Gründe:
Auf die Beschwerde des Klägers war der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2015, mit dem dieses dem Kläger auf
der Grundlage von §
72 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eine besondere Vertreterin bestellt hat, aufzuheben.
Gem. §
72 Abs.
1 SGG kann der Vorsitzende für einen prozessunfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter bis zum Eintritt eines Vormundes,
Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor,
denn das Sozialgericht ist ohne hinreichende eigene Ermittlung von einer Prozessunfähigkeit des Klägers ausgegangen, und eine
solche drängt sich entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht in einer solchen Weise auf, die es ausnahmsweise rechtfertigt,
ohne Hinzuziehung medizinischen Sachverstandes zu entscheiden.
Prozessfähig ist ein Beteiligter, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann, §
71 Abs.
1 SGG. Damit stellt das Verfahrensrecht auf die Geschäftsfähigkeit im Sinne des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) ab. Gem. §
105 Abs.
1 BGB ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Geschäftsunfähig in der hier einzig in Betracht kommenden Variante
ist gem. §
104 Nr. 2
BGB, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet,
sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind nicht bereits gegeben, wenn
sich die Prozessführung eines Beteiligten als unzweckmäßig oder "sperrig" darstellt. Ebenso wenig reichen eigene Einschätzungen
eines Beteiligten über seinen Gesundheitszustand aus. Vielmehr hat das Gericht in der Regel ein Gutachten eines medizinischen
Sachverständigen einzuholen und darf hiervon nur ausnahmsweise dann absehen, wenn die zu Tage tretenden Symptome einem medizinisch
nicht vorgebildeten Laien eindeutige Schlüsse gestatten (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a.,
Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl., §
71 Rdnrn. 8a und 6a). Letzteres ist nach Überzeugung des Senates bereits in Ansehung des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers
auszuschließen. Diese Einschätzung wird zusätzlich durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Arztberichte bestärkt, aus
denen sich für einen Ausschluss der freien Willensbestimmung beim Kläger nichts entnehmen lässt.
Nachdem allerdings das Sozialgericht beim Betreuungsgericht die Anordnung einer Betreuerbestellung für den Kläger angeregt
und das Betreuungsgericht daraufhin ein medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben hat, das nach telefonischer Auskunft vom
heutigen Tag dort noch nicht vorliegt, bietet es sich an, den Ausgang jenes Verfahrens abzuwarten, bevor das Sozialgericht
über die Aufnahme eigenständiger Ermittlungen zur Prozessfähigkeit des Klägers entscheidet.
Eine Kostenentscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren nicht, sondern bleibt der Sachentscheidung vorbehalten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.