Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und die Auszahlung vorläufig einbehaltener
Leistungen.
Der im Juli 1969 geborene Antragsteller, der im Mai 2018 einen Hirninfarkt erlitten hatte, mit einem Grad der Behinderung
(GdB) von 80 schwerbehindert ist, dem zusätzlich die Merkzeichen G und B zuerkannt sind und der pflegebedürftig mit Pflegegrad
2 ist, wohnt in der W in S. Er hatte Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von November 2018 bis April 2020 bezogen (Bescheide vom 27. März 2019 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. November
2019 und vom 2. April 2020).
Mit Bescheid vom 19. November 2019 hatte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg die Gewährung einer Rente wegen
voller Erwerbsminderung wegen nicht erfüllter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt.
Am 19. Dezember 2019 stellte der Antragsteller nach Aufforderung durch den Antragsgegner mit Schreiben vom 4. Dezember 2019
beim Beigeladenen einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII. In diesem Antrag gab er an, die im September 1971 geborene Kirstin S, die als Dienstleisterin und Hauswirtschafterin selbstständig
tätig sei, lebe als Lebensgefährtin/Betreuerin in seiner Haushaltsgemeinschaft.
Mit Schreiben vom 28. Januar 2020 widersprach der Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner der Entscheidung zur Erwerbsunfähigkeit,
da ein ärztliches Gutachten der Agentur nicht vorliege und den vorliegenden Unterlagen keine Gründe für eine fehlende Erwerbsfähigkeit
hätten entnommen werden können.
Mit Bescheid vom 19. März 2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. April 2020 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller
Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2020 bis 31. Januar 2021, dabei für August 2020, Oktober 2020 und Dezember 2020 bis Januar 2021 in
Höhe von 574,94 EUR monatlich und für September 2020 und November 2020 in Höhe von 619,94 EUR monatlich.
Unter dem 29. April 2020 teilte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg dem Antragsgegner mit, dass der Antragsteller
zumindest seit 1. Juni 2018 nicht erwerbsfähig sei, weil er auf nicht absehbare Zeit (länger als sechs Monate) außerstande
sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2020 bat der Antragsgegner den Antragsteller um Mitteilung, in welchem persönlichen Verhältnis
er zu K S stehe, ob es sich um seine Partnerin handele und ob sie bei ihm wohne sowie, wer seine Pflege bei Pflegegrad 2 übernehme.
Der Antragsteller gab dazu am 27. Juni 2020 an, K S sei seine Partnerin. Sie wohne seit dem 1. Juni 2020 bei ihm. Sie brauche
keine Miete zu zahlen, da sie ihn seit seinem Schlaganfall betreue und pflege.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2020 hob der Antragsgegner die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 1. August 2020 wegen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit ganz auf: Seine Partnerin bilde mit ihm eine Einstehens- und Wirtschaftsgemeinschaft.
Deren Einkommen führe voraussichtlich zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Die Entscheidung beruhe unter anderem
auf § 40 Abs. 1, 2 und 4 SGB II i. V. m. §
330 Abs.
3 SGB III und § 48 Abs. 1 SGB X.
Mit zwei Schreiben ebenfalls vom 3. Juli 2020 forderte der Antragsgegner den Antragsteller zur Übersendung weiterer Unterlagen,
insbesondere der Anlage EKS in Bezug auf K S unter Fristsetzung bis zum 19. Juli 2020 auf.
Mit dem gegen den Bescheid vom 3. Juli 2020 eingelegten Widerspruch machte der Antragsteller geltend, dieser Aufhebungsbescheid
sei rechtswidrig, da nicht ohne Prüfung der tatsächlichen Einnahmen der Bedarfsgemeinschaft von einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit
ausgegangen werden könne. Zudem liege eine Bedarfsgemeinschaft zwischen ihm und K S nicht vor. Insbesondere habe diese im
Rahmen seiner Pflege keine Vermögensverfügungsbefugnis und keine Kontovollmacht. Er könne ebenfalls weder über deren Einkommen
noch Vermögen verfügen. Der Antragsgegner habe vor Erlass des Bescheides keine Ermittlungen zum Einkommen durchgeführt.
Am 5. August 2020 hat der Antragsteller, der seit dem 1. Oktober 2020 mit K S verheiratet ist, beim Sozialgericht Frankfurt
(Oder) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Der Antragsteller hat vorgetragen, K S kümmere sich seit Januar 2018 um seine Angelegenheiten und sei seine Pflegeperson.
