Ablehnende Entscheidung zu einem pauschalen Überprüfungsantrag
Konkretisierbarer Antrag (vorliegend verneint)
Fehlende Konkretisierung der zu überprüfenden Verwaltungsakte
Tatbestand
Streitig ist eine ablehnende Entscheidung des Beklagten zu einem pauschalen Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der 1971 geborene Kläger bezieht zumindest seit 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 10. Oktober 2017, bei dem Beklagten mit Fax vom selben Tag eingegangen, beantragte der Kläger wörtlich:
„Sämtliche bestandskräftigen Bescheide wegen Leistungen nach dem SGB II, soweit diese nach § 44 SGB X noch erfasst werden können, d. h insbesondere alle Bescheide wegen laufender und einmaliger Leistungen, Bescheide wegen Aufhebung,
Erstattung und Auf- oder Verrechnung von Leistungen, wegen Darlehen, Übernahme von Kosten der Unterkunft o. ä., die Sie mir
gegenüber wegen Leistungen nach dem SGB II erlassen haben, gemäß § 44 SGB X zu überprüfen." Mit Bescheid vom 18. Oktober 2017 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Konkretisierung ab. Mit hiergegen
am 25. Oktober 2017 durch seinen Prozessbevollmächtigten eingelegtem Widerspruch, machte der Kläger geltend, er hätte vor
der Ablehnung durch den Beklagten Gelegenheit erhalten müssen, seinen Antrag im Hinblick auf die gerügte mangelnde Konkretisierung
nachzubessern. Mit Bescheid vom 11. Januar 2018 hob der Beklagte daraufhin den Überprüfungsbescheid vom 18. Oktober 2017 aus
formellen Gründen auf und bat im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bis zum 16. Februar 2018 um Benennung und Konkretisierung
von sachlichen Gründen und in Überprüfung zu stellenden, vermeintlich fehlerhaften Tatbeständen der jeweiligen konkreten Bescheide,
die überprüft werden sollen. In dem Bescheid wies der Beklagte auch darauf hin, dass bei fruchtlosem Ablauf der Frist, der
Überprüfungsantrag vom 10. Oktober 2017 ohne Sach- und Rechtsprüfung abzulehnen sein dürfte. Mit Bescheid vom 10. Juli 2018
lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag vom 10. Oktober 2017 mangels Konkretisierung erneut ab. Am 20. Juli 2018 legte
der Prozessbevollmächtigte des Klägers hiergegen ohne Begründung Widerspruch ein und bat um Akteneinsicht. Mit Schreiben vom
15. August 2018 übersandte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers daraufhin die mit dem Antrag auf Weiterbewilligung
von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom September 2011 beginnenden Leistungsakten Bd. Il und III (Bl. 248 - 607), eine Notakte
zu Bd. IV (Bl. 608 - 671) und einen Ausdruck der E-Akte (Bl. 1 - 315a). Mit Schreiben vom 27. September 2018 bat der Beklagte
den Prozessbevollmächtigten des Klägers um Begründung des Widerspruchs und um Rücksendung des übersandten Verwaltungsvorganges.
Weiter heißt es in dem Schreiben: „Sollte ich bis 12. Oktober 2018 keine Antwort erhalten, gehe ich davon aus, dass Sie sich
nicht weiter äußern wollen. Ich werde dann aufgrund des mir bekannten Sachverhaltes entscheiden." Mit Widerspruchsbescheid
vom 18. Oktober 2018 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, § 44 SGB X eröffne nicht die pauschale Prüfung aller Bescheide für einen unbestimmten Zeitraum. Mit Schreiben vom 05. November 2018,
eingegangen beim Beklagten am 09. November 2018, reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Verwaltungsakten zurück.
