Berufsschadensausgleich im Überprüfungsverfahren
Bemessung eines Berufsschadensausgleichs für einen selbständig Tätigen
Bildung eines Vergleichseinkommens
Wert des Leistungsvermögens
Tatbestand
Der Kläger begehrt einen höheren Berufsschadensausgleich (BSA) im Überprüfungsverfahren.
Der 1957 geborene Kläger war am 14. Januar 2000 in einer Gaststätte von K (K) tätlich angegriffen worden. Dabei hatte K versucht,
dem Kläger ins Gesicht zu schlagen, der den Schlag abgeblockt und dadurch eine Verletzung der linken Schulter erlitten hatte.
Auf einen Antrag des Klägers auf Versorgung nach dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG) hatte der Beklagte bei dem Versorgungsarzt Dr. S ein versorgungsärztlich-orthopädisches Gutachten vom 17. Dezember 2001
eingeholt, der zur Anerkennung als Schädigungsfolge eine Läsion der Muskelsehnen des linken Schultergelenkes mit Restbeschwerden
nach Prellung vorgeschlagen hatte, die nach seiner Einschätzung mit dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von
10 v. H. zu bewerten sei. Durch den Beruf des Klägers komme es immer wieder infolge der dabei eingenommenen zwanghaften Körperhaltungen
zu Reizungen unterschiedlicher Ausprägung, so dass eine berufliche Betroffenheit anzunehmen sei, die den Grad der MdE auf
20 v. H. erhöhe. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Januar 2002 hatte der Beklagte als durch schädigende Einwirkungen im
Sinne des §
1 OEG hervorgerufene Schädigungsfolge eine Läsion der Muskelsehnen des linken Schultergelenkes mit Restbeschwerden nach Prellung
anerkannt. Der Grad der MdE betrage unter 25 v. H., ein Rentenanspruch bestehe daher nicht.
Der Kläger, der nach eigenen Angaben im Versorgungsantrag als selbständiger Graveurmeister und Künstler tätig gewesen war,
hatte von dem Beklagten unter anderem Versorgungskrankengeld vom 17. Januar bis 28. April 2000 in Gesamthöhe von knapp 1.000,-
Euro erhalten.
Am 4. Dezember 2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Prüfung der Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes und
Ansprüche nach § 30 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ihm sei körperlich eine nur eineinhalb bis drei Stunden zusammenhängende berufliche Tätigkeit möglich, sechs Stunden Arbeitszeit
seien nur in selbständiger Regie über den gesamten Tag gestreckt möglich. Umschulungsmöglichkeiten existierten nicht, eine
betriebliche Umsetzung sei in seinem Fall nicht möglich. Eine Berufsfindung im Berufsförderungswerk sei aus medizinischen
Gründen abgebrochen worden. Der Kläger fügte seinem Antrag medizinische Unterlagen und ein Schreiben der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) vom 13. Dezember 2004 vor, in dem die BfA im Gerichtsverfahren S RA festgestellt hatte, dass die Erwerbsfähigkeit
des Klägers im Beruf Graveurmeister im Sinne des §
10 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erheblich gefährdet/gemindert sei. Die BfA hatte sich weiter verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Teilhabe zum Arbeitsleben
zu gegebener Zeit erneut durch widerspruchsfähigen Bescheid zu entscheiden. Zur Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe kam
es in der Folge nicht.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers nach medizinischen Ermittlungen ab. Die anerkannte
Schädigungsfolge sei mit einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 10 zu bewerten. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch
holte der Beklagte bei dem Chirurgen Dr. B ein fachchirurgisches Kausalitätsgutachten vom 5. Oktober 2009 ein, der vorschlug,
als Schädigungsfolge nach dem
OEG Läsionen der Muskelsehnen des linken Schultergelenkes mit Restbeschwerden nach Prellung und zunehmender Bewegungseinschränkung
des linken Schultergelenkes und des linken Schultergürtels anzuerkennen. Diese seien mit einem GdS von 20 zu bewerten, durch
die Annahme einer besonderen beruflichen Betroffenheit erhöhe sich der GdS auf 30.
Mit Teilabhilfebescheid vom 28. Oktober 2009 erkannte der Beklagte mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2007 als Schädigungsfolge
nach dem
OEG Läsionen der Muskelsehnen des linken Schultergelenkes mit Restbeschwerden nach Prellung und zunehmender Bewegungseinschränkung
des linken Schultergelenkes und des linken Schultergürtels an. Der GdS hierfür betrage gemäß § 30 Abs. 1 BVG 20; es liege zudem eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG vor, so dass der GdS insgesamt mit 30 zu bewerten sei. Über die Gewährung eines BSA ergehe eine gesonderte Entscheidung.
Zur Prüfung des Anspruchs auf BSA übermittelte der Kläger dem Beklagten eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse ab dem 1. Dezember 2007. Ausweislich eines Einkommensteuerbescheides hatte der Kläger 2007 10.654,- Euro Einkünfte
aus Gewerbebetrieb erzielt. Im Jahr 1998 hatten die entsprechenden Einkünfte 17.173,- DM betragen, im Jahr 1999 -4.236,- DM,
2008 24.481,- Euro. Zum schadensbedingten Einkommensverlust erklärte der Kläger, die internationale Anerkennung seiner Tätigkeit
vor allem als Waffengraveur sei etwa mit dem Schadensereignis zusammengefallen. Trotz der mit dieser Anerkennung verbundenen
hervorragenden spezifischen Marktposition habe er keine erheblichen Gewinnzuwächse erzielen können, wie es ihm ohne den Gesundheitsschaden
möglich gewesen wäre. Der Kläger legte bezüglich seiner beruflichen Qualifikation unter anderem ein Facharbeiterzeugnis vom
31. Dezember 1975 über den erfolgreichen Abschluss des Ausbildungsberufes Graveur mit Spezialisierung Jagdwaffen sowie ein
Meisterprüfungszeugnis der Handwerkskammer vom 30. April 1994 vor, wonach er die Meisterprüfung als Graveur bestanden hatte.
