Feststellung von Folgen eines Arbeitsunfalls
Wesentlichkeit eines Versicherungsfalls für einen Gesundheitsschaden
Begriff der Gelegenheitsursache
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer chronischen schmerzhaften Bewegungseinschränkung, einer Belastungsschmerzhaftigkeit
sowie einer Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis
humeri als Folge des Arbeitsunfalls vom 02. November 2009.
Der 1977 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Vorhandwerker und gelernter Wasserbauer beim Wasser-
und Schifffahrtsamt E tätig. Am 02. November 2009 gegen 11.30 Uhr war er gemeinsam mit einem Kollegen, dem Zeugen K, nach
dem Fällen von Bäumen damit beschäftigt, die abgeschnittenen Baumteile zu schreddern. Beim Einlegen der Äste blieb der Arbeitshandschuh
der rechten Hand des Klägers an einem Ast hängen, so dass dem Kläger mit großer Wucht der rechte Arm nach innen verdreht wurde,
bis es ihm gelang, sich aus dem Arbeitshandschuh zu befreien. Der Kläger unterbrach in der Folge zunächst aufgrund von Schmerzen
im rechten Arm seine Arbeit und unterrichtete seinen Arbeitgeber über den Vorfall. Sodann setzte er mit leichteren Tätigkeiten
seine Arbeit fort (vgl. Unfallanzeige vom 03. November 2009, schriftliche Erklärung des Zeugen K im Verwaltungsverfahren vom
23. Februar 2012).
Nach eigenen Angaben suchte der Kläger trotz fortbestehender Schmerzen keinen Arzt auf und ließ sich nicht krank schreiben,
weil er sich betriebsintern um eine Versetzung auf eine Stelle als Baugeräteführer beworben hatte und ihm - nach eigenem Bekunden
- bedeutet worden sei, dass er die Stelle nicht erhalten würde, wenn er krankheitsbedingt ausfiele. Der Kläger gab zudem an,
regelmäßig Schmerzmittel eingenommen und allabendlich den Arm gekühlt zu haben, um weiter arbeiten zu können. Zum 01. Dezember
2009 trat er die neue Stelle als Kanalbaggerführer an. Nach Angaben des Klägers waren dort zunächst jedoch nur leichtere sogenannte
"Decktätigkeiten auf den Booten zu verrichten, da der Kanal zugefroren gewesen sei. Erst Mitte Januar 2010 habe er wieder
schwere Tätigkeiten (das Abziehen und Spannen starker Drähte) aufnehmen müssen. Dabei hätten die Schmerzen im rechten Arm
noch zugenommen und bestimmte Tätigkeiten habe er gar nicht verrichten können - beispielsweise das Aufstemmen der Fenster
im Bagger und das Abwickeln von Drähten.
Wegen der Beschwerdezunahme stellte sich der Kläger (erstmals) am 08. Februar 2010 zunächst bei seinem Hausarzt DM S und anschließend
beim Durchgangsarzt (D-Arzt) und Facharzt für Chirurgie Dr. B im A Klinikum U vor. Dieser stellte eine eingeschränkte Beweglichkeit/Streckfähigkeit
- Extension/Flexion: 0/80/150 Grad - des rechten Ellenbogens fest. Die Röntgenuntersuchung des rechten Ellenbogengelenks ergab
keine sicheren Zeichen einer Fraktur und/oder Luxation. Er diagnostizierte eine Distorsion des rechten Ellenbogens mit posttraumatischer
Gelenkeinsteifung (D-Arztbericht vom 08. Februar 2010).
Am 01. März 2010 ging die Unfallanzeige des Wasser- und Schifffahrtsamtes E vom 03. November 2009 ein, in der beschrieben
wird, dass sich der Kläger beim Einlegen der Äste in den Schredderer den rechten Ellenbogen verdrehte.