Am 21. November 2018 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) Klage erhoben. Er hat mit Schriftsatz vom 25. März 2019 beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2018 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2018 aufzuheben, soweit dieser rechtswidrig sei, und den Beklagten zu verurteilen,
seinen Antrag vom 10. Oktober 2017 neu zu bescheiden. Zur Begründung hat er ausgeführt, die angegriffenen Bescheide seien
wegen Verletzung seines Rechts auf Akteneinsicht formell rechtswidrig. Der Verwaltungsvorgang sei ihm durch den Beklagten
nur unvollständig zur Verfügung gestellt worden. Er - der Kläger - müsse aber in den Stand gesetzt werden, seinen Antrag auf
der Grundlage der Kenntnis aller Verwaltungsakten der Beklagten zu spezifizieren.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 03. April 2019 und Anhörung der Beteiligten, hat das SG gem. §
105 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 13. August 2019 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
die nach §
54 Abs.
1 SGG zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei unbegründet. Der den Überprüfungsantrag des Klägers vom 10.
Oktober 2017 ablehnende Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2018
sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 SGG). Denn der Kläger habe seinen unbestimmten Überprüfungsantrag nicht bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung
hierüber, dem Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2018, in hinreichender Weise konkretisiert. Die von ihm im Antrag vom 10.
Oktober 2017 angegebenen Prüfungspunkte: „alle Bescheide wegen laufender und einmaliger Leistungen, Bescheide wegen Aufhebung,
Erstattung und Auf- oder Verrechnung von Leistungen, wegen Darlehen, Übernahme von Kosten der Unterkunft o.ä., die Sie mir
gegenüber wegen Leistungen nach dem SGB II erlassen haben", seien nicht derart prägnant, dass aus ihnen konkrete Prüfungspunkte hinsichtlich bestimmter, einzelner Verwaltungsakte
abgeleitet werden könnten (vgl. zu den Anforderungen: Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 39/13 R -, Rn. 16, 04.Juni 2014 - B 14 AS 335/13 B -, Rn. 7, 13. Februar 2014 - B 4 AS 22/13 R - und 12. Oktober 2016 - B 4 AS 37/15 R -, Rn. 14; alle zitiert nach Juris). Die Klage habe auch nicht deshalb Erfolg, weil der angegriffene Widerspruchsbescheid
vom 18. Oktober 2018 durch eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht per se rechtswidrig sei und hierdurch eine selbstständige
Beschwer enthalte. Denn der Beklagte habe dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gem. § 25 SGB X i.V.m. §
84a SGG vor Erlass des Widerspruchsbescheides Akteneinsicht durch Übersendung in dessen Kanzleiräume gewährt. Dass er dies erst beginnend
ab dem Antrag des Klägers auf Weiterbewilligung seiner Leistungen auf der Grundlage des SGB II vom 01. Oktober 2011 (Bd. Il der Verwaltungsakte) getan habe, führe im vorliegenden Einzelfall nicht zu einer durchgreifenden
Verletzung des durch das Akteneinsichtsrecht konkretisierten Rechts auf rechtliches Gehör des Klägers. Denn dieser habe seinen
Antrag vom 10. Oktober 2017 ausdrücklich auf „sämtliche bestandskräftigen Bescheide wegen Leistungen nach dem SGB II, soweit diese nach § 44 SGB X noch erfasst werden können" bezogen. Von § 44 SGB X noch erfasst werden könnten rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte hinsichtlich von Leistungen für Zeiten, die innerhalb
von einem Jahr seit Beginn des Jahres, in dem der entsprechende Überprüfungsantrag gestellt wurde, zu erbringen seien (§ 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X). Das bedeute im vorliegenden Fall, dass eine solche Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht mehr zu treffen sei, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen
für Zeiten betreffe, die vor dem 01. Januar 2016 liegen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 37/15 R, - zitiert nach Juris). Hinsichtlich der Zurücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes gelte §
40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, wonach diese Verwaltungsakte nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben
wurde, zurückzunehmen seien. Ausreichend sei dabei, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt werde (§ 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB II). Bei Antragstellung im Jahr 2017 – wie hier – komme eine Rücknahme daher nur für Verwaltungsakte in Betracht, die ab dem
01. Januar 2013 bekannt gegeben worden seien. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, inwieweit eine Einsicht in die
ab Oktober 2011 beginnenden Akten es dem Kläger unmöglich gemacht haben soll, seinen Überprüfungsantrag in ausreichender Weise
zu konkretisieren. Insbesondere ergäben sich alle leistungsrelevanten Tatsachen – wie Kosten der Unterkunft und Einkommensverhältnisse
– für den Zeitraum ab 2013 aus dem übermittelten Verwaltungsvorgang. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers den ihm
übermittelten Verwaltungsvorgang hierfür nicht für ausreichend erachtet habe, hätte es die ihm obliegende Sorgfaltspflicht
und Pflicht zum fairen Verfahren geboten, den Beklagten bereits im Rahmen der ihm im Widerspruchsverfahren großzügig eingeräumten
Konkretisierungsfrist um weitergehende Akteneinsicht zu ersuchen.