Weiter legte er eine Bestätigung der Graveur- und Metallbildner-Innung vom 19. Mai 2006 vor, wonach auch in Ansehung einer
über 30-jährigen Berufserfahrung des Klägers dieser in Lohngruppe 6 gemäß Tarif einzustufen sei. Ausweislich eines ebenfalls
vorgelegten und ab April 2006 gültigen Manteltarifvertrages des Bundesinnungsverbandes der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner
betrug das monatliche Gehalt eines Angestellten in Lohngruppe 6 nach dem dritten Beschäftigungsjahr 4.324,- Euro.
Der Beklagte ermittelte den BSA nach Maßgabe der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) wie folgt: Er stufte den Kläger
nach § 5 Abs. 1 BSchAV (in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung; a. F.) als selbständig Tätigen mit abgeschlossener
Mittelschulausbildung und Berufsausbildung in die Besoldungsgruppe A 11 ein. Dem hielt er gemäß § 9 BSchAV a. F. das derzeitige
Einkommen des Klägers entgegen, das mit dem Wert der Arbeitsleistung zu berechnen sei. Hierzu setzte er den Industriebereich
Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportartikeln, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen an und insoweit die
Lohngruppe 2 (mit Berufsausbildung und sehr schwierigen Tätigkeiten). Letztgenannten Betrag kürzte er um einen schädigungsbedingten
Verdienstausfall, den er in Anlehnung an den zuerkannten GdS mit 20 Prozent berechnete. Exemplarisch errechnete sich der BSA
ab Dezember 2007 wie folgt:
Vergleichseinkommen brutto 2.908,- Euro (Besoldungsgruppe A 11 zuzüglich Familienzuschlag Stufe 1), netto 1.945,- Euro. Dagegen
gerechnet der Wert der Arbeitsleistung des Klägers: 2.976,- Euro brutto abzüglich 20 Prozent schädigungsbedingter Einkommensverlust
= 2.381,- Euro brutto, netto 1.629,08 Euro. Die Differenz der beiden Nettobeträge beträgt 315,92 Euro, wovon der Ruhensbetrag
gemäß § 30 Abs. 13 BVG abzuziehen ist (105,- Euro), ergibt einen BSA von netto monatlich gerundet 211,- Euro.
Entsprechend verfuhr der Beklagte für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 (Netto-BSA 199,- Euro; Vergleichseinkommen 1.958,- Euro,
Wert der Arbeitsleistung 1.653,68 Euro) und ab dem 1. Juli 2009 (Netto-BSA 219,- Euro; Vergleichseinkommen 2.014,- Euro, Wert
der Arbeitsleistung 1.686,68 Euro), der BSA betrug nach der Berechnung des Beklagten ab dem 1. Juli 2010 unverändert 219,-
Euro.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger den BSA ab dem 1. Dezember 2007 wie zuvor skizziert.
Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schriftsatz vom 27. März 2011 mit, dass der Beklagte seinem Widerspruch aus seiner Sicht
bislang nur teilweise abgeholfen habe. Das Vergleichseinkommen sei niedriger zu bewerten. Insoweit legte der Kläger den Auszug
einer ab dem 1. April 2011 gültigen Entgelttabelle für die Metall- und Elektroindustrie Thüringen zugrunde; aus der ihn betreffenden
Entgeltgruppe E 5 ergebe sich ein monatliches Entgelt von 2.307,- Euro. Außerdem sei das Vergleichseinkommen nicht nur um
20, sondern um 30 Prozent zu kürzen.
Mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2011, der sich auf die Bescheide vom 20. Januar 2009, 28. Oktober
2009 und 18. Januar 2011 erstreckte, half der Beklagte dem Widerspruch des Klägers insoweit ab wie durch die Bescheide vom
28. Oktober 2009 und 18. Januar 2011 bereits geschehen, im Übrigen wies der Beklagte den sich insbesondere auch auf die Gewährung
einer Ausgleichsrente gerichteten Widerspruch zurück.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2011 bewilligte der Beklagte den BSA ab dem 1. Juli 2011 in Höhe von monatlich 456,- Euro und mit
Bescheid vom 14. Juni 2012 ab dem 1. Juli 2012 in Höhe von monatlich 498,- Euro. In letztgenanntem Bescheid ging der Beklagte
von einem Bruttovergleichseinkommen von monatlich 3.517,- Euro, netto 2.311,- Euro, aus. Dem hielt er den Wert der Arbeitsleistung
des Klägers entgegen, den er netto mit 1.686,68 Euro bezifferte. Der Bescheid erging wörtlich unter dem „Vorbehalt des Beschlusses
der vorgesehenen Gesetzesänderungen: 18. KOV-AnpV 2012, AnrV und BSchAV“.
Ausweislich eines internen Aktenvermerks erkannte der Beklagte die Bewilligungen mit Bescheiden vom 16. Juni 2011 und vom
14. Juni 2012 als „falsch“, weil der Wert der Arbeitsleistung des Klägers nicht angepasst worden sei.
Mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 kürzte der Beklagte rückwirkend den BSA ab dem 1. Juli 2011 auf 250,- Euro und ab dem 1.
Juli 2012 auf 255,- Euro und verlangte entsprechende Erstattung der überzahlten Beträge. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2012
ging er unverändert von einem Nettovergleichseinkommen vom 2.311,- Euro aus, dem er nunmehr allerdings den Wert der Arbeitsleistung
des Klägers in Höhe von netto 1.929,44 Euro entgegen setzte.Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2012 Widerspruch
ein, mit dem er unter anderem grundsätzliche Bedenken gegen die Berechnung des BSA vortrug. Abschließend erklärte der Kläger,
er werde hilfsweise innerhalb der nächsten Tage die Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) beantragen. Dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2012 half der Beklagte mit Bescheid vom 10. Januar 2013 teilweise
insoweit ab, als es die rückwirkende Kürzung des BSA betraf. Erst ab dem 1. November 2012 betrage der BSA aber (nur) 255,-
Euro.
Der Beklagte wertete den Hinweis des Klägers auf § 44 SGB X bereits als Überprüfungsantrag, den er mit weiterem Bescheid vom 10. Januar 2013 bezogen auf den Bescheid vom 18. Januar
2011 ablehnte.