Sie hätten sich in dieser Zeit ineinander verliebt. Seit dem 1. Juni 2020 wohne sie bei ihm. Sie bildeten jedoch keine Bedarfsgemeinschaft,
da K S keine Verfügungsbefugnis über sein Einkommen oder Vermögen habe. Er verfüge lediglich über Rücklagen in Höhe von 1498,71
EUR. Die Aufhebung der Bewilligung führe zu einer erheblichen Notlage. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen
würden, dass das Einkommen der K S voraussichtlich zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit führe. Tatsächlich reiche
das Einkommen gerade aus, um den Lebensunterhalt einer Person zu bestreiten. Auch wenn er derzeit tatsächlich erwerbsunfähig
sei, führe das nicht zur Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung. Vielmehr seien die Leistungen nach dem SGB II vorläufig weiter zu gewähren, bis der vorrangige Leistungsträger die vorrangige Leistung bewillige. Der Aufhebungsbescheid
sei auch insofern formell rechtswidrig, da er nicht mit der fehlenden Zuständigkeit, sondern mit dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit
begründet worden sei. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nach § 41a SGB II lägen nicht vor, sodass eine Aufhebung gemäß § 40 Abs. 4 SGB II rechtswidrig sei. Zwischenzeitlich habe er einen Arbeitsvertrag über ein Arbeitsverhältnis von 100 Stunden monatlich in einer
Spielothek unterzeichnet, sodass ab November mit Einkommen zu rechnen sei. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehre
er, da er im Wesentlichen nur geringe Kosten der Unterkunft habe, nur den Regelbedarf, da er seinen Lebensunterhalt gegenwärtig
ausschließlich von dem ihm gewährten Pflegegeld bestreite. Jedenfalls vor Ende September 2020 bestünden keine Anhaltspunkte
für eine Bedarfsgemeinschaft. Die beigefügte Generalvollmacht für K S vom 22. Januar 2018 gebe nicht die Möglichkeit, auf
sein Bankkonto zuzugreifen. Eine Bedarfsgemeinschaft habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Der Antragsteller hat
seine eidesstattliche Versicherung vom 31. Juli 2020 und verschiedene Kontoauszüge vorgelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2020 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Juli 2020 zurück:
Es bestehe ab 1. August 2020 kein Anspruch auf eine abschließende Leistungsbewilligung. Mit der Entscheidung des Rententrägers
vom 29. April 2020 sei eine wesentliche Änderung eingetreten, sodass ab Juni 2020 die Bewilligungsentscheidung ganz aufzuheben
gewesen sei. Aufgrund der Mitteilung des Beigeladenen in seiner E-Mail vom 20. Mai 2020, dass er ab Juli 2020 die laufende
Leistungsgewährung nach dem SGB XII übernehme, sei die Bewilligungsentscheidung ab Juli 2020 ganz aufzuheben gewesen. Unabhängig davon habe der Antragsteller
bestätigt, dass K S seine Partnerin sei. Ausgehend von der von ihm angezeigten selbständigen Tätigkeit seiner Partnerin, mit
der er seit 1. Oktober 2020 verheiratet sei, sei der Bescheid vom 3. Juli 2020 nicht zu beanstanden. Aufgrund der selbständigen
Tätigkeit der Ehefrau und gegebenenfalls der noch nicht bekannten Höhe des Einkommens des Antragstellers aus seiner Erwerbstätigkeit
bestünde einzig ein Anspruch auf eine vorläufige Leistungsgewährung nach dem SGB II, soweit der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht durch das erzielte Einkommen ab 1. Oktober 2020 gedeckt wäre.
Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 3. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. Oktober 2020 anzuordnen und den Antragsgegner unter Aufhebung der Vollziehung des Aufhebungsbescheides vom 3. Juli
2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2020 zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig die ab dem 1.
August 2020 einbehaltenen Leistungen bis zur Bestandskraft dieses Bescheides, längstens jedoch bis zum 31. Januar 2021, auszuzahlen.
Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass der Antragsteller nicht erwerbsfähig sei. Er gehe davon aus, dass es sich um
eine Einstehens- und Wirtschaftsgemeinschaft handele. Er könne keine Leistungen, auch nicht vorläufig nach § 41a Abs. 1 SGB II bewilligen, da die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Leistungsanspruches entgegenstehe; der Beigeladene sei zuständig.
