Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit des am 28. Februar 2010 verstorbenen Versicherten
FB (im Folgenden: Versicherter) vom 1. Februar 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVItech - Zusatzversorgungssystem nach
Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1937 geborene Versicherte war von 1954 bis 1960 bei der Volkspolizei-See, der Kasernierten Volkspolizei-See und der Nationalen
Volksarmee-Seestreitkräfte der ehemaligen DDR Behördenangestellter bzw. NVA-Angestellter. Später war er bei dem VEB Gasversorgung
Berlin bis 1971 beschäftigt. Mit Urkunde der Ingenieurhochschule Zittau vom 2. Oktober 1970 wurde ihm das Recht verlieren,
die Berufsbezeichnung Bau-Ingenieurökonom zu führen. Ab März 1971 war er anschließend als Bauingenieur bis zum 31. Januar
1974 beim Straßen- und Tiefbauamt Berlin tätig.
Im streitigen Zeitraum vom 1. Februar 1974 bis zum 30. Juni 1990 war der Versicherte schließlich in der Generaldirektion der
Mitropa AG (zuletzt) als Abteilungsleiter Bau- und Projektierung beschäftigt.
Ausweislich des Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts Charlottenburg (HRB), nunmehr geführt beim Amtsgericht Frankfurt
am Main- Registergericht (HRB), wurde die Mitropa (Mitteleuropäische Schlafwagen-Speisewagen-Aktien-Gesellschaft) mit Satzung
vom 2. September 1916 als Aktiengesellschaft gegründet. Als Gegenstand des Unternehmens wurde zunächst der Erwerb und Betrieb
von Schlafwagen, Speisewagen, Luxuswagen und Luxuszügen eingetragen.
Ausweislich eines Vorlageentwurfes der Mitropa-Direktion vom 28. November 1962 für die Aufsichtsratssitzung am 30. November
1962 der Mitropa AG war die Mitropa AG mit einem Stammkapital in Höhe von 10.560.030 RM gegründet worden; hiervon hielten
die Deutsche Reichsbahn 6.332.000 RM, die Trans Continental AG Zürich 4.224.000 RM und im freien Verkehr befanden sich Aktien
im Wert von 4000 RM. An der TCAG Z wiederum hielt die D R 80% (1.720.000 Schweizer Franken) und die M20% (430.000 Schweizer
Franken). Insgesamt hielt danach die Deutsche Reichsbahndirekt oder indirekt an der Mitropa AG 92% des Aktienkapitals.
Zur betrieblichen und rechtlichen Lage der Mitropa AG wurde in dem oben genannten Entwurf zur Aufsichtsratssitzung vom 28.
November 1962 insbesondere folgendes ausgeführt:
"1. Status der Mitropa
a) Betriebliche Lage
Die Mitropa ist das zentrale Versorgungsunternehmen des Ministeriums für Verkehrswesen. Bewirtschaftet werden durch die Mitropa
aufgrund ihrer Aufgabenstellung und unter Beachtung der durch Direktiven festgelegten Abgrenzung zu den anderen Handelsorganen
Schlaf- und Speisewagen und Wirtschaftsbetriebe,
Eisenbahn- Fährschiffe,
Bahnhofsgaststätten sowie Kioske, Läden und Imbissstuben,
Autobahnraststätten,
Flughafen- Restaurants und - Hotels
und Fahrgastschiffe in den Binnen- und Küstengewässern.
