Beschwerde gegen die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen eines im Bezirk des Sozialgerichts niedergelassenen
Rechtsanwalts
Mehrkosten durch die Anreise eines auswärtigen Rechtsanwaltes
Reisekosten innerhalb des Bezirks des Prozessgerichts
1. Der Prozesskostenhilfe begehrende Beteiligte muss grundsätzlich einen Rechtsanwalt wählen, der im Bezirk des zuständigen
Sozialgerichts ansässig ist.
2. Wählt er einen nicht im Bezirk des zuständigen Sozialgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt, kann dessen Beiordnung nur
zu den Bedingungen eines im Bezirk des zuständigen Sozialgerichts ansässigen Rechtsanwalts erfolgen, weil regelmäßig allein
durch die Anreise des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung eines mündlichen Verhandlungstermins Mehrkosten für die Staatskasse entstehen
gegenüber der Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwalts.
3. Reisekosten vom Kanzleisitz bis zum Eintritt in den Bezirk des Prozessgerichts können dann nicht, wohl aber Reisekosten
innerhalb des Bezirks des Prozessgerichts beansprucht werden.
Gründe:
Die Beschwerde, mit der der Kläger sich ausschließlich gegen die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu den Bedingungen
eines im Bezirk des Sozialgerichts Berlin niedergelassenen Rechtsanwalts wendet, ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger
hat keinen Anspruch auf Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Prozesskostenhilfe - Beschränkung der Beiordnung eines
Rechtsanwalts auf die Kosten eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwaltes Beschränkung auf die Kosten eines im Gerichtsbezirk
des Sozialgerichts Berlin ansässigen Rechtsanwalts. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit
§ 121 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur
beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Die Vorschrift des § 121 Abs. 3 ZPO soll sicherstellen, dass
ein Prozesskostenhilfeberechtigter nicht besser gestellt wird als ein kostenbewusster und vernünftiger Prozessbeteiligter,
der seine Prozesskosten selbst tragen muss (Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 18. September 2017 - L 3 SO 2285/17 B
-, zitiert nach juris). Darauf folgt, dass der Prozesskostenhilfe begehrende Beteiligte grundsätzlich gehalten ist, einen
Rechtsanwalt zu wählen, der im Bezirk des zuständigen Sozialgerichts ansässig ist (Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom
12. Oktober 2012 - L 9 SO 261/12 B -, zitiert nach juris). Wählt er einen nicht im Bezirk des zuständigen Sozialgerichts niedergelassenen
Rechtsanwalt, kann dessen Beiordnung grundsätzlich nur zu den Bedingungen eines im Bezirk des zuständigen Sozialgerichts ansässigen
Rechtsanwalts erfolgen, denn regelmäßig entstehen allein durch die Anreise des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung eines mündlichen
Verhandlungstermins Mehrkosten für die Staatskasse gegenüber der Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwalts. Dies führt
im Ergebnis dazu, dass Reisekosten vom Kanzleisitz bis zum Eintritt in den Bezirk des Prozessgerichts nicht, wohl aber Reisekosten
innerhalb des Bezirks des Prozessgerichts beansprucht werden können (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., m. w. Nachw.).
Ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Anwalt ist auf Antrag uneingeschränkt beizuordnen, wenn dadurch keine
Mehrkosten entstehen. Das trifft in folgenden Fällen zu (vgl. Wache in Münchner Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 121
RdNr. 15): Die Partei wohnt außerhalb des Gerichtsbezirks. Würde ihr ein im Gerichtsbezirk niedergelassener Anwalt beigeordnet
werden, so wäre ihr darüber hinaus nach § 121 Abs. 4 ZPO ein Verkehrsanwalt beizuordnen, oder es wäre eine Informationsreise
erforderlich. Die Mehrkosten eines auswärtigen Anwalts sind nicht deutlich höher, als es die Kosten des zusätzlichen Verkehrsanwalts
oder einer Informationsreise der Partei zu einem im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalt wären Der Anwalt, dessen Beiordnung
begehrt wird, hat seine Kanzlei an einem Ort, der nicht weiter vom Gericht entfernt ist als der am weitesten vom Gericht entfernte,
innerhalb des Gerichtsbezirks gelegene Ort.
An diesen Grundsätzen gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Beiordnung seines Bevollmächtigten ohne Beschränkung auf
die Kosten eines im Gerichtsbezirk des Sozialgerichts Berlin ansässigen Rechtsanwalts. Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Berlin.
Die Voraussetzungen einer Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO liegen damit nicht vor. Der Bevollmächtigte
des Klägers hat seinen Kanzleisitz in Kiel, einem Ort, der rund 383 Kilometer von Berlin entfernt ist Eine Anreise mit dem
Zug oder mit dem Auto ist nicht unter 4 Stunden möglich. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass eine Anreise von dem entferntesten
vom Sozialgericht Berlin, in Berlin-Mitte, entlegenen Ort in Berlin auch nur ansatzweise nur in 4 Stunden möglich ist.
Entstehen durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts Mehrkosten, so kann zweifelhaft sein, ob aus Gründen der Gleichbehandlung
und des effektiven Rechtsschutzes dennoch eine uneingeschränkte Beiordnung geboten sein kann. Das kann allenfalls in eng begrenzten
Ausnahmefällen auf einen auswärtigen Spezialanwalt zutreffen, wenn die Kosten eines solchen Anwalts auch für eine am Sitz
des Prozessgerichts wohnhafte Partei ausnahmsweise gemäß § 91 ZPO erstattungsfähig wären (vgl. Wache, a. a. O., RdNr. 16).
Ein derartiger Sachverhalt liegt hier ebenfalls nicht vor. Die Beteiligten streiten im dem vorliegenden Hauptsacheverfahren
um das Fortbestehen des Krankenversiche-ungsschutzes im Rahmen einer Familienversicherung nach der Vollendung des 23. Lebensjahres
des Klägers. Es handelt sich dabei um einen in tatsächlicher und auch rechtlicher Hinsicht überschaubaren Rechtsstreit. Die
Beiordnung eines auswärtigen Spezialanwaltes ist für ein derartiges Verfahren nicht notwendig. In Berlin sind zahlreiche Fachanwälte
für Sozialrecht zugelassen, die mit der Materie des Krankenvericherungsrechts (Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) vertraut sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit.§ 127 Abs. 4 ZPO. Dieser Beschluss kann nicht
mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).