Die Ausführungen des Antragstellers hinsichtlich des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft erst ab der Heirat am 1. Oktober
2020 könnten nicht nachvollzogen werden. Es dürfte lebensfremd sein, dass zuvor keine Bedarfsgemeinschaft vorgelegen haben
solle. Bereits die angesprochene Generalvollmacht dürfte dem entgegenstehen.
Der Beigeladene hat auf die im Januar 2018 erteilte Generalvollmacht hingewiesen und gemeint, K S habe somit sehr wohl über
das Vermögen bzw. die Konten des Antragstellers verfügen können. Für die zurückliegende Zeit könne der Antragsteller keine
Ansprüche haben, weil der Antragsgegner bis Juli 2020 Leistungen nach dem SGB II erbracht habe. Ab Juni 2020 sei K S mit ihm zusammengezogen, wonach von einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen sei, dies insbesondere
angesichts der Tatsache, dass beide am 1. Oktober 2020 geheiratet hätten. Soweit der Antragsteller ab Oktober 2020 einer Teilzeiterwerbstätigkeit
nachgehe, würde er wieder in die Zuständigkeit des Antragsgegners fallen. K E-S habe bisher nur unvollständige Nachweise über
ihre Einkünfte eingereicht. Es müsse aber ein durchschnittliches Einkommen von ca. 900 EUR monatlich unterstellt werden. Dieses
Einkommen zusammen mit 316 EUR Pflegegeld des Antragstellers reiche aus, den Regelsatzbetrag von insgesamt 778 EUR zu decken.
Bezüglich der Unterkunftskosten käme zudem ein bisher nicht beantragter Anspruch auf Wohngeld in Betracht, der aber ebenfalls
nur alternativ zum vorliegenden streitigen Sozialleistungsanspruch gelte. Aus diesen Gründen könne der Beigeladene keine Leistungen
nach dem SGB XII gewähren.
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2020 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen
den Aufhebungsbescheid vom 3. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2020 angeordnet. Außerdem hat
es unter Aufhebung deren Vollziehung den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab dem 1. August 2020 die
aufgrund des Bescheides vom 3. Juli 2020 einbehaltenen Leistungen bis zur Bestandskraft dieses Bescheides, längstens jedoch
bis zum 31. Januar 2021, auszuzahlen: Der Zulässigkeit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches
stehe nicht entgegen, dass der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2020 über den Widerspruch entschieden
habe, denn nach §
86b Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei ein Antrag nach §
86b Abs.
1 SGG auch schon vor Klageerhebung zulässig. Soweit der Antragsteller darüber hinaus beantragt habe, den Vollzug des Bescheides
vom 3. Juli 2020 rückgängig zu machen, handele es sich um einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch im Sinne des §
86b Abs.
1 Satz 2
SGG. Der Antrag sei auch begründet, da sich die Aufhebungsentscheidung nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig
erweise. Im Hinblick auf das Einkommen der Frau S fehle es an den für die Aufhebung der Leistungsbewilligung erforderlichen
hinreichenden Ermittlungen des Antragsgegners. Verletzungen der Amtsermittlungspflicht sowie Verstöße gegen die Grundsätze
der freien Beweiswürdigung könnten zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führen. Allerdings sei eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes
im Verwaltungsverfahren nur dann erheblich, wenn in der Sache eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Eine
andere Entscheidung in diesem Sinne schließe das Gericht im vorliegenden Fall hinsichtlich des Einkommens der Frau S nicht
aus. Der Antragsgegner habe diesbezüglich im Vorfeld der Aufhebungsentscheidung keinerlei Ermittlungen vorgenommen. Aus dem
dem Antragsgegner vorliegenden Antrag auf Leistungen durch den Beigeladenen sei nicht ersichtlich, ob und gegebenenfalls wieviel
Einkommen Frau S beziehe bzw. vor Erlass der Aufhebungsentscheidung bezogen habe. Dies sei nach Auffassung des Gerichts nicht
ausreichend, um ohne Weiteres von einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers auszugehen. Treffe der Leistungsträger
in dem Bescheid keine Feststellungen zur Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens und fehle es darüber hinaus an einem Auskunftsverlangen
nach § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II gegen das andere Mitglied der vermuteten Bedarfsgemeinschaft, so stelle dies keine Feststellung aufgrund von Ermittlungen
dar, auf die ein Rücknahmebescheid gestützt werden könne. Diese Erwägungen des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 30/14 R träfen auf eine Aufhebung auf Grundlage des § 48 SGB X ebenfalls zu, sodass sich demzufolge der Bescheid vom 3. Juli 2020 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober
2020 materiell als offensichtlich rechtswidrig erweise. Der Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch bestehe dem Grunde nach schon
dann, wenn der Rechtsschutzsuchende wegen der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs
nicht zur Hinnahme der aus dem Vollzug des Verwaltungsakts folgenden Beeinträchtigung seiner Rechte verpflichtet sei. Dabei
sei zwar grundsätzlich das öffentliche Interesse gegen das Interesse des Antragstellers abzuwägen. Allerdings überwiege hier
das Interesse des Antragstellers an einer Auszahlung der ab 1. August 2020 einbehaltenen Leistungen, denn er verfüge gegenwärtig
nachweislich nicht über genügend Mittel zur Existenzsicherung.
