger studierte nach dem Abschluss der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule und
einer anschließenden Ausbildung an der Betriebsschule "P B" zum Schienenfahrzeugelektriker ab dem 1. September 1970 an der
Hochschule für Verkehrswesen in D in der Fachstudienrichtung Verkehrselektrotechnik. Diese Ausbildung beendete er im August
1974 mit der Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur" zu führen. Am 29. November 1974 verlieh ihm die Hochschule
für Verkehrswesen den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur".
Bereits ab dem 1. Oktober 1974 war der Kläger als Projektingenieur (später Objektingenieur) bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB)
Werk für Signal- und Sicherungstechnik B (W), später W Signaltechnik B GmbH (i.A.) bzw. W Verkehrstechnik GmbH beschäftigt.
Das Unternehmen wurde später als unselbstständiger Geschäftsbereich bzw. Teil eines Geschäftsbereiches in ein weltweit tätiges
Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie eingegliedert, bei dem der Kläger weiterhin beschäftigt ist.
Das 1953 mit dem Zusammenschluss mehrerer volkseigener Betriebe entstandene W hatte nach dem Statut vom 20. Februar 1968 "auf
der Grundlage der Perspektiv- und Jahrespläne in Ausnutzung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus bei der Forschung, Entwicklung,
Produktion und dem Absatz von Signal- und Sicherungsanlagen für den schienengebundenen Verkehr und industriellen Steuerungsanlagen
mit dem geringsten Aufwand einen höchstmöglichen Ertrag zu erzielen und damit seinen Beitrag zum maximalen Zuwachs zum Nationaleinkommen
zu leisten, um die Weiterentwicklung der sozialistischen Gesellschaft zu sichern und die wachsenden Bedürfnisse der Mitglieder
der sozialistischen Gesellschaft immer besser zu befriedigen". Für diese Erzeugnisse war der Betrieb Eigenexporteur für Anlagen
und Geräte der Signal- und Sicherungstechnik.
In einer Druckschrift (vermutlich aus dem Jahre 1984) wird die Tätigkeit des W wie folgt beschrieben:
"Wir sind Generallieferant für eisenbahnspezifische Signal-, Fernmelde- und Starkstromanlagen, wir bieten komplexe Automatisierungsprojekte
mit schlüsselfertigen Anlagen und einem ausgereiften Know-how.
...
Mit schlüsselfertigen Anlagen der Signal-, Fernmelde- und Starkstromtechnik automatisieren wir Bahnhöfe und Strecken bei Eisenbahnen
aller Art. Wir übernehmen dazu die kompletten Engineering-Leistungen wie
- Gesamt-Koordinierung
- Projektierung entsprechend den Aufgabenstellungen und einschließlich notwendiger Entwicklungen neuer Systeme und Gerätekonfigurationen
- Montage, Prüfung und Inbetriebsetzung der Anlagen
- Wartung der Anlagen in dem vom Auftraggeber gewünschten Zeitraum
Damit sind wir prädestiniert, internationale Tender-Ausschreibungen komplett zu übernehmen und schlüsselfertig zu realisieren.
Die Skala unserer Problemlösungen mit eisenbahnspezifischen Signal-, Fernmelde- und Starkstromanlagen ist weitgefächert."
Nach einer anderen Broschüre (vermutlich aus dem Jahr 1987) war "Spezialgebiet (des W) die Eisenbahn. Signalanlagen für Fernverbindungen
und Nahverkehr, für Untergrundbahnen, für Industriebahnen aller Art." Weiter heißt es:
"Aus der gleichen Technik liefern wir Bedienungseinrichtungen für technologische Prozesse der Industrie und Landwirtschaft.
Als ein Spezialbetrieb des DDR-Kombinates Automatisierungsanlagenbau gehört der VEB Werk für Signal- und Sicherungstechnik
B (W) heute zu den führenden Signalbaufirmen der Welt. Seit mehr als 40 Jahren entwickeln und erproben wir gemeinsam mit der
Deutschen Reichsbahn immer leistungsfähigere Signalanlagen. Weit mehr 500 Stellwerke haben wir bis heute damit ausgerüstet.
Darüber hinaus haben wir für Eisenbahnen in arabischen Ländern, Nordafrika und Europa zahlreiche Strecken und Bahnhöfe mit
Signaltechnik ausgerüstet. Aus Erfahrung kennen wir die unterschiedlichen Anforderungen von Staatsbahnen, Industriebahnen,
S- und U-Bahnen. Noch vielseitiger sind in allen Wirtschaftszweigen die Anwendungsmöglichkeiten unserer Bedienungseinrichtungen
für die Steuerung und die Überwachung technologischer Prozesse."
