Schriftformerfordernis für Berufungseinlegung; Gewähr der Urheberschaft; eingescannte Unterschrift; Computerfax/Telefax; elektronische
Signatur/EGVP
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Entfernung ihrer Kontoauszüge aus der sie betreffenden Leistungsakte.
Mit Schreiben vom 13. November 2013 beantragte die im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehende Klägerin bei dem Beklagten die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge aus ihrer Verwaltungsakte.
Mit Bescheid vom 14. November 2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Diejenigen Kontoauszüge, die die Höhe des Leistungsbezuges
beeinflussten, dies betreffe insbesondere den Nachweis des Zuflusses von Geldleistungen, befänden sich zulässigerweise in
der Verwaltungsakte, weil dies zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei und es für Zwecke erfolge, für
die die Daten erhoben worden seien. Sollten sich in der Akte nach entsprechender Prüfung Kontoauszüge befinden, für die diese
Voraussetzung nicht erfüllt sei, würden diese aus der Akte entfernt, sobald die Akte wieder vorliege, mithin nach Abschluss
des Verfahrens.
Dagegen erhob die Klägerin am 11. Dezember 2013 Widerspruch mit der Begründung, die Speicherung von Kontoauszügen in der Verwaltungsakte
sei grundsätzlich nicht erforderlich, um die dem Beklagten obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Die Löschung der Daten habe unverzüglich
und vollständig zu erfolgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2013 wies der Beklagte den Widerspruch aus den Gründen der ablehnenden Entscheidung
unter Benennung der Rechtsgrundlagen zurück. Ergänzend führte er aus, die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, auf
welche Kontoauszüge sich ihr Verlangen beziehe, welche verzichtbar seien. Einer solchen Konkretisierung bedürfe es aber, da
lediglich die Entfernung solcher Kontoauszüge verlangt werden könne, welche für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht
benötigt würden. Von der Klägerin sei auch nichts vorgetragen, wonach ein schutzwürdiges Interesse aufgrund ihrer besonderen
persönlichen Situation an der Entfernung der Kontoauszüge erkennbar sei. Für eine vollständige Entfernung der Kontoauszüge
fehle es schließlich an einer Rechtsgrundlage.
Am 20. Januar 2014 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Es sei nicht
ersichtlich, wofür die in der Verwaltungsakte befindlichen zahlreichen Kopien von Kontoauszügen noch benötigt würden und warum
diese (weiterhin) vorgehalten werden müssten.
Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2014, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin per Zustellungsurkunde am 3. Juli 2014 zugegangen,
hat das Sozialgericht der Klägerin mitgeteilt, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen und
ihr Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Das Sozialgericht hat dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin folgenden sinngemäßen Antrag entnommen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember
2013 zu verurteilen, die Kontoauszüge der Klägerin aus der Verwaltungsakte zu entfernen und festzustellen, dass der Beklagte
durch die Speicherung der Kontoauszüge in der Verwaltungsakte geltendes Recht verletzt habe.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, soweit mit ihr
eine Feststellung begehrt werde, da die Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage subsidiär sei. Die kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage sei zulässig und nicht etwa wegen eines unbestimmten Antrages unzulässig. Denn das Begehren sei nach dem
Vortrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass sie - anderes sei nicht erkennbar - die Entfernung sämtlicher Kontoauszüge
aus der Verwaltungsakte geltend mache.Die Klage sei indessen unbegründet, da die Speicherung von Sozialdaten (hier der Kontoauszüge)
auf der Grundlage des § 67c Abs. 1 Satz 1 SGB X zulässig sei und eine Löschung dieser Sozialdaten daher nicht in Betracht komme. Diese würden zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit
der Klägerin benötigt, mithin zur Erfüllung der Aufgaben des Beklagten. Eine Prüfung, ob einzelne Kontoauszüge gegebenenfalls
zu löschen seien, könne nicht erfolgen, zumal die Klägerin die vollständige Entfernung aller Kontoauszüge begehre. Diesem
Begehren stünde bereits entgegen, dass zumindest ein Teil der Kontoauszüge aktuell benötigt würden, um ihren Leistungsanspruch
festzustellen.
Am 14. August 2014 ist mittels Computerfax/Telefax eine Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid bei dem Sozialgericht Cottbus
eingegangen. Dieses Computerfax enthält lediglich eine eingescannte Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
Am 18. August 2014 ist bei dem Sozialgericht Cottbus mittels unsignierter elektronischer Gerichts- und Verwaltungspost (EGVP)
nochmals diese Berufungsschrift mit der eingescannten Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen. Das
Sozialgericht Cottbus hat die mit der eingescannten Unterschrift versehene Berufungsschrift vom 14. August 2014 an das Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg weitergeleitet, dort ist diese am 28. August 2014 eingegangen.