Insgesamt bleibe festzustellen, dass der Kläger den Überprüfungsantrag vom 10. Oktober 2017 in dem guten Jahr bis zum Erlass
des insoweit maßgeblichen Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2018 trotz mehrfach hierfür eingeräumter Nachfristen des
Beklagten in keiner Weise konkretisiert habe. Eine mangelnde Akteneinsicht sei erstmals im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz
vom 25. März 2019 gerügt worden; inhaltlich konkret zur Überprüfung gestellte Sachverhalte seien nach wie vor nicht ersichtlich.
Gegen den ihm am 20. August 2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich der Kläger mit seiner am 19. September 2019 beim
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingelegten Berufung, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Mit Schriftsätzen
seines Prozessbevollmächtigten vom 09. Januar 2020, 12. Februar 2020, 25. Juli 2020,19. August 2020 und 29. Januar 2021 hat
der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Das SG verkenne, dass Verfahrensrechte - wie das vorliegende auf Akteneinsicht - stets umfassend zu gewährleisten seien. Die Akteneinsicht
nach § 25 SGB X werde nicht auf die Aktenteile beschränkt, welche die Behörde für relevant, vorzeigbar o. ä. halte, sondern sei grundsätzlich
umfassend zu gewähren. Auch sei gerichtsbekannt, dass gerade bei der Erstantragstellung umfassende Angaben von Antragstellern
über Leistungen nach dem SGB II erfragt würden und die Vorlage von Unterlagen gefordert werde, die die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse beträfen,
während später in den Weiterbewilligungsanträgen lediglich Änderungen erfasst würden oder eben vermerkt werde, dass es keine
Änderung gegeben habe. Die Aktenteile mit der Erstantragstellung befänden sich aber naturgemäß nicht in Bd. II ff. der Verwaltungsakte.
Sei ihm danach verfahrenswidrig nur unvollständig Akteneinsicht gewährt worden, sei er auch nicht in der Lage gewesen, seinen
Überprüfungsantrag zu spezifizieren. Dem könne auch nicht § 42 S. 1 SGB X entgegengehalten werden.
Zudem hat der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 12. Februar 2020 konkret Bescheide zur Überprüfung benannt, die er teilweise
für rechtswidrig erachte, und zwar ab dem 16. März 2015 erlassene Bescheide betreffend Leistungszeiträume von Januar 2016
bis September 2018. Bei diesen habe der Beklagte die Wohnkosten unzutreffend ermittelt, da die Stromkosten für den Betrieb
der Gastherme sowie Nachforderungen aus den Strom- und Heizkostenabrechnungen des Versorgers nicht berücksichtigt worden seien.
Zudem habe der Beklagte bezüglich der Erstattungsbescheide seinem Verbraucherinsolvenzverfahren (Aktenzeichen des Amtsgerichts
P - 35 IK 261/17 -) nicht Rechnung getragen.