Zum Lieferprogramm des W gehörten Bedienungseinrichtungen, Relaiseinrichtungen, Anlagen für zentralisierte Betriebsführung,
Außenanlagen sowie Schrankenanlagen.
Die für die vom W gelieferten Anlagen erforderlichen Bauteile (insbesondere Relais, Gruppenrahmen, Schranken, Weichenantriebe)
wurden überwiegend im Werk selbst in großer Stückzahl hergestellt.
Der Kläger erhielt bis zum 30. Juni 1990 keine Versorgungszusage. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR)
entrichtete er nicht.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem
als Pflichtbeitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt
gewesen.
Den vom Kläger dagegen am 16. Februar 2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. April
2005 zurück. Der Betrieb, in dem der Kläger beschäftigt gewesen sei, sei nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der
DDR der Wirtschaftsgruppe 16639 (Reparatur- und Montagebetriebe der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) zugeordnet gewesen.
Ihm habe weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben noch
sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.
Zur Begründung seiner am 10. Mai 2005 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass die für statistische
Zwecke vorgenommene Zuordnung des W zur Wirtschaftsgruppe Nr. 16639 (Reparatur- und Montagebetrieb der Mess-, Steuer- und
Regelungstechnik) nicht entscheidend sei. Das W sei von Anfang an klassischer Produktionsbetrieb gewesen, dessen Hauptzweck
die industrielle Produktion von Sachgütern, nämlich als alleiniger Hersteller von Geräten der Signal- und Sicherungstechnik
für den schienengebundenen Verkehr sowohl im Inland für die Deutsche Reichsbahn und Industriebahnen der Braunkohlenindustrie
und der Hafenwirtschaft als auch für ausländische Bahnverwaltungen gewesen sei. Ergänzend hat der Kläger u.a. auf einen Beitrag
in der Zeitschrift Elektropraktiker (1987), Heft 11, Seite 337 ff. verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25. Januar 2008 hat der Kläger erklärt, dass das W zum Teil auch einzelne
Geräte an die "DDR-Reichsbahn" geliefert habe, die dann dort eigenständig eingebaut worden seien. Hauptsächlich sei die Aufgabe
des Betriebs jedoch der Bau und die Montage neuer Anlagen gewesen. Hierfür seien projektbezogene Ablaufpläne für die Montage
erstellt worden, zum Beispiel Stromlaufpläne. In diesem Bereich habe jedoch nur ein Teil der Mitarbeiter gearbeitet. So seien
1986 256 Monteure für die Lieferung und Montage zuständig gewesen. 1.216 Mitarbeiter hätten in der stationären Fertigung gearbeitet.
Dort seien zum Teil aus Rohmaterial Relais hergestellt worden, die dann in den Anlagen zum Einsatz gekommen seien. Ziel sei
es gewesen, die komplette Anlage zu liefern, zu montieren und in Betrieb zu setzen und dann schlüsselfertig an den Kunden
zu übergeben, da auch dann meist die Bezahlung erfolgt sei. Im Rahmen der Vorplanung seien Materiallisten erstellt und an
die Produktion weitergegeben worden, damit die für das jeweilige Projekt erforderlichen Teile planmäßig zur Verfügung gestellt
werden konnten. Fernmelde- und Starkstromanlagen seien im W nicht hergestellt worden.
Durch Urteil vom 25. Januar 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm
begehrten Feststellungen, da er am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten
Betrieb beschäftigt gewesen sei. Ein Produktionsbetrieb im Sinne der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der
Technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 und der hierzu ergangenen
zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 sei nur ein Betrieb, dessen Gegenstand die Massenproduktion gewesen sei.
Hauptzweck des W sei nicht die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern gewesen, sondern
die Projektierung, Herstellung und Lieferung schlüsselfertiger Anlagen der Signal-, Fernmelde- und Starkstromtechnik.
Gegen das ihm am 5. März 2008 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 7. April 2008 (Montag) eingelegten Berufung.
