Mitgliedschaft der Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung; Wirksamkeit einer fehlerhaften
Meldung durch den Leistungsträger
Tatbestand:
Streitig ist die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten.
Der im Juni 1951 geborene Kläger bezog seit Dezember 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch,
Zweites Buch (SGB II). Der Leistungsträger, die Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (PAGA),
meldete den Kläger zum 9. Dezember 2005 bei der Beklagten an. Der Kläger war vor dem 9. Dezember 2005 zuletzt bis zum 7. August
1998 bei der Beigeladenen krankenversichert gewesen und danach nicht mehr. Der Beklagten wurde eine Rechnung über etwa 6.500,-
Euro wegen einer Krankenhausbehandlung des Klägers vorgelegt.
Mit mehreren Schreiben, erstmals am 12. April 2006 (und öfter) wandte sich die Beklagte zunächst an die Agentur für Arbeit
und dann (am 22. Juni 2006) an die PAGA wegen einer Klärung ihrer Versicherungszuständigkeit. Der Kläger habe sein Wahlrecht
zu ihr nicht ausgeübt. Außerdem habe keine Vorversicherung bei ihr bestanden. Mit Schreiben vom 24. August 2006 wandte sich
die Beklagte dann an den Kläger wegen einer Überprüfung seiner Mitgliedschaft und bat um Angaben über die zuletzt zuständig
gewesene gesetzliche Krankenkasse.
Durch Schreiben vom 29. November 2006 stornierte die Beklagte die Mitgliedschaft gegenüber der PAGA und dem Kläger. Dieser
bleibe Mitglied seiner letzten Krankenkasse, weil er keine Wahlerklärung zugunsten der Beklagten erteilt habe.
Die PAGA forderte den Kläger nunmehr auf, sein Krankenkassenwahlrecht auszuüben. Der Kläger ließ gegenüber der Beklagten mit
Schreiben vom 8. Dezember 2006 erklären, dass die Anmeldung zur Beklagten ihm bereits im Dezember 2005 von der PAGA mitgeteilt
und bestätigt worden sei. Sein Wahlrecht habe er so bereits ausgeübt, was vorsorglich nochmals bestätigt werde.
Durch Schreiben vom 11. Dezember 2006 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass sein Versicherungsschutz bei ihr "nicht
zum Tragen" komme. Das Wahlrecht sei gegenüber der Krankenkasse auszuüben und der Kläger habe der PAGA keine Mitgliedsbescheinigung
der Beklagten vorgelegt. Dagegen erhob der Kläger am 20. Dezember 2006 Widerspruch. Am 21. Dezember 2006 stellte er einen
formellen Antrag auf Mitgliedschaft bei der Beklagten ab 9. Dezember 2005. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid
vom 2. Januar 2007 ab, weil er nicht innerhalb von 14 Tagen nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt worden sei. Auch
dagegen erhob der Kläger Widerspruch.
Am 4. Januar 2007 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Potsdam den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der festgestellt
werden sollte, dass er bei der Beklagten krankenversichert sei. Mit Beschluss vom 4. April 2007 stellte das Sozialgericht
im Wege einer einstweiligen Anordnung fest, dass der Kläger vom 4. Januar 2007 bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen
den Bescheid vom 11. Dezember 2006 bei der Beklagten krankenversichert sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 2. Januar 2007 zurück.
Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2007 wies sie den Widerspruch gegen ihren "Bescheid vom 29. November 2006" zurück.
Dagegen richtet sich die am 15. Mai 2007 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage, mir der geltend gemacht worden
ist, dass der durch Aushändigung einer Versichertenkarte gewährte Versicherungsschutz nicht im Nachhinein wieder entzogen
werden dürfe. Vor dem Sozialgericht hat die Beklagte ihren Bescheid vom 2. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22. Februar 2007 aufgehoben.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 22. August 2007 den Bescheid vom 11. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10. Mai 2007 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 9. Dezember 2005 Mitglied der Beklagten sei. Zwar habe
der Kläger sein Wahlrecht erstmals mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 ausgeübt, weswegen die PAGA ihn nicht zum 9. Dezember
2005 bei der Beklagten habe anmelden dürfen. Der Fall einer gleichwohl erfolgten Meldung sei gesetzlich nicht geregelt. Es
sei aber sachgerecht, bei einer fehlerhaften Meldung eine nachträgliche Willensausübung des Berechtigten zuzulassen bzw. die
Meldung jedenfalls dann als wirksam zu behandeln, wenn sie dem - nachträglichen - tatsächlichen Willen des Betroffenen entspreche.