Der Senat hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2014 den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung
des erkennenden Senats vom 31. Juli 2014, L 29 AS 1052/14 NZB, an der der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beteiligt war, auf die wohl innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist
nicht gewahrte Schriftform hingewiesen. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, die Berufung sei nicht
mangels Schriftform unzulässig. Die zitierte Entscheidung sei falsch.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Beklagten vom 22. Juli 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, sämtliche in der Verwaltungsakte
befindlichen Kontoauszüge zu entfernen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Schriftsätzen vom 22. Dezember 2014 und 23. Dezember 2014 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen
Verfahren gemäß §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten
(Kundennummer:), der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis zu dieser Verfahrensweise erteilt
haben (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 SGG).
Die Berufung ist unzulässig. Denn sie ist innerhalb der Monatsfrist des §
151 Absätze 1 und 2
SGG nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt
worden.
Gemäß §
151 Abs.
1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß §
151 Abs.
2 Satz 1
SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Was unter "schriftlich" im Sinne der genannten Vorschriften zu verstehen ist, ist im
SGG nicht geregelt. Grundsätzlich wird dem Schriftformerfordernis in der Regel durch die eigenhändige Unterschrift des Berechtigten
Rechnung getragen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage 2014, §
151 Rn. 3a; vgl. hierzu §
126 Abs.
1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB), nach dem die Urkunde, wenn durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, eigenhändig von dem Antragsteller durch Namensunterschrift
oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss).
Vorliegend ist zunächst eine eigenhändige Unterschrift des Prozessbevollmächtigten weder in der per Computerfax/Telefax am
14. August 2014 noch in der per unsignierter EGVP am 18. August 2014 übermittelten Berufungsschrift erkennbar.
Der Namenszug auf der per Computerfax/Telefax übermittelten Berufungsschrift ist zweifelsfrei erkennbar nicht durch eigenhändige
Unterschrift erfolgt, sondern elektronisch eingefügt. Für den mit EGVP am 18. August 2014 übermittelten identischen Schriftsatz
gilt dasselbe. Danach steht fest, dass der Prozessbevollmächtigte mit dieser Unterschrift den Originalschriftsatz jedenfalls
nicht "eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens" unterzeichnet hat.
Darüber hinaus ist der eingescannte Namenszug in der Beschwerdeschrift vom 14. November 2014 auch nicht zur Identifizierung
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin geeignet (zum Ganzen in einem gleichgelagerten Fall: Senatsbeschluss vom 31. Juli
2014, L 29 AS 1052/14 NZB, zitiert nach juris).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) und auch anderer oberster Bundesgerichte ist eine Unterschrift
ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individueller Schriftzug mit entsprechenden charakteristischen
Merkmalen, der sich als Unterschrift des vollen Namens und nicht nur als Abzeichnung mit einer Abkürzung des Namens darstellt
(u.a. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 1986, IVa ZB 13/86, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen). Erforderlich ist eine Unterschrift des Ausstellers eines Schriftsatzes schon
deshalb, um diesen unzweifelhaft identifizieren zu können (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997, IX ZR 34/97, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen). Ob ein Schriftzug eine Unterschrift oder lediglich eine Abkürzung darstellt,
beurteilt sich dabei nach dem äußeren Erscheinungsbild, wobei in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften
ein und derselben Person aufweisen, insoweit ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, wenn die Autorenschaft gesichert ist (BGH,
IX ZR 34/97, aaO., mit weiteren Nachweisen). Zudem genügt eine vervielfältigte Unterschrift nur solange der Schriftform, wie an ihrer
Verlässlichkeit keine Zweifel bestehen (vgl. bereits Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 25. November 1970, IV C 119.68; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 5. April 2000, GmS-063 1/98, beide zitiert nach juris).
Etwaige Zweifel an der Echtheit oder Vollständigkeit der Unterschrift sind gegebenenfalls im Wege des Freibeweises zu klären,
wobei in die Prüfung alle bedeutsamen Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 24. Juli 2001, VIII ZR 58/01, zitiert nach juris).