Das Sozialgericht habe nicht beachtet, dass 256 Monteure mit der Lieferung und Montage, 1.216 Mitarbeiter in der "stationären
Fertigung" beschäftigt gewesen seien. Der weitaus größte und damit geprägegebende Teil des W habe somit in einer stationären
Serienfertigung gelegen. Aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht "klar", dass das W "auftragsbezogen"
gearbeitet habe. Die Vielfältigkeit des Angebots und die Leistungserbringung an verschiedenen Orten sprächen nicht gegen das
Vorliegen von Massenproduktion.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der persönliche gehörte Kläger erklärt, dass das "Herzstück" der Arbeit des
W die Herstellung von Relais gewesen sei. Einzelne Relais seien zu einer Relaisgruppe zusammengesetzt und dann in einen Gruppenrahmen
eingebaut worden. Diese Technik habe für Bahnübergangsanlagen, Stellwerke oder andere Industriesteueranlagen gedient. Relaisgruppen
bzw. Gruppenrahmen seinen einerseits an die Deutsche Reichsbahn verkauft worden, die damit Reparaturen ausgeführt bzw. Stellwerke
neu ausgerüstet habe. Andererseits habe die Deutsche Reichsbahn komplette Anlagen (bspw. Gleisbildstellwerke) in Auftrag gegeben,
die das W geliefert habe. Dafür habe eine Dienststelle der Deutschen Reichsbahn einen Entwurf gefertigt, auf dessen Grundlage
das W die weitere Ausführung geplant und die Anlage erstellt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum
30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in dieser Zeit
tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach den Feststellungen des 8. Senats (Urteil vom 14. April 2011 - L 8 R 1005/08 -) habe die nach den individuellen Wünschen und Anforderungen des Auftragsgebers hergestellte Gesamtanlage und nicht die
Komponentenfertigung dem W das Gepräge gegeben. Aus den von ihr vorgelegten Unterlagen sei klar ersichtlich, dass dieser Betrieb
auftragsbezogen gearbeitet habe.
Der Senat hat den Beteiligten die Aussagen der früheren Beschäftigten des W P N und M A in einem bei 21. Senat geführten Verfahren
(L 21 R 1667/07) am 12. Juni 2009 sowie die Aussage des früher beim W beschäftigten Dipl.-Ing. U R in einem beim 22. Senat geführten Verfahren
(L 22 R 432/07) am 9. Juni 2010 zur Kenntnis gegeben.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen sowie die von der Beklagten vorgelegte Einheitsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist,
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§
143,
144 Abs.
1 und
151 Abs.
1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des (Klage- und) Berufungsverfahrens ist die von der Beklagten in ihrem Bescheid vom 25. Januar 2005 (in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005) verfügte Ablehnung des Begehrens des Klägers, die Zeit vom 1. Oktober 1974
bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die währenddessen
tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Diese Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger kann die von ihm
begehrten Feststellungen nicht verlangen.
Ein entsprechender Anspruch könnte sich ausschließlich aus § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 2, 3 Satz 1 und 4 Nr. 1 AAÜG ergeben, wonach der Versorgungsträger (hier: die Beklagte) in einem vormerkungsähnlichen Verfahren die dort vorgesehenen
Feststellungen zu treffen und deren Ergebnis dem zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen (und den Inhalt dieser
Mitteilung dem Berechtigten durch Bescheid bekanntzugeben) hat. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz, das nach seinem § 1 Abs. 1 "für Ansprüche und Anwartschaften (gilt), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme)
im Beitrittsgebiet (...) erworben worden sind", ist indes nicht auf den Kläger anwendbar.
Er hat nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Versorgung erworben
(§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Kläger behauptet selbst nicht, dass ihm jemals eine Versorgungszusage (durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde,
in einem Einzelvertrag oder auf andere Weise) erteilt worden sei; dafür ergeben sich auch sonst keine Hinweise. Er hat demzufolge
auch keine Anwartschaft verloren, deren Verlust als nicht eingetreten gelten würde (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Ebenso wenig ist eine sonstige Entscheidung getroffen worden, aufgrund derer er eine Versorgung beanspruchen könnte.
Der Kläger hat auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (sog. "erweiternde verfassungskonforme" oder "weite"
Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG) aus der Sicht des am 1.August 1991 geltenden Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage keinen ("fiktiven")
Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, was - nur - dann der Fall wäre, wenn er am 30. Juni 1990 noch konkret
eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt hätte, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war
(ständige Rechtsprechung des BSG, stellvertr. Urteile vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R -, vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R -, vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 3/02 R - sowie vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R -, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 und 6, § 1 Nr. 2 und 7 bzw. SozR 4-8570 § 1 Nr. 17) und er deswegen nach den (zu "sekundärem"
Bundesrecht gewordenen) Regelungen der jeweiligen Versorgungsordnung "obligatorisch" in das Versorgungssystem hätte einbezogen
werden müssen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems eine bewertende Entscheidung
("verdienstvoll", "maßgebender Anteil" "überdurchschnittliche Leistungen") und/oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes,
eines Direktors oder einer staatlichen Stelle der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vorsahen. Eine derartige (Ermessens-)Entscheidung
darf mangels sachlicher, objektivierbarer bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend "ersetzt" werden.