Gegen das ihr am 15. Oktober 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. November 2007 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingegangene Berufung der Beklagten. Eine wirksame Wahlrechtserklärung liege nicht vor. Weshalb das Sozialgericht gleichwohl
entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung, dass dann eine Anmeldung bei der letzten Krankenkasse vorzunehmen sei, der
zu einem weit späteren Termin ausgeübten Wahlrechtserklärung des Versicherten den Vorrang geben wolle, sei nicht nachvollziehbar.
Die Ausübung des Wahlrechtes sei fristgebunden gegenüber der Krankenkasse zu erklären, es handele sich um eine empfangsbedürftige
Willenserklärung. Die Entscheidung des Sozialgerichts verletze die gesetzliche Vorgabe, dass bei Nichtausübung des Wahlrechts
die Meldung des Eintritts von Versicherungspflicht ausschließlich an die Krankenkasse zu richten sei, bei der zuletzt eine
Versicherung bestanden habe.
Die Beklagte beantragt,
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. August 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht sich das Urteil des Sozialgerichts zu eigen. Sollte er aber nicht Mitglied der Beklagten geworden sein, dann doch
Mitglied der Beigeladenen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Der Kläger ist zum 9. Dezember
2005 Mitglied der Beklagten geworden und danach geblieben.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai
2007. Dieser Widerspruchsbescheid ist der Sache nach auf den Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2005 hin ergangen,
auch wenn die Beklagte sich im Text des Widerspruchsbescheides auf einen Bescheid vom 29. November 2006 bezogen hat, gegen
den der Kläger indessen nie förmlich Widerspruch erhoben hat. Das Schreiben vom 29. November 2005 über die Stornierung der
Mitgliedschaft hat auch keinen Inhalt, der über den Bescheid vom 11. Dezember 2005 hinausginge, mit dem die Beklagte festgestellt
hat, dass der Kläger nicht bei ihr versichert sei, es ist demnach vollständig durch den Bescheid vom 11. Dezember 2005 ersetzt
worden. Für das Ansinnen der Beklagten, das Gericht möge förmlich feststellen, dass der Kläger nicht Mitglied der Beklagten
geworden sei, gab es kein Rechtsschutzbedürfnis, da diese Frage bereits Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist. Entsprechend
hat die Beklagte ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts
und die Abweisung der Klage beschränkt.
Die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich aus §
5 Abs.
1 Nr.
2 a des Sozialgesetzbuchs, Fünftes Buch -
SGB V -. Nach dieser Vorschrift sind Personen in der Zeit, in der sie Arbeitslosengeld nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs
beziehen, versicherungspflichtig. Der Kläger bezog ab dem 9. Dezember 2005 Leistungen nach dem SGB II; er war weder familienversichert,
noch sind ihm Leistungen nur darlehensweise oder nur nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II gewährt worden. Die zum 1. Januar 2009
in Kraft getretene Vorschrift des § 5 Abs. 5a SGB II über den Ausschluss der Versicherungspflicht bei Leistungsbeziehern nach
dem SGB II ohne Vorversicherungszeit betrifft den Kläger nicht, da er bereits am 31. Dezember 2008 hilfebedürftig war (§
5 Abs.
5a Satz 2
SGB V).