Die Beziehungen zu den Verkehrsträgern sind durch Verträge geregelt, die jedoch hinsichtlich ihres prinzipiellen Inhalts unterschiedlich
sind. Die Mitropagliedert sich auf in 52 planende und bilanzierende Einheiten. Beschäftigt sind bei der Mitropa insgesamt
13.600 Mitarbeiter. Die Leitung der Mitropa erfolgt nach dem sozialistischen Leitungsmethoden...."
Wiederholt wurde erwogen, die Mitropa AG in einen VEB umzuwandeln (vgl. Gudrun Bechtloff, Diss. 1999, "Die Mitropa AG: ein
privatrechtliches Unternehmen des Schlafwagen- und Speisewagenverkehrs im Spannungsfeld wirtschaftlicher Interessen und staatliche
Einflüsse und Abhängigkeiten von 1916 bis 1990", Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt Main 2000, m.w.N.). Eine
solche Umwandlung wurde jedoch niemals vollzogen; stattdessen wurde die Mitropa AG nach offizieller Anweisung des Ministeriums
für Verkehrswesen der ehemaligen DDR vom 18. März 1963 "ab sofort wie ein volkseigener Betrieb behandelt".
Der Versicherte trat am 1. März 1974 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete Beiträge für ein
Einkommen bis 1200,00 M. Eine positive Versorgungszusage hatte der Versicherte in der ehemaligen DDR nicht erhalten. Er bezog
seit dem 1. Oktober 2001 eine Altersrente.
Am 22. November 2001 beantragte der Versicherte die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 7. Februar 2002 stellte die Beklagte Zeiten in der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
von Oktober 1970 bis Februar 1971 fest und lehnte die Anerkennung von Zeiten ab dem 1. März 1971 bis zum 30. Juni 1990 ab,
da die Voraussetzungen für die Anerkennung dieser Zeiten nicht vorlegen; es sei keine Beschäftigung im Geltungsbereich des
Zusatzversorgungssystems - volkseigenen Produktionsbetrieb - ausgeübt worden.
Hiergegen erhob der Versicherte am 12. April 2002 mit der Begründung Widerspruch, die Regeln seien für ihn unverständlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Im Juni 1990 habe der Versicherte als
Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung in der Mitropa Generaldirektion ausgeübt. Hierbei habe es
sich jedoch weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt.
Eine Versorgungszusage sei auch nicht erteilt worden.
Am 13. März 2003 hat der Versicherte Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben. Die M sei tatsächlich mit Gründung der DDR
in die Planwirtschaft integriert worden. In der DDR sei die Mitropa AG einem volkseigenen Betrieb (VEB) gleichgestellt worden;
es handele sich somit um ein gleichgestelltes Unternehmen.
Der Versicherte hat beantragt,
den Bescheid vom 7. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2003 abzuändern und die Beklagte
zu verpflichten, auch die Zeit vom 1. Februar 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der
technischen Intelligenz sowie die tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Mitropa habe sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Sie sei der Wirtschaftsgruppe 52245 (Einzelhandelsbetriebe
Lebensmittel/Gaststätten) des statistischen Betriebs Registers der DDR zugeordnet gewesen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 19. Juni 2006 die Klage abgewiesen. Der Versicherte sei nicht im Besitz einer
Versorgungszusage und habe auch keinen Anspruch auf Feststellung der streitigen Zeiten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) sei für Zugehörigkeitszeiten i.S. von § 5 AAÜG insbesondere erforderlich, dass die so genannten betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorlägen. Danach sei
der Versicherte nur dann einzubeziehen, wenn er in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie und des Bauwesens oder
einen gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Eine Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb auf dem Gebiet der Dienstleistung,
der Landwirtschaft und anderer Bereiche der Volkswirtschaft reiche nicht aus. Die Mitropa sei jedoch weder ein volkseigener
Betrieb, noch ein gleichgestellter Betrieb. Sie sei im Rechtsverkehr nicht unter der Bezeichnung "VEB" und zudem als Dienstleistungsbetrieb
für Reisende aufgetreten, in dem sie Verpflegung und Schlafgelegenheiten in unterschiedlicher Weise zur Verfügung gestellt
habe.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Versicherten am 7. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Versicherte am 7. August
2006 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Mitropa AG sei zwar kein Produktionsbetrieb, sie
sei aber als "Betrieb der Eisenbahn" im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I S.
467) zu qualifizieren und danach gleichgestellt. Dem stehe nicht entgegen, dass die Mitropa AG auch Dienstleistungen erbracht
habe. Ihr habe uneingeschränkt die Bewirtschaftung der Speise- und Schlafwagen oblegen.