Gegen den ihm am 23. Oktober 2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am 27. Oktober 2020 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners.
Unter dem 9. November 2020 hat der Antragsteller gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2020 Klage beim Sozialgericht
Berlin eingereicht.
Der Antragsgegner meint, weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch seien glaubhaft gemacht worden. Zum Vorliegen von Hilfebedürftigkeit
seien trotz mehrfacher Aufforderung keine Unterlagen eingereicht worden. Die Frage nach der besonderen Eilbedürftigkeit lasse
sich nur beantworten, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehefrau offengelegt würden. Der Antragsteller habe
die Amtsermittlungspflicht verhindert. Dass dem Antragsgegner aufgrund der unzureichenden Mitwirkung des Antragstellers die
Möglichkeit der Prüfung eines Anspruches nach § 41a SGB II genommen worden sei, könne diesem nicht zur Last gelegt werden. Darüber hinaus existiere kein Grund für die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung, da das Widerspruchsverfahren mit Erlass des Widerspruchsbescheides abgeschlossen gewesen sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Oktober 2020 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
unter Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Oktober 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage
gegen den Aufhebungsbescheid vom 3. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2020 anzuordnen und im
Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, die Argumentation des Antragsgegners trage nicht.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die
Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners (Behelfsakte Bd. I und II; ) und die Verwaltungsakten
des Beigeladenen (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 3. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. Oktober 2020 zu Recht angeordnet. Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides. Ebenfalls
zu Recht hat es unter Aufhebung deren Vollziehung den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab dem 1. August
2020 die aufgrund des Bescheides vom 3. Juli 2020 einbehaltenen Leistungen bis zur Bestandskraft dieses Bescheides, längstens
jedoch bis zum 31. Januar 2021, auszuzahlen.
Im Hinblick auf die während des Beschwerdeverfahrens erfolgte Klageerhebung hat sich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung
des Widerspruches nicht erledigt, sodass es eines Antrags des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der
Klage nicht bedarf.
Soweit nach Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt (
Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 13. Auflage, §
86a, Rdnr. 11) vertreten wird, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs dauere nur bis zum Tag vor Rechtshängigkeit der Klage,
unmittelbar danach beginne die aufschiebende Wirkung der Klage, so dass dementsprechend, wenn Klage erhoben ist, allein die
Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zulässig wäre, weil Erledigung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches
eingetreten wäre, gilt dies, wie die Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 23. September 1997 - 2 RU 44/96 (Rdnr.14, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 3-1300 §
50 Nr. 20) zu § 97
SGG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (
BGB I 1992, 2266) zeigt, lediglich, wenn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wie nach §
86a Abs.
2 Nr.
3 SGG für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen
oder entziehen, nicht über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus andauert. Im Übrigen wirkt die (gesetzlich angeordnete)
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes, so dass dementsprechend
die (gerichtlich erfolgte) Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieselbe Wirkung für diese Dauer hervorruft, es sei denn in
der gerichtlich erfolgten Anordnung ist etwas anderes bestimmt. Eine gerichtliche Aussetzungsentscheidung bezweckt, die Rechtslage
in Kraft zu setzen, die besteht, wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht ausnahmsweise entfällt. Der Aussetzungsbeschluss
löst deswegen die aufschiebende Wirkung grundsätzlich ebenso aus wie die kraft Gesetzes angeordnete aufschiebende Wirkung
von Widerspruch und Anfechtungsklage. Der Wortlaut der Vorschrift steht nicht entgegen. Widerspruch und Anfechtungsklage werden
in dieser Vorschrift gemeinsam aufgeführt, weil in bestimmten Fällen der Klage ein Widerspruchsverfahren nicht vorausgeht.