Ihm sei nicht bekannt, ob etwa in Bd. I der Verwaltungsakte z.B. hinsichtlich der bei der Bedarfsbemessung laufend nicht berücksichtigten
Kosten für den Betriebsstrom der Heizung, die mit dem Betrieb der Gastherme verbunden und daher als Kosten der Unterkunft
berücksichtigungsfähig seien, ein Negativattest dergestalt enthalten sei, dass diese vorliegend aufgrund der konkreten Installation
gar nicht bzw. jedenfalls nicht ihm anfallen würden. Der Beklagte halte solche Umstände selbst für möglich und frage sie teilweise
bei den Hilfebedürftigen ab, wie das Schreiben des Beklagten vom 12. November 2019 zeige. Solche Angaben könnten auch als
Zusatz in einer Mietbescheinigung enthalten gewesen sein, deren Vorlage regelmäßig jeweils zu Beginn des Leistungsbezugs seitens
des Beklagten gefordert werde. Selbst wenn sich entsprechende Mietbescheinigungen in den überlassenen Verwaltungsakten befunden
haben sollten, so hätte ohne Bd. I nicht geprüft werden können, ob darin evtl. abweichende Bescheinigungen vorliegen. Hierbei
sei auch zu beachten, dass er selbst dann keine positive Kenntnis mehr von solchen Belegen oder Informationen haben und diese
seinem Prozessbevollmächtigten mitteilen konnte, wenn er sie ursprünglich bei der Weiterleitung an den Beklagten gehabt hatte.
Er könne sie über fast ein Jahrzehnt vergessen oder von vornherein für unerheblich gehalten haben. Daher sei eine umfassende
Akteneinsicht zwingend notwendig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 13. August 2019 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2018 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, seinen Antrag vom 10.
Oktober 2017 neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Wenn ein Überprüfungsantrag eingereicht werde, sollte der Grund
für eine Überprüfung, also der Zweck für die Einreichung eines solchen Antrags, dem Leistungsempfänger - auch vertreten durch
seinen Bevollmächtigten - selbst bekannt sein. Wenn, wie hier vorgetragen, die Angaben aus einer Mietbescheinigung benötigt
würden, könne der Bevollmächtigte die Daten von seinem Mandanten selbst erhalten. Darüber hinaus habe sich die Mietbescheinigung
auch in der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandten Verwaltungsakte Bd. II auf Bl. 397 befunden.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 07. Dezember 2020 (Beklagter) und 29. Januar 2021 (Kläger) mit einer Entscheidung
des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen,
wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten (Verwaltungsakten Bände I – IV <Blatt 1- 671>,
Ausdruck der elektronischen Akte <Blatt 1- 463a>) Bezug genommen, welche bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die frist- und formgerecht (§
151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG mit dem hier angefochtenen Gerichtsbescheid vom 13. August 2019 die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 SGG) des Klägers abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 18. Oktober 2018, mit dem der Beklagte den Antrag des Klägers vom 10. Oktober 2017 „Sämtliche bestandskräftigen Bescheide
wegen Leistungen nach dem SGB II, soweit diese nach § 44 SGB X noch erfasst werden können, insbesondere alle Bescheide wegen laufender und einmaliger Leistungen, Bescheide wegen Aufhebung,
Erstattung und Auf- oder Verrechnung von Leistungen, wegen Darlehen, Übernahme von Kosten der Unterkunft o. ä., gemäß § 44 SGB X zu überprüfen" abgelehnt hat, erweist sich als rechtmäßig.
Als Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt nur § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X in Betracht, wonach ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen
ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden
sind.
