Tatbestand:
Streitig ist (noch) die Höhe der dem Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2009 zustehenden Berufsausbildungsbeihilfe
(BAB) sowie die Erstattung von Sprachkurskosten iHv 500,- € und von Einschreibegebühren iHv 525,- €.
Der 1983 geborene, unverheiratete Kläger absolvierte vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2010 im Rahmen eines mit der Deutsch-Portugiesischen
Industrie- und Handelskammer (DPIHK) geschlossenen Berufsausbildungsvertrages eine Ausbildung zum Koch in Portugal. Nach dem
Vertrag hatte der Kläger monatlich 195,- € für seinen Anteil an den Unterkunftskosten (= 100,- €) und Verwaltungsaufwand (=
95,- €; vgl. Bescheinigung der DPIHK vom 27. Mai 2009) zu zahlen, ferner eine bei Anmeldung fällige Einschreibegebühr iHv
525,- € und Abschlussgebühren iHv 280,- €; auf den Vertrag vom 16. August 2007 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Der Kläger erhielt ein monatliches "Taschengeld" iHv 45,- € und Sachbezugsleistungen für Unterkunft und Teilverpflegung iH
eines monatlichen Betrages von 250,- € (Bescheinigungen der DPIHK vom 28. August 2007 und 15. Januar 2008). Die Miete der
von dem Kläger und zwei anderen Personen bewohnten Unterkunft belief sich auf einen monatlichen Gesamtbetrag von 750,- €.
Der Kläger nahm ferner an einem vorbereitenden Portugiesisch-Sprachkurs gegen Zahlung eines Betrages iHv von 500,- € teil.
Im August 2007 beantragte der Kläger BAB. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2009 BAB iHv monatlich 164,- € zuzüglich 130,- € für eine
einmalige An-/Abreise. Auf den seit 1. September 2007 maßgeblichen Bedarf des Klägers iHv 518,- € monatlich seien das erhaltene
Taschengeld (= monatlich 45,- €), der Wert der Sachbezugsleistungen (= monatlich 250,- €) und Einkommen seiner Eltern iHv
59,23 € monatlich anzurechnen. Die weiteren geltend gemachten Kosten für die Einschreibegebühr, den vorbereitenden Sprachkurs
und die Fahrt zur Eignungsprüfung könnten nicht erstattet werden.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Beklagte im sich anschließenden Klageverfahren unter Änderung des Bescheides vom 30. November 2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2008 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März
2009 weitere 195,- € BAB monatlich zu gewähren, ferner weiter Fahrtkosten für das Jahr 2007 iHv 180,- €, für 2008 iHv 620,-
€ und für das erste Halbjahr 2009 iHv 310,- € zu zahlen. Die Beklagte ist weiter verpflichtet worden, über den Antrag auf
Erstattung der Einschreibe- und Prüfungsgebühren sowie der Sprachkurskosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu entscheiden. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe einen durch BAB zu deckenden monatlichen Bedarf von 358,77
€, gerundet 359,- €. Dieser errechne sich aus dem um eigenes Einkommen iHv (nur) monatlich 100,- € und dem anrechenbaren Elterneinkommen
iHv 59,23 € verminderten monatlichen Bedarf des Klägers iHv 518,-€ gemäß §
65 Abs.
1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (
SGB III) iVm §
13 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
2, Abs.
3 Bundesausbildungsförderungsgesetz (
BAföG). Dem Kläger seien auch weitere Fahrtkosten im tenorierten Umfang zu gewähren, jedoch keine Leistungen für die erbrachte
Mietkaution und weitere Arbeitsbekleidung und Arbeitsmittel. Hinsichtlich der Anträge auf Erstattung von Einschreibe- und
Prüfungsgebühren sowie von Sprachkurskosten habe die Beklagte ihr Ermessen nicht ausgeübt. Dies sei nachzuholen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil. Sie hat im Berufungsverfahren weitere Fahrtkosten für die
Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2009 iHv 825,- € sowie Leistungen für die Prüfungsgebühr iHv 280,- €, deren Übernahme
zunächst abgelehnt worden war (Bescheid vom 16. März 2010), und für Beiträge zur privaten Auslands-Krankenversicherung iHv
31,- € monatlich bewilligt (Bescheide vom 10. und 18. Mai 2010). Die Beklagte trägt zur Begründung vor: Der monatliche Bedarf
des Klägers belaufe sich auf 518,- €, davon Unterkunftsbedarf iHv 197,- €. Hiervon sei entgegen der Auffassung des SG ein eigenes Einkommen des Klägers iHv 295,- € monatlich (250,- € Sachbezugswert zzgl. 45,- € Taschengeld) abzusetzen. Denn
bei der Bedarfsermittlung seien Unterkunftskosten iHv 250,- € monatlich berücksichtigt worden, davon vollständig 197,- € monatlich.