Gegen den die Ablehnung eines Überprüfungsantrages betreffenden Bescheid vom 10. Januar 2013 legte der Kläger Widerspruch
ein, welchen der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 9. April 2013 zurückwies. Ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom
9. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheides
vom 10. Januar 2013 zurück bei einer Kostenquote zugunsten des Klägers von der Hälfte.
Hiergegen hat der Kläger am 11. Mai 2013 Klage erhoben mit dem Ziel, einen höheren BSA zu erhalten. Die medizinischen Bewertungen
und Feststellungen zum GdS würden ausdrücklich nicht angegriffen. Angegriffen werde der berücksichtigte Wert des fiktiven
aktuellen Nettoeinkommens. Der Kläger hat ein Schreiben der IHK Südthüringen vom 7. Dezember 2012 zu den Akten gereicht, wonach
seine Tätigkeit als selbständiger Graveurmeister exakt der gleichen fachlichen Tätigkeit von abhängig beschäftigten Waffengraveuren
entspreche. Nach einem weiteren vom Kläger vorgelegten Schreiben der IG Metall Suhl-Sonneberg vom 14. November 2012 seien
Graveure im Sinne der (ebenfalls beigefügten) Haustarifverträge – Manteltarifvertrag und Entgelttarifvertrag – der M Jagd-
und Sportwaffen GmbH in die Entgeltgruppe 5 zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.775,- Euro eingruppiert.
Der Beklagte hat zu der Klagebegründung und den eingereichten Unterlagen im Großen und Ganzen erklärt, es komme nur darauf
an, was ein beschädigter Arbeitnehmer im Vergleich zu einem nicht beschädigten Arbeitnehmer verdiene. Soweit sich der Kläger
auf die von ihm eingereichten Tarifverträge beziehe, folge daraus, dass auch ein gesunder Arbeitnehmer nur die darin ausgewiesenen
Beträge verdienen könne. Dies sei aber ein arbeits- und tarifrechtliches Problem. Nach dem vom Kläger vorgelegten Manteltarifvertrag
des Bundesinnungsverbandes der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner hätte dem Kläger nach der darin geregelten Lohngruppe
6 überhaupt kein BSA zugestanden. Ein höherer Abschlag als 20 Prozent komme hier nicht in Betracht.
Die Beteiligten haben im Klageverfahren erörtert, ob der Kläger einen Überprüfungsantrag gestellt habe. Der Kläger hat dabei
auf ein von ihm verfasstes Schreiben vom 16. Dezember 2012 verwiesen, das indes nicht aktenkundig ist.
Das Sozialgericht hat bei dem Bundesinnungsverband der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner einen Manteltarifvertrag 2006,
mehrere Tarifverträge zum Abkommen über Vergütungen sowie einen Entgeltrahmentarifvertrag beigezogen. Der Kläger hat erklärt,
den bundesweiten Tarifvertrag nicht für anwendbar zu halten, da von ihm keine kreativen Graveurtätigkeiten von Hand für Jagd-
und Sportwaffen erfasst seien. Zum Beleg seiner Auffassung hat er ein Schreiben der IG Metall Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Sachsen
vom 7. Januar 2016 zu den Gerichtsakten gereicht, wonach der Haustarifvertrag der M Jagd- und Sportwaffen GmbH im Fall des
Klägers wesentlich realistischer sei als der Bundestarif der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. August 2016 abgewiesen, außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten,
die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 9. April 2013 bleibe unberührt. Gegenstand der Klage sei der BSA zwischen
dem 1. Dezember 2007 und dem 30. Juni 2013. Soweit es den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2008 betreffe,
stehe dem Anspruch bereits § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X entgegen, da Nachzahlungen längstens rückwirkend für vier Jahre ab dem Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung erbracht werden
könnten (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Der Kläger habe keinen Überprüfungsantrag gestellt, vielmehr habe der Beklagte mit Bescheid vom 10. Januar 2013 insoweit
von Amts wegen entschieden. Hiervon ausgehend würden Ansprüche im Zugunstenverfahren vor dem 1. Januar 2009 ausscheiden. Soweit
es den BSA ab dem 1. Januar 2009 betreffe, habe der Beklagte zu Recht die bis 30. Juni 2011 geltende Rechtslage zugrunde gelegt.
Streitig sei insoweit allein die Bestimmung des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger Tätigkeit gemäß § 30 Abs. 8 BVG, § 9 BSchAV a. F. Soweit der Beklagte zu Unrecht das Einkommen nicht anhand einer der Qualifikation des Klägers entsprechenden
Tätigkeit ermittelt habe, beschwere dies den Kläger nicht. Maßgeblich für die Bestimmung des derzeitigen Einkommens sei nur,
wie der Betroffene seine berufliche Arbeitskraft als Unselbständiger auf dem Arbeitsmarkt verwerten könnte. Als Wert der eigenen
Arbeitsleistung sei das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre.
Insoweit sei es angemessen, auf die einschlägigen Tarifverträge zurückzugreifen. Dies seien die Tarifverträge des Bundesinnungsverbandes
der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner. Diese Tarifverträge erfassten auch den vom Kläger ausgeübten Beruf. Da er nach
eigenen Angaben rein produktive Arbeiten ausübe, sei er in den Tarifverträgen den gewerblichen Arbeitnehmern zuzuordnen. Die
Ermittlung der einschlägigen Lohngruppe erfolge gemäß den allgemeinen Grundsätzen der Vergütungstarifverträge anhand der überwiegend
ausgeübten Tätigkeit. Hier sei der Kläger der höchsten Lohngruppe 1 zuzuordnen, weil er auch nach eigenen Angaben auch international
als äußerst geschätzter Spezialist für Waffengravuren anerkannt sei und als Graveurmeister hohe berufliche Qualifikationen
besitze. Aufgrund der bisherigen selbständigen Tätigkeit könne auch die Fähigkeit des Klägers zur Arbeiten angenommen werden,
die Dispositionsvermögen und umfassende Verantwortung erforderten. Als erzielbare Bruttovergütung ergebe sich ab dem 1. April
2008 ein Betrag von monatlich 2.483,- Euro. Dieser Betrag liege über dem vom Beklagten angenommenen Betrag von 2.422,- Euro,
so dass der Kläger schon deshalb nicht beschwert sei. Dies gelte für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2011,
aber auch für die Zeit danach, namentlich ab dem 1. Oktober 2012.