Zu den Voraussetzungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X hat das BSG (vgl. Urteile vom 28. Oktober 2014 - B 14 AS 39/13 R -, Rn. 16, 13. Februar 2014 - B 4 AS 22/13 R -, Rn. 13 ff., 12. Oktober 2016 - B 4 AS 37/15 R -, Rn. 13 f., und 23. Februar 2017 – B 4 AS 57/15 R -, Rn. 20, sowie Beschluss vom 04. Juni 2014 - B 14 AS 335/13 B -, Rn. 7; alle zitiert nach Juris) in seinen Entscheidungen wiederholt dargelegt, dass der Antrag des Leistungsberechtigten
auf Überprüfung zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, deren Umfang aber von dem Antrag und dessen
Begründung abhängig ist. Eine solche Prüfung erfordert, dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst
- gegebenenfalls nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang
der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Andernfalls ist der Leistungsträger
berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung des Antrags abzusehen. Dies folgt aus dem Wortlaut wie auch aus Sinn und Zweck
des § 44 SGB X. Nach dem konkreten Wortlaut des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X soll „im Einzelfall“ beim Vorliegen der Voraussetzungen die Rücknahme eines Verwaltungsaktes erfolgen, was in der Konsequenz
bedeutet, dass der Überprüfungsantrag des Leistungsberechtigten ein oder gegebenenfalls mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte
konkret aufführen muss. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers
der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist. Sinn und Zweck des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit
zugunsten letzterer aufzulösen, was jedoch nur möglich ist, wenn der Verwaltung der zu lösende Konflikt bekannt ist.
Nach diesen Maßgaben hat der Kläger mit seinem am gleichen Tag bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben vom 10. Oktober 2017
keinen Überprüfungsantrag gestellt, der zu einer inhaltlichen Überprüfung einzelner Verwaltungsakte führen musste. Der Beklagte
hat zu Recht diesen Antrag mangels Konkretisierung der zu überprüfenden Verwaltungsakte abgelehnt. Denn der Kläger hat beantragt,
„Sämtliche bestandskräftigen Bescheide wegen Leistungen nach dem SGB II, soweit diese nach § 44 SGB X noch erfasst werden können, d. h insbesondere alle Bescheide wegen laufender und einmaliger Leistungen, Bescheide wegen Aufhebung,
Erstattung und Auf- oder Verrechnung von Leistungen, wegen Darlehen, Übernahme von Kosten der Unterkunft o. ä., …., gemäß
§ 44 SGB X zu überprüfen", ohne einen einzigen zu überprüfenden Bescheid oder Verwaltungsakt konkret zu benennen. Ebenso wenig hat er
eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur, aufgrund derer die Überprüfung begehrt wird, bezeichnet.
Dem ist der dann durchgängig anwaltlich vertretene Kläger nach entsprechender Aufforderung des Beklagten mit Schreiben vom
11. Januar 2018 weder in der bis zum 16. Februar 2018 gesetzten Frist noch bis zum Erlass des ablehnenden Bescheides vom 10.
Juli 2018 nachgekommen. Im anschließenden Widerspruchsverfahren ist - trotz Erinnerung des Beklagten mit Schreiben vom 27.
September 2018 und Fristsetzung bis zum 12. Oktober 2018 - weder eine Begründung des Widerspruches noch eine Konkretisierung
des pauschal gefassten Überprüfungsantrages erfolgt. Einer weiteren Hinwirkung auf eine Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens
von Amts wegen (§§ 20, 21 Abs. 2 S. 1 SGB X) durch den Beklagten hat es bei dieser Sachlage nicht bedurft.
Der rechtskundig vertretene Kläger hat erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 12. Februar 2020 die zur Überprüfung
gestellten Bescheide des Beklagten konkret benannt und Gründe für deren - seiner Ansicht nach - teilweise Rechtswidrigkeit
angeführt. Eine Nachbesserung des bis dahin unbestimmten und nicht objektiv konkretisierbaren Antrages erst im Klage- bzw.
Berufungsverfahren kann bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Überprüfungsbescheides nicht mehr berücksichtigt
werden. Denn für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines Antrages vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht
des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen
tatsächlichen und /oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen. Andernfalls würden die oben dargestellten Ziele des § 44 SGB X leerlaufen und die inhaltliche Überprüfung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes, einschließlich möglicher Ermittlungen,
von der Verwaltung auf das Gericht verlagert werden. Auch erschöpft sich der Verwaltungsakt über die Ablehnung der Überprüfung
in dieser – einmaligen - Regelung und hat keinerlei Wirkung für die Zukunft, in der bei einer späteren Änderung der Sachlage
eine andere Beurteilung der einmal getroffenen Entscheidung gerechtfertigt sein kann (vgl. BSG, Urteile vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R -, Rn. 16, und 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R -, Rn. 20, jeweils in Juris).