Nach dem Ableben des am 28. Februar 2010 verstorbenen Versicherten führt seine Ehefrau den Rechtsstreit in Sonderrechtsnachfolge
als Klägerin fort.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 19. Juni 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2002 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten des verstorbenen
Versicherten vom 1. Februar 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten (Versicherungsnummer:) sowie die in Kopie beigezogenen Registerakten des Amtsgerichts Frankfurt am Main (HRB),
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat zu Recht mit Urteil vom 19. Juni 2006 die Klage abgewiesen.
Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2003 ist
rechtmäßig.
Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
durchsetzbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech im streitgegenständlichen Zeitraum sowie
auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 AAÜG).
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen
im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein
Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden
vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach § 1 Abs. 2 AAÜG als nicht eingetreten.
Gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten
Betrieben vom 17. August 1950 (VOAVItech - GBl. der DDR S. 844) wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung
eingeführt. Nach § 1 der auf Grundlage von § 5 VOAVItech erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die
zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.
Mai 1951 (2. DB - GBl. der DDR S. 487) gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten insbesondere Ingenieure. Den volkseigenen
Produktionsbetrieben wurden nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen;
Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademien und
Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie das Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-
Ausleih- Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe,
Hauptverwaltung und Ministerien. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages
Anspruch auf eine Altersversorgung hatte (§ 1 Abs. 3 der 2. DB).
Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der verstorbene Versicherte war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm zum 1. August 1991
eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, ist nicht durch eine positive Statusentscheidung der Beklagten, einen nach
Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt oder durch einzelvertragliche Einbeziehung erfolgt.
Der verstorbene Versicherte hatte nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht und aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen
tatsächlichen Umstände aus bundesrechtlicher Sicht auch keinen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage unter
Einbeziehung der streitigen Zeiträumen im Sinne des früher zuständigen 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommenen
(verfassungskonformen) Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG, denn die vom BSG normierten Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Der 4. Senat des BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die fiktive Einbeziehung in die AVItech aufgrund der
verfassungskonformen Auslegung des AAÜG an drei Voraussetzungen zu knüpfen ist (BSG, aaO., m.w.N.).
In seiner Entscheidung vom 29. Juli 2004 (Aktenzeichen: B 4 RA 4/04 R, u.a. in SozR 4-8570 § 1 Nr. 4, m.w.N.) hat er hierzu folgendes ausgeführt:
"Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art
17 EV) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Senat vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung
des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen
Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S 12 f; BSG SozR
3-8570 § 1 Nr. 3 S 20; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 4 S 26 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 S 32; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S 39; BSG
SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 S. 59 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 8 S 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer
Zusage hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.
Im Blick auf die AVItech ergeben sich diese Regelungen aus der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S 844) und der
dazu ergangenen 2. DB. Ein derartiger - fiktiver - bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt gemäß § 1 der
VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570
§ 1 Nr. 2 S 14, Nr. 5 S 33, Nr. 6 S 40 f, Nr. 7 S 60, Nr. 8 S 74), nämlich von
(1) der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und
(2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar
(3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem
durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Dabei kommt es für die Anwendbarkeit des AAÜG (§ 1 Abs. 1 AAÜG) nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die am 1. August 1991
gegebene bundesrechtliche Rechtslage an."
Zumindest an dem Fehlen der letzten (betrieblichen) Voraussetzung scheitert eine Einbeziehung des verstorbenen Versicherten.
Denn er war weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch in einem der in § 1 Abs.
2 der 2. DB aufgeführten gleichgestellten Betrieben beschäftigt.
