Gründe:
Die nicht durch §
172 Abs.
3 Nr.
1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ausgeschlossene und auch im Übrigen zulässige (§
173 SGG) Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Er kann vom Antragsgegner die vorläufige Erbringung höherer als in dem Bescheid
vom 3. November 2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2010) für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 30.
Juni 2011 bewilligter Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht verlangen.
Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob - wie das Sozialgericht angenommen hat - deshalb keine Notwendigkeit für eine vorläufige
Regelung besteht, weil dem Antragsteller keine durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht abwendbare oder zu beseitigende
Nachteile drohen (§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG - sog. Anordnungsgrund), weil Mietrückstände, die die Vermieterin zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem
Grund berechtigen würden, (noch) nicht bestünden und frühestens im Juni 2011 bestehen könnten. Abgesehen davon, dass der Antragsteller
bei fortlaufender Zahlung (für Januar, Februar und März 2011) nur eines den ihm jetzt für Unterkunft und Heizung bewilligten
Leistungen in Höhe von 378 Euro entsprechenden Teils der geschuldeten Miete in Höhe von insgesamt 591,07 Euro bereits im März
2011 "für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug" geraten
dürfte (vgl. Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. [2008], § 543 Rdnr. 103), ist zu berücksichtigen, dass nach §
22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der "tatsächlichen
Aufwendungen" erbracht werden.
"Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits
gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum
einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete drohen regelmäßig
Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade,
existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der Hilfebedürftige wird - solange
er im Leistungsbezug steht - zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein
(BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 31/07 R -). Vor diesem Hintergrund hat jeder erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch darauf, dass ihm die ihm von Gesetzes wegen
zustehenden Leistungen so rechtzeitig erbracht werden, dass er in der Lage ist, seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber
dem Vermieter von Wohnraum ebenfalls rechtzeitig zu erfüllen. Das Risiko einer Kündigung von Wohnraum oder eines Prozesses
wegen verspäteter Zahlung des Mietzinses (mit der damit verbundenen Kostenfolge) oder gar einer Klage auf Räumung ist ihm
in aller Regel nicht zuzumuten (zuletzt Beschluss des Senats vom 31. August 2010 - L 14 AS 1263/10 B ER -). Ein Anordnungsgrund wird dementsprechend bei glaubhaft gemachtem Anordnungsanspruch regelmäßig nur dann zu verneinen
sein, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige die tatsächlichen Aufwendungen jedenfalls vorläufig aus nicht zu berücksichtigendem
Einkommen ("Freibeträge") oder Vermögen ("Schonvermögen") tätigen kann. Dafür ist hier nichts ersichtlich.
Der begehrten Anordnung steht indes entgegen, dass nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Antragsteller für die Zeit ab 1.
Januar 2011 Anspruch auf Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe des von ihm nach dem Mietvertrag geschuldeten
Mietzinses (einschließlich Vorauszahlungen für Betriebskosten, Warmwasser und Heizung: 591,07 Euro) hat.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen -
nur - erbracht, soweit sie angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den die Besonderheit des Einzelfalles
angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie
es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen
zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die Aufwendungen für die vom Antragsteller derzeit genutzte Wohnung sind nicht mehr angemessen. Die Angemessenheit der Aufwendungen
ist für die Unterkunft und deren Heizung getrennt zu prüfen (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R -).
