Tatbestand:
Die Klägerin als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begehrt von der Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
die Erstattung einer Forderung in Höhe von 1007,78 € (dies entspricht einem Betrag in Höhe von 1971,05 DM) für die Zeit vom
1. Juni 1996 bis 31. Juli 1996.
Die Klägerin gewährte ihrem Versicherten F S bis zu dessen Tod im Oktober 1996 eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige
oder Erwerbsunfähige und danach ab 1. November 1996 seiner hinterbliebenen Ehefrau Witwenrente.
Mit Bescheid vom 26. November 1997 bewilligte die Beklagte der Witwe als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß §
56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB I) für die Zeit vom 8. Mai 1996 bis 12. Oktober 1996 Lebzeitenrente für ihren am 12. Oktober 1996 an den Folgen einer Berufskrankheit
verstorbenen Versicherten F S. Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin dies ebenfalls mit.
Am 20. Januar 1998 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch auf die Lebzeitenrente nach § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. §
93 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI) geltend. Am 20. Februar 1998 bezifferte die Klägerin ihren Erstattungsanspruch und machte für den Monat Juni 1996 einen
Betrag in Höhe von 980,42 DM und für den Monat Juli 1996 einen Betrag in Höhe von 990,63 DM geltend.
Mit Bescheid vom 11. März 1998 stellte die Klägerin die Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige
des Verstorbenen ab 1. Februar 1994 neu fest und teilte der Witwe mit, für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis 31. Oktober 1996
ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 4885,76 DM. Die entstandene Überzahlung werde für diese Zeit mit der Nachzahlung
aus der Unfallversicherung im Rahmen eines Erstattungsanspruches verrechnet.
Am 2. März 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein Erstattungsanspruch auf die Lebzeitenrente sei mit Fax vom 20. Februar
1998 geltend gemacht worden. Gemäß § 111 SGB X sei der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte diesen nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf
des letzten Tages, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht habe. Leistungen vor dem 20. Februar 1997 seien
somit ausgeschlossen. Es werde um Mitteilung gebeten, ob auf die Hinterbliebenenrente ein Ersatzanspruch geltend gemacht werde.
Am 25. Februar 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie verzichte auf die Einrede der Verjährung und am 14. März 2000
sie werde das vorliegende Verfahren als nicht abgeschlossen im Sinne der noch beabsichtigten Gesetzesänderung ansehen.
Am 11. Juli 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Erstattungsanspruch werde insoweit einstweilen nicht befriedigt,
als er einen Zeitraum vor dem 1. August 1996 betreffe, da dieser nach dem Beschluss des Bundessozialgerichts zur rückwirkenden
Anwendung des §
93 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung
und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG - vom 25. September 1996, BGBl. I 1996, S. 1461 ff.) von der Erstattung ausgeschlossen sein könnte. Der Betrag von 1971,05 DM für die Zeit vom 1. Juni 1996 bis zum 31. Juli
1996 werde daher gegenwärtig nicht erstattet. Sobald die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum WFG gefallen sei,
werde unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückgekommen. Eine Auszahlung werde aufgrund des § 107 SGB X an die Berechtigte bis auf weiteres nicht vorgenommen.
Am 25. Mai 2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Erstattungsforderung für die Monate Juni und Juli 1996 erneut
geltend. Am 18. August 2005 lehnte die Beklagte eine Erstattung von Leistungen vor dem 1. August 1996 ab.
Am 18. Oktober 2005 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben und weiterhin auch für die Monate Juni und
Juli 1996 eine Erstattung von der Beklagten begehrt. Zur Begründung führte sie u.a. aus, §
93 SGB VI sei im vorliegenden Fall auch für Zeiten vor dem 1. August 1996 anwendbar. Eine verbotene echte Rückwirkung liege nicht vor.