Die zuständige Krankenkasse bestimmte sich gemäß §
173 Abs.
1 SGB V nach der Auswahlentscheidung des Klägers. Gemäß §
175 Abs.
1 SGB V ist die Ausübung des Wahlrechtes gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese hat unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung
auszustellen, welche von dem Versicherungspflichtigen unverzüglich der zur Meldung verpflichteten Stelle vorzulegen ist (§§
175 Abs.
2 Satz 1, Abs.
3 Satz 1
SGB V). Wird eine Mitgliedsbescheinigung nicht spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht vorgelegt, dann hat
die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung
bestand (§
175 Abs.
3 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V). Bestand zuvor keine Versicherung, ist die Meldung an eine der nach §
173 SGB V wählbaren Krankenkassen zu richten (§
175 Abs.
3 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V). §
175 Abs.
3 SGB V sieht demnach zwei Wege vor, um die zuständige Krankenkasse zu bestimmen: Entweder der Versicherte wählt seine Krankenkasse
selbst aus oder aber er wird angemeldet bei einer Krankenkasse von der zur Meldung des Eintritts von Versicherungspflicht
zuständigen Stelle, die sich für den Fall des Bestehens einer Vorversicherung an die letzte Krankenkasse wenden muss, bei
der eine Versicherung bestand. Die Wirkungen der beiden Wege sind gleich (BSG, Urt. v. 8. Oktober 1998 - B 12 KR 11/98 R - Rdnr. 18).
Vorliegend war die PAGA nach §
203a SGB V zwar für den Kläger zur Meldung verpflichtet, sie hat den Kläger aber fehlerhaft bei der Beklagten angemeldet. Eine Mitgliedsbescheinigung
der Beklagten hat der Kläger der PAGA nicht vorgelegt. Mangels Vorlage einer Mitgliederbescheinigung oder einer gegenüber
der Beklagten erklärten Wahlentscheidung hätte die PAGA ihre Meldung nach Ablauf von 14 Tagen nach Eintritt von Versicherungspflicht
an die Krankenkasse richten müssen, bei welcher der Kläger zuletzt versichert war. Das war aber die Beigeladene und nicht
die Beklagte.
Zu Unrecht meint die Beklagte, dass die Fehlerhaftigkeit der Meldung zur Unwirksamkeit führt. Das Gesetz hat die Rechtsfolgen
einer an die falsche Krankenkasse erfolgten Meldung nicht ausdrücklich geregelt. Es greift nur den Fall auf, dass weder eine
Mitgliedsbescheinigung vorgelegt wurde noch eine Meldung erfolgte und ordnet dafür in §
175 Abs.
3 Satz 3
SGB V an, dass dann die Krankenkassen über ihre Verbände selbst Regeln für die Bestimmung der Zuständigkeit aufstellen. Aus Sinn
und Zweck der gesetzlichen Regelungen über die Bestimmung der zuständigen Krankenkasse ergibt sich indessen, dass auch eine
fehlerhaft erfolgte Meldung jedenfalls zunächst wirksam ist.
§
175 SGB V verfolgt offensichtlich das Ziel, bei Eintritt von Versicherungspflicht die Frage der Kassenzuständigkeit kurzfristig zu
klären. Das belegt die Zwei-Wochen-Frist für die Ausübung des Wahlrechts des Versicherten. Nach Ablauf dieser Frist greifen
andere Regelungen, um zeitnah die Bestimmung der zuständigen Krankenkasse herbeizuführen: Macht der Versicherte von seinem
Wahlrecht innerhalb der Frist keinen Gebrauch, soll alsbald der Meldepflichtige tätig werden. Für dessen Handeln gilt der
Grundsatz, dass alle abzugebenden Meldungen unverzüglich zu erfolgen haben (Wille in Juris PK-
SGB V, §
203a Rdnr. 21). Bleibt auch die von ihm zu erstattende Meldung aus, dann haben die Krankenkassen bzw. ihre Verbände eigene Grundsätze
aufzustellen, nach denen sich die Auswahl der zuständigen Krankenkasse richtet (§
175 Abs.
3 Satz 3
SGB V).
Die zuständige Krankenkasse soll zeitnah bestimmt werden, weil die jeweilige Krankenkasse Krankenversicherungsschutz nur gewähren
kann, wenn ihr das Bestehen ihrer Zuständigkeit auch bekannt ist. Dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel einer zügigen Umsetzung
des Versicherungsschutzes entspricht es, die Zuständigkeitsentscheidung an greifbare, sofort feststellbare Bedingungen zu
knüpfen. Vorhandene Mängel müssen deswegen - jedenfalls zunächst - unberücksichtigt bleiben, sie vermögen nichts an der Wirksamkeit
des jeweiligen Meldetatbestands zu ändern. Das gilt zumindest dann, wenn der Fehler nicht offensichtlich ist und die Wahl
oder Meldung nicht unverzüglich als fehlerhaft erkannt und zurückgewiesen werden kann. Dem Grundsatz, dass verdeckte Mängel
ohne Auswirkungen bleiben, entspricht auch, dass §
175 Abs.
3 Satz 3
SGB V für das von den Krankenkassen selbst einzuleitende Verfahren nur auf das Fehlen einer Wahlentscheidung des Versicherten oder
einer Meldung abstellt, ohne aber den Fall einer fehlerhaften Wahl oder Meldung zu erfassen.