Entscheidend für die Auslegung müssen Sinn und Zweck der aufschiebenden Wirkung sein. Diesem Zweck wird es am besten gerecht,
wenn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts fortwirkt. Es gibt
keinen überzeugenden Grund dafür, dass die aufschiebende Wirkung nach der Zurückweisung des Widerspruchs bis zur Klageerhebung
entfallen soll, obwohl sie bezweckt, dass vor Abschluss des Rechtsschutzverfahrens vollendete Verhältnisse nicht herbeigeführt
werden können. Wirkt der Suspensiveffekt eines Widerspruchs in der genannten Weise fort, hat dies auch für eine gerichtliche
Anordnung zu gelten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 - 1 C 19/85, Rdnrn. 45 und 46, zitiert nach juris, abgedruckt in BVerwGE 78, 192 zu u. a. §
80 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
5 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO - , die im Wesentlichen mit §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG und §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 wortgleich sind; vgl. auch Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 3. Dezember 1998 - 3 EO 119/97, Rdnr. 26, zitiert
nach juris).
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich
aufschiebende Wirkung (§
86a Abs.
1 Satz 1
SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt nach §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG jedoch in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine solche bundesgesetzliche Regelung stellt § 39 Nr. 1 SGB II dar. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der u. a.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt.
Es bedarf daher der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, um zu erreichen, dass der angefochtene Verwaltungsakt nicht vollzogen
wird.
Bei der Entscheidung über diese Anordnung hat das Gericht zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des
eingelegten Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen. Wegen
des mit dem Verwaltungsakt verbundenen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen hat diese Abwägung der verfassungsrechtlichen
Rechtsschutzgarantie des Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG) in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Die für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage
ist insoweit eine adäquate Ausprägung dieser Garantie und ein fundamentaler Grundsatz öffentlich-rechtlicher Streitverfahren
in Anfechtungssachen. Allerdings gewährleistet Art.
19 Abs.
4 GG die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen,
den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des
allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ist daher ein besonderes
öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Der
Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender
die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und
Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer
behördlichen Anordnung entspringt (Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 21. März 1985 - 2 BvR 1642/83, Rdnr. 19, zitiert nach juris, abgedruckt in BVerfGE 69, 220; Beschluss vom 10. April 2001 - 1 BvR 1577/00, Rdnr. 13, zitiert nach juris, m. w. N.).
In den Fällen des §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung daher in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen
Verwaltungsaktes bestehen. Ernsthafte Zweifel liegen vor, wenn nach summarischer Prüfung des Verwaltungsaktes neben Umständen,
die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung
der Rechtsfragen oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (Bundesfinanzhof - BFH, Beschluss vom 2. November
2004 - XI S 15/04, Rdnr. 11, zitiert nach juris), also im Hauptsacheverfahren ein Erfolg wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 13. Auflage, §
86a Rdnr. 27a; §
86b Rdnrn. 12e, 12f). Dafür spricht die Erwägung, dass durch §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II im Wege einer typisierenden Abwägung das Vollzugsrisiko bewusst auf den Adressaten verlagert worden ist, also dem öffentlichen
Interesse an dem Sofortvollzug der Vorrang gegenüber dem entgegenstehenden privaten Interesse eingeräumt wird (Meyer-Ladewig,
a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist ein Misserfolg wahrscheinlicher als ein Erfolg, aber die Klage nicht aussichtslos, oder sind
die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten, wenn die Nachteile, die eintreten
würden, wenn die Anordnung nicht erginge, gewichtiger gegenüber den Folgen wären, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen
würde (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rdnr. 12 f). Ein solches Überwiegen der Nachteile ist unter Beachtung des in Art.
19 Abs.
4 GG niedergelegten Grundsatzes des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes insbesondere gegeben, wenn die Vollziehung eine unbillige,
nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine unbillige Härte ist anzunehmen, wenn
dem Betroffenen durch die Vollziehung des Verwaltungsaktes Nachteile entstehen oder ernsthaft drohen, die nicht oder nur schwer
wiedergutgemacht werden können (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b, Rdnr. 12g, § 86a Rdnr. 27b). Ist der Verwaltungsakt hingegen
offensichtlich rechtmäßig, ist eine unbillige Härte ausgeschlossen, denn die Vollziehung zur Verwirklichung eines vom Gesetz
vorgeschriebenen Rechtszustandes bedeutet lediglich die Durchsetzung der Rechtspflichten, die jedem anderen Betroffenen in
derselben Situation obliegen.