Die Beklagte war erstinstanzlich auch weiterhin der Auffassung, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch für die Zeit
vor dem 1. August 1996 nicht zu, da die rückwirkende Anwendung des §
93 SGB VI für die Zeit vor dem 1. August 1996 verfassungswidrig sei.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 1. Oktober 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung
hat es u.a. ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Restforderung in Höhe von
1007,78 € gemäß § 103 Abs. 1 SGB X i. V. m. §
93 SGB VI. Erstattungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte richteten sich nach § 103 SGB X, da der Anspruch auf Altersrente in der von der Klägerin zum Zwecke der Erstattung geltend gemachten Höhe nachträglich entfallen
sei. Zwar habe dem Verstorbenen ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Verletztenrente der Sache nach bereits in
der Zeit vom 1. Juni 1996 bis 31. Juli 1996 zugestanden beziehungsweise sei dieser Anspruch mit dem Tod am 12. Oktober 1996
auf seine Ehefrau als Sonderrechtsnachfolgerin übergegangen. Die Bewilligung dieses Anspruchs auf Lebzeitenrente sei jedoch
erst durch Bescheid vom 26. November 1997 nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen seitens der Beklagten erfolgt. Der Anspruch
der Witwe auf Altersrente sei somit erst nachträglich nach Maßgabe des §
93 SGB VI entfallen. Die Verpflichtung des ursprünglich eingetretenen Leistungsträgers entfalle im Sinne des § 103 Abs. 1 SGB X, wenn durch gesetzliche Regelung der Anspruch auf die Leistung für den Fall des Zusammentreffens mit einer bestimmten anderen
Leistung ausgeschlossen oder eingeschränkt werde. §
93 Abs.
1 SGB VI ordne insoweit an, dass die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung für einen bestimmten Betrag nicht geleistet werde. Er beschränke somit das Recht auf Auszahlung der fälligen
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 103 Abs. 1 SGB X. Vorliegend sei der Erstattungsanspruch der Klägerin ausgeschlossen. Die Beklagte habe die Erstattung in dem streitgegenständlichen
Umfang erstmals im März 1998 aufgrund der in diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 111 S. 2 SGB X zu Recht abgelehnt. Die Kammer folge dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. November 2003 (B 2 U 15/03 R). Nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des § 111 S. 1 SGB X habe die in ihrem Satz 1 bestimmte 12-Monats-Frist nach Ablauf des letzten Leistungstages "frühestens mit der Entstehung
des Erstattungsanspruchs" begonnen. Der Erstattungsanspruch des berechtigten Trägers entstehe, sobald dieser seine Leistungen
tatsächlich erbracht habe und ihm die entsprechenden Kosten entstanden seien. Die Entscheidung des zur Erstattung verpflichteten
Trägers sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Insbesondere habe ein Bescheid eines Unfallversicherungsträgers über die Anerkennung
einer Berufskrankheit materiell-rechtlich nur deklaratorische Bedeutung und keine für die Entstehung des Erstattungsanspruchs
auslösende Funktion. Zudem hänge die Entstehung des Erstattungsanspruchs nicht davon ab, dass dem erstattungsberechtigten
Träger das Bestehen eines Erstattungsanspruchs und/oder der erstattungspflichtige Träger bekannt gewesen seien. Die Klägerin
habe ihren Anspruch auf Erstattung der monatlich gezahlten Witwenrente frühestens durch Schreiben vom 20. Januar 1998 geltend
gemacht, so dass gemäß der voranstehenden Ausführungen der Erstattungsanspruch für die in der Zeit vor Januar 1997 gezahlten
Renten ausgeschlossen gewesen sei. Diese Rechtslage sei durch die Neufassung des § 111 S. 2 SGB X durch das Euro-Einführungsgesetz zum 1. Januar 2001 im Ergebnis nicht verändert worden. Nach dieser Vorschrift beginne die
- unveränderte - 12-Monats-Frist des § 111 S. 1 SGB X frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen
Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt habe. Eine entsprechende Kenntnis der Klägerin als erstattungsberechtigter
Leistungsträgerin sei mit Zugang des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 26. November 1997 am 27. November 1997 geben
gewesen. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Klägerin sei - unabhängig von der Frage einer vorhergehenden telefonischen