Denn insoweit müsste auf eine ggfl. gleichheitswidrige willkürliche Verwaltungspraxis der DDR zurückgegriffen werden (näher
dazu BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 50/02 R - m.w.N.).
Der Kläger hat eine entsprechende Beschäftigung am 30. Juni 1990 nicht ausgeübt und hätte daher nicht "obligatorisch" in ein
Versorgungssystem einbezogen werden müssen.
Eine zusätzliche Altersversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG), die hier - auch aus Sicht des Klägers - allein in Betracht kommt, war für ihn nicht vorgesehen. Nach § 1 der Verordnung
über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben
(VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844; inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung des Magistrats von
Groß-Berlin vom 25. November 1950 [VOBl. I S. 362]) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung
vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487) bzw. vom 25. Juni 1951 (VOBl. I S. 323) mussten dazu drei Voraussetzungen erfüllt sein: Eine
zusätzliche Altersversorgung wurde danach Personen gewährt, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die
b) eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb
(betriebliche Voraussetzung) (stellvertretend BSG, Urteile vom 9. und 10. April 2002 - B 4 RA 41/01 R bzw. B 4 RA 18/01 R - sowie vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R -, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 und 8 bzw. SozR 4-8570 § 1 Nr. 17).
Der Kläger erfüllt zwar (jedenfalls ab dem 29. November 1974) die persönliche Voraussetzung, denn er war (und ist weiterhin)
berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen; ob - vor der Verleihung des Grades "Diplom-Ingenieur" am 29. November
1974 - die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Hochschulingenieur" ausreicht (vgl. § 1 der Verordnung über die Führung
der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 [GBl. II S. 278] [IngenieurVO] und dazu BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R -), kann dahinstehen. Der Kläger übte auch bis zum und am 30. Juni 1990 eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit
als Ingenieur aus.
Allerdings ist die "betriebliche" Voraussetzung nicht erfüllt. Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger
am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie (oder gar des Bauwesens) beschäftigt war. Nach der
vom Bundessozialgericht entwickelten Rechtsprechung reicht zur Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz die Beschäftigung in irgendeinem volkseigenen Betrieb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine Beschäftigung
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens, der die Massenproduktion (wenn auch nach neuester
Rechtsprechung wohl nicht notwendigerweise nach einem als "fordistisch" zu bezeichnenden Produktionsmodell) zum Gegenstand
hatte. Der Hauptzweck des Betriebes muss dementsprechend eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von
Gütern (oder Bauwerken) mit Hilfe hochspezialisierter, monofunktionaler Maschinen gewesen sein (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R -; vgl. bspw. auch Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R -). Dabei hat die Zuordnung des Betriebes zu einem bestimmten Ministerium keine ausschlaggebende Bedeutung.
Für Betriebe, die (auch) Montagearbeiten ausgeführt haben, hat das BSG ausgeführt (Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R -):
"Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend wurde auch in der DDR unter Montage der planmäßige Zusammenbau von Bauteilen zu einem
Endprodukt verstanden.
Fällt sie in einem Betrieb an, der die Bauteile im Wege industrieller Massenproduktion selbst herstellt, kann auch der Zusammenbau
dieser Teile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion einschließlich des Bauwesens (vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 3 RdNr 20)sein. Dies wird stets dann der Fall sein, wenn diese Produkte ihrerseits massenhaft hergestellt werden und daher
ihr Zusammenbau mehr oder weniger schematisch anfällt. Unter diesen Voraussetzungen ist insbesondere auch eine größere Produktpalette
oder eine Vielzahl potenziell zu verbindender Einzelteile kein Hindernis, solange das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig
angebotenen Palette entspricht. Werden dagegen Gebrauchtteile mit verbaut (vgl BSG vom 24.4.2008 - B 4 RS 31/07 R - Juris) oder treten individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau
eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere
Anforderungen gefertigten Produkts, in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion. In diesem Fall
ist zu prüfen, ob der Betrieb, in dem gleichermaßen die industrielle Massenproduktion von Einzelteilen und der individualisierte
Zusammenbau von Endprodukten anfallen, sein Gepräge durch den erstgenannten Bereich erhält."