Gegen das ihm am 13. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Oktober 2016 Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe
sich das Sozialgericht auf die Tarifverträge des Bundesinnungsverbandes der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner bezogen
und nicht auf den Haustarifvertrag der M Jagd- und Sportwaffen GmbH. Letzterer sei einschlägig, weil es sich um einen speziellen
Tarifvertrag für Waffengraveure handele. Er, der Kläger, verrichte kreative Handarbeit zur Herstellung von Einzelstücken,
die vom Bundesinnungsverband der Galvaniseure, Graveure und Metallbildner erfassten Firmen fertigten dagegen in automatisierter
Maschinenarbeit große Stückzahlen, was im Ergebnis eine höhere Bezahlung der Beschäftigten ermögliche. Zudem seien diese Firmen
geographisch schwerpunktmäßig in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ansässig und nicht in den tariflich deutlich schlechter
gestellten neuen Bundesländern.
Der Senat hat eine Auskunft der H. K GmbH zu den dort gezahlten Löhnen eingeholt und den vollständigen Haustarifvertrag der
M Jagd- und Sportwaffen GmbH ab dem 1. Januar 2008 nebst Ergänzungsvereinbarung zum Manteltarifvertrag, Entgelttarifvertrag
und Haustarifvertrag über Sonderzahlungen beigezogen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. August 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 1. Oktober
2012 sowie vom 10. Januar 2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. April 2013 zu verurteilen, den Bescheid vom
18. Januar 2011 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger einen höheren Berufsschadensausgleich für den Zeitraum vom 1. Januar
2008 bis zum 30. Juni 2013 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte des Sozialgerichts
Berlin S 17 RA 4100/03 sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide 1. Oktober 2012 sowie vom 10. Januar 2013 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 9. April 2013. Der Bescheid vom 10. Januar 2013 ist im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ergangen. Mit ihm hat der Beklagte den Bescheid vom 18. Januar 2011 überprüft, mit dem er dem Kläger dem Grunde nach BSA
ab dem 1. Dezember 2007 bewilligt hatte. Der Bescheid vom 18. Januar 2011 stellt einen Ausgangsbescheid über die Bewilligung
von BSA dar, der die Berechnungsgrundlagen – Vergleichseinkommen nach der Besoldungsgruppe A 11, Wert der Arbeitsleistung
des Klägers nach dem Industriebereich Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten Sportartikeln, Spielwaren und sonstige
Arbeitserzeugnisse, Leistungsgruppe 2 – regelt. Auf ihm bauen die sich anschließenden Anpassungsbescheide auf. Im Grundsatz
können diese nicht wegen anfänglicher Unrichtigkeit zurückgenommen werden, solange der Ausgangsbescheid nicht aufgehoben worden
ist (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 15. August 1996 - 9 RV 22/95 – juris). Damit ist streitgegenständlich der mit Bescheid vom 18. Januar 2011 unmittelbar geregelte Zeitraum vom 1. Januar
2008 bis zum 30. Juni 2011.
Zwischenzeitlich hat der Beklagte mit Anpassungsbescheiden vom 16. Juni 2011 und vom 14. Juni 2012 BSA ab dem 1. Juli 2011
und ab dem 1. Juli 2012 bewilligt. Dabei hat er nur das Vergleichseinkommen erhöht, namentlich insoweit nicht mehr gemäß Nr.
1 a) der Anlage I Kap VIII K III Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K - Soziales Entschädigungsrecht und Rehabilitation Abschnitt
III des Einigungsvertrages, die gemäß § 84a BVG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juni 2011 (BGBl. I S. 1114) ab dem 1. Juli 2011 nicht mehr anwendbar war, eine Absenkung nach der Bekanntgabe des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
im Bundesanzeiger verfügt (hier Absenkung ab Juli 2008 auf 88,07 Prozent, ab Juli 2009 auf 88,71 Prozent). Diesem demnach
recht stark erhöhten Vergleichseinkommen hat er weiterhin den unveränderten Wert der Arbeitsleistung des Klägers gegenübergestellt,
was den relativ hohen Bewilligungsbetrag ergeben hat. Um dies zu korrigieren, hat der Beklagte zunächst mit dem weiteren streitgegenständlichen
Bescheid vom 1. Oktober 2012 den BSA rückwirkend ab Juli 2011 abgesenkt und dem hiergegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid
vom 10. Januar 2013 insoweit abgeholfen, als er die Absenkung erst ab dem 1. November 2012 verfügt hat. Im Ergebnis hat der
Beklagte dem Kläger BSA monatlich wie folgt bewilligt:
- vom 1. Dezember 2007 bis 30. Juni 2008 211,- Euro, - vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 199,- Euro, - vom 1. Juli 2009 bis
30. Juni 2011 219,- Euro, - vom 1. Juli 2011 bis 31. Oktober 2012 456,- Euro, - vom 1. November 2012 bis 30. Juni 2013 255,-
Euro.
Gegenstand der Berufung ist in zeitlicher Hinsicht nur der zuvor skizzierte Zeitraum, denn nur über ihn hat das Sozialgericht
antragsgemäß entschieden.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nur zum Teil zutreffend. Der das Überprüfungsverfahren
betreffende Bescheid vom 10. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Fassung des Bescheides vom 10. Januar 2013 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2013 ist dagegen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten,
soweit er mit ihm BSA mit Wirkung ab dem 1. November 2012 teilweise aufgehoben hat. Allerdings steht dem Kläger kein höherer
BSA zu als mit Bescheiden vom 16. Juni 2011 und vom 14. Juni 2012 verfügt.
Soweit es um den das Überprüfungsverfahren betreffenden Bescheid geht, hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass
dem geltend gemachten Anspruch für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2008 bereits § 44 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB X entgegen steht; insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, §
153 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
Für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2011 hat der Beklagte den BSA zutreffend berechnet. Daher kommt eine Korrektur
des Bescheides vom 18. Januar 2011 im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X hier nicht in Betracht.
