Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, Klärungsbedürftigkeit bei
auslaufendem Recht
Gründe:
I. Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Monat
September 2005. Der Beklagte hat für die Bedarfsgemeinschaft, die vorliegend aus den erwerbsfähigen Klägern und ihrem gemeinsamen
ebenfalls erwerbsfähigen, 1989 geborenen Sohn besteht, ein anrechenbares Gesamteinkommen für diesen Monat in Höhe von 1.227,67
Euro ermittelt, was die Kläger nicht beanstandet haben. Dem stand nach Auffassung des Beklagten ein Bedarf an Regelleistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 861 Euro gegenüber - was ebenfalls unstreitig ist - sowie Kosten für Unterkunft
und Heizung in Höhe von 182,62 Euro. Insoweit geht der Beklagte davon aus, dass sich die anzuerkennenden Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,51 Euro monatlich im Monat September 2005 durch die Gutschrift der Betriebskostenrückzahlung
für das Jahr 2004 entsprechend vermindert haben. Damit besteht nach Auffassung des Beklagten mangels Hilfebedürftigkeit ein
Anspruch für den Monat September 2005 nicht (Bescheid vom 27. Juli 2005 und Widerspruchsbescheid vom 6. September 2005). Die
hiergegen zum Sozialgericht Potsdam erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen,
da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung habe (Urteil vom 15. Februar 2006).
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung machen die Kläger geltend, die Rechtsfrage, ob es sich bei Betriebskostenrückzahlungen
um Einkommen oder Vermögen handele, sei nach wie vor hinsichtlich Erstattungen für das Jahr 2004 nicht geklärt. Diese Rechtsfrage
sei auch noch klärungsbedürftig, denn einerseits liege noch keine gefestigte Rechtsprechung hierzu vor und andererseits betreffe
die Frage eine Vielzahl von Leistungsbeziehern.
Die Kläger gehen zu Recht davon aus, dass sie das Urteil des Sozialgerichts nur mittels einer Nichtzulassungsbeschwerde anfechten
können. Sie (sowie ihr Sohn, der vom Sozialgericht ebenfalls ausdrücklich als Kläger hätte aufgenommen werden müssen) sind
durch dieses Urteil in Höhe von 22,84 Euro beschwert, denn nach ihrem Vorbringen ergibt sich ein Anspruch in dieser Höhe.
Für die Folgemonate hat der Beklagte den aus der Betriebskostennachzahlung resultierenden "Einkommensüberhang" als Vermögen
angesehen und nicht bedarfsmindernd berücksichtigt. Wegen des damit 500,00 Euro nicht übersteigenden Beschwerdegegenstandes
bedarf die Berufung gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, die hier ausdrücklich nicht erfolgt ist.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung hat keinen Erfolg, weil keiner der in §
144 Abs.
2 SGG genannten Zulassungsgründe vorliegt. Da ein Verfahrensmangel nicht gerügt wurde und auch nicht ersichtlich ist, dass die
Voraussetzungen des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG vorliegen, kommt nur eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als Zulassungsgrund in Betracht.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art aufwirft, die bisher höchstrichterlich
nicht geklärt ist. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung
und Fortentwicklung des Rechts berührt ist und zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheitlichkeit
in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Meyer-Ladewig,
SGG 8. Auflage, §
160 Rdnr. 6 a). Für die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist hinsichtlich der Klärungsbedürftigkeit
auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts abzustellen (vgl. zuletzt Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom16.
Mai 2007 - B 11b AS 61/06 B veröffentlicht in juris; Meyer-Ladewig, aaO. RdNr. 19 b m.w.N.). Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist jedoch die Klärungsbedürftigkeit
nicht mehr gegeben.
Soweit in der Rechtsprechung für die Rechtslage bis zum 31. Juli 2006 ungeklärt ist, ob die Betriebskostennachzahlung - als
Einkommen verstanden - nicht in voller Höhe angerechnet werden darf, sondern gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO nur nach Abzug
einer Versicherungspauschale von 30,- Euro (so die ganz herrschende Rechtssprechung der Sozialgerichte, vgl. nur Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg Urteil vom 19. Juli 2006 - L 5 AS 278/06 -, juris RdNr. 35) oder die Betriebskostenrückzahlung - wie der Beklagte meint - unmittelbar die Kosten der Unterkunft mindern,
ist der vorliegende Rechtsstreit zur Klärung der Rechtsfrage nicht geeignet. Die Kläger haben anderweitig anrechenbares Einkommen
erzielt, so dass ihnen die pauschalen Abzüge ohnehin zugute kommen. Diese Frage ist mithin vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Die damit allein entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob die Betriebskostenrückzahlung als Vermögen anzusehen ist, ist nicht
mehr klärungsbedürftig. Zum einen liegt mit dem zitierten Urteil des Landssozialgerichts Berlin-Brandenburg entgegen der Auffassung
der Kläger eine abschließende Rechtsprechung zur streitigen Frage vor. Danach ist die Betriebskostenerstattung nicht deshalb
als Vermögen anzusehen, weil durch die monatliche Zahlung eines Betriebskostenvorschusses ein Betrag angespart wird und nach
Ablauf des Abrechnungszeitraumes so ein Guthaben bestehen kann, und zwar selbst dann, wenn der Betroffene in dem Zeitraum,
in dem er die entsprechenden Betriebskostenvorschüsse entrichtet hat, noch keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
bezogen hat. Die Revision ist in diesem Urteil nicht zugelassen worden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht
ist nicht eingelegt. Es liegt keine Rechtsprechung der Sozialgerichte oder der Landessozialgerichte vor, wonach davon abweichend
von einem Vermögensbestandteil auszugehen wäre. Die Kläger können sich für diese Ansicht auch nicht auf veröffentlichte Literatur
beziehen. Die Rechtsfrage ist damit als geklärt anzusehen. Zum anderen fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage
auch deshalb, weil mit Art. 1 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchstabe bb des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I 1706) die Gesetzesfassung mit Wirkung vom 1. August 2006 bezogen auf die vorliegende
Streitfrage grundlegend geändert worden ist. Nach dem zu diesem Zeitpunkt angefügten Satz 4 in § 22 Abs. 1 SGB II mindern
Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung
oder der Gutschrift entstandenen Aufwendungen. Damit kann sich die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung
nur auf die Gesetzesfassung und Rechtslage bis 31. Juli 2006 beziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
kann aber auslaufendes oder ausgelaufenes Recht in aller Regel keine grundsätzlichen Rechtsfragen mehr aufwerfen, sofern nicht
noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden sind und darin die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage liegt. Im vorliegenden
Verfahren ist zwar keine Rechtsvorschrift außer Kraft getreten, es liegt aber eine damit vergleichbare Situation vor, weil
sich die zuvor bestehende Auslegungsfrage durch eine Gesetzesergänzung grundlegend geklärt hat. Die Kläger haben zwar vorgetragen,
es sei noch eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden. Im Einzelnen ist hierzu (etwa aus dem Tätigkeitsbereich
der Bevollmächtigten) aber nichts vorgetragen und angesichts des zitierten Urteils sowie einer aus diesem Grund bereits erfolglos
gebliebenen Nichtzulassungsbeschwerde eines Trägers der Grundsicherung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 10. Mai
2007 - L 19 B 100/07 AS NZB -; juris RdNr. 7) auch nichts ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).