Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Bei der 1969 geborenen Klägerin war 2005 ein GdB von 20 festgestellt worden. Ihren Verschlimmerungsantrag vom 12. Juli 2010
lehnte der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der ihm vorliegenden Unterlagen mit Bescheid vom 7. Februar 2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011 ab. Hierbei ging er von folgenden mit einem GdB von 20 bewerteten
Funktionsbeeinträchtigungen aus:
degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen - Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung.
Mit der bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin die Zuerkennung eines GdB von mindestens 50 begehrt.
Neben Befundberichten hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S vom 28. März 2013 eingeholt,
der als GdB-relevante Funktionsstörungen der Klägerin
- Wirbelsäulenfunktionsstörungen bei Verschleiß (Einzel-GdB von 20),
- Depression, Somatisierung, Kopfschmerzsymptomatik (Einzel-GdB von 20)
ermittelt und vorgeschlagen hat, hieraus ab dem Datum der Begutachtung einen Gesamt-GdB von 30 zu bilden. Der Beklagte hat
sich daraufhin mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013 bereit erklärt, bei der Klägerin ab Juli 2010 einen Gesamt-GdB von 30 festzustellen.
Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die im Übrigen fortgeführte Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 28. Mai 2014 abgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch
auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 30.
Mit der Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens
der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T vom 13. Februar 2015, die nach Untersuchung der Klägerin für die Funktionsstörungen
auf ihrem Fachgebiet,
somatoforme Schmerzstörung, Anpassungsstörung mit länger andauernden depressiven Reaktionen, Persönlichkeitsstörung,
einen Einzel-GdB von 50 angesetzt hat. Es handele sich dabei um schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen.
Dieser Zustand bestehe mindestens seit 2011.
Mit Schriftsatz vom 17. April 2015 hat der Beklagte erklärt, bei der Klägerin ab dem 12. Juli 2010 einen Gesamt-GdB von 40
anzuerkennen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ihre Berufung für die Zeit vor dem 1. September 2011 zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 2014 zu ändern sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 7. Februar
2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2011 zu verpflichten, bei ihr ab dem 1. September 2011 einen
Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt
der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist, nachdem die Klägerin ihr Begehren auf die Feststellung eines GdB von 50 ab dem 1. September 2011
beschränkt hat, in diesem Umfang begründet.
Nach den §§
2 Abs.
1,
69 Abs.
1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (
SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend
den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Heranzuziehen sind hierbei die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze".
Die psychischen Störungen der Klägerin bedingen einen Einzel-GdB von 50. Überzeugend hat die Sachverständige T nach einer
eingehenden ambulanten Untersuchung der Klägerin in ihrem Gutachten dargelegt, dass bei der Klägerin schwere Störungen mit
mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen bestehen. Die von dem Beklagten vorgebrachten Einwände, die dessen versorgungsärztlicher
Dienst lediglich auf der Grundlage des Akteninhalts, also ohne eigene Untersuchung der Klägerin, gewonnen hat, rechtfertigen
keine andere Bewertung, zumal sie sich im Wesentlichen auf die als "vage" bezeichnete Diagnostik beziehen. Hierauf kommt es
jedoch im Schwerbehindertenrecht nicht an. Nach §
69 Abs.
1 SGB IX ist vielmehr auf die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft abzustellen. Für die von der erfahrenen Sachverständigen
festgestellten schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen ist nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu §
2 VersMedV ein GdB-Rahmen von 50 bis 70 vorgesehen. Der Senat folgt dem Vorschlag der Gutachterin, diese Behinderung mit einem Einzel-GdB
von 50 zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Sie berücksichtigt den gegenseitigen Grad des Unterliegens der Beteiligten.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) sind nicht erfüllt.