Das W war ein Montagebetrieb in diesem Sinn. Dieser Betrieb hat nicht lediglich Bauteile (Relais, Relaisgruppen, Gruppenrahmen,
Weichenantriebe, Schranken o.a.) gefertigt, deren weitere Verwendung dem Abnehmer (Käufer) überlassen blieb, sondern komplette
Anlagen (Signal- und Sicherungsanlagen für den Betrieb von Eisenbahnen) erstellt und "geliefert" ("montiert"). Dies ergibt
sich bereits aus dem Vortrag des Klägers, insbesondere seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht.
Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat, dass die für die Errichtung dieser Anlagen erforderlichen "Bauteile" (Relais,
Relaisgruppen, Gruppenrahmen, Schaltfelder, Bedientische, Meldetafeln o.a.) jedenfalls im Wesentlichen (nach den Erläuterungen
des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurden bspw. für die Errichtung und Lieferung eines Gleisbildstellwerks
benötigte Akkumulatoren, Dieselelektroaggregate und Umformer "zugeliefert") im W selbst gefertigt wurden. Der Senat unterstellt
weiter, dass diese Bauteile (insbesondere Relais) "massenhaft" und "standardisiert" (i.S. einer "industriellen Massenproduktion")
hergestellt wurden.
Der Senat kann jedoch nicht feststellen, dass auch die vom W (nach den Erläuterungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung
vor dem Sozialgericht "schlüsselfertig") gelieferten Anlagen "massenhaft" und "standardisiert" erstellt wurden. Dabei lässt
der Senat dahinstehen, ob dies bereits deshalb nicht der Fall ist, weil einzelne Bauteile (nach den Erläuterungen des Klägers
in der mündlichen Verhandlung bspw. Akkumulatoren, Dieselelektroaggregate und Umformer) nicht vom W selbst gefertigt, sondern
von anderen Betrieben "zugeliefert" wurden. Entscheidend ist, dass die vom W dem Auftraggeber "schlüsselfertig" gelieferten
Anlagen individuell gefertigt wurden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Entwurf (bspw.) für
ein zu lieferndes Gleisbildstellwerk von einer Dienststelle der Deutschen Reichsbahn ("VDR" - der Kläger meint möglicherweise
"EVDR" [Entwurfs- und Vermessungsbüro {später: -betrieb} der Deutschen Reichsbahn]) gefertigt wurde. Anhand eines solchen
Entwurfs habe das W die weitere Ausführung geplant und die Fertigung vorgenommen.
Im nämlichen Sinn hat der am 12. Juni 2009 vom 21. Senat als Zeuge gehörte Abteilungsleiter des W P N darauf hingewiesen,
dass der Betrieb "auftragsbezogen" "gefertigt, geliefert und selbst montiert" habe. Dem Betrieb sei - von der Deutschen Reichsbahn
oder einem anderen Auftraggeber - eine Aufgabe gestellt worden; dann sei in dem Betrieb die Projektierung für die in Auftrag
gegebene Anlage vorgenommen worden. Daraus habe gefolgt, welche und wie viele Teile aus der Fertigung benötigt worden seien.
Auch die dem Senat vorliegenden Druckschriften des W aus der Zeit vor 1990 belegen die "Auftragsbezogenheit" der Produktion
des Betriebes. So wird bspw. an einer Stelle darauf hingewiesen, dass der Betrieb außer der Gesamt-Koordinierung und Montage,
Prüfung und Inbetriebsetzung der Anlagen auch die "Projektierung entsprechend den Aufgabenstellungen einschließlich notwendiger
Entwicklungen neuer Systeme und Gerätekonfigurationen" übernehme. An anderer Stelle heißt es (zu Relaiseinrichtungen): "Spezielle
Programmstecker passen das Stellwerk den örtlichen Gegebenheiten an. W-Stellwerke berücksichtigen individuelle Betriebstechnologien
... Zur Anpassung an die Betriebstechnologie jeder Eisenbahn entwickeln wir individuell zugeschnittene Schaltungssysteme.
Dadurch entstehen exakt angepasste Stellwerksbauformen."