Vorliegend lag ein verdeckter Mangel vor, der an der Wirksamkeit der Meldung nichts änderte. Die Rechtswidrigkeit der Meldung
ergab sich nämlich allein daraus, dass der Kläger vorher bereits einmal bei der Beigeladenen versichert war. Ohne Vorversicherung
hätte die Beigeladene eine Krankenkasse für den Kläger "wählen" dürfen, die Nichtvorlage einer Mitgliedsbescheinigung begründet
daher noch nicht die Rechtswidrigkeit der Meldung. Das Fehlen einer anderweitigen Vorversicherung stellt eine negative Tatsache
dar, die entsprechend schwierig aufzuklären war und auch von der Beklagten tatsächlich erst im Nachhinein erkannt worden ist.
Überdies haben die Aufklärungsbemühungen der Beklagten erst etwa ein halbes Jahr nach dem Beginn der Versicherungspflicht
eingesetzt und sich zudem dadurch verzögert, dass die Beklagte sich erst an den falschen Leistungsträger, nämlich an die Agentur
für Arbeit statt an die PAGA, wandte.
Die trotz ihrer Fehlerhaftigkeit zunächst wirksame Meldung kann nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung ex nunc korrigiert
werden. Das ergibt sich schon aus dem materiellen Recht, so dass es auf die Frage nach der Möglichkeit einer Rückabwicklung
der von dem Sozialgericht im Wege einer einstweiligen Anordnung begründeten vorläufigen Mitgliedschaft des Klägers bei der
Beklagten nicht ankommt. Für eine nur in der Zukunft mögliche Aufhebung der Kassenzuständigkeit der Beklagten spricht, dass
der Kläger eine Mitgliedschaft bei der - anstelle der Beklagten eigentlich zuständigen - Beigeladenen zum Dezember 2005 jedenfalls
nicht zeitnah begründet hat. Die eingetretene zeitliche Verzögerung zwischen dem in Frage stehenden Versicherungsbeginn und
der Möglichkeit einer Kenntnisnahme durch die Beigeladene belegt, dass die Beigeladene gar nicht in der Lage war, den Krankenversicherungsschutz
des Klägers zeitnah zu gewährleisten. Es ist nicht ersichtlich, dass sie vor der gerichtlichen Beiladung etwas davon erfahren
hatte, dass der zuletzt bei ihr versicherte Kläger ab dem 9. Dezember 2005 wieder pflichtversichert war, ohne innerhalb der
Frist von zwei Wochen eine andere Krankenkasse gewählt zu haben. Die Rückabwicklung der Versicherung im Verhältnis zwischen
der Beklagten und der Beigeladenen führte zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, den §
175 SGB V mit seinen auf eine möglichst frühe und eindeutige Klärung der Kassenzuständigkeit hinauslaufenden Regelungen aber gerade
vermeiden will.
Davon abgesehen ist für die Begründung der Mitgliedschaft nach dem Gesetz gerade nicht ausreichend, dass die Beigeladene die
letzte Krankenkasse des Klägers vor dem erneuten Eintritt von Versicherungspflicht gewesen ist. Nach §
175 Abs.
3 SGB V wäre vielmehr auch unter dieser Voraussetzung erforderlich, dass der Kläger entweder eine Wahlentscheidung für die Beigeladene
getroffen hätte oder von der PAGA bei der Beigeladenen angemeldet worden wäre. Beides ist bis heute nicht erfolgt und könnte
auch nicht mehr zeitnah, also in Übereinstimmung mit den Anforderungen des §
175 SGB V, nachgeholt werden. Ebenso wenig ist das bei Ausbleiben einer Meldung in §
175 Abs.
3 Satz 3
SGB V vorgesehene Verfahren durchgeführt worden. Nachträglich und rückwirkend könnte eine Mitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen
demnach nur dann begründet werden, wenn die bei dem Anmeldeverfahren vorgekommenen Fehler unbeachtet blieben. Entgegen der
Rechtsauffassung der Beklagten ist die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen also kein Ergebnis, das bereits durch
den Wortlaut des Gesetzes vorgegeben würde. Es wäre - ebenso wie die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten - nur im
Wege einer über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Auslegung zu erreichen.