Die Voraussetzungen zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Als Rechtsgrundlage des Bescheides vom 3. Juli 2020 kommt § 40 Abs. 4 SGB II in Betracht.
Danach gilt: Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde,
ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person
Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a SGB II vorläufig zu entscheiden wäre.
Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II vorläufig zu entscheiden, wenn 1. zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich
längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen oder
2. ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere
Zeit erforderlich ist. Besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1
über den Leistungsanspruch aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorläufig zu entscheiden. Eine vorläufige Entscheidung
ergeht nicht, wenn Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, zu
vertreten haben (§ 41a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II). § 40 Abs. 4 SGB II enthält eine besondere Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung von endgültigen Bewilligungsbescheiden wegen der Änderung
bestimmter tatsächlicher Verhältnisse und damit eine Sonderregelung für die Abänderung von Bewilligungsbescheiden im Geltungsbereich
des SGB II. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG stellt eine vorläufige Leistung eine Leistung sui generis und ein aliud gegenüber der endgültigen Leistung dar. Die Voraussetzungen
für eine vorläufige Leistung und für eine endgültige Leistung stehen damit nebeneinander und beeinflussen sich gegenseitig
nicht. Dementsprechend kann von vornherein auch keine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Bezug auf einen endgültigen Bewilligungsbescheid vorliegen, wenn nach seinem Erlass die Voraussetzungen für eine vorläufige
Leistungsbewilligung eintreten. Denn wesentlich ist eine Änderung in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen im Sinne
von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur, wenn sie dazu führt, dass der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nicht mehr oder nicht mit diesem Inhalt erlassen werden
dürfte, es sich also um eine für die Anspruchsvoraussetzungen rechtserhebliche Änderung der Verhältnisse handelt. Ohne die
Regelung des § 40 Abs. 4 SGB II wäre deshalb eine Aufhebung eines endgültigen Bewilligungsbescheids nicht möglich, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse
dergestalt ändern, dass nunmehr vorläufige Leistungen nach Maßgabe von § 41a SGB II zu bewilligen wären. § 40 Abs. 4 SGB II modifiziert dabei nicht lediglich die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sondern stellt eine eigenständige Rechtsgrundlage zur Aufhebung dar (Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 40, Stand 01.03.2020, Rdnr. 150; Kallert in Gagel, SGB II /
SGB III, Werkstand: 78. EL Mai 2020, § 40 SGB II, Rdnrn. 121 und 122). Die Vorschrift korrespondiert dabei in gewisser Weise mit der inzwischen gefestigten Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. etwa BSG Urt. v. 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R, BSGE 112, 221; Urt. v. 21. Juni 2011 - B 4 AS 21/10 R, BSGE 108, 258; Urt. v. 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R, SozR 4-4200 § 40 Nr. 9), wonach die endgültige Bewilligung von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld schon als solche rechtswidrig
ist, wenn der Sachverhalt und namentlich die Hilfebedürftigkeit nicht abschließend geklärt sind. Wenn der Sachverhalt zum
Zeitpunkt der Leistungsbewilligung objektiv noch unsicher war - etwa weil der Leistungsbezieher eine Tätigkeit mit wechselndem
Einkommen ausübt -, gilt dies auch dann, wenn wegen der Geltung der Bewilligung für in der Zukunft liegende Zeiträume eine
abschließende Klärung noch gar nicht möglich war. Will die Behörde nicht gegen das sog. Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses
verstoßen, darf sie unter diesen Umständen nur eine vorläufige Entscheidung treffen (Kallert in Gagel, SGB II /
SGB III, a. a. O., § 40 SGB II, Rdnr. 123).
In der Gesetzesbegründung (Bundestag-Drucksache 18/8041, S. 49) heißt es dazu: Mit dem neuen (§ 40) Absatz 4 wird geregelt,
dass ein abschließender Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft bei Fallgestaltungen aufzuheben ist, in denen die
Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass bei einem Neuantrag vorläufig entschieden wäre (§ 41a). Dies ist
zum Beispiel bei Beginn einer selbständigen Tätigkeit während eines laufenden Leistungsbezuges der Fall. Das bedeutet, dass
die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum nach der Aufhebung eine neue (vorläufige) Bewilligungsentscheidung
für einen neuen Bewilligungszeitraum treffen müssen. Soweit die dafür erforderlichen Tatsachen noch nicht bekannt sind, sind
sie zu ermitteln. Der neue Bewilligungszeitraum wird aufgrund der mit einer Prognose verbundenen Unsicherheiten nach § 41
Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 auf sechs Monate zu verkürzen sein.