Eine Minderung der berücksichtigten Unterkunftskosten um die tatsächlichen Ausgaben des Klägers würde eine doppelte Berücksichtigung
bewirken und sei daher unzulässig. Die Sprachkurskosten und die Einschreibegebühr seien nicht zu gewähren, da es sich um Kosten
für die Erlangung der Fördervoraussetzungen handele, die nicht unmittelbar durch die Ausbildung bedingt seien.
Der Kläger hat in der Folge auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass er im vorliegenden Verfahren (nur) noch höhere BAB für
die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2009 sowie die Erstattung der Einschreibegebühr und der Sprachkurskosten geltend
mache (vgl Schreiben vom 18. Juli 2010 und 27. Juli 2010).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf seine im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen. Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung
im noch streitigen Umfang für zutreffend
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt
(§
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, in deren Rahmen nur noch über die von dem Kläger zuletzt noch geltend gemachte höhere BAB für
die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2009 und die begehrte Kostenerstattung für den Sprachkurs iHv 500,- € und die Einschreibegebühr
iHv 525,- € zu befinden war, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet
und war zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere BAB in dem in Rede stehenden Zeitraum und auch keinen Anspruch
auf Erstattung der Kosten des Sprachkurses, wohl aber einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Übernahme der Einschreibegebühr
iHv 525,- € unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Da durch die Erledigungserklärung im Übrigen (Fahrtkosten,
Prüfungsgebühr) das von der Beklagten angefochtene SG-Urteil insoweit gegenstandslos geworden ist (vgl §
102 Satz 2
SGG; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Auflage, §
102 Rn 9 mwN), war das Urteil in seinem verbliebenen Umfang aufzuheben, soweit die Berufung begründet ist, und die Klage auch
insoweit abzuweisen. Die weitergehende Berufung der Beklagten (Einschreibegebühr) war zurückzuweisen. Der BAB-Folgebescheid
vom 18. Juni 2009 für die Zeit ab 1. April 2009 kann ungeachtet der eindeutigen Beschränkung des Klagebegehrens im Übrigen
schon deshalb nicht kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens iSv §
96 Abs.
1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung geworden sein (vgl. zur Anwendung auf nach dem Inkrafttreten
ergangene Verwaltungsakte BSG, Beschluss vom 30. September 2009 - B 9 SB 19/09 B - juris -; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 2009 - B 7 AL 146/09 B - juris), weil dies vom Gesetz "nur dann" (vgl. den Wortlaut §
96 Abs.
1 SGG) angeordnet wird, wenn der Folgebescheid den hier angefochtenen Bescheid vom 30. November 2007 abgeändert oder ersetzt hätte.
Dies ist ersichtlich nicht der Fall.
Der Kläger erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung von BAB nach §
59 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes - AFRG - vom 24. März 1997 - BGBl I 594). Die berufliche Ausbildung ist förderungsfähig iS des §
62 Abs.
2 SGB III in der mWv 1. Januar 2002 geltenden Fassung; für den Förderungsausschluss nach §
60 Abs.
2 SGB III liegen keine Anhaltspunkte vor. Der Kläger gehört als Deutscher auch zum förderungsfähigen Personenkreis (§
63 Abs.
1 Nr.
1 SGB III idF des AFRG). Schließlich erfüllt der Kläger die sonstigen persönlichen Voraussetzungen des §
64 SGB III (idF des AFRG); er ist über 18 Jahre alt und wohnt außerhalb des Haushalts seiner Eltern (§
64 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 iVm Satz 2 Nr.
1 SGB III).
Die Beklagte hat den Bedarf für den Lebensunterhalt in dem in Rede stehenden Zeitraum zutreffend auf 518,- € monatlich festgesetzt;
dieser Betrag errechnet sich aus dem Bedarf nach §
65 Abs.
1 Satz 1
SGB III iVm §
13 Abs.
1 Nr.
1 BAföG iHv monatlich 310,- € zuzüglich des Unterbringungsbedarfs gemäß §
13 Abs.
2 Nr.
2 BAföG (= monatlich 133,- €) und des Höchstbetrags für den Zusatzbedarf nach §
13 Abs.
3 BAföG (= monatlich 64,- €) sowie der Pauschale für Arbeitskleidung iSv § 68 Abs. 3 Satz 1 in der bis 31. Juli 2008 geltenden Fassung iHv 11,- € monatlich.