Entgegen der Auffassung des Klägers vermag der Senat auch keine formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide wegen
eines Verstoßes des Beklagten gegen den Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X festzustellen.
Eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 10. Juli 2018 scheitert schon an dem Umstand, dass ein Antrag
auf Akteneinsicht vom Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten erst im Widerspruchsverfahren und damit nach Erlass des Bescheides
gestellt worden ist. Eine isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2018 wegen eines Verstoßes gegen
das Akteneinsichtsrecht kommt ebenfalls nicht in Betracht, da dies rechtfertigende Verfahrensfehler des Beklagten nicht zu
erkennen sind.
Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB X hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur
Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Der Anspruch auf Akteneinsicht besteht nach
Wortlaut und Sinn der Vorschrift nur während eines Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 8 SGB X, welches in zeitlicher Hinsicht spätestens mit dem Abschluss des Widerspruchsverfahrens endet. Nach allgemeiner Auffassung
findet § 25 SGB X auch im Widerspruchsverfahren (§ 62 SGB X) Anwendung, jedoch im Hinblick auf §
84a SGG ohne die in § 25 Abs. 4 SGB X getroffene Regelung, sondern in entsprechender Anwendung des §
120 Abs.
2 S. 2
SGG (vgl. Franz in: jurisPK-SGB X, 2. Aufl., Stand 01. Dezember 2017, § 25 Rn. 31; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG 13. Aufl. 2020, §
84a Rn. 1a - 3). Das Recht auf Einsichtnahme in die das Verfahren betreffenden Akten besteht nicht uneingeschränkt, sondern nur
soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen der Beteiligten erforderlich ist. Deshalb
können Teile einer Akte dem Beteiligten vorenthalten werden, wenn für ihn diese Teile für die Verfolgung seiner rechtlichen
Interessen nicht von Bedeutung sind (vgl. Weber in: BeckOK SozR, 61. Ed. 01. Juni 2021, § 25 SGB X Rn. 15).
Die Ablehnung der Akteneinsicht durch die Behörde stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X dar, der jedoch in (entsprechender) Anwendung von §
44a Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) bzw. §
56a SGG nicht selbständig, sondern nur zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung angefochten werden kann. Soweit die Ablehnung
von Akteneinsicht unbegründet ist, handelt es sich um einen Verfahrensfehler, der zwar zur formellen Rechtswidrigkeit des
in diesem Zusammenhang erlassenen Verwaltungsaktes der Hauptsache, in aller Regel aber nicht zu dessen Nichtigkeit nach §
40 SGB X führt (vgl. Franz, a.a.O., § 25 SGB X Rn. 45; Rombach in: Hauck/Noftz, SGB, 04/20, § 25 SGB X Rn. 23; Siefert in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 25 Rn. 45 ff; jeweils m.w.N.). Eine Aufhebung des Verwaltungsaktes der Hauptsache kann gemäß § 42 S. 1 SGB X dann nicht verlangt werden, wenn offensichtlich ist, dass der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache, d. h. den Erlass
des Verwaltungsaktes in der Hauptsache, nicht beeinflusst hat (vgl. Franz, a.a.O., § 25 SGB X Rn. 45; Rombach, a.a.O., § 25 SGB X Rn. 23; Mutschler in: KassKomm, SGB X, Rn. 24; a. Auf.: Siefert, a.a.O., § 25 SGB X Rn. 44).