Die Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen müssen dazu führen, dass nach Maßgabe von § 41a SGB II vorläufig zu entscheiden wäre. § 40 Abs. 4 SGB II verlangt nach seinem eindeutigen Wortlaut sowie der Gesetzesbegründung, dass aufgrund der Änderungen eine Pflicht zur vorläufigen
Entscheidung bestünde, wenn die Leistungen nunmehr neu beantragt werden würden. Gemeint sind damit in erster Linie Fälle des
§ 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II, d.h. wenn aufgrund der tatsächlichen Änderungen zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen
nunmehr voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
vorliegen oder ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach nach wie vor besteht, aber zur Feststellung seiner
Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Die Gesetzesbegründung nennt insoweit als Beispielfall die Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit während eines laufenden Leistungsbezuges (Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, a. a. O., § 40, Rdnrn. 158 und 159). Wegen des bindenden Charakters von § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II muss der Leistungsträger zwingend eine vorläufige Entscheidung treffen, so dass der Betroffene regelmäßig nicht ohne Leistungen
bleibt. Er hat Leistungen in einem Umfang zu erbringen, die den Bedarf des Betroffenen decken, wenn auch auf der Grundlage
einer vorläufigen Entscheidung; solange unsicher ist, ob hierfür Einkommen zur Verfügung steht, dürfen diese auch regelmäßig
nicht geringer sein als bei einer endgültigen Bewilligung (Kallert in Gagel, SGB II /
SGB III, a. a. O., § 40 SGB II, Rdnr. 125).
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 SGB II liegen nicht vor. Falls der Antragsteller und K S ab 1. Juni 2020 eine Bedarfsgemeinschaft bilden sollten, wäre zwar in den
tatsächlichen Verhältnissen des Antragstellers eine wesentliche Änderung eingetreten, wenn anrechenbares Einkommen der K S
auf den Bedarf des Antragstellers anzurechnen wäre. Allerdings ist die weitere Voraussetzung des § 40 Abs. 4 SGB II bei Erlass des Bescheides vom 3. Juli 2020 nicht erfüllt, denn mangels jeglicher Anhaltspunkte zur Höhe eines solchen Einkommens
kann und darf nicht nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II vorläufig entschieden werden.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren
gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Der im Juli 1969 geborene Antragsteller, der sich damit in den Grenzen der maßgebenden Lebensjahre befindet, hat seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom
29. April 2020 ist er nicht erwerbsfähig nach § 8 Abs. 1 SGB II, weil er auf nicht absehbare Zeit (länger als sechs Monate) außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ob er hilfebedürftig ist, ist offen.
Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen,
erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen
(§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGBII ). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt,
gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben
die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II).
Zur Bedarfsgemeinschaft gehört auch als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person, die mit
der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung
der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger
Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr
zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt
sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Bst. c, 3a SGB II).
In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19. März 2020 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 2. April 2020 über die (endgültige) Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2020 bis 31. Januar 2021 vorlagen, wäre eine Änderung eingetreten, wenn der Antragsteller und K S
ab 1. Juni 2020 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten und K S aus ihrer selbständigen Tätigkeit Einkommen erzielen würde, welches
nach § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB II auf den Bedarf des Antragstellers anzurechnen wäre.
Mangels jeglicher Anhaltspunkte zur Höhe eines solchen Einkommens kann und darf aber nicht - wie mit Bescheid vom 3. Juli
2020 geschehen - nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II vorläufig entschieden werden.
Eine solche Entscheidung erfordert nach dieser Vorschrift, dass entweder die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit vorliegen oder ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht. Es handelt sich in beiden Fallkonstellationen
um Sachverhalte, in denen die leistungserheblichen Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht feststehen und objektiv
nur die Möglichkeit einer prospektiven Einschätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Typische Sachverhalte sind
schwankendes Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit wie bei einer vertraglich vereinbarten Leistungsentlohnung (z.B. nach
Stückzahl) oder bei einem Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl, ein noch nicht abschließend feststellbares
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit oder die noch nicht feststehende Höhe von Unterhaltszahlungen. Der wesentliche Unterschied
zwischen beiden Fallkonstellationen besteht darin, dass in der Variante 1 aufgrund der objektiv noch nicht feststellbaren
Einkommenssituation auch die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit selbst noch nicht abschließend geklärt werden kann.