Anspruchsgrundlage insoweit ist § 30 Abs. 3 BVG in seiner ab dem 21. Dezember 2007 geltenden Fassung. Danach erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus
gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich
in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist,
einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6. Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen
aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen
(§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Das Vergleichseinkommen errechnet sich gemäß § 30 Abs. 5 Satz 1 BVG nach § 30 Abs. 5 Satz 2 bis 6 BVG aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach
ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich
angehört hätten. Der BSA wird hier nicht gemäß § 30 Abs. 10 BVG ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, weil der Antrag des Klägers deutlich vor dem in dieser Vorschrift genannten Stichtag (21. Dezember 2007) gestellt
worden ist. Aufgrund dieser frühen Antragstellung durch den Kläger sind auch die grundlegenden Änderungen des BSA mit Wirkung
zum 1. Juli 2011 (vgl. § 30 Abs. 5 BVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20. Juni 2011 <BGBl. I S. 1114> und die Verordnung zur Durchführung des § 30 Absatz 3 bis 12
und des § 40 a Absatz 1 und 5 des Bundesversorgungsgesetzes vom 28. Juni 2011 <BGBl. I S. 1273>) gemäß der Übergangsvorschrift des § 87 Abs. 1 BVG für den vorliegenden Fall unmaßgeblich (vgl. Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 30 BVG, Rn. 26).
Somit ist nach § 30 Abs. 3 BVG nicht individuell festzustellen, wie sich das Einkommen eines Beschädigten wahrscheinlich gestaltet hätte, und es ist nicht
dieses wahrscheinliche Einkommen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit (zuzüglich der
Ausgleichsrente) gegenüberzustellen; vielmehr ist von der generalisierenden (pauschalen) Betrachtungsweise auszugehen, die
in § 30 Abs. 4 BVG für die Ermittlung des Vergleichseinkommens vorgesehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juli 1971 - 9 RV 514/68 - juris).
Welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, hat die vom
Gesetzgeber in § 30 Abs. 14 BVG ermächtigte Bundesregierung in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden und hier maßgeblichen Verordnung zur Durchführung des
§ 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40a Abs. 1 bis 5 des Bundesversorgungsgesetzes - Berufsschadensausgleichsverordnung - (BSchAV) bestimmt. Das Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 5 BVG wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BSchAV ermittelt, wenn der Beschädigte
1. unselbständig in der privaten Wirtschaft tätig wäre, nach § 3 BSchAV;
2. im öffentlichen Dienst tätig wäre, nach § 4 BSchAV;
3. selbständig tätig wäre, nach § 5 BSchAV.
Hier ist der Kläger nach der Schädigung selbständig tätig geworden und er wäre dies auch ohne Schädigung. Zu Recht ist daher
zwischen den Beteiligten die Anwendung von § 5 BSchAV unstreitig. Ebenso unstreitig ist die – hier höchstmögliche – Einstufung
des Klägers in die Besoldungsgruppe A 11 nach § 5 Abs. 1 Satz 1, erhöht um den Familienzuschlag (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BSchAV).
Auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sind die jeweiligen Bekanntmachungen der Vergleichseinkommen
für die Feststellung der Berufsschadens- und Schadensausgleiche nach dem BVG veröffentlicht. Ab dem 1. Januar 2009 gilt die Bekanntmachung ab dem 1. Juli 2008, die für die letzte Stufe der Besoldungsgruppe
A 11 einschließlich Familienzuschlag einen Betrag von 3.326,- Euro ausweist, die bereits angesprochene Kürzung nach Maßgabe
des Einigungsvertrages ergibt den von dem Beklagten berücksichtigten Betrag von 2.929,- Euro. Entsprechendes gilt ab dem 1. Juli 2009 (3.408,- Euro,
auf 88,71 Prozent gekürzt ergibt 3.023,- Euro).
Dem skizzierten Vergleichseinkommen ist das derzeitige Einkommen gegenüber zu stellen. Dieses ist bei (tatsächlich) selbständig
Tätigen regelmäßig nicht das tatsächliche – etwa nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts ermittelte – Einkommen. Der BSA für
einen selbständig Tätigen bemisst sich nicht nach der Differenz zwischen dem, was er als gesunder Selbständiger wahrscheinlich
verdienen würde und dem, was er als beschädigter Selbständiger tatsächlich verdient. Maßgebend ist vielmehr, wie er seine
berufliche Arbeitskraft als Unselbständiger auf dem Arbeitsmarkt verwerten könnte - einerseits als Gesunder, andererseits
als Geschädigter. Das folgt aus § 5 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSchAV (vgl. BSG, Urteil vom 15. Februar 1989 - 9/4b RV 47/87 – juris). Nach letztgenannter Vorschrift gelten als derzeitiges Bruttoeinkommen der Wert der eigenen Arbeitsleistung in einer
gegenwärtigen selbständigen Tätigkeit und Einnahmen aus einer früheren selbständigen Tätigkeit, soweit in § 30 Abs. 11 Satz 1 und § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 BVG sowie in § 10 BSchAV nichts anderes bestimmt ist; als Wert der eigenen Arbeitsleistung ist das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das einem
Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre.