Eine Identifizierung des Prozessbevollmächtigten im Sinne dieser Rechtsprechung lässt der eingescannte Namenszug des Prozessbevollmächtigten
der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil der Prozessbevollmächtigte im zugrundeliegenden Verfahren wie bereits - nach eigenem
Bekunden- in einem anderen Verfahren vor dem erkennenden Senat (L 29 AS 114/12 B PKH) verschiedene Unterschriften benutzt, die ganz erheblich divergieren und "zur Identifikation daher kaum geeignet sind".
Nach seinen Ausführungen in dem Schriftsatz vom 27. Februar 2012 im zitierten Verfahren zum Aktenzeichen L 29 AS 114/12 B PKH weicht selbst die in seinem Personalausweis enthaltene Unterschrift, die gerade der Identifizierung seiner Person dienen
soll (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 6 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätnachweis - PAuswG - vom 18. Juni 2009, Bundesgesetzblatt I 2009, 1346), "von allen bisher bekannten Unterschriften" ab. In der zugrundeliegenden Gerichtsakte sind bereits zwei erheblich divergierende
"Namenszüge" ersichtlich, die über die übliche Variationsbreite von Unterschriften von ein und derselben Person weit hinausgehen.
Bei diesen Schriftzügen sind Gemeinsamkeiten kaum ersichtlich. Gemeinsamkeiten seiner Unterschriften und damit die Möglichkeit
einer Identifikation des Ausstellers werden von dem Prozessbevollmächtigten auch nicht einmal behauptet. Vielmehr betont er
sogar, dass selbst seine Unterschrift im Personalausweis zur Erkennung "wenig zielführend" sei, weil sie von allen anderen
Unterschriften abweiche. Damit ist jedoch eine Identifikation des Prozessbevollmächtigten als Aussteller eines Schriftstückes
über seine Unterschrift kaum möglich. Dies ist umso bedenklicher, als der Prozessbevollmächtigte als zugelassener Rechtsanwalt
tätig ist und deshalb seine Position als Aussteller von formgebundenen Schriftstücken regelmäßig durch eine eigenhändige Unterschrift
unter Beweis zu stellen hat.
Die eigenhändige Unterschrift in der Berufungsschrift ist auch nicht entbehrlich.
Zwar sieht das Gesetz (vgl. u.a. §
126a BGB - elektronische Form- und §
65a SGG - elektronische Dokumente) das Schriftformerfordernis beispielsweise bei Verwendung einer elektronischen Signatur als ausreichend
an und auch die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit die Verwendung bestimmter Übermittlungsarten als ausreichend angesehen
(beispielsweise Telegramm und Telefax - vergleiche hierzu Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss
vom 5. April 2000, GmS - OGB 1/98, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen). Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe
des Bundes hat hierzu in diesem Beschluss ausgeführt, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung Verfahrensvorschriften nicht
Selbstzweck seien. Auch sie dienen letztlich der Wahrung der materiellen Rechte der Prozessbeteiligten, sollen also die einwandfreie
Durchführung des Rechtsstreits unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten sicherstellen und nicht behindern. Die Schriftlichkeit
soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der
sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück
nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist
(Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, aaO., mit weiteren Nachweisen). Die Erfüllung der gesetzlich erforderlichen
Schriftform, zu der grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift gehört, sei solchen bestimmenden Schriftsätzen nicht deshalb
abzusprechen, weil sie durch moderne elektronische Medien übermittelt werden und mangels Vorhandenseins eines körperlichen
Originalschriftstücks beim Absender eine eigenhändige Unterzeichnung nicht möglich ist.
Selbst wenn nach dieser Rechtsprechung wegen der Eigenständigkeit des Prozessrechts §
126 BGB weder unmittelbar noch entsprechend auf Prozesshandlungen anzuwenden wäre (vgl. BSG - Urteil vom 21. Juni 2006 - B 13 RJ 5/01R - m.w.N. - zitiert nach juris), ist in jedem Fall doch entscheidend, dass mit
dem Schriftformerfordernis gewährleistet werden soll, dass die abzugebende Erklärung dem Schriftstück hinreichend zuverlässig
entnommen, außerdem festgestellt werden kann, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt und das Schriftstück mit Wissen
und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Das Schriftformerfordernis kann daher auch dann erfüllt sein,
wenn es zwar an einer Unterschrift fehlt, sich jedoch aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr
für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt (BSG - Urteil vom 21. Juni 2006 - B 13 RJ 5/01R - m.w.N. - zitiert nach juris; Leitherer, aaO., § 151 Rn. 3a m.w.N.).