Zum einen scheitert eine Einbeziehung schon daran, dass es sich bei der Mitropa um eine Aktiengesellschaft und nicht um einen
volkseigenen Betrieb (VEB) gehandelt hat. Hierbei ist es unerheblich und führt nicht zu einer anderen Beurteilung, dass an
der Mitropa AG die Deutsche Reichsbahn direkt oder indirekt über die Aktienmehrheit verfügte. Dahinstehen kann zudem, ob aufgrund
offizieller Anweisung des Ministeriums für Verkehrswesen der ehemaligen DDR vom 18. März 1963 die Mitropa AG wie ein volkseigener
Betrieb behandelt wurde. Insoweit verweist der Senat auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 9. April 2002 (B 4 RA 3/02 R, u.a. in SozR 3-8570 § 1 Nr.7) zur insofern vergleichbaren Interflug GmbH. Auch bei der Interflug GmbH konnte der Staat
aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Konstellation (Gesellschafter waren zuletzt das Ministerium für Verkehrswesen, das Deutsche
Reisebüro und der VEB-Deutrans) die Geschicke des Unternehmens im Wesentlichen bestimmen und die Interflug GmbH war im Wirtschaftsrecht
der DDR weitgehend einem VEB gleichgestellt. Wie der 4. Senat des BSG in dieser Entscheidung bereits ausgeführt hat, ist entscheidend,
dass - aus welchen Gründen auch immer - nicht die gesellschaftsrechtliche Rechtsform des VEB gewählt wurde.
Wie die Klägerin selbst einräumt, ist die Mitropa AG zum anderen nicht als volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder
des Bauwesens zu qualifizieren. Die Mitropa AG war weder ein Industriebetrieb noch ein Baubetrieb. Sie übte keine betriebliche
Tätigkeit aus, die auf die Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet war (vgl. hierzu Urteil des 4. Senat des BSG
vom 23. August 2007, B 4 S 3/06 R, u. a. in SozR 4-8570 § 1 Nr. 16, m. w. N.), sondern erbrachte im weitesten Sinne Dienstleistungen im Gastronomiebereich.
Andere Betriebe als die der Industrie oder des Bauwesens können nur einbezogen werden, wenn sie gleichgestellt sind. Auch
dies ist bei der Mitropa AG nicht der Fall.
Das Bundessozialgericht hat in diesem Zusammenhang in seinem Urteil vom 18. Juni 2003 (B 4 RA 1/03 R, u. a. in Die Beiträge Beilage 2004, 21 bis 25, m.w.N.) bereits folgendes ausgeführt, was im Ergebnis auch auf die Mitropa
AG zutrifft:
"Der Kläger hat den im streitgegenständlichen Zeitraum keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt, die in ihrer Art nach Form
Zusatzversorgungssystem der AVItech erfasst war. Denn er war weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie
oder des Bauwesens noch in einem der in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgeführten gleichgestellten Betriebe beschäftigt, sondern in
einem Parteibetrieb, der dementsprechend auch nicht als "VEB" firmierte (§ 31 Abs. 3 KombinatsVO). Dieser Betrieb - "I. Graphischer Großbetrieb L." - war vielmehr, wie der Kläger selbst vorträgt, der Vereinigung organisationseigener
Betriebe (VOB) der Zentralen Druckerei, Einkaufs- und Revisionsgesellschaft der SED (Zentrag) unterstellt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es - wie bereits ausgeführt - hier unerheblich, wie die DDR und ihre Staatsorgane
die Versorgungsordnungen ausgelegt haben, oder wie deren Verwaltungspraxis war. Somit ist es für die Beurteilung auch ohne
Bedeutung, welche Stellung ein Parteibetrieb in dem "Gesamtgefüge des Staatsapparates DDR" hatte (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570
§ 1 Nr. 3). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech (fiktiv) nur dann nach
§ 5 AAÜG festgestellt werden, wenn Tätigkeiten bzw. Beschäftigungen in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des
Bauwesens oder in einem in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannten gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sind (vgl. hierzu BSG SozR
3-8570 § 1 Nr. 5). Nicht ausreichend sind Tätigkeiten (oder Beschäftigungen) in irgendeinem volkseigenen Betrieb und demgemäß
auch nicht solche in einem Parteibetrieb (hier der VOB Zentrag).