Das BSG hat in dem genannten Urteil vom 15. Februar 1989 eingehend seine Erwägungen für die Berücksichtigung von Einkommen bei Selbständigen
dargelegt. Diese Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, sind wie folgt zusammenzufassen: Das - mit Hilfe des Steuerrechts
ermittelte - tatsächliche Einkommen eines Beschädigten sei nicht unbesehen immer der Betrag, den sich ein Beschädigter anrechnen
lassen müsse. Weil nur der schädigungsbedingte Einkommensverlust Grundlage des BSA sein könne, müsse dem Beschädigten unter
Umständen mehr angerechnet werden, nämlich das, was er mit den verbliebenen Kräften noch verdienen könne. Bei Unselbständigen
unterstelle allerdings das Gesetz im Allgemeinen, dass ihr tatsächliches Einkommen auch dem entspreche, was sie verdienen
können. Das Gesetz gehe davon aus, dass grundsätzlich jeder Beschädigte seine noch vorhandene Arbeitskraft voll einzusetzen
bereit sei und dass der Arbeitsmarkt, das Tarifrecht und das Beamtenbesoldungsrecht dafür sorgten, dass das, was er tatsächlich
verdiene, der Betrag sei, den er noch verdienen könne. Anders sei das bei Selbständigen. Ihr tatsächliches Einkommen hänge
nicht nur von der Bereitschaft ab, ihre verbleibende Arbeitskraft voll einzusetzen. Das tatsächliche Einkommen Selbständiger
sei von zahlreichen Faktoren abhängig, wie Risikobereitschaft, Arbeits- und Kapitaleinsatz, Konjunktur, strukturelle und regionale
Wirtschaftsbedingungen. Das tatsächliche Einkommen eines beschädigten Selbständigen besage deshalb nichts Entscheidendes darüber,
inwieweit die Schädigungsfolgen dafür ursächlich seien, dass er nicht das Vergleichseinkommen erreiche. Aussagekräftig sei
vielmehr der verbliebene Wert der Arbeitskraft. Die Verordnung, die vom Wert der eigenen Arbeitsleistung des Selbständigen
spreche, meine daher den Wert des Leistungsvermögens. Es sei damit keine grundsätzlich andere Bewertung gemeint als diejenige,
die § 5 BSchAV für die Festlegung des Vergleichseinkommens verlange. Auch das derzeitige Einkommen eines Selbständigen sei
eine Vergleichsgröße. Es sei das Einkommen, das der individuelle Beschädigte als Bewerber um eine unselbständige Berufsstellung
wahrscheinlich erzielen würde. Erst diese nach gleichen Kriterien ermittelten Vergleichsgrößen nach § 5 BSchAV und nach §
9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BSchAV erlaubten es, zu einer vertretbaren Einschätzung der durch die Schädigung verursachten Einbuße
an wirtschaftlich nutzbarer Arbeitskraft zu gelangen. Diese Betrachtungsweise verbiete zwar, dem Beschädigten eine bestimmte
Tätigkeit mit der entsprechenden Besoldungsgruppe zuzuordnen, ohne nähere Feststellungen über die geistigen und körperlichen
Anforderungen der Tätigkeit zu treffen, und davon - eventuell entsprechend dem Grad seiner MdE/ dem GdS - einen prozentualen
Abschlag vorzunehmen, der im Arbeitsleben nicht vorkomme. Der Verwaltung und auch den Tatsachengerichten sei es aber erlaubt,
in freier Würdigung aller Umstände, unabhängig von dem abstrakten Grad der MdE/GdS, das trotz Schädigung verbliebene Leistungsvermögen
für eine bestimmte Tätigkeit einzuschätzen.
Es ist mithin zu ermitteln, welche Tätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in der privaten Wirtschaft der Kläger trotz der
Schädigung noch ausüben kann und welches Durchschnittseinkommen, das wie das Vergleichseinkommen gemäß den §§ 3 und 4 BSchAV
aus den Besoldungsgesetzen oder den Tabellen des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen ist, zu erzielen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 9a/9 RV 3/89 – juris).Dabei hat das BSG in einer weiteren Entscheidung ausgeführt, es sei nicht zu rechtfertigen, die selbständig Tätigen, denen der Verordnungsgeber
die Beamtenbesoldung als Grundlage des Vergleichseinkommens zubilligt, hinsichtlich des derzeitigen Einkommens als Angestellte
oder Arbeiter zu behandeln. Der Selbständige sei als Unbeschädigter und als Beschädigter in die jeweils passende Gruppe der
Besoldungsordnung einzustufen, weil nur damit eine sachgerechte Vergleichsbetrachtung angestellt werden könne. Das BSG hat es ausreichen lassen, dass die Erkenntnis genüge, dass der (dortige) Beschädigte in der Lage gewesen sei, in der Bauverwaltung
in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 aufzusteigen (BSG, Urteil vom 16. Mai 1995 - 9 RV 13/93 – juris).
Wollte der Senat letztgenanntes Urteil vorbehaltlos anwenden, würde ein BSA denklogisch ausscheiden. Das liegt hier daran,
dass der „Hätte-Beruf“ und die tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit letztlich identisch sind – jeweils geht es um
einen (selbständigen) Waffengraveur; sind die Berufe identisch, müssen es auch die jeweils zugrunde liegenden Besoldungsgruppen
sein. Indes sieht der Senat gewisse Probleme, sich einen Graveur in der öffentlichen Verwaltung vorzustellen, der die Besoldungsgruppe
A 11 erreicht. Zugunsten des Klägers ist daher anzunehmen, dass auf sonstige Weise der Wert seiner Arbeitskraft zu ermitteln
ist. Dabei kommt es indes nach Maßgabe vorstehender Ausführungen nicht darauf an, dass sich der Kläger eine ausgesprochen
seltene Tätigkeit ausgesucht hat, die in der privaten Wirtschaft abhängig beschäftigt nur in zwei Betrieben in ganz Deutschland
ausgeübt wird. Der objektive Wert der Arbeitskraft bestimmt sich vielmehr danach, was ihm möglich ist. Und hierbei sieht der
Senat nicht, dass die vom Beklagten vorgenommene Einordnung des Klägers in eine Tätigkeit im Industriebereich Herstellung
von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportartikeln, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen unzutreffend wäre. Dass der Kläger
in diesem Bereich nicht tätig werden kann, hat er nie behauptet. Nach Maßgabe des Rundschreibens Durchführung des Sozialen
Entschädigungsrechts (SER) Vergleichseinkommen nach § 30 Abs. 5 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) i. V. m. § 4 Abs. 5 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 des BMAS vom 19. Juni 2009
(IV c 2 – 61080/27) ist auch die Einstufung des Klägers in Leistungsgruppe III (entspricht Leistungsgruppe 2) nicht zu beanstanden,
denn der Kläger ist als Arbeitnehmer mit Berufsausbildung und sehr schwierigen Tätigkeiten anzusehen.
Der Kläger ist auch gesundheitlich zur Tätigkeit eines Graveurs in dem umrissenen Industriebereich in der Lage. Dabei ist
klarzustellen, dass nur die bestandskräftig anerkannte Schädigungsfolge - Läsionen der Muskelsehnen des linken Schultergelenkes
mit Restbeschwerden nach Prellung und zunehmender Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes und des linken Schultergürtels
- zu berücksichtigen ist. Alle darüber hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen können für die Beurteilung einer
schädigungsbedingten Einschränkung des Leistungsvermögens keine Rolle spielen. Dies gilt für die im Verwaltungsverfahren angesprochene
Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit (Schreiben der H. K GmbH vom 19. Februar 2010), die in einem Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27. März 2011 erwähnte mittelgradige Einschränkung der Lungenfunktion und die im Rahmen
der Begutachtung von Dr. B zur Sprache gekommenen Beschwerden im rechten Sprunggelenk und in der Lendenwirbelsäule.