Ungeachtet dessen hat auch in diesem Fall eine vorläufige Entscheidung zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Davon ist auszugehen, wenn nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen des
Sachverhalts deutlich mehr für als gegen das Bestehen des Anspruchs spricht (Grote-Seifert in Schlegel/Voelzke, a. a. O.,
§ 41a, Stand: 17.08.2020, Rdnrn. 31 und 32). Daran fehlt es aber, wenn bei Erlass des Aufhebungsbescheides keinerlei Anhaltspunkte
über die Höhe des anzurechnenden Einkommens vorliegen.
Bei Erlass des Bescheides vom 3. Juli 2020 verfügte der Antragsgegner über keinerlei Erkenntnisse zur Höhe des Einkommens
der K S, sodass über die Erbringung von Leistungen nicht nach § 41a Absatz 1 Satz 1 SGB II vorläufig entschieden werden kann.
Eine wesentliche Änderung ist allerdings insoweit eingetreten, als nach der Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg
vom 29. April 2020 der Antragsteller dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. An diese Feststellung ist der Beigeladene nach §
44a Abs. 6 Satz 4 SGB II gebunden. Eine zu Oktober 2020 ggf. aufgenommene Teilzeiterwerbstätigkeit des Antragstellers ändert daran nichts.
Der Antragsgegner stellte im Bescheid vom 3. Juli 2020 jedoch nicht auf diesen Sachverhalt ab. Erst im Widerspruchsbescheid
vom 16. Oktober 2020 stützte er sich (auch) auf die fehlende Erwerbsfähigkeit. Ob ein solches Nachschieben von Gründen, wenn
also der bisherige einem Verwaltungsakt zugrundeliegende Lebenssachverhalt durch einen anderen Lebenssachverhalt ersetzt wird,
bei belastenden Verwaltungsakten ohne weiteres zulässig ist, kann dahinstehen, denn bei fehlender Erwerbsfähigkeit sind die
Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 SGB II ebenfalls nicht erfüllt. Der Erlass eines Verwaltungsaktes nach § 41a SGB II käme wegen des Fehlens eines Anspruchs bereits dem Grunde nach nicht in Betracht.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 3. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.
Oktober 2020 hat daher das Sozialgericht zu Recht angeordnet. Dies gilt ebenso hinsichtlich der angeordneten Rückgängigmachung
der erfolgten Vollziehungshandlungen.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 2
SGG kann das Gericht, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist, die Aufhebung
der Vollziehung anordnen.
Diese Vorschrift ermöglicht die Rückgängigmachung der erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbarer Folgen. Der
Sache nach handelt es sich um eine Regelungsanordnung, wie sie §
86b Abs.
2 SGG vorsieht, da die Rechtsposition des Antragstellers erweitert wird. Das Verfahren ist ein Annexverfahren zu §
86b Abs.
1 Satz 1
SGG, das den Erfolg des Hauptantrags voraussetzt. Die Anordnung der Aufhebung und das "wie" der Aufhebung der Vollziehung stehen
im Ermessen des Gerichts. Erforderlich ist eine Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse am Fortbestand des Vollzugs
gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehungsmaßnahme abzuwägen ist (Meyer-Ladewig, a. a. O., §
86b, Rdnr. 10a, m. w. N.).
Das Sozialgericht hat auch nach Ansicht des Senats mit zutreffender Begründung die Rückgängigmachung angeordnet.
Mit der vom Antragsgegner vorgelegten Veränderungsmitteilung vom 1. November 2020 hat der Antragsteller keinen Verzicht auf
Rechte aus dem angegriffenen Beschluss erklärt, so dass es bei diesem Beschluss verbleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
114 Abs.
1 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die
Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig (§
114 Abs.
2 ZPO) erscheint. In einem höheren Rechtszug ist hierbei nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner, wie vorliegend, das Rechtsmittel eingelegt hat (§
119 Abs.
1 Satz 2
ZPO).
Mithin kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg abgelehnt werden.
Die Vertretung des Antragstellers durch einen Rechtsanwalt erscheint geboten (§
121 Abs.
2 ZPO).
Der Antragsteller kann auch die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht
aufbringen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundesozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).
Mit der Entscheidung über die Beschwerde ist der Antrag nach §
199 Abs.
2 SGG erledigt.