Vorliegend fehlt es schon an einer irgendwie gearteten Ablehnung der erstmals mit der Widerspruchseinlegung mit Schriftsatz
vom 20. Juli 2018 vom Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragten Akteneinsicht durch den Beklagten. Schließlich hatte
der Beklagte mit Schreiben vom 15. August 2018 dem Antrag auf Akteneinsicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers (mehr
als voll) entsprochen und ihm die Leistungsakten Bd. Il und III (Bl. 248 - 607), eine Notakte zu Bd. IV (Bl. 608 - 671) sowie
einen Ausdruck der E-Akte (Bl. 1 - 315a) in dessen Kanzleiräume übersandt. Der Anspruch auf Akteneinsicht besteht nur bezogen
auf ein konkretes Verwaltungsverfahren, welches in der Regel mit der Antragstellung beginnt und mit Erlass des Verwaltungsaktes
endet (§ 8 SGB X), sodass vorliegend die Verwaltungsvorgänge ab Stellung des Antrages auf Überprüfung vom 10. Oktober 2017 bis zum Erlass
des Bescheides vom 10. Juli 2018 vom Anspruch auf Akteneinsicht erfasst wurden. Zwar umfasst der Anspruch auf Akteneinsicht
bei einem Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X, der ein neues Verwaltungsverfahren eröffnet, auch die Akten betreffend den zur Überprüfung gestellten ursprünglichen Verwaltungsakt
(vgl. Franz in: jurisPK-SGB X, 2. Aufl., Stand 01. Dezember 2017, § 25 Rn. 15-17). Jedoch muss der zur Überprüfung gestellte Verwaltungsakt dann auch der Behörde bekannt gemacht werden, damit
sie die Verwaltungsvorgänge betreffend das (abgeschlossene) Verwaltungsverfahren zu diesem konkret zur Überprüfung gestellten
Verwaltungsakt heraussuchen und dem Beteiligten zur Akteneinsicht zur Verfügung stellen kann. Daran fehlt es vorliegend. Weder
bei Stellung des Überprüfungsantrages am 10. Oktober 2017 noch im weiteren Verwaltungsverfahren oder im folgenden Widerspruchsverfahren
sind die zu überprüfenden Verwaltungsakte vom Kläger konkret benannt oder zumindest durch konkreten Sachvertrag für den Beklagten
bestimmbar gemacht worden.
Abgesehen davon, hatte hier der Beklagte ausgehend vom Wortlaut des Überprüfungsantrages vom 10. Oktober 2017 und den möglicherweise
davon noch erfassten, ein Verwaltungsverfahren abschließenden, bestandskräftigen Bescheiden, die dem Kläger zur Geltendmachung
oder Verteidigung seiner rechtlichen Interessen erforderlichen Akten zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Denn die übersandten
Leistungsakten ab Bd. II erfassten die Verwaltungsvorgänge bzw. Verwaltungsverfahren fortlaufend ab Eingang des Antrages des
Klägers auf Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II/Sozialgeld am 10. September 2011. Die übersandten Leistungsakten bzw.
Ausdrucke der elektronischen Akte enthielten alle, den Zeitraum ab September 2011 betreffenden Angaben des Klägers zu seinen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den von ihm zum Nachweis vorgelegten Unterlagen, wie Kontoauszüge, Arbeitsverträge,
Lohnabrechnungen, Mietbescheinigungen, Strom- und Gasabrechnungen etc.
Wie bereits das SG in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt hat, hatte der Kläger seinen am 10. Oktober 2017 gestellten Antrag
ausdrücklich auf die Überprüfung „Sämtlicher bestandskräftiger Bescheide wegen Leistungen nach dem SGB II, soweit diese nach § 44 SGB X noch erfasst werden können,“ beschränkt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteile 12. Oktober 2016 – B 4 AS 32/15 R -, Rn. 16, 12. Oktober 2016 - B 4 AS 37/15 R -, Rn. 16, und vom 23. Februar 2017 - B 4 AS 57/15 R -, Rn. 23, jeweils in Juris, m.w.N) hat die Verwaltung eine Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht mehr zu treffen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung keine Wirkung mehr entfalten
kann, also ausschließlich Leistungen für Zeiten betrifft, die außerhalb der durch den Rücknahmeantrag bestimmten Verfallsfrist
liegen. Die Unanwendbarkeit der „Vollzugsregelung des § 44 Abs. 4 SGB X“ steht dann einer (isolierten) Rücknahme entgegen.
Denn nach § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X gilt, dass, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, Sozialleistungen nach den
besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht werden.