Anforderung - schriftlich erstmals am 20. Januar 1998 und somit jedenfalls innerhalb der 12-Monats-Frist erfolgt. § 111 SGB X in seiner vom 1. Januar 2001 an geltenden Fassung sei aber auf Erstattungsansprüche jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn
die Ausschlussfrist bereits unter Geltung des § 111 SGB X alter Fassung am 1. Juni 2000 abgelaufen gewesen sei. Dies gebiete das aus dem insbesondere in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes
verankerten Rechtsstaatsprinzips folgende Rückwirkungsverbot. Die Anwendung des § 111 S. 1 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf die nach der bis dahin geltenden Fassung maßgeblichen Ereignisse in den
Jahren 1997 und 1998 führe zu einer echten Rückwirkung bzw. in der Diktion des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts
zu einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, weil die Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende
Sachverhalte eingreife. Derartige gesetzliche Eingriffe seien wegen der rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes
und der Rechtssicherheit grundsätzlich verboten. Zwar könne dieses Verbot durchbrochen werden, wenn zwingende Gründe des gemeinen
Wohls dies gebieten würden und das Vertrauen des Rechtsbetroffenen in den Fortbestand der Gesetzeslage nicht mehr schutzwürdig
sei, er etwa im Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz bezogen werde, mit der rückwirkenden Änderung des
Gesetzes habe rechnen müssen. Aus der Übergangsvorschrift des § 120 Abs. 2 SGB X, wonach § 111 S. 2 und § 113 Abs. 1 S. 1 in der vom 1. Januar 2001 an geltenden Fassung auf die Erstattungsverfahren anzuwenden seien, die zum 1. Juni
2000 "noch nicht abschließend entschieden" gewesen seien, ergebe sich bereits, dass der Gesetzgeber die Neufassung des § 111 SGB X auf in der Vergangenheit liegende bis zum 1. Juni 2000 abgeschlossene Sachverhalte nicht habe anwenden wollen, so dass ein
Wiederaufleben bereits - durch Nichteinhalten der Ausschlussfrist - ausgeschlossener Erstattungsansprüche nicht geregelt sei.
Die Frage, was unter der Wendung "noch nicht abschließend entschieden" zu verstehen sei, brauche hier nicht abschließend erörtert
zu werden, denn schon wegen dieser Auslegungsschwierigkeiten und angesichts der in Rede stehenden echten Rückwirkung müsse
die Norm verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass jedenfalls die Erstattungsverfahren von der Anwendung der Neufassung
des § 111 SGB X ausgeschlossen seien, bei denen bis zum 1. Juni 2000 die Ausschlussfrist bereits unter Geltung des § 111 SGB X alter Fassung abgelaufen gewesen sei. Auch eine materielle Überprüfung führe zu dieser Annahme. Selbst wenn man nämlich §
120 Abs. 2 SGB X dahin verstünde, dass er allein aufgrund einer rein verfahrenstechnischen Betrachtung ein Wiederaufleben bereits ausgeschlossener
Ansprüche habe bewirken wollen, fehlten die für die Rechtmäßigkeit einer derartigen Maßnahme erforderlichen zwingenden Gründe
des gemeinen Wohls. Solche seien auch nicht aus der amtlichen Begründung des Entwurfs des 4. Euro-Einführungsgesetzes ersichtlich.
Danach solle die Regelung der Absätze 2 und 3 - des § 120 - hinsichtlich des Vollzugs der Änderungen der §§ 111 und 113 SGB X eine verwaltungsökonomische Abwicklung der Erstattungsverfahren gewährleisten, in dem alle "noch nicht abgewickelten Fällen
nach dem neuen Recht abzuwickeln sind". Die amtliche Begründung führe also allein Gründe der Verwaltungsökonomie an, die ihrerseits
keineswegs Gründe des gemeinen Wohls darstellen würden. Schließlich habe die Beklagte im Jahre 1999 nicht mit einer echten
Rückwirkung des § 111 S. 2 SGB X zu rechnen brauchen, denn das Vertrauen des Rechtsbetroffenen in den Fortbestand einer Norm könne frühestens mit dem Gesetzesbeschluss
des Bundestages zerstört werden. Ob die durch § 120 Abs. 2 SGB X angeordnete echte Rückwirkung des § 111 S. 2 SGB X auf die Erstattungsansprüche, für die nach der alten Fassung des § 111 SGB X die Ausschlussfrist nach dem 31. Mai 2000, aber noch vor dem 1. Januar 2001 abgelaufen gewesen sei, verfassungsrechtlich
zu beanstanden sei, müsse aus Anlass dieses Verfahrens nicht entschieden werden. Angesichts der voranstehenden Ausführungen
sei es auch ohne Relevanz, ob eine Anrechnung der Lebzeitenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Altersrente
aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
93 Abs.
1 bis
3 SGB VI hätte erfolgen dürfen. Entgegen der Auffassung beider Beteiligter komme es nicht auf die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen
Fragen im Zusammenhang mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Anwendung des §
93 SGB VI i. V. m. den Vorschriften des WFG vor dem 1. August 1996 an.
Gegen dieses ihr am 5. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31. Oktober 2007 Berufung beim Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung führt sie u.a. aus, das Sozialgericht habe ausgeführt, eine Anwendung des § 111 SGB X in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung auf Erstattungen für Zeiten vor Juni 2000 würde zu einer echten und damit verfassungswidrigen
Rückwirkung führen. Nach ihrer Überzeugung liege im vorliegenden Fall jedoch keine "echte Rückwirkung" eines Gesetzes vor,
weil nicht rückwirkend in die Rechte eines Staatsbürgers eingegriffen werde. Bereits im Jahr 1961 habe das Bundesverfassungsgericht
zur Zulässigkeit der Rückwirkung von Gesetzen Stellung genommen und dabei den Vertrauensschutz als maßgebliches Kriterium
herangezogen. Das Rechtsstaatsprinzip enthalte als wesentliches Element die Rechtssicherheit, die für den Bürger in erster
Linie Vertrauensschutz bedeute. Der Bürger müsse darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln
von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibe. Dieses Vertrauen werde verletzt,
wenn der Gesetzgeber ein rückwirkendes Gesetz erlasse. Die (echte) Rückwirkung sei deshalb grundsätzlich verfassungswidrig.
Dies gelte jedoch nicht ausnahmslos. So könne Vertrauensschutz da nicht infrage kommen, wo das Vertrauen auf eine bestimmte
Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt sei. Somit werde die objektiv orientierte Rechtssicherheit auf einen auf den Bürger
bezogenen und damit subjektiven Vertrauensschutz reduziert. In der Konsequenz daraus ergebe sich, dass der Vertrauensschutz
entfalle, wenn die rückwirkende Regelung die Rechtsposition des Bürgers nicht beeinträchtige - sei es, dass sie ihn begünstige
oder dass sie weder Vorteile noch Nachteile für ihn habe. Der Vertrauensschutz beschränke sich also auf belastende Gesetze.
Im vorliegenden Fall führe die Anwendung des § 111 SGB X neue Fassung nach ihrer Überzeugung zu keiner Verletzung des schutzwürdigen Vertrauens der Berechtigten, da es für die Witwe
des verstorbenen Versicherten keine Auswirkung habe, in welcher Fassung § 111 SGB X angewandt werde. Sie erhalte in jedem Fall nicht mehr oder nicht weniger Unfallrentennachzahlung. Denn der Erstattungsanspruch
bestehe unabhängig von der Ausschlussfrist des § 111 SGB X sowohl nach der alten als auch der neuen Fassung, so dass die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X in jedem Fall greife. Gemäß § 107 SGB X gelte der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Träger als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch
bestehe. Die Ausschlussfrist des § 111 SGB X schließe zwar die Erstattung der Leistung an den eigentlich berechtigten Leistungsträger aus. Sie entkräfte jedoch nicht
die Wirkung des § 107 SGB X. Sei der Erstattungsanspruch wegen Ablaufs der Ausschlussfrist nach § 111 SGB X ausgeschlossen, so bestehe die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X dennoch fort, weil Letzterer auf das Entstehen des Erstattungsanspruchs abstelle und nicht auf das Weiterbestehen. Die durch
den Erstattungsanspruch in Anspruch genommene Nachzahlung wäre folglich auch dann nicht an die Witwe ausgezahlt worden, wenn
§ 111 SGB X in der alten Fassung angewandt worden wäre. Aus welchem Grund das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 11. November 2003
davon ausgegangen sei, dass der Bürger durch die Anwendung des § 111 SGB X neuer Fassung in seinen Grundrechten verletzt werde, lasse sich dem Urteil nicht entnehmen. Zu vermuten sei allenfalls, dass