Die Höhe der Aufwendungen für die Unterkunft wird in erster Linie durch ihre Größe beeinflusst. Deshalb ist zunächst deren
Angemessenheit zu bestimmen, "und zwar typisierend ... anhand der landessrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung
des sozialen Mietwohnungsbaus" (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -). Auch in Berlin hält der Senat für eine Person eine Wohnung mit einer Wohnfläche von höchstens 50 qm für angemessen
(BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - für die Stadt München). Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher
und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort
heranzuziehen. Letztlich kommt es darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt,
der Angemessenheit entspricht. Als Maßstab hierfür scheiden die vom Grundsicherungsträger herangezogenen Ausführungsvorschriften
- AV-Wohnen - aus (vgl. BSG, Terminbericht vom 20. Oktober 2010 - Nr. 58/10). Mangels anderer Erkenntnisquellen hält der Senat
derzeit, jedenfalls in einstweiligen Anordnungsverfahren, das von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin entwickelte
Konzept für geeignet zur Bestimmung von angemessenen Kosten der Unterkunft und legt es deswegen zugrunde. Danach ergibt sich
unter Berücksichtigung des für Berlin geltenden qualifizierten Mietspiegels (Mietspiegel 2009) und einer Gewichtung der sich
daraus für einzelne Gruppen ergebenden Werte entsprechend der Zahl der vorhandenen Wohnungen eine "abstrakt" angemessene (Nettokalt-)Miete
von 4,76 Euro/qm für Wohnungen bis zu einer Größe von 60 qm (vgl. dazu und zum folgenden auch S. Schifferdecker/B. Irgang/E.
Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, ArchsozArb
2010, Nr. 1, 28-42). Hinzuzurechnen sind die umlagefähigen Betriebskosten in einer Höhe von 1,41 Euro/qm. Somit ergibt sich
für eine für eine Person angemessene Wohnung eine (Bruttokalt-)Miete von 308,50 Euro. Diese Grenze übersteigen die Aufwendungen
für die bisherige Wohnung des Antragstellers. Diese betragen unter Einschluss der von der Vermieterin mit den Kosten für Warmwasser
und Heizung abgerechneten, dessen ungeachtet aber den "kalten" Betriebskosten hinzuzurechnenden Kosten für (Kalt-)Wasser und
Entwässerung in Höhe von monatlich gerundet 50 Euro (nach der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2009 596,82 Euro jährlich)
378,36 Euro monatlich (273,62 Euro Grundmiete [davon 83,10 Euro wegen Modernisierung], 54,74 Euro Betriebskostenvorauszahlung,
50 Euro Vorauszahlung für [Kalt-]Wasser und Entwässerung).
Auch die Aufwendungen des Antragstellers für die Heizung seiner Wohnung (ohne die aus der Regelleistung zu deckenden Aufwendungen
für die Lieferung von Warmwasser) übersteigen das Maß des Angemessenen. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob der Auffassung
der Bundessozialgerichts - uneingeschränkt - zu folgen ist, wonach Aufwendungen bis zu einem sich aus einem kommunalen oder
bundesweiten Heizspiegel ergebenden Grenzwert (Produkt aus abstrakt angemessener Wohnungsgröße und "extrem hohen" Heizkosten)
als angemessen anzusehen sind (Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R -). Nach der Heizkostenabrechnung für 2009 betrugen die Heizkosten für die gesamte Wirtschaftseinheit (1.419,39 qm) 13.145,98
Euro (9,26 Euro/qm jährlich) und liegen damit nach dem bundesweiten Heizspiegel im mittleren Bereich. Es wäre deshalb zumindest
näher begründungsbedürftig, warum unter derartigen Umständen Aufwendungen in nahezu der zweifachen Höhe bis hin zur "Verschwendungsgrenze"
(in diesem Fall: 17,90 Euro/qm jährlich) noch angemessen sein sollten. Aber selbst diese "Verschwendungsgrenze" übersteigen
die Aufwendungen des Antragstellers, die für das Jahr 2009 insgesamt 1.335,53 Euro und damit unter Zugrundelegung der tatsächlichen
Wohnfläche (55,4 qm) 24,10 Euro/qm jährlich und unter Zugrundelegung der angemessenen Wohnfläche (50 qm) sogar 26,71 Euro/qm
jährlich betrugen. Dafür, dass diese Aufwendungen in dem vorliegend zu beurteilenden Zeitraum ab dem 1. Januar 2011 wesentlich
geringer sein könnten, besteht kein Anhalt; insbesondere hat der Antragsteller keine niedrigeren Vorauszahlungen als 2009
oder 2010 zu leisten.
Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Aufwendungen des Antragstellers für Unterkunft und Heizung aufgrund "der Besonderheit
des Einzelfalles" (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) angemessen sein könnten. Dies ist weder wegen der Schwerbehinderung des Antragstellers
noch sonstiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen anzunehmen. Ebenso wenig ergibt sich dies daraus, dass die Tochter des
Antragstellers diesen jedes zweite Wochenende besucht und dort auch übernachtet. Dadurch werden keine höheren Aufwendungen
für die Unterkunft des Antragstellers erforderlich. Insbesondere kann er nicht verlangen, dass ihm wegen dieser zwar regelmäßigen,
aber zeitlich begrenzten Besuche Leistungen für eine Unterkunft erbracht werden, die für zwei (dauerhaft in einer Wohnung
lebende) Personen angemessen sind.
Leistungen in Höhe der tatsächlichen, aber nicht mehr angemessenen Aufwendungen sind dem Antragsteller für die Zeit ab dem
1. Januar 2011 auch nicht etwa deswegen zu erbringen, weil es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar wäre, die Kosten für die
Unterkunft - durch einen Umzug - zu senken (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Dass ihm eine Wohnung, für die die Aufwendungen noch
angemessen sind, konkret nicht zugänglich ist, ist nicht glaubhaft gemacht. Das Gegenteil ist anzunehmen. Dem "Antrag" des
Antragstellers vom 2. Juni 2010 an den Antragsgegner ist zu entnehmen, dass ihm zumindest zwei entsprechende Angebote vorlagen,
die er "aus persönlichen Gründen" abgelehnt hat. Welche Gründe dies waren, hat der Antragsteller nicht erläutert. Jedenfalls
scheiterte ein Wohnungsangebot nicht an einer (im Übrigen vom Antragsteller gleichfalls nicht belegten) "negativen Schufa".
Eben sowenig bestehen Hinweise, dass zu den als angemessen anzusehenden Bedingungen weder eine Wohnung im Erdgeschoß (oder
ggf. mit Aufzug) noch mit zwei Räumen (ein und ein halbes Zimmer) angeboten werden.
Dass der Antragsteller innerhalb eines Zeitraums von nunmehr mehr als einem Jahr keine seinen Vorstellungen entsprechende
preiswertere Wohnung gefunden hat, dürfte vielmehr darauf beruhen, dass er zu verkennen scheint ("Und ich möchte mich ja nicht
verschlechtern gegenüber meiner jetzigen Wohnung."), dass ihm - wie bereits ausgeführt - lediglich ein einfacher und im unteren
Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht und er deshalb nicht mit der ihm obliegenden gebotenen Intensität eine
solche Wohnung gesucht hat. Solange und soweit er auf staatliche Fürsorgeleistungen zur Deckung seines Lebensunterhalts angewiesen
sein wird, wird er die von ihm nicht gewünschte Verschlechterung seiner Wohnverhältnisse allerdings nicht vermeiden können.
Schließlich ist dem Antragsteller eine Senkung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht etwa deshalb unzumutbar,
weil er vom Antragsgegner nicht oder nur unzureichend auf seine Obliegenheit, die Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken,
hingewiesen bzw. darüber aufgeklärt worden wäre. Der Antragsgegner hat den Antragsteller durch die Schreiben bereits vom 25.
November 2009 und 29. Dezember 2009 auf die Unangemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft, auf die nach seiner Ansicht
angemessene Höhe der Aufwendungen (378 Euro) und darauf hingewiesen, dass Leistungen in Höhe der tatsächlichen (unangemessenen)
Aufwendungen nur noch bis zum 30. Juni 2010 bzw. - nach dem dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 31.
Mai 2010 abhelfenden Bescheid vom 10. Juni 2010 - bis zum 31. Dezember 2010 erbracht werden würden; dies genügt den Anforderungen
an eine "Kostensenkungsaufforderung". Unschädlich ist, dass der Antragsgegner dem Antragsteller darin ungeachtet der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (Urteil vom 2. Juli 2009, aaO.) eine Bruttowarmmiete benannt hat. Letztlich wirkt sich die getrennte
Berechnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung allenfalls geringfügig aus. Auch deshalb ist nicht erkennbar, dass
der Antragsteller seine Suche nach einer angemessenen Wohnung aufgrund dieses Mangels entscheidend eingeschränkt hätte oder
dadurch sonst in der Suche beschränkt gewesen wäre (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -).
Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 Abs.
1 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).