Nach § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824) gilt abweichend von § 40 Abs. 1 S. 1 SGB X die Regelung des § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X zur rückwirkenden Erbringung von Sozialleistungen mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein solcher
von einem Jahr gilt. Demzufolge scheidet vorliegend – ausgehend von dem Datum der Antragstellung 10. Oktober 2017 - eine inhaltliche
Prüfung eines Überprüfungsantrages bezogen auf (vorenthaltene) Leistungen der Grundsicherung für Zeiträume vor dem 01. Januar
2016 schon wegen der Verfallsfrist des § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II aus. Hinsichtlich der – möglicherweise - vom Kläger zur Überprüfung gestellten nicht begünstigende Verwaltungsakte, wie z.B.
konkrete Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, ist zudem die Ausschlussfrist in § 40 Abs. 1 S.2 Nr. 1 SGB II zu beachten. Danach gilt § 44 SGB X mit der Maßgabe, dass rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre
nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; wobei es ausreichend ist, wenn
die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird. Dies hat zur Folge, dass vom Überprüfungsantrag des Klägers nach
§ 44 SGB X allenfalls die in der Zeit ab Januar 2013 von dem Beklagten bekannt gegebenen, nicht begünstigenden Verwaltungsakte erfasst
sein konnten.
Ausgehend hiervon sowie von dem konkreten Inhalt des mit dem Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 10. September 2011 beginnenden,
dem Prozessbevollmächtigten des Klägers tatsächlich übersandten Verwaltungsvorgangs, sind dem Kläger von dem Beklagten uneingeschränkt
alle für die Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt worden. Eine gegen
§ 25 SGB X verstoßende Beschränkung des Anspruchs auf Akteneinsicht durch den Beklagten, vermag der Senat bei dieser Sach- und Rechtslage
nicht zu erkennen. Zumal der rechtskundig vertretene Kläger, offensichtlich der Ausschlussfrist in § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II Rechnung tragend, mit Schriftsatz vom 12. Februar 2020 seinen Überprüfungsantrag dahingehend konkretisiert hat, dass er nur
die Überprüfung der den Leistungszeitraum ab Januar 2016 betreffenden – konkret benannten - Bescheide begehrt.
Im Übrigen hätte, wie das Sozialgericht bereits in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, die dem rechtskundig vertretenen
Kläger obliegende Sorgfaltspflicht und Pflicht zum fairen Verfahren es geboten, dem Beklagten nach Erhalt der Verwaltungsakten
Bd. II ff. - spätestens jedoch innerhalb der mit Schreiben vom 27. September 2018 gesetzten Begründungsfrist - die seiner
Ansicht nach bestehende Erforderlichkeit der Einsicht in Bd. I der Leistungsakte mitzuteilen und um deren Übersendung zu bitten.
Zumal aus dem tatsächlichen Verhalten des Beklagten - aus der Sicht eines verständigen Beteiligten - keinerlei Anhaltspunkte
für eine (teilweise) Ablehnung der beantragten Akteneinsicht entnommen werden können. Vielmehr war der Beklagte dem Antrag
auf Akteneinsicht durch Übersendung aller Akten, mit Ausnahme des ältesten und Leistungszeiträume außerhalb des maximal zur
Überprüfung gestellten Zeitraumes betreffenden Bandes, zeitnah nachgekommen. Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen
könnten, der Beklagte hätte einer Bitte des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Übersendung auch von Bd. I der Leistungsakte
nicht umgehend entsprochen, sind nicht ersichtlich. Wenn jedoch die Behörde keine Kenntnis davon hat, dass - wie hier - trotz
Gewährung ausreichender Zeit für die Einsichtnahme in die übersandten Akten, Erinnerung und Fristsetzung der Beteiligte die
Einsichtnahme in weitere Akten zur Geltendmachung seiner rechtlichen Interessen für erforderlich hält, kann sie auch keine
verfahrensfehlerhafte Entscheidung über den unterlassenen Antrag auf weitere Akteneinsicht treffen.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision war mangels Vorliegen von Gründen im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG nicht zuzulassen.