In Betracht zu ziehen sind demnach nur die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter. Hier sind die Bewegungseinschränkungen
(Extension/Flexion 90-0-25° gegenüber rechts 140-0-50°; Arm vorheben/Arm rückheben 100-0-30° gegenüber rechts 140-0-60°; Außenrotation/Innenrotation
30-0-90° gegenüber rechts 80-0-90°) und eine Schmerzsymptomatik zu berücksichtigen, wobei sich allerdings nach Dr. B eine
Verschmächtigung im Bereich des linken Armes und des linken Schultergürtels nicht hat nachweisen lassen. Dass der Kläger aufgrund
dieser Funktionsbeeinträchtigungen zu einer vollschichtigen Tätigkeit im skizzierten Industriebereich nicht in der Lage ist,
vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger selbst hat in einem Formular zur Prüfung eines Anspruchs auf BSA seine Einschränkungen
der Leistungsfähigkeit ganz wesentlich auf kognitive Einschränkungen zurückgeführt, die aber – wie dargelegt – außer Betracht
bleiben müssen.
Die vom Kläger vorgebrachten Argumente stützen einen höheren BSA nicht. Dabei fällt durchaus – im Sinne einer gewissen „Rosinenpickerei“
– auf, dass der Kläger ursprünglich die hohe Wertigkeit seiner Tätigkeit in den Vordergrund gestellt hat, um dann bei der
Bestimmung des Wertes der derzeitigen Tätigkeit auf die relativ niedrige Bezahlung hinzuweisen. Namentlich die Vorlage einer
Bestätigung der Graveur- und Metallbildner-Innung Berlin vom 19. Mai 2006, wonach der Kläger auch in Ansehung seiner über
30-jährigen Berufserfahrung in Lohngruppe 6 gemäß Tarif einzustufen sei bei einem Bruttomonatslohn von 4.324,- Euro, sollte
offensichtlich ein besonders hohes Vergleichseinkommen rechtfertigen. Dem steht gegenüber, dass der Kläger in seinem Schreiben
vom 27. März 2011 die Verdienstmöglichkeiten eines Waffengraveurs mit nur noch monatlich 2.307,- Euro beziffert hat. Dies
beruht aber auf einem Missverständnis der Funktion des BSA. Dieser soll einen schädigungsbedingten Verdienstausfall ausgleichen,
nicht aber tariflich schlechte Bezahlungen, die auch einen nicht beschädigten Arbeitnehmer treffen. Fehl geht der Kläger auch,
soweit er meint, der Wert seiner Arbeitsleistung müsse bei seiner sehr seltenen Tätigkeit anhand konkreter Haustarifverträge,
die exakt diese Tätigkeit erfassen, bestimmt werden. Vielmehr geht es darum, wie für das Vergleichseinkommen auch für das
derzeitige Einkommen beschädigter Selbständiger eine relativ feste Größe zugrunde zu legen (vgl. hierzu und zum Folgenden
nur BSG, Urteil vom 27. April 1989 - 9/4b RV 33/87 – juris). Die Verordnung, die vom Wert der eigenen Arbeitsleistung des Selbständigen spricht, meint daher den Wert des Leistungsvermögens.
Es ist damit keine grundsätzlich andere Bewertung gemeint, als diejenige, die § 5 BSchAV für die Festlegung des Vergleichseinkommens
verlangt. Auch das derzeitige Einkommen eines Selbständigen ist eine Vergleichsgröße. Es ist das Einkommen, das der individuell
Beschädigte als Bewerber um eine unselbständige Berufsstellung wahrscheinlich erzielen würde. Vorstehende Ausführungen erhellen,
dass es unmaßgeblich ist, wenn sich der Betroffene bei an sich höherem Wert seines Leistungsvermögens eine ganz bestimmte
Tätigkeit aussucht, die aus nicht schädigungsbedingten Gründen schlecht bezahlt ist.
Rechnerisch hat der Beklagte auf der Grundlage der jeweiligen Bekanntmachungen des BMAS den Wert der Arbeitsleistung des Klägers
grundsätzlich richtig ermittelt.Soweit er allerdings entsprechend dem „medizinischen“ GdS einen prozentualen Abschlag vom
Wert der Arbeitsleistung vorgenommen hat, steht dies in Widerspruch zur zitierten Rechtsprechung des BSG, beschwert den Kläger aber nicht.
Der BSA ist hier demnach nicht zu niedrig bewilligt worden. Dass er gemäß § 30 Abs. 13 BVG in der Höhe der gesamten Grundrente ruht, hat der Beklagte zutreffend erkannt (vgl. Dau in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht,
§ 30 BVG, Rn. 46).
Erfolg hat die Berufung, soweit sie die Teilaufhebung des BSA mit Wirkung ab dem 1. November 2012 betrifft. Insoweit ist der
Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2012 auch nach Teilabhilfe durch Bescheid 10. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 9. April 2013 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die entsprechenden Rücknahmevoraussetzungen
liegen nicht vor.
Der vom Beklagte angewendete § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist hier im Ergebnis nicht einschlägig. Denn er setzt voraus, dass ein ursprünglich rechtmäßiger Verwaltungsakt durcheine
Änderung in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass rechtswidrig wird. Ein solcher Fall liegt hier aber
nicht vor. Der insoweit betroffene Bescheid vom 14. Juni 2012 war von Anfang an rechtswidrig. Denn wie bereits dargelegt hat
der Beklagte insoweit zu Unrecht den unveränderten Wert der Arbeitsleistung des Klägers von 1.686,68 Euro netto zugrunde gelegt.