Am 11. Februar 2010 wurde ein MRT des rechten Ellenbogens durch Dr. K (A Klinikum U) vorgenommen. Sein Befund lautete: "Regelrechte
Stellung der artikulierenden Flächen, kein Knochenmarködem oder Frakturlinie abzugrenzen; minimal vermehrt Reizflüssigkeit
im Gelenkspalt radial. Hier dezente kortikale Unregelmäßigkeiten, einschließlich des Kapselapparates, neben einer Chondropathie
Il. Grades und einer Teilläsion der Kapsel an dieser Stelle. Sonst Sehnensignal regulär. Auch in Höhe des Olecranon beginnende
Knorpelinhomogenitäten."
Der Kläger nahm die ärztlich verordnete Physiotherapie in Anspruch, wodurch die Beweglichkeit gebessert werden konnte.
Im Zwischenbericht vom 24. Februar 2010 teilte Dr. B mit, dass der Kläger nicht mehr als Vorhandwerker, sondern als Baggerfahrer
arbeite und nach eigenem Bekunden diese Arbeit voll und ganz ausführen könne. Während der Arbeit mit gebeugten Ellenbogengelenken
habe er auch keine Beschwerden, solche würden lediglich beim Tragen z.B. eines Einkaufsbeutel mit der rechten Hand angegeben.
Das MRT vom 11. Februar 2010 zeige eine Teilläsion des radialen Kollateralbandes des rechten Ellenbogengelenks. Vom Befund
her sei die Beweglichkeit des rechten Ellenbogengelenkes bei Extension und Flexion von 0/0/140° vollständig durchführbar und
endgradig schmerzhaft. Auch die Supination/Pronation sei mit 90/0/90° ebenfalls vollständig gewesen. Der radiale und ulnare
Bandapparat sei bei klinischer Prüfung fest und stabil gewesen. Lediglich über dem Epicondylus radialis humeri habe sich ein
Druckschmerz befunden. Für eine operative Therapie ergebe sich derzeit keine Indikation.
Der Kläger befand sich in der Folge weiterhin in Behandlung in der orthopädischen und unfallchirurgischen Klinik des A Klinikums
U, wo ihm - bei Arbeitsfähigkeit auf eigenen Wunsch - Physiotherapie und Schmerztherapie verordnet wurden.
Bei prolongiertem Verlauf wurde am 02. September 2010 ein nochmaliges MRT des rechten Ellenbogengelenks angefertigt. Dabei
zeigte sich eine Tendinitis der Extensorenansätze (Dr. S/ Dr. P, Unfallkrankenhaus B - UKB -), woraufhin am 18. November 2010
eine ambulante Operation (OP) nach Hohmann und Wilhelm im A Klinikum U durchgeführt wurde. Unter der auf dem Entlassungsbrief
angegebenen Diagnose "Epicondylitis radialis humeri rechts" bzw. der davon abweichenden auf dem Operationsbericht angegebenen
Diagnose "Posttraumatische Epicondylitis radialis humeri rechts" erfolgte die elektrochirurgische Denervierung des semizirkulären
Epicondylus ulnaris humeri nach radial, ventral und dorsal.
In der Folge war der Kläger bis einschließlich 30. Januar 2011 arbeitsunfähig. Wegen anhaltender Beschwerden bei fortdauernder
Physiotherapie und Schmerzmedikation erfolgte am 24. Februar 2011 eine weitere MRT-Untersuchung des rechten Ellenbogengelenks
sowie am 25. Mai 2011 eine Heilverfahrenskontrolle im UKB bei Dr. S/Dr. P. Diese hielten im Bericht vom 26. Mai 2011 fest,
dass der rechte Arm des Klägers bei dem Unfall ruckartig nach innen rotiert worden sei und der Kläger in den nächsten Monaten
weitergearbeitet habe. Der Kläger sei aktuell nicht als Wasserbauer tätig, da er diesen Beruf aufgrund der Bewegungseinschränkung
im rechten Ellenbogengelenk nicht mehr ausführen könne. Er sei inzwischen als Geräteführer tätig, wobei es hier zu keiner
wesentlichen Beschwerdesymptomatik komme, und er diese Tätigkeit mit der Einschränkung des rechten Ellenbogengelenks in der
Beweglichkeit ausführen könne. Des Weiteren führten sie aus, dass sich - nach Rücksprache mit Radiologen im UKB - im Vergleich
der MRT- Bilder vom 11. Februar 2010, 02. September 2010 und 25. Februar 2011 eine Narbe im Bereich der Ansätze der Extensoren
am Ellenbogengelenk mit intraartikulärem Erguss zeige, insgesamt Bilder einer Tendinopathie der Extensoren.