die Berufsgenossenschaft in dem damaligen Fall die Nachzahlung trotz der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X ausgezahlt habe bzw. dass das Bundessozialgericht von einer Auszahlung ausgegangen sei. Somit sei nach Auffassung der Klägerin
festzuhalten, dass das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. November 2003 im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei, denn
das aus Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz folgende Rückwirkungsverbot werde hier mangels echter Rückwirkung nicht verletzt. Die Anwendung des § 111 SGB X neuer Fassung stelle keinen rückwirkenden Eingriff in das schutzwürdige Vertrauen der Berechtigten dar. Auch die Auslegung
der Übergangsregelung des § 120 Abs. 2 SGB X durch das Sozialgericht Berlin, insbesondere bezogen auf die Formulierung "noch nicht abschließend entschiedene Fälle", vermöge
nach ihrer Auffassung nicht zu überzeugen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Verabschiedung der Regelung des § 120 Abs. 2 und 3 SGB X von der Zielvorstellung leiten lassen, dass eine verwaltungsökonomische Abwicklung der Erstattungsverfahren zu gewährleisten
sei. Er sei dabei bewusst nur auf die Belange der Sozialleistungsträger eingegangen, da die jeweils Berechtigten von der Regelung
nicht betroffen seien. Einer restriktiven Auslegung dieser Vorschrift bedürfe es deshalb ihrer Auffassung nach nicht. Da die
Witwe von der Frage, in welcher Fassung § 111 SGB X anzuwenden gewesen sei, nicht berührt werde, gehe sie davon aus, dass § 120 Abs. 2 SGB X nicht verfassungskonform ausgelegt werden müsse, sondern dass die Vorgaben des Gesetzgebers bei der Anwendung zu berücksichtigen
seien. Dann komme es allein darauf an, ob das zu Grunde liegende Erstattungsverfahren am 1. Mai 2000 bereits abschließend
entschieden gewesen sei. Das ehemalige Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung - heute Ministerium für Arbeit und Soziales
- habe sich bereits mit Schreiben vom 29. März 2001 an eine Vielzahl von Verbänden der Sozialleistungsträger, darunter auch
an den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften gewandt und ausführlich zur Frage Stellung genommen, wann ein
Erstattungsanspruch als "abschließend entschieden" zu beurteilen sei. Das Bundesministerium habe es für ausreichend gehalten,
wenn der erstattungsberechtigte Leistungsträger gegenüber dem erstattungspflichtigen Leistungsträger erklärt habe, mit der
Abrechnung der Nachzahlung unter Berücksichtigung des § 111 SGB X alter Fassung nicht einverstanden zu sein. Aus diesem Grund könne sie sich den Ausführungen des Sozialgerichts Berlin, das
Erstattungsverfahren sei im vorliegenden Fall bereits abgeschlossen gewesen, nicht anschließen. Über dies entspreche die Auffassung
des Sozialgerichts Berlin, Erstattungsansprüche nach § 103 SGB X entstünden wie Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X mit dem erstmaligen Zusammentreffen der Leistungen, nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die vom Sozialgericht
Berlin angeführten Urteile des Bundessozialgerichts bezögen sich allein auf Erstattungsforderungen nach §§ 104 und 105 SGB X. Keines dieser Urteile befasse sich mit Erstattungsforderungen nach § 103 SGB X. Hingegen habe das Bundessozialgericht bereits entschieden, dass der Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X mit der Verwaltungsentscheidung des erstattungspflichtigen Trägers entstehe. Ob das Vertrauen eines Sozialleistungsträgers
- hier der Beklagten - ebenso schutzwürdig sei wie das eines Bürgers, vermöge sie nicht zu beurteilen. Dies könne jedoch auch
dahingestellt bleiben, denn das
Grundgesetz regle ausschließlich die Grundrechte des deutschen Volkes, also der einzelnen Bürgerinnen und des einzelnen Bürgers. Danach
könne die einzelne Bürgerin/der einzelne Bürger gemäß Art.