Auf den dargestellten Gesamtbedarf war gemäß §
71 SGB III in dem streitigen Zeitraum zunächst ein monatliches eigenes Einkommen des Klägers iHv 295,- € anzurechnen. Dieser Betrag
ergibt sich aus dem monatlichen Taschengeld iHv 45,- € und den vom Ausbildungsträger gewährten Sachbezugsleistungen iHv 250,-
€ monatlich. Da für die Unterkunft ein Gesamtbedarf iHv 250,- € monatlich (davon € 197,- € monatlich voll) bereits bei der
Bedarfsberechnung berücksichtigt worden ist, ist es nicht gerechtfertigt, die eigenen Ausgaben des Klägers für die Unterkunft
vom einzusetzenden Einkommen abzuziehen. Denn dies hätte zur Folge, dass der Bedarf doppelt berücksichtigt würde. Aufwendungen,
die bei der Ermittlung der Höhe der BAB - wie hier der Unterkunftsbedarf - bereits berücksichtigt wurden, können dann nicht
mehr einkommensmindernd in Ansatz gebracht werden (vgl. für die einkommensmindernde Berücksichtigung von Werbungskosten BSG,
Urteil vom 30. Juni 2005 - B 7a/7 AL 74/04 R = SozR 4-4300 § 71 Nr. 1). Selbst wenn davon auszugehen ist, dass von dem vom
Kläger an den Ausbildungsträger im streitigen Zeitraum zu zahlenden Betrag iHv 195,- € monatlich ein Anteil von 95,- € nicht
für Kosten der Unterkunft, sondern für Verwaltungsaufwand des Trägers zu entrichten gewesen wäre, ergibt sich keine andere
Beurteilung. Denn da für Unterkunftskosten zugunsten des Klägers bereits 250,- € bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt
worden sind, davon in voller Höhe 197,- € monatlich, können die vom Kläger zu tragenden Kosten nicht einkommensmindernd -
und damit im Ergebnis doppelt - in Ansatz gebracht werden.
Weiterhin anzurechnen ist in dem in Rede stehenden Zeitraum auf den monatlichen Bedarf des Klägers nach Maßgabe der entsprechend
heranzuziehenden Vorschriften des Vierten Abschnitts des
BAföG gemäß §
71 Abs.
2 Satz 1
SGB III iVm §
11 Abs.
4 BAföG anteilig Einkommen der Eltern iHv 59,23 € monatlich. Insoweit wird zur Berechnung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil (Seite 5 Absatz 4 Zeile 3 ab "Ausgehend..." bis Seite 6 Absatz 2 Zeile 10 bis "...anzurechnen")
gemäß §
153 Abs.
2 SGG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Es ergibt sich somit ein Gesamtanrechnungsbetrag
von monatlich 354,23 €, woraus sich eine BAB von monatlich 164,- € errechnet (518,- € abzgl. 354,23 € = 163,77 €, gerundet
164,- €).
Die Kosten des Sprachkurses iHv 500,- € sind nicht nach §
68 Abs.
3 Satz 2
SGB III in der bis 17. September 2010 geltenden Fassung erstattungsfähig. Nach der genannten Vorschrift "können", d.h. als Ermessensleistung,
sonstige Kosten anerkannt werden, soweit sie durch die Ausbildung unvermeidbar entstehen, die Ausbildung andernfalls gefährdet
ist und wenn die Aufwendungen vom Auszubildenden oder seinen Erziehungsberechtigten zu tragen sind. Die Kosten für den vorbereitenden
Portugiesisch-Sprachkurs des Klägers zählen tatbestandlich schon deshalb nicht zu den Kosten iSv §
68 Abs.
3 Satz 2
SGB III, weil diese Kosten "durch" die Ausbildung nicht "unvermeidbar" entstanden sind, sondern der Ausbildung vorangingen und nicht
Gegenstand des Ausbildungsvertrags waren (vgl. hierzu Stratmann in: Niesel/Brand,
SGB III, 5. Auflage, §
79 Rn 5). Anders verhält es sich indes mit der vom Kläger aufgrund des Ausbildungsvertrags zwingend zu zahlenden Einschreibegebühr
iHv 525,- € (vgl. Klausel 7g des Ausbildungsvertrags). Diese Gebühr war sowohl unvermeidbar als auch unmittelbar durch die
Ausbildung veranlasst, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
68 Abs.
3 Satz 2
SGB III entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt sind. Da die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hat (Ermessensausfall), hat das
SG die Ablehnungsentscheidung insoweit zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Die Berufung war
daher insoweit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt das Gesamtergebnis des Verfahrens.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 oder 2
SGG liegen nicht vor.