Dass es sich um eine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt haben muss, folgt bereits aus § 1 Abs.
2 der 2. DB; die dort genannten Betriebe und "Einrichtungen" werden gerade (nur) den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt.
Dass diese Produktionsbetriebe solche der Industrie oder des Bauwesens sein mussten, entspricht nicht nur ihrer Bedeutung
im Rahmen der Planwirtschaft (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6), sondern auch der historischen Entwicklung (vgl. hierzu
entsprechend BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 5): Nach § 1 der 1. Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl S 1043), die
durch die 2. DB (aaO.) aufgehoben worden ist, war notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der
AVItech gerade die Beschäftigung in einem "Produktionsbetrieb". Auch sah § 5 der Verordnung vom 17. August 1950 (aaO.) für
den Erlass dieser Durchführungsbestimmung das Einvernehmen des Ministeriums für Industrie vor. Die Differenzierung zwischen
den volkseigenen Produktionsbetrieben und den anderen volkseigenen Betrieben wurde zwar nicht immer in dieser sprachlichen
Klarheit aufrechterhalten, sondern gelegentlich zur sprachlichen Vereinfachung ausgesetzt, wie sich auch aus § 1 der Verordnung
über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9. Februar 1967 (GBl. II S 121) ergibt;
dort war der Hinweis enthalten, dass im fortlaufenden Text, der sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe bezieht, der
Ausdruck "volkseigener Produktionsbetrieb" durch die Bezeichnung "Betrieb" ersetzt wird. Jedoch galt nach § 49 Abs. 1 der
Verordnung (aaO.) diese - unmittelbar - "für die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens". Die Verordnung
über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Vereinigungen volkseigener Betriebe vom 28.
März 1973 (GBl. I S 129), die an die Stelle der Verordnung vom 9. Februar 1967 (aaO.) getreten ist, setzte diese Unterscheidung
fort und differenzierte demgemäß grundsätzlich zwischen (u. a.) den volkseigenen Betrieben in der Industrie, im Bauwesen und
im Verkehrswesen, für die sie unmittelbar galt, und (u. a.) den volkseigenen Betrieben im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen,
in der Landwirtschaft und in den anderen Betrieben der Volkswirtschaft. Insbesondere die KombinatsVO von 1979 stellte den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in der Industrie und in dem Bauwesen die volkseigenen
Kombinate und Kombinatsbetriebe in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenüber (§ 41 aaO.). § 1 Abs. 2 der 2. DB enthielt
somit lediglich eine Klarstellung, dass der volkseigene Betrieb ein "volkseigener Produktionsbetrieb" (der Industrie oder
des Bauwesens) ist.
Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Der EV hat nur die Übernahme
damals bestehender Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften von Einbezogenen in das Bundesrecht versprochen und
Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (EV Nr. 9, § 22 Rentenangleichungsgesetz der DDR vom 28. Juni 1990 - GBl I S 495,
vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 8 m. w. N.). Die Vorschriften sind in sich verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber durfte an
die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung dieser Versorgungssysteme in der DDR ohne Willkürverstoß
anknüpfen. Art
3 GG gebietet nicht, von jenen historischen Fakten, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie "rückwirkend"
zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigungen der damals Einbezogenen hat der Deutsche
Bundestag als ein Teilergebnis der Verhandlungen im EV angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE
100, 138, 190 f = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Der Bundesgesetzgeber hat in § 1 Abs. 1 AAÜG in begrenztem Umfang DDR-Willkür ausgeschaltet (vgl. zur Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, 8). Zu einer Totalrevision des mit Beginn des 31. Dezember 1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets überführten,
aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er nicht verpflichtet, weil er diesen gesamten Rechtsbereich ab 1. Januar 1992