2 Abs.
1 Grundgesetz die Verletzung des Rückwirkungsverbots geltend machen, nicht jedoch ein Sozialleistungsträger. Dies bestätige auch das Landessozialgericht
Niedersachsen-Bremen in seinem Urteil vom 18. Januar 2006 (L 2 RL 247/04). Im Gegensatz zum Sozialgericht Berlin halte das
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen das Vertrauen eines Sozialleistungsträgers nicht im gleichen Umfang für schutzwürdig
wie das Vertrauen des einzelnen Bürgers. Das Urteil betreffe zwar die Frage der Anwendung des § 120 Abs. 3 SGB X. Nach Auffassung der Klägerin seien die Entscheidungsgründe jedoch auch auf den hier strittigen Fall des § 120 Abs. 2 SGB X zu übertragen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen führe in seinen Entscheidungsgründen aus, Aspekte des Vertrauensschutzes
und der Rechtssicherheit könnten in Fallgestaltungen der vorliegenden Art die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei
der ihm obliegenden Abwägung zwischen den Erfordernissen der Rechtssicherheit und den Belangen der materiellen Gerechtigkeit
nicht von Verfassungswegen in dem Sinne einschränken, dass eine nachträgliche Beseitigung von zunächst bestehenden Rückerstattungsansprüchen
als verfassungsrechtlich unzulässig anzusehen sei. Dies gelte in dem zu beurteilenden Zusammenhang umso mehr, als von der
Regelung des § 120 Abs. 3 SGB X ohnehin nur öffentlich-rechtliche Körperschaften betroffen seien. Da sich auch § 120 Abs. 2 SGB X nur auf das Innenverhältnis zwischen zwei öffentlich-rechtlichen Körperschaften beziehe, halte sie eine Übertragung der Rechtsprechung
des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf den vorliegenden Fall für gerechtfertigt. Zusammenfassend halte sie somit
die Beklagte für erstattungspflichtig. Das Sozialgericht Berlin habe in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, die Frage der
rechtmäßigen Anwendung des §
93 Abs.
5 SGB VI in der Fassung des WFG für Zeiten vor dem 1. August 1996 müsse nicht geklärt werden, da die Ausschlussfrist des § 111 SGB X alter Fassung für diese Zeit bereits abgelaufen gewesen sei. Aufgrund der oben dargestellten Rechtsauffassung halte sie die
Frage, wem die Nachzahlung tatsächlich zustehe, nach wie vor für klärungsbedürftig. Die Beklagte selbst vertrete die Auffassung,
§
93 SGB VI in der Fassung des WFG sei für diese Zeit verfassungswidrig, ein Erstattungsanspruch sei deshalb auch nicht entstanden. Letztlich
müsse bei Nichtanwendung des §
93 SGB VI die Nachzahlung von der Beklagten in Höhe von 1007,78 € an die Witwe des verstorbenen Versicherten ausgezahlt werden. Aus
diesem Grund halte sie es für erforderlich, die Witwe im Verfahren beizuladen, was hiermit beantragt werde. Sie teile jedoch
die Auffassung der Beklagten hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Anwendung des §
93 SGB VI für Zeiten vor dem 1. August 1996 nicht, denn sie habe die Mitteilung über die Gewährung einer Hinterbliebenenrente von der
Beklagten am 11. Februar 1999 und damit erst nach Bekanntgabe des durch Art. 1 des WFG um einen Satz 2 ergänzten §
93 Abs. 5
SGB VI im Bundesgesetzblatt vom 27. September 1996 erhalten. Nach der Veröffentlichung der Neuregelung habe die Witwe des verstorbenen
Versicherten nicht mehr darauf vertrauen können, dass die Hinterbliebenenrente von der Beklagten nicht auf die Witwenrente