Im Ergebnis ist offensichtlich, dass es nicht im Sinne des Gesetzes sein kann, einen Leistungsempfänger nach einer fehlerhaft
erfolgten Meldung mangels zuständiger Krankenkasse gänzlich ohne Versicherungsschutz zu lassen. Dies und das Bestreben der
Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwandes spricht dafür, die Mitgliedschaft - jedenfalls mit Wirkung für die Vergangenheit
- bei der Krankenkasse zu belassen, bei der sie zunächst geführt worden ist. Das ist vorliegend die Beklagte.
Mit Wirkung für die Zukunft kann die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens dagegen geheilt werden. Dass es nicht bei einer einmal
eingetretenen Zuständigkeit bleiben muss, erst recht nicht, wenn sie fehlerhaft begründet wurde, ergibt sich bereits daraus,
dass der Versicherte sein Wahlrecht - nach Ablauf gewisser Fristen - nach §
175 Abs.
4 SGB V neu ausüben kann. Bei der Zuständigkeitsbestimmung aufgetretenen Fehler können demnach durch die Wiederholung des Verfahrens
mit Wirkung für die Zukunft geheilt werden. Dann muss aber auch das Wahlrecht des Versicherten (wieder) Beachtung finden,
selbst wenn die für eine erneute Ausübung des Wahlrechts vorgesehenen Fristen noch nicht verstrichen sind. Die Unbeachtlichkeit
der Fristen gründet in der Fehlerhaftigkeit des Verfahrens. Für eine Wiedereröffnung des Wahlrechts spricht schon, dass sich
die Bestimmung der zuständigen Krankenkasse als einheitlicher Vorgang darstellt. Der Verlust des Wahlrechtes durch seine Nichtausübung
innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht rechtfertigt sich daraus, dass die Bestimmung der zuständigen
Krankenkasse zeitnah erfolgen soll. Wenn aber wegen aufgetretener Fehler eine Wiederholung des Verfahrens mit Wirkung für
die Zukunft ansteht, ist vorrangiges Ziel die Herstellung der inhaltlichen Richtigkeit und nicht der zeitnahe Abschluss des
Verfahrens. Sinn der in §
175 Abs.
3 Satz 2
SGB V enthaltenen Regelung ist jedenfalls nicht, zugunsten einer Krankenkasse das Zeitfenster möglichst klein zu halten, in dem
bestimmte Risiken auf sie übergehen können. Die einmal bereits abgelaufene Frist ist deswegen kein Gesichtspunkt, dem Versicherten
das Wahlrecht bei einer Wiederholung des Verfahrens zur Bestimmung der zuständigen Krankenkasse zu versagen.
Bei der Wiederholung des Auswahlverfahrens hat der Kläger sich nicht für die Beigeladene, sondern für die Beklagte entschieden.
Das belegt sein formeller Antrag auf Mitgliedschaft vom 21. Dezember 2006, der von der Beklagten nach dem gerade Erörterten
zu Unrecht zurückgewiesen worden ist. Die Auswahlentscheidung des Klägers begründet nunmehr auch mit Wirkung für die Zukunft
seine Mitgliedschaft bei der Beklagten, für seine Anmeldung bei der Beigeladenen durch die PAGA war daneben kein Raum.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Zulassung der Revision beruht auf §
160 Abs.
2 SGG. Der Senat misst der Frage, welche Rechtsfolgen ein fehlerhaft verlaufenes Krankenkassenwahlverfahren hat, insbesondere ob
eine Heilung durch Wiederholung erfolgen kann und ob bis dahin die Krankenkasse zuständig bleibt, welche die Mitgliedschaft
zunächst geführt hat, grundsätzliche Bedeutung zu.