Der Bundesgerichtshof hat hierzu in Fortsetzung seiner ständigen Rechtsprechung noch mit Beschluss vom 26. Oktober 2011 ausgeführt,
dass nur in Ausnahmefällen auf eine Unterschrift verzichtet werden kann, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei
ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat. Zu berücksichtigen
seien hierbei nur dem Berufungsgericht spätestens bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bekannt gewordene Umstände
(Beschluss vom 26. Oktober 2011, IV ZB 9/11, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris).
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat nach eigener Prüfung.
Auch wenn danach die Nutzung, insbesondere eines so genannten Computerfaxes wohl grundsätzlich zulässig sein dürfte (vgl.
hierzu Leitherer, aaO., § 151 Rn. 3e, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, s.a. Bundessozialgericht; Urteil vom 21. Juni 2001,
B 13 RJ 5/01 R; wohl differenzierend BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010, VII ZB 112/08, beide mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris; grundsätzlich zulässig für Telefax: vgl. BSG, Beschluss vom 28. Juni 1985, 7 Bar 36/85 in SozR 1500 § 160a Nr. 53, BGH, Beschluss vom 5. Februar 1981, X ZB 13/80 in BGHZ 79, 314, Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 10. März 1982, I R 91/81), so ist von einer wirksamen Rechtsmittelschrift nur auszugehen, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass das
Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten übermittelt wurde und der Berechtigte damit die Verantwortung für den
Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat.
Davon ist im zugrundeliegenden Verfahren nicht auszugehen.
Denn - wie bereits oben ausgeführt - sind schon bei der eingescannten Unterschrift Zweifel an deren "Echtheit" angebracht,
weil eine zweifelsfreie Zuordnung wegen der vom Prozessbevollmächtigten selbst behaupteten Vielzahl der verschiedenen Unterschriften
nicht möglich ist.
Abgesehen davon erscheint es mehr als zweifelhaft, dass der Prozessbevollmächtigte selbst die Absendung des Computerfaxes/Telefaxes
ausgeführt bzw. veranlasst hat.
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass das elektronische Einscannen/Einfügen der als Datei hinterlegten "Unterschrift"
in einen Schriftsatz und die Übermittlung per Computerfax/Telefax technisch grundsätzlich für jeden möglich ist, der Zugriff
auf die elektronischen Dateien des Prozessbevollmächtigten hat (vgl. zur Anwendungssicherheit: BGH, Beschluss vom 14. Januar
2010, VII ZB 112/08, aaO.). Damit wäre hierzu technisch im Zweifel jeder Mitarbeiter des Prozessbevollmächtigten auch ohne dessen Kenntnis in
der Lage.
Dass konkrete Zweifel daran angezeigt sind, dass sowohl das Computerfax/Telefax im zugrundeliegenden Verfahren vom 14. August
2014 als auch die Nachricht mittels EGVP vom 18. August 2014 mit Wissen und Willen des Prozessbevollmächtigten gesendet worden
sind, ist schon aufgrund seiner, zwischenzeitlich gerichtsbekannten, eigenen Äußerungen zur Arbeitsbelastung und Arbeitsanfall
begründet.
So hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Sozialgericht Cottbus bereits in einem Verfahren zum Aktenzeichen S 21 AS 4286/11 mit Schriftsatz vom 22. Februar 2012 mitgeteilt, ein weiterer "Vortrag und eine Stellungnahme auf das Vorbringen der Gegenseite
(erfolge) erst in der mündlichen Verhandlung". Er sehe sich "bei einer ständig weiter ansteigenden Arbeitsbelastung nicht
in der Lage, jeden Vortrag der Gegenseite (vor einer mündlichen Verhandlung) zu kommentieren." Auch im anschließenden Berufungsverfahren
bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 29 AS 152/14) hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 11. Juni 2014 mitgeteilt, dass er "aus terminlichen Gründen" Akteneinsicht
erst "im Termin" nehmen werde. Auf einen Zeitungsartikel der Lausitzer Rundschau vom 12. September 2013 über von dem Prozessbevollmächtigten