aus der Angestelltenversicherung nach §
93 Abs.
1 bis
3 SGB VI auch für Zeiten vor dem 1. August 1996 angerechnet werde. Der Bescheid über die Anrechnung der Witwenrente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung auf die Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
93 Abs.
1 bis
3 SGB VI vom 27. April 1996 habe nach ihrer Auffassung bei Erlass des Bescheides geltendem Recht entsprochen. Im Ergebnis gehe sie
davon aus, dass ein Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X in Verbindung mit §
93 SGB VI tatsächlich entstandenen sei. Dieser sei auch nicht nach § 111 SGB X alter Fassung ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsanspruch
nach § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i. V. m. § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von 1007,78 € für die Zeit vom
1. Juni 1996 bis 31. Juli 1996 vollständig zu erfüllen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen sowie auf die nach ihrer Auffassung zutreffenden Entscheidungsgründe
des angefochtenen Urteils.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Klägerin (Versicherungsnummer 69 170134 S 004) sowie der Beklagten (Aktenzeichen 11/67867/96) verwiesen.
Der Inhalt war Gegenstand der Beratung und Entscheidung.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 1007,78 € für die Monate Juni und Juli 1996; er ist gemäß § 111 S. 2 SGB X alter Fassung ausgeschlossen.
Soweit die Klägerin geltend macht, es liege keine "echte Rückwirkung" vor, so dass für eine verfassungskonforme Auslegung
kein Raum sei, verweist der Senat ausdrücklich auf die Ausführungen des Sozialgerichts und des Bundessozialgerichts in seinem
Urteil vom 11. November 2003 (Aktenzeichen B 2 U 15/03 R, aaO.). Ausdrücklich ist das Bundessozialgericht davon ausgegangen, dass § 111 SGB X neuer Fassung zu einer "echten Rückbewirkung von Rechtsfolgen" führen würde und daher verfassungskonform ausgelegt werden
muss. Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Soweit die Klägerin geltend macht, das Sozialgericht habe den Begriff "noch nicht abschließend entschieden" im Sinne des §
120 Abs. 2 SGB X unzutreffend ausgelegt, ist dem entgegenzuhalten, dass aus der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des § 120 Abs. 2 SGB X nicht zu folgern ist, dass der Gesetzgeber Erstattungsansprüche, die nach der alten Fassung des § 111 S. 2 SGB X bereits ausgeschlossen waren, erneut aufleben lassen wollte. Insoweit hat das Sozialgericht zutreffend auf das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2003 (Aktenzeichen 5 C 18/02, zitiert nach Juris) verwiesen, dem sich der Senat anschließt.
Auch soweit die Klägerin einwendet, Erstattungsansprüche nach § 103 SGB X entstünden nicht wie Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X mit dem erstmaligen Zusammentreffen der Leistungen, sondern erst mit der Verwaltungsentscheidung des erstattungspflichtigen
Trägers, kann der Senat dem nicht folgen. Der Hinweis der Klägerin auf Urteile des Bundessozialgerichts vom 1. April 1993
(Az. 1 RK 10/92, BSGE 72, 163 ff.) und vom 09. August 1995 (Az. 13 RJ 43/94, BSGE 76, 218 ff.) führt insoweit nicht weiter, denn erstens sind diese Urteile älteren Datums und zweitens geht es in ihnen nicht um das
Verhältnis von Unfallrente zu Renten aus der Rentenversicherung, sondern um das Verhältnis von Krankengeld und Renten aus
der Rentenversicherung. Demgegenüber hat der Zweite Senat des Bundessozialgerichts in seinem aktuellen Urteil vom 11. November
2003 (aaO.) für den Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Unfallversicherungsträger entschieden, dass
dieser Erstattungsanspruch seine Grundlage in § 103 SGB X hat und dass der Erstattungsanspruch des berechtigten Trägers entsteht, sobald dieser seine Leistungen tatsächlich erbracht
hat und ihm die entsprechenden Kosten tatsächlich entstanden sind. Auch das Bundessozialgericht hat insoweit die vom Sozialgericht
zitierten Urteile zitiert.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.