einem rechtsstaatlichen Grundsätzen im Wesentlichen genügenden Gesetz, dem
SGB VI, unterstellt hat (vgl. BSG SozR 3-8570 §
1 Nr. 2)."
Nach diesen Regelungen und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG war die Mitropa AG kein Betrieb im Sinne des
§ 1 Abs. 2 der 2. DB. Auch hier ist zunächst zu erwähnen, dass die Mitropa AG eben kein VEB gewesen ist und es bundesrechtlich
nicht auf die "wirtschaftliche", sondern allein auf die versorgungsrechtliche Gleichstellung ankommt (BSG, B 4 RA 3/02 R, aaO.). Versorgungsrechtlich kann jedoch eine Gleichstellung nicht erfolgen, weil es sich bei der Mitropa AG nicht um ein
"Institut und Betrieb der Eisenbahn und Schifffahrt" im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB handelte. Schon nach der in der ehemaligen
DDR gültigen Definition (vgl. Ökonomisches Lexikon, DDR, 3. Aufl., Verlag Die Wirtschaft Berlin, 1977) sind als Eisenbahnen
nur "schienengebundene, durch Maschinenkraft bewegte Verkehrsmittel auf eigenem Bahnkörper zur Beförderung von Personen und/oder
Gütern" zu qualifizieren.
Voraussetzung für die Einbeziehung in diesen Kreis ist daher zumindest, dass in dem Bereich des Verkehrswesens die Beförderung
von Gütern und Personen dem Betrieb das Gepräge gab (so schon der 16. Senat des Landessozialgerichts Berlin- Brandenburg,
Beschluss vom 31. Juli 2006, L 16 R 39/06, zit. nach juris). Dies ist bei der Mitropa AG jedoch schon deshalb nicht der Fall gewesen, weil sie als Dienstleistung nicht
die Beförderung von Personen, sondern deren Versorgung insbesondere in der Form gastronomischer Betreuung erbrachte. Die Mitropa
AG war "zentral geleiteter Betrieb im Verkehrswesen der DDR für die Versorgung und Betreuung der Reisenden an Schwerpunkten
des internationalen Verkehrs und des Binnenfernverkehrs mit Handelswaren, gastronomischen und Beherbergungsleistungen sowie
damit verbundenen Dienstleistungen" (Ökonomisches Lexikon, aaO., MITROPA).
Darüber hinaus geschah dies auch nur zum Teil in Speise-, Liege- und Schlafwagen oder auf Schiffen während einer Beförderung.
Daneben betrieb die Mitropa AG im erheblichen Umfang Bahnhofsgaststätten sowie Kioske, Läden und Imbissstuben, Autobahnraststätten
und schließlich Flughafenrestaurants und -hotels, ohne dass sich feststellen ließe, dass die Tätigkeit des Unternehmens überwiegend
im Bereich des Schienenverkehrs oder der Schifffahrt stattgefunden hätte, so dass dieser Bereich dem Unternehmen das Gepräge
gab. Dass sämtliche wirtschaftlichen Organisationseinheiten, die im weitesten Sinne mit Eisenbahn und Schifffahrt zu tun hatten,
von der Gleichstellungsregelung des § 1 Abs. 2 der 2. DB erfasst würden, ist nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts
unter Berücksichtigung der DDR-Vorschriften als faktische Anknüpfungspunkte jedoch nicht ersichtlich.
In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zudem bereits zu Recht darauf hingewiesen, dass die Mitropa AG im statistischen Betriebsregister
unter den Konsumgüter-Einzelhandels-Betrieben (Schlüsselziffer 5 224 0) und dort unter den Einzelhandelsbetrieben Lebensmittel/Gaststätten
(Schlüsselziffer 5 224 3; Einzelhandelsbetriebe Gaststätten) geführt wurde. Mit dem eigentlichen Beförderungsauftrag der Eisenbahn
hatte die Mitropa AG nichts zu tun. Folgerichtig haben die Mitglieder der Direktion der Mitropa AG in dem Entwurf zur Aufsichtsratssitzung
vom 28 November 1962 sie auch selbst als "Handelsorgan" und nicht als "Eisenbahnbetrieb" bezeichnet.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.