Dieser Betrag entspricht demjenigen, wie er bereits ab dem 1. Juli 2009 zugrunde gelegt worden war. Damit hat der Beklagte
aber nicht nur die generelle Erhöhung des Wertes der Arbeitsleistung des Klägers unberücksichtigt gelassen, sondern auch nicht
beachtet, dass nach der skizzierten Rechtslage eine Absenkung des Wertes der Arbeitsleistung des Klägers bereits seit dem
1. Juli 2011 nach Maßgabe des Einigungsvertrages nicht mehr vorzunehmen war. Dass es sich bei dem Bescheid vom 14. Juni 2012 um einen Anpassungsbescheid handelt, steht dem
Ergebnis nicht entgegen. Zwar können wegen Änderung der Verhältnisse ergangene Folgebescheide nicht schon deswegen nach §
45 SGB X zurückgenommen werden, weil sie auf einem rechtswidrigen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (Ausgangsbescheid) aufbauen (vgl.
BSG, Urteil vom 15. August 1996 - 9 RV 22/95 – juris). Hier ist aber nicht der Ausgangsbescheid rechtswidrig, sondern der Anpassungsbescheid. Anpassungsbescheide sind
dann rechtswidrig, wenn die Anpassung (Neufeststellung) selbst fehlerhaft ist (vgl. Lang in: Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Auflage 2019, § 45, Rn. 18), was hier aus den genannten Gründen der Fall ist.
Ist demnach vorliegend § 45 SGB X einschlägig, ist der angefochtene Aufhebungsbescheid rechtswidrig, weil die erforderliche Vertrauensschutzprüfung hier zugunsten
des Klägers ausfällt. Insoweit gilt ein zeitlicher und sachlicher Vorrang der Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs. 2 SGB X vor einer etwaigen Ermessensentscheidung. Erst wenn sich herausstellt, dass der Vertrauensschutz zu versagen ist und dass
für eine Ermessensausübung keine Gesichtspunkte übriggeblieben sind, ist das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert. In
diesem Fall kann nur die Aufhebungsentscheidung richtig sein (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 5. November 1997 - 9 RV 20/96 – juris).
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand
des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig
ist. Die nach § 45 SGB X zugelassene Durchbrechung der Bindungswirkung von Verwaltungsakten geht von dem Gedanken der Recht- und Gesetzmäßigkeit jeden
Verwaltungshandelns aus, der es grundsätzlich verlangt, rechtswidrige Verwaltungsakte zu beseitigen. Dem steht allerdings
gegenüber, dass der für die Rechtswidrigkeit nicht verantwortliche Betroffene grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns
vertrauen darf und vor der Rücknahme geschützt sein soll. Um den Widerstreit zwischen diesen beiden Grundsätzen zu lösen,
muss im Einzelfall eine Abwägung darüber erfolgen, welches Interesse überwiegt, das der Allgemeinheit auf Herstellung eines
gesetzmäßigen Zustandes oder das des gutgläubigen Begünstigten an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes. Bei
Verwaltungsakten, mit denen Dauerleistungen bewilligt worden sind, ist das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen
Zustandes in der Regel höher einzuschätzen als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit
regelmäßig stärker belastet als eine einmalige Leistung. Das gilt jedenfalls für Dauerleistungen, die für sehr lange Zeit
gewährt werden müssten. Diese gewichtigen öffentlichen Interessen schließen es im Einzelfall jedoch nicht aus, das Individualinteresse
des rechtswidrig Begünstigten als bedeutsamer anzusehen und einen Ausschluss der Rücknahme nach § 45 Abs. 2 SGB X zu bejahen. Das setzt zunächst voraus, dass der Betroffene auf den Bestand der Leistungsbewilligung vertraut hat, wofür eine
Vermutung spricht.
Nach Maßgabe der skizzierten Grundsätze fällt vorliegend die Vertrauensschutzprüfung zugunsten des Klägers aus. Dabei ist
Vertrauensschutz ersichtlich nicht nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Bei der Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist zu beachten, dass die Belastung für die Allgemeinheit durch die zu hoch bewilligte Leistung recht gering ausfällt, geht
es doch vorliegend nur noch um acht Monate (November 2012 bis Juni 2013). Zwar spricht hier nichts dafür, dass der Kläger
im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
Aber selbst wenn der Kläger nicht schon nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X Vertrauensschutz genießt, sprechen hier andere Umstände für die Annahme seiner Schutzwürdigkeit. So ist zugunsten des Klägers
in Betracht zu ziehen, dass die Unrichtigkeit des Anpassungsbescheides vom 14. Juni 2012 allein in den Verantwortungsbereich
des Beklagten fällt und dass durch grobe Fehler der Verwaltung bei Erlass des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts
das Vertrauen des Begünstigten in die Bestandskraft der Leistungsbewilligung nachhaltig gestärkt wird. Weiter ist beachtlich,
dass mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Zeitpunkt der Leistungsbewilligung die Stellung des rechtswidrig Begünstigten
gestärkt wird. Unmittelbar liegt hier zwar nur ein kurzer Zeitraum vor, wenn man den zwischen Erlass des Bescheides vom 14.
Juni 2012 und Erlass des Aufhebungsbescheides vom 1. Oktober 2012 heranzieht. Hier ist aberzu beachten, dass eine Perpetuierung
des Fehlers stattgefunden hat, als der Beklagte denselben Fehler schon mit seinem Anpassungsbescheid vom 16. Juni 2011 gemacht
hat.
Fällt die Vertrauensschutzprüfung hier zugunsten des Klägers aus, kann dahinstehen, ob daneben Raum für eine Ermessensentscheidung
des Beklagten bestünde. Denn jedenfalls hat der Beklagte kein Ermessen ausgeübt.
Kein anderes Ergebnis folgt daraus, dass der Bescheid vom 14. Juni 2012 unter einem Vorbehalt erlassen worden ist. Denn ungeachtet
der Rechtsnatur dieses Vorbehaltes haben die im Bescheid insoweit in Bezug genommenen Änderungen von Verordnungen mit dem
hier gemachten Fehler nichts zu tun.
Noch höhere als mit Bescheiden vom 16. Juni 2011 und vom 14. Juni 2012 bewilligte Leistungen stehen dem Kläger aus den genannten
Gründen nicht zu. Schon die mit diesen Bescheiden bewilligten Leistungen sind deutlich zu hoch.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.