Daraus erhellt, dass die schließlich errichtete und dem Auftraggeber übergebene Anlage gerade nicht ein mehr oder weniger
"massenhaft" hergestelltes "standardisiertes", sondern ein nach den Vorgaben (Entwurf oder Rohentwurf) des Auftraggebers entwickeltes
("projektiertes") und dessen jeweiligen Anforderungen entsprechendes ("so ... vom Hersteller nicht vorgesehene[s] und allein
auf besondere Anforderungen gefertigte[s]") Produkt war. Der Umstand, dass dafür "massenhaft" - sowohl nach den Erklärungen
des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht wie auch nach der Aussage des vom 21. Senat gehörten Zeugen
N aber womöglich gerade auf Grund eines bestimmten Auftrags - produzierte und "standardisierte" Bauteile verwendet wurden
("Baukasten"), führt nach der zuvor angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht dazu, dass die aus den einzelnen
Teilen (des "Baukastens") gefertigten Endprodukte schon allein deshalb ihrerseits "standardisierte Massenprodukte" sind.
War danach das W ein Betrieb, dessen Gegenstand sowohl die industrielle Massenproduktion von Einzelteilen (insbesondere Relais)
wie auch "der individualisierte Zusammenbau von Endprodukten" war, wäre er nur dann ein volkseigener Produktionsbetrieb der
Industrie i.S.d. Regelungen über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (in der Auslegung, die diese
Regelungen durch das Bundessozialgericht erfahren haben), wenn er sein "Gepräge" durch die industrielle Massenproduktion von
Einzelteilen erhalten hätte. Dies kann der Senat nicht feststellen.
Bereits aus den zuvor erwähnten Druckschriften ergibt sich, dass das W sich selbst nicht als Hersteller und Lieferant (Verkäufer)
von "Bauteilen" (Relais, Relaisgruppen, Weichenantrieben, Schranken o.a.) verstand, sondern als "Generallieferant für eisenbahnspezifische
Signal-, Fernmelde- und Starkstromanlagen", der die "kompletten Engineering-Leistungen" einschließlich der Projektierung und
Montage der Anlagen übernahm und erbrachte. Dieses Bild stimmt mit der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung
vor dem Sozialgericht überein, wonach "(h)auptsächlich ... die Aufgabe des Betriebs jedoch der Bau und die Montage neuer Anlagen
gewesen (sei)", wofür projektbezogene Ablaufpläne für die Montage erstellt worden seien. Dem entspricht auch die Aussage des
vom 21. Senat als Zeuge gehörten Abteilungsleiters P N, dass der "reine Geräteabsatz" (Weichenantriebe, Signale, Relais, Schranken,
Torschranken, Telefonnebenstellenanlagen) - nur - mehr als ein Drittel, aber weniger als die Hälfte ausmachte. Das "Hauptziel"
des Betriebs sei "der gesamte Anlagenbau, .d.h. die ... auftragsbezogene Fertigung von Anlagen ..." gewesen.
Dem steht nicht entgegen, dass der größere Teil der Beschäftigten des W in der "stationären Fertigung" (insbesondere von Relais)
tätig war. Nach den Schilderungen auch des Klägers selbst, aber auch des vom 21. Senat als Zeuge gehörten Abteilungsleiters
N ist davon auszugehen, dass diese "Bauteile" größtenteils gerade nicht als "Sachgüter" abgesetzt wurden, sondern in den vom
W projektierten und erstellten ("montierten") Anlagen Verwendung fanden. Konkrete Hinweise auf Tatsachen, die den Schluss
zuließen, dass nicht die (Projektierung, Erstellung und) Lieferung gesamter Anlagen, sondern der Absatz von "Bauteilen" den
W geprägt haben, sind auch dem Vortrag des Klägers ebenso wenig zu entnehmen wie Zweifel an den Aussagen in den Druckschriften
des W oder der vom 21. und 22. Senat als Zeugen gehörten (früheren) Beschäftigten des Betriebs.
Nach alledem lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie beschäftigt war. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht und kann sie auch
dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, so dass er sich nicht überzeugen kann, dass die Voraussetzungen für die vom Kläger
begehrten Feststellungen erfüllt sein könnten (zum auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven
Beweislast s. bereits Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 -, BSGE 6, 70 [73 f.]).
Die Entscheidung über die Erstattung von Kosten beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 Abs.
1 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) sind nicht erfüllt. Von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts oder eines anderen in §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG genannten Gerichts weicht die vorliegende Entscheidung nicht ab. Der Senat kann auch keinen (weiteren) Klärungsbedarf erkennen.