Die Beklagte veranlasste zur Feststellung ihrer Leistungspflicht ein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten sowie ein
radiologisches Zusatzgutachten. In seinem radiologischem Zusatzgutachten vom 23. März 2012 führte Prof. Dr. M (UKB) aus, dass
sich in den Röntgenaufnahmen der Ellenbogengelenke zu keinem Zeitpunkt pathologische Veränderungen nachweisen ließen, insbesondere
ergäben sich keine Hinweise auf stattgehabte Traumafolgen im Bereich des rechten Ellenbogengelenkes. Die posttraumatisch präoperativ
durchgeführten MRT-Aufnahmen von 2010 zeigten eine zwischen dem 11. Februar und dem 02. September 2010 zunehmende Tendinose
der gemeinsamen Sehne der Extensoren im Bereich des Epicondylus radialis humeri im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri.
Diese Veränderungen seien typisch und stellten den häufigsten chronischen Überlastungsschaden am Ellenbogengelenk dar. Ein
Anhalt für eine traumatische Genese ergebe sich nicht.
Prof. Dr. E Dr. S Dr. I (UKB) schätzten in ihrem unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 13. April 2012 nach Untersuchung
des Klägers vom 07. März 2012 - gestützt auf das radiologische Zusatzgutachten - ein, dass lediglich eine Distorsion des rechten
Ellenbogengelenks als Unfallfolge anzuerkennen sei. Deren Behandlung gehe für 8-10 Wochen zulasten der Beklagten. Die darüber
hinausgehende dauerhafte Beschwerdesymptomatik sei hingegen auf eine unfallunabhängige chronische Ansatztendinose der Extensoren
am Epicondylitis radialis humeri zurückzuführen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln sei. Die Minderung
der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage weniger als 10 von Hundert (v. H.).
Mit Bescheid vom 19. April 2012 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 02. November 2009 als Arbeitsunfall und einen Zustand
nach abgeheilter Distorsion des rechten Ellenbogengelenkes als Unfallfolge an, lehnte jedoch einen Anspruch auf Rente und
die Anerkennung weiterer Unfallfolgen (insbesondere schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenkes, Tendinose
der gemeinsamen Sehne der Extensoren im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri) ab. Zur Begründung stützte sie sich insbesondere
auf die Gutachten aus dem UKB.
Mit seinem am 09. Mai 2012 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Schmerzen in seinem rechten Arm fortbestehen
würden.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2012 zurück.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 03. Januar 2013 vor dem Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobenen Klage gewendet.
Er verfüge mit Wirkung ab dem 02. Dezember 2013 über einen Grad der Behinderung von 20 wegen der Funktionsstörung des rechten
Ellenbogengelenks (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 30. Januar 2014).
Im Rahmen der Ermittlungen von Amts wegen hat das SG von der Krankenkasse des Klägers, der BKK D S, mit dessen Einverständnis
eine Aufstellung seiner Vorerkrankungen beigezogen. Weitere Krankenkassen des Klägers (DAK, KKH) verfügten über keine Daten
mehr. Weiterhin hat das SG Befund- und Behandlungsberichte des Praktischen Arztes Dipl.-Med. S vom 07. Oktober 2013, des Facharztes
für Chirurgie DM K vom 05. November 2013 sowie die bildgebenden Aufnahmen aus dem UKB eingeholt.
Am 02. September 2013 erlitt der Kläger erneut einen Arbeitsunfall mit Zerrung des rechten Ellenbogengelenks (Behandlungsbericht
Asklepios Klinikum U vom 17. September 2013), der nach seinen Angaben zu einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit führte. Das
im A Klinikum U am selben Tage gefertigte Röntgenbild zeigte ein Fettpolsterzeichen, jedoch keine knöchernen Auffälligkeiten.
Es sei radiologisch kein pathologischer Befund gefunden worden. Am 07. Oktober 2013 wurde ein MRT gefertigt. Mit Bescheid
vom 12. Dezember 2016 erkannte die Beklagte dieses Ereignis als Arbeitsunfall an und lehnt die Gewährung einer Verletztenrente
ab. Der Unfall habe eine folgenlos ausgeheilte Zerrung des rechten Ellenbogens verursacht. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren
(Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2017) erhob der Kläger beim SG Neuruppin Klage, die unter dem Aktenzeichen S 8 U 64/17 dort
anhängig ist.
Im Rahmen der Beweisaufnahme zum hiesigen Verfahren hat das SG das Gutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. B vom
06. Juni 2014 veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 05. Juni
2014 Funktionseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenkes mit - auch passiv nicht überwindbarer - Streckhemmung bei Zustand
nach operativer Versorgung einer chronifizierten Tendinose der Extensorensehne des rechten Armes bei chronifizierter Epicondylitis
radialis humeri rechts festgestellt, die jedoch nicht auf das Unfallereignis vom 02. November 2009 zurückzuführen seien. Eine
wesentliche Unfallfolge des Ereignisses vom 02. November 2009 sei nicht dokumentiert, der Kläger habe sich erst drei Monate
später in die durchgangsärztliche Behandlung begeben. Vor diesem Hintergrund sei von einem Vorschaden im Sinne einer chronischen
Überlastung der Extensorensehne auszugehen. Der Kläger sei Rechtshänder, eine Minderung der groben Kraft liege zum Zeitpunkt
der Untersuchung beidseits nicht vor.
Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29. September 2014 vorgetragen, dass im MRT Befund vom 11. Februar 2010 immerhin
eine Teilläsion der Kapsel und Unregelmäßigkeiten des Kapselapparates festgestellt worden seien.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Januar 2015 hierzu hat der Sachverständige Dr. B nochmals betont, die über drei
Monate dauernde Behandlungsfreiheit zwischen dem Geschehen am 02. November 2009 und der Erstvorstellung am 08. Februar 2010
spräche aus seiner Sicht eindeutig und in Übereinstimmung mit den erhobenen radiologischen Untersuchungsbefunden gegen eine
unfallbedingte Läsion des rechten Ellenbogengelenks. Den Befund der MRT-Untersuchung vom 11. Februar 2010 (Teilläsion des
radialen Kollateralbandes des rechten Ellenbogengelenks bei regelrechter Beweglichkeit) habe er in seinem Gutachten ausgeführt.
Jedoch sei durch diese MRT-Untersuchung - entgegen der Behauptung des Klägers - keine traumatische Verletzung, auch nicht
der Kapsel, nachzuweisen gewesen. Insgesamt seien durch diese MRT-Aufnahme frische aber auch ältere traumatische Verletzungsfolgen
ausgeschlossen worden. Durch die sehr zeitnah durchgeführte bildgebende Untersuchung seien keine Traumafolgen am rechten Ellenbogengelenk
festzustellen gewesen. Wenn Traumafolgen mit traumatischer Kapsel- oder Knorpelläsion vorgelegen hätten, so hätte der Kläger
nach unfallärztlicher Erfahrung eine schwere körperliche Arbeit nicht über 3 Monate hinweg fortsetzen können.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Frau Dipl.-Med.
(DM) A (Eingang bei Gericht: 21. April 2016) eingeholt. Die Sachverständige hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom
13. Januar 2016 festgestellt, dass das bei ihm vorliegende therapieresistente Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Ellenbogens
mit deutlich verminderter Streckung, fehlender Endbeugung und damit Verkürzung des Funktionsradius des rechten Armes bei Zustand
nach OP im November 2010 Folge des angeschuldigten Unfalles sei. In Übereinstimmung mit dem Aktenmaterial könne zunächst von
einer Distorsion des rechten Ellenbogengelenks infolge des angeschuldigten Unfallereignisses ausgegangen werden. Die fortdauernden
Beschwerden des Klägers im Bereich des rechten Ellenbogens seien aufgrund der zwar selten auftretenden, hier jedoch vorliegenden
posttraumatischen Epicondylitis radialis humeri rechts mit Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Ereignis vom 02. November
2009 zurückzuführen. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., Seite 528, sei zum Nachweis
eines Kausalzusammenhangs zwischen angeschuldigtem Ereignis und Epicondylitis radialis humeri zu fordern: - ein stärkeres
Trauma direkt auf den Epicondylus, - gesicherte Gewebeschädigung (Nachweis eines Hämatoms, sichtbare Weichteilschwellung,
Blutergussverfärbung, Prellmarke, Druckschmerz), - vorherige Bewegungs- und Schmerzfreiheit, - enger zeitlicher Zusammenhang.
Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Bei dem angeschuldigten Unfallereignis sei es zu einer heftigen unkontrollierten Belastung
des Strecksehnenapparates bei Drehung und in der Bewegung abblockender Hand gekommen (Festhängen des Handschuhs beim Schreddern
eines Baumstammes). Eine unmittelbare, direkt sichtbare Gewebeschädigung, wie von der Literatur gefordert, könne im Nachhinein
weder bestätigt noch negiert werden. Das erste MRT beschreibe aber eindeutig einen Gewebeschaden mit Chondropathie 2. Grades
und einer Kapselteilläsion an dieser Stelle neben minimal vermehrter Reizflüssigkeit im Gelenkspalt radial nebst dezenten
kortikalen Unregelmäßigkeiten einschließlich des Kapselapparates. Auch könne von einer vorherigen Bewegungs- und Schmerzfreiheit
ausgegangen werden, da Vorerkrankungen bezüglich des Ellenbogengelenks nicht dokumentiert seien. Der zeitliche Zusammenhang
sei hier anzunehmen, da der Kläger nach dem angeschuldigten Ereignis nicht beschwerdefrei gewesen sei und seine Beschwerden
wegen des laufenden Bewerbungsverfahrens bagatellisiert habe. Wegen der Beschwerden mit dem rechten Ellenbogen seien ihm durch
den Arbeitgeber weniger belastende Tätigkeiten bis zur Übernahme der Tätigkeit als Geräteführer übertragen worden. Schließlich
sei bei der (wenn auch verspäteten) Erstvorstellung beim D-Arzt eine posttraumatische Gelenkeinsteifung beschrieben worden.
Hierzu hat der Sachverständige Dr. B ergänzend am 11. Juli 2016 Stellung genommen und auf den fehlenden zeitlichen Zusammenhang
verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2016 und in der mündlichen Verhandlung am 27. Juni 2017 hat der Kläger die Anhörung der Sachverständigen
DM A in der mündlichen Verhandlung beantragt. Diesen Antrag hat das SG in der mündlichen Verhandlung abgelehnt, da es die
Sache auch ohne Anhörung der Sachverständigen für entscheidungsreif gehalten hat.
Mit Urteil vom 27. Juni 2017 hat das SG die Klage mit den Anträgen, 1. unter Abänderung des Bescheides vom 19. April 2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2012 festzustellen, dass es sich bei der chronischen schmerzhaften
Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenkes, der Belastungsschmerzhaftigkeit des rechten Ellenbogengelenkes und
der Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri um Folgen des Arbeitsunfalls
vom 02. November 2009 handelt, sowie, 2. die Beklagte zu verurteilen, eine Rente nach einer MdE von wenigstens 20 von Hundert
nach Ablauf der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zu zahlen, abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die
zulässige kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage sei unbegründet. Die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsschäden
im rechten Ellenbogengelenk könnten nicht als Folge eines Arbeitsunfalls festgestellt werden, da ein Kausalzusammenhang nicht
bestehe. Unstreitig habe der Kläger am 02. November 2009 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte mit Bescheid vom 19.
April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2012 anerkannt habe. Zutreffend habe die Beklagte in
diesem Bescheid als Unfallfolgen eine Distorsion des rechten Ellenbogengelenkes anerkannt. Zur Überzeugung der Kammer habe
darüber hinaus nicht festgestellt werden können, dass die fortbestehenden Beschwerden des Klägers im rechten Ellenbogen Folge
des am 02. November 2009 erlittenen Unfalls seien. Das Gericht folge dem Gutachten des im Klageverfahren bestellten Gerichtssachverständigen
Dr. B. Danach seien die Funktionseinschränkungen des rechten Ellenbogengelenkes bei chronifizierter Epicondylitis radialis
humeri rechts nicht auf das Unfallereignis vom 02. November 2009 zurückzuführen. Das Gutachten und dessen Gesamtergebnis halte
die Kammer für insgesamt schlüssig und folgerichtig. So leuchte es der Kammer ein, wenn der Sachverständige darlege, dass
insbesondere die lange Zeitspanne zwischen Unfall und Erstvorstellung beim D-Arzt den Nachweis eines Kausalzusammenhanges
erschwere. Insofern sei auch zu beachten, dass der vom Kläger geltend gemachte Grund für die späte Vorstellung - der begehrte
Wechsel zur Tätigkeit als Geräteführer - bereits durch Aufnahme dieser Tätigkeit zum 01. Dezember 2009, und damit gut zwei
Monate vor Aufsuchen des D-Arztes weggefallen sei. Im Übrigen hätten die bildtechnischen Untersuchungen - nach den für die
Kammer überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen - Schädigungen durch ein unfallbedingtes Trauma nicht nachweisen können.
Schließlich könnten die Ausführungen der Sachverständigen A nicht überzeugen, da die von ihr dargelegten und allgemein anerkannten
Kriterien zur Annahme einer traumatischen Epicondylitis hinsichtlich des Klägers nicht dokumentiert seien. So räume die Sachverständige
A selber ein, dass eine unmittelbare, direkte sichtbare Gewebeschädigung beim Kläger infolge des Unfalls im Nachhinein nicht
bestätigt werden könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beschwerden nach Angaben des Klägers zeitlich
unmittelbar nach dem erlittenen Unfall aufgetreten seien. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass vorliegend eine Distorsion
als Unfallfolge anerkannt worden sei und diese unstreitige Unfallfolge geeignet sei, die vom Kläger geschilderten akuten Schmerzen
nach dem Unfallereignis zu erklären. Im Übrigen habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es später -
ohne erneutes Trauma - zu einer Verschlimmerung der Schmerzen gekommen sei.
Gegen das dem Kläger am 27. Juli 2017 zugestellte Urteil hat er am 24. August 2017 Berufung eingelegt. Die angegriffene Entscheidung
sei rechtswidrig, da das SG dem Antrag auf Anhörung der Sachverständigen DM A in der mündlichen Verhandlung zu Unrecht nicht
nachgekommen sei. Unter Aufrechterhaltung dieses Antrages hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29. November 2018 für die Vernehmung
der Sachverständigen DM A folgende Fragen formuliert: 1. Entspricht der im ersten MRT vom 11. Februar 2010 beschriebene Gewebeschaden
einer Gewebeschädigung, wie sie für die traumatische Verursachung einer Epicondylitis zu fordern ist? 2. Was spricht dafür,
dass dieser Gewebeschaden durch das angeschuldigte Ereignis hervorgerufen worden ist und was spricht dagegen?
Der Kläger hat den Entlassungsbericht der S Kliniken S vom 16. Februar 2018 zum Aufenthalt dort vom 26. Januar bis zum 16.
Februar 2018 zur Gerichtsakte gereicht.
Der Kläger beantragt nunmehr noch,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Juni 2017 abzuändern und unter Abänderung des Bescheides vom 19. April 2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2012 festzustellen, dass die bei ihm bestehende chronische schmerzhafte
Bewegungseinschränkung, die Belastungsschmerzhaftigkeit sowie die Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten
Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis humeri Folgen des Arbeitsunfalls vom 02. November 2009 sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die angegriffene Entscheidung, die sie für zutreffend hält.
Der Senat hat das vom D-Arzt DM K (A Klinikum U) im Auftrag der DBV Deutsche Beamtenversicherung AG am 11. November 2010 erstellte
Freie Gutachten, die Behandlungsunterlagen des Klägers von DM S und vom Klinikum U sowie die Behandlungsberichte des UKB vom
03. Januar 2012 und vom 26. Mai 2011 beigezogen. Ein histologischer Befund zur OP vom 18. November 2010 ist nicht vorhanden.
Zudem hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 07. März 2019 die Sachverständige DM A zu den vom Kläger gestellten
Fragen vernommen; hinsichtlich des Ergebnisses der Vernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten im Sachverhalt wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte
der Beklagten - nebst der beigezogenen Verwaltungsakte zum Unfall vom 02. September 2013 - sowie die beigezogenen Behandlungsunterlagen
des Klägers Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist mit dem vom Kläger nunmehr auf die Feststellung von Unfallfolgen begrenzten Streitgegenstand begründet.
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die auf die Anerkennung von Unfallfolgen gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn
der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung der bei ihm bestehenden chronisch schmerzhaften Bewegungseinschränkung, der
Belastungsschmerzhaftigkeit sowie der Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne
einer Epicondylitis radialis humeri als Folgen des Arbeitsunfalls vom 02. November 2009.
Soweit die Beklagte dies mit ihrem Bescheid vom 19. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November
2012 zu Unrecht abgelehnt hat, ist der Kläger auch beschwert. Einen noch erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Gewährung
einer Verletztenrente hat der Kläger im Berufungsverfahren zuletzt nicht weiterverfolgt, da die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung des Senats eine Wiedereröffnung des Verwaltungsverfahrens diesbezüglich unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung
für den Fall der positiven Feststellung weiterer Unfallfolgen zugesichert hatte.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge
einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Versicherte Tätigkeit ist dabei insbesondere
die Beschäftigung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung
des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass
diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt
hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende
Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung
für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, zitiert
nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls",
"Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge
zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.
a. O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet
sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst
- und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war
(BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).
Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls einschließlich der oben angesprochenen haftungsbegründenden
Kausalität. Der Kläger zog sich am 02. November 2009 bei Ausübung seiner versicherten Beschäftigung durch das ruckartige Nach-innen-drehen
des rechten Arms beim Einlegen eines Astes in den Schredderer durch das Hängenbleiben der behandschuhten rechten Hand am Ast
eine Verletzung des rechten Ellenbogens durch Verdrehtrauma (Distorsion) zu. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede,
sondern geht eben hiervon bei der von ihr mit dem Bescheid vom 19. April 2012 vorgenommenen Anerkennung des Arbeitsunfalls
der Sache nach aus.
Es besteht auch eine haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfall bzw. dem hierbei erlittenen Gesundheitserstschaden
und den beim Kläger verbliebenen Unfallfolgen in Form einer chronischen schmerzhaften Bewegungseinschränkung, einer Belastungsschmerzhaftigkeit
sowie einer Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis
humeri rechts.
Der Gesetzgeber bringt mit der wiederholten Formulierung "infolge" - vgl. §§ 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das
Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Versicherungsfalls bzw. seiner Folgen mit
der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise
gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung
einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch
im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich
wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, BSG, Urteil vom 09.
Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden
Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil
vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach
herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache
ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat
die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich
ist allein relevant, ob der Versicherungsfall wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich"
ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern
rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n)
Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber
einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n)
im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt)
nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts
ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG, Urteil
vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied
zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies
nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung
nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter
Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet
ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Maßgebend ist, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge
auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (BSG, a.a.O., Rn. 17). Dies erfordert nicht, dass es zu
jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss, weil dies nur eine Methode zur Gewinnung wissenschaftlicher
Erkenntnisse ist und sie im Übrigen nicht auf alle denkbaren Ursachenzusammenhänge angewandt werden kann und braucht. Gibt
es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der
verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, a.a.O., Rn. 18). Dieser
wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern
nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten
sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten
abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall
hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen,
aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (BSG, a.a.O., Rn. 19). Beweisrechtlich ist zu beachten,
dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Versicherungsfall
und den Krankheitsfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 20).
Hiervon ausgehend ist der Senat im nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maße davon überzeugt, dass, wie von der Sachverständigen
DM A in ihrem für das SG erstatteten schriftlichen Sachverständigengutachten vom April 2016 sowie in ihrer Vernehmung durch
den Senat vom 07. März 2009 festgestellt, die beim Kläger bestehende chronische schmerzhafte Bewegungseinschränkung, die Belastungsschmerzhaftigkeit
sowie die Tendinose der gemeinsamen Sehne der Extensoren des rechten Ellenbogengelenks im Sinne einer Epicondylitis radialis
humeri mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des unstreitigen Arbeitsunfalls vom 02. November 2009 sind. Die Voraussetzungen
für das Vorliegen einer traumatischen Epicondylitis radialis humeri liegen vor.
Eine Epicondylitis radialis humeri, welche durch ein Trauma bedingt ist, wird zwar in der unfallmedizinisch-wissenschaftlichen
Literatur (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 565) als "äußerst selten"
bezeichnet. Die Anerkennung einer Epicondylitis radialis humeri als Unfallfolge wird auch in der weiteren unfallmedizinischen
Literatur nur unter eng umrissenen Bedingungen als möglich angesehen (siehe: Böhm/Kortmann, Trauma und Berufskrankheit 5/2003,
21, 23). Die zum Nachweis des Kausalzusammenhangs zu fordernden Kriterien, die von der Sachverständigen DM A zutreffend benannt
wurden, sieht der Senat aufgrund der überzeugenden schriftlichen und mündlichen Ausführungen der Sachverständigen hier als
erfüllt an. Um einen Kausalzusammenhang annehmen zu können, werden in der Literatur gefordert: - ein stärkeres Trauma direkt
auf den Epicondylus, - eine gesicherte Gewebeschädigung (Nachweis eines Hämatoms, sichtbare Weich- teilschwellung, Blutergussverfärbung,
Prellmarke, Druckschmerz), - eine vorherige Bewegungs- und Schmerzfreiheit sowie - ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen
dem traumatischen Ereignis und dem Nachweis der Gewebeschädigung sowie der Funktionseinschränkung.
Der Senat geht davon aus, dass bei dem Unfallereignis vom 02. November 2009 ein stärkeres Trauma direkt auf den Epicondylus
des Klägers gewirkt hat. Hierzu führte die Sachverständige DM A sowohl in ihrem Gutachten vom April 2016 als auch in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat am 07. März 2019 auf der Grundlage der glaubhaften Hergangsschilderung des Klägers für den Senat
überzeugend aus, dass bei dem Unfallereignis eine ruckartige Verdrehung der rechten Hand, die im Handschuh feststak, erfolgte
und die hierbei zugleich auf den Unterarm einwirkenden Kräfte unmittelbar den Epicondylus lateralis mit den dort ansetzenden
Sehnenstrukturen betrafen.
Dies führte zu einer gesicherten Gewebeschädigung im Bereich des rechten Ellenbogengelenks. Für den Senat nachvollziehbar
und überzeugend legte die Sachverständige unter Bezugnahme auf den von Dr. K (A Klinikum U) erstellten Originalbefund der
MRT-Untersuchung des rechten Ellenbogens vom 11. Februar 2010 dar, dass dort minimal vermehrte Reizflüssigkeit im Gelenkspalt
radial, kortikale Unregelmäßigkeiten auch des Kapselapparates und - neben einer Chondropathia 2. Grades - eine Teilläsion
der Kapsel beschrieben werden. Diese Veränderungen sind an jenem Ort gelegen, an dem die einwirkende Kraft des Unfallereignisses
im rechten Arm des Klägers aufgetroffen ist. Zudem wies die Sachverständige DM A bei ihrer Anhörung durch den Senat darauf
hin, dass bei einer Epicondylitis radialis humeri durch ständige mechanische Über-/Fehlbelastung eine Tendinitis oder Tendinose
im Bereich der Sehnen bzw. Sehnenansätze entstehe und dort das Gewebe aufquelle und mehr Flüssigkeit bilde, beim Kläger sich
jedoch Flüssigkeit in anderen Gelenkteilen fand.
Zur Überzeugung des Senates sind für den Zeitraum vor dem Unfallereignis keine Bewegungseinschränkungen und Schmerzzustände
am rechten Ellenbogengelenk des Klägers nachweisbar. Der Senat vermag hierzu der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B nicht
zu folgen. Vielmehr hält er die medizinisch-wissenschaftlichen Darlegungen der Sachverständigen DM A für überzeugend, