Tatbestand:
Die 1950 geborene Klägerin begehrt die Vormerkung von Beschäftigungszeiten als Zeiten der fiktiven Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und zur Feststellung der dabei erzielten Arbeitsentgelte.
Nach einem Studium an der T U D erwarb sie dort 1973 den akademischen Grad Diplomingenieurökonom. Am 1. Oktober 19nahm sie
eine Tätigkeit als O im Bereich L und T in der V V B K- und L auf. Diese führte ab dem 1. Januar 19 die Bezeichnung "VK K
und L". Ab diesem Zeitpunkt übernahm die Klägerin die Arbeitsaufgabe "G P".
Am 13. Juni 2002 beantragte die Klägerin die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990
als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. April
2003 ab und führte zur Begründung aus, zwar lägen die persönlichen Voraussetzungen vor, es habe sich aber weder um einen Produktionsbetrieb
noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie unter Wiederholung der Begründung
des Ausgangsbescheides mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2004 zurück.
Mit der am 20. August 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgebracht, es habe sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie
gehandelt, denn wesentliche Aufgabe sei die Herstellung von Trockeneipulver im Gefriertrocknungsverfahren gewesen. Daneben
seien gefrorenes Fleisch und Butter hergestellt worden. Lagerhaltung sei lediglich Nebenzweck gewesen. Jedenfalls aber ergebe
sich der fiktive Versorgungsanspruch aus der Historie des Kombinates als Vereinigung Volkseigener Betriebe. Diese seien ausdrücklich
den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen und zum 1. Januar 1984 alle in VE Kombinate umgewandelt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. März 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die materielle Produktion
von Sachgütern habe nicht den Hauptzweck des Betriebes gebildet. Hierzu hat es sich auf die zeugenschaftliche Aussage des
ehemaligen Generaldirektors des Kombinates vom 9. Mai 2005 im Verfahren des Sozialgerichts Berlin S 13 RA 5072/03 bezogen.
Mit der am 22. Mai 2007 eingelegten Berufung gegen das ihr am 18. Mai 2007 zugestellte Urteil bringt die Klägerin vor, die
herangezogene Aussage des Generaldirektors K sei unzutreffend. Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 9.
April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2004 zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1.
Oktober 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
vorzumerken und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Streitakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vormerkung ihrer Beschäftigungszeiten für die Zusatzaltersversorgung.
Sie erfüllt nicht die beiden in § 1 Abs. 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) genannten Voraussetzungen, denn sie war weder bei Inkrafttreten der Norm am 1. August 1991 Inhaberin einer Versorgungsberechtigung
noch war sie in ein Versorgungssystem einbezogen und vor dem 1. Juli 1990 daraus ausgeschieden. Dies steht zwischen den Parteien
auch nicht im Streit.
Ein Anspruch der Klägerin auf Vormerkung der Beschäftigungszeiten für die Zusatzversorgung ergibt sich auch nicht aus § 1 Abs. 1 AAÜG in der durch das Bundessozialgericht - BSG - vorgenommenen verfassungskonform erweiternden Auslegung. Danach ist anspruchsberechtigt,
wer am 1. August 1991 aufgrund der bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände
einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage erlangt hatte (BSG, Urteil vom 7. September
2006, B 4 RA 41/05 R, Juris, m.w.N.).
Der umschriebene fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 17. August
1950 (GBl. S. 844) und § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur AVTI-VO vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487), soweit
diese am 3. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind, von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen
ab, von denen hier allein die betriebliche im Streit steht. Nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 2. Oktober 1990,
an den das Bundesrecht anknüpft, muss die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie
oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein (vgl. BSG, Urteil vom 10. April
2002, B 4 RA 10/02 R, Juris, Randnr. 18).
Der Betrieb, in dem die Klägerin am 30. Juni 1990 beschäftigt war, erfüllte die genannten betrieblichen Voraussetzungen nicht.
Das VE Kombinat Kühl- und Lagerwirtschaft gehörte bereits nicht dem hier allein in Betracht kommenden Industriewesen an. Maßgeblich
ist insofern, welche Aufgabe dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, wobei ein wichtiges Indiz die Zuordnung zu einem Ministerium
ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 18/03 R, Juris, Randnr. 22), also die Zuordnung zum Verantwortungsbereich eines Ministeriums, das nach der Organisation der Regierung
der DDR die Funktion eines Industrieministeriums wahrgenommen hat (BSG, Urteil vom 9.April 2002, B 4 RA 41/01 R, Juris, Randnr. 47). So liegt es hier aber nicht, denn das VE Kombinat Kühl- und Lagerwirtschaft war nicht einem Industrieministerium,
sondern dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft direkt unterstellt. Darüber hinaus hat auch nicht ein
industrieller Produktionsprozess dem Betrieb das Gepräge gegeben. Dies ergibt sich schon aus dem neuesten Vortrag der Klägerin,
wonach Betriebszweck primär die Lagerung der produzierten tierischen und pflanzlichen Produkte und deren Vorratshaltung für
den Handel gewesen sei.
In der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis zum 31. Dezember 1983 handelte es sich zwar um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne
von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Danach waren den volkseigenen Produktionsbetrieben auch Vereinigungen volkseigener Betriebe gleichgestellt,
ohne dass nach deren Zugehörigkeit zu einem bestimmten Wirtschaftssektor unterschieden wurde. Um eine solche VVB hat es sich bis zum 31. Dezember 1983 gehandelt. Einen Anspruch auf Vormerkung jener Beschäftigungszeiten hat die Klägerin
gleichwohl nicht, denn maßgeblich ist die Sachlage am 30. Juni 1990. Zu jenem Zeitpunkt hat es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb
der Klägerin aber nicht mehr um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Seit der Umwandlung des VVB in das VE Kombinat waren die Voraussetzungen für die Gleichstellung nicht mehr gegeben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 1. Juli 2010, L 31 R 818/08, Juris, Randnr. 32).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.