der Klägerin in seiner Kanzlei gezahlte Stundenlöhne von unter zwei Euro bei allein im Jahr 2012 von ihm bei dem Sozialgericht
Cottbus eingereichten 5200 Klageverfahren hat der Prozessbevollmächtigte auf seiner Homepage (http://.de/...) damals wörtlich
ausgeführt: "Richtig ist zunächst, dass ich für die Reporterin... nicht zu sprechen war. Das lag schlichtweg daran, dass ich
derzeit täglich von früh bis abends Gerichtstermine wahrzunehmen habe. Ich selbst habe derzeit nicht einmal Zeit für Gespräche
mit meinen Mandanten, geschweige denn mit der Presse. Die Arbeit in der Kanzlei wird von derzeit zehn sehr motivierten Mitarbeiterinnen
geleistet, darunter sechs Vollzeitkräfte, einer Auszubildenden, einem Informatikstudenten und zwei 100 €-Kräften". Gegenüber
dem Sozialgericht Cottbus hat der Prozessbevollmächtigte schließlich mit Schriftsatz vom 18. Juni 2014 (zum Zeichen 3133 E)
mitgeteilt, er "habe mit personellen Engpässen zu kämpfen" und er sei daher nicht in der Lage gerichtliche Anfragen und Betreibenssaufforderungen
fristgemäß zu bearbeiten. Hinzu kommt, dass der Prozessbevollmächtigte zwischenzeitlich mindestens fünf Niederlassungen mit
teilweise erheblichen Entfernungen betreibt (in Lübbenau, Großräschen, Finsterwalde, Berlin und Celle) und allein beim Sozialgericht
Cottbus und beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mehrere tausend Verfahren anhängig sind (laut telefonischer Auskunft
des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Juli 2014 sind dort entsprechend der offiziellen Mitteilung an das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
am 30. Juni 2014 zum Sachgebiet AS insgesamt 8.849 Verfahren anhängig gewesen, hiervon 7.093 [= 80,16 % an allen AS-Verfahren]
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin), die seine häufige Anwesenheit zu mündlichen Verhandlungen im Sozialgericht Cottbus
und beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam erforderlich machen. Schließlich ist zumindest bei dem 20. Senat
des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg eine Berufung (L 20 AS 109/14) des Prozessbevollmächtigten zu einem Zeitpunkt eingegangen, in dem er sich nach eigenen Angaben und ausweislich für der
von ihm selbst eingereichten Buchungsunterlagen im Urlaub in Thailand aufgehalten hat.
Danach bleibt abschließend festzustellen, dass der Prozessbevollmächtigte schon nach seinen eigenen Bekundungen als alleiniger
Rechtsanwalt in einer Kanzlei mit zehn Mitarbeitern bereits aus zeitlichen bzw. personellen Gründen nicht in der Lage ist,
die vielen tausend bereits anhängigen Gerichtsverfahren ordnungsgemäß zu betreiben, in denen er als Prozessbevollmächtigter
auftritt. So sieht er sich selbst "aus personellen Gründen" regelmäßig gehindert, Mandantengespräche zu führen, Akteneinsicht
vor einem Gerichtstermin zu nehmen, Rechtsmittel zu begründen, zum Beklagtenvortrag Stellung zu nehmen oder auch nur einen
konkret bezifferten Antrag zu stellen. Entsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass er gleichwohl jeweils als Aussteller
eines Schriftsatzes in der Lage war, ein Gerichtsverfahren einzuleiten.
Diese Bekundungen des Prozessbevollmächtigten werden durch die eigenen Erfahrungen des Senats aus zahlreichen Verfahren, in
denen der Prozessbevollmächtigte vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg aufgetreten ist, und durch die festzustellenden
Zahlen bestätigt.
So hat der Prozessbevollmächtigte in zahlreichen Verfahren vor dem erkennenden Senat tatsächlich regelmäßig nicht oder nur
nach mehrmaliger Aufforderung Akteneinsicht genommen, Begründungen eingereicht und nicht einmal bei Leistungsklagen bezifferte
Anträge gestellt.
Schließlich spricht auch die extrem hohe Zahl der von ihm geführten Verfahren und die hieraus resultierende Arbeitsbelastung
gegen die Möglichkeit, das mit seinem Briefkopf eingereichte Schriftsätze tatsächlich alle jeweils mit seinem Wissen und Wollen
an das Gericht gesendet worden sind.
Würde beispielsweise davon ausgegangen, dass der Prozessbevollmächtigte für jedes der allein am 30. Juni 2014 bei dem Sozialgericht
Cottbus anhängigen 7.093 Verfahren pro Monat auch nur 5 Minuten seiner Arbeitszeit aufgewendet hat (dies entspricht pro Jahr
1 Stunde), so ergibt sich allein hieraus eine tägliche Arbeitszeit von fast 20 Stunden für jeden Kalendertag (einschließlich
aller Sonn-, Feier-, Krankheits-, Abwesenheits- und Urlaubstage: 7.093 Verfahren x 5 min.= 35.465 min. : 60 min. = 591,08
Std./Monat : 30 Tage= 19,7 Std./tägl. !). Zieht man Wochenenden, Feiertage und übliche Krankheitstage - nicht einmal Urlaubtage
- ab und geht von realistischeren 250 Arbeitstagen des Prozessbevollmächtigten im Jahr bzw. rund 21 Arbeitstagen im Monat
aus, so ergeben sich pro Arbeitstag rechnerisch allein aus diesen rd. 7.000 Verfahren durchschnittlich theoretisch sogar mehr
als 28 (!) Arbeitsstunden (591,08 Std./mtl.: 21 Tage = 28,14 Std./tägl.). Hinzu käme die Bearbeitungszeit für die äußerst
zahlreichen weiteren Verfahren insbesondere bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg und die Verwaltungsverfahren bei
den Leistungsträgern sowie etwaige Gerichtstermine, an denen er nach eigenen Angaben fast täglich teilnehmen muss.
Angesichts dieser Zahlen und der hieraus resultierenden Arbeitszeiten bedarf es keiner weiteren Erörterungen, dass es dem
Prozessbevollmächtigten schon rechnerisch unmöglich ist, in jedem der von ihm eingeleiteten vielen tausend Verfahren die unter
seinem Briefkopf abgesandten Schriftsätze wissentlich und willentlich auf den Weg gebracht zu haben.
Bei dieser Sachlage kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Schriftsätze mit eingescannter Unterschrift
mit Wissen und Willen des Prozessbevollmächtigten seine Kanzlei verlassen haben. Auch bei dem Computerfax/Telefax vom 14.
August 2014 ist nicht auszuschließen, dass die Berufungsschrift, sei es aufgrund eines Versehens oder aufgrund einer Initiative
eines der Mitarbeiter des Prozessbevollmächtigten, ohne dessen konkretes Wissen und Willen in den Rechtsverkehr gelangt ist.
Danach ist er in diesen Fällen nicht zweifelsfrei als Aussteller zu erkennen. Diese Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin.
Die am 18. August 2014 mittels EGVP übermittelte Berufungsschrift führt ebenfalls nicht zur wirksamen Einleitung eines Berufungsverfahrens.
Denn die Übermittlung erfolgte ohne Verwendung einer elektronischen Signatur. Zumindest bei der Übermittlung am 18. August
2014 per EGVP hätte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch Verwendung einer Signatur die technische Möglichkeit
bestanden, sich als Aussteller/Absender der Berufungsschrift zu identifizieren. Diese Möglichkeit hat er nicht genutzt und
ausweislich des Sendebelegs die EGVP-Sendung unsigniert vorgenommen. Auf die Anfrage des Senats in einem anderen Berufungsverfahren
(L 29 AS 68/13), an dem der Prozessbevollmächtigte beteiligt war, ob er überhaupt im Besitz der erforderlichen Signaturkarte ist, hat er
mit Schriftsatz vom 17. Juni 2013 mitgeteilt, "der Einsatz derartiger Karten (erweise sich) im praktischen Umgang insbesondere
bei dezentralisierter Arbeitsweise als uneffektiv". Hierzu ist anzumerken, dass der Berechtigte zur zweifelsfreien Identifikation
gerade die Signaturkarte erhält und daher auch nur der Besitzer dieser einen Karte die Signatur nutzen und sich als Aussteller
zu erkennen geben kann; eine gleichzeitige Nutzung durch weitere Personen wäre technisch ausgeschlossen.
Abschließend bleibt danach festzustellen, dass die Berufung nicht wirksam mit Computerfax vom 14. August 2014 erhoben wurde,
weil zumindest nicht zweifelsfrei erkennbar ist, dass der Prozessbevollmächtigte selbst Aussteller dieses Computerfaxes war.
Auch die am 18. August 2014 mittels EGVP dem Sozialgericht Cottbus zugeleitete Beschwerdeschrift führte nicht zur wirksamen
Berufung, weil sie unsigniert erfolgte und damit auch hier der Prozessbevollmächtigte nicht zweifelsfrei als Aussteller erkennbar
ist.
Beide Rechtsmitteleinlegungen (per Computerfax/Telefax und EGVP) entsprechen vorliegend damit nicht der gesetzlich vorgeschriebenen
Form und sind somit unzulässig.
Die Berufung war danach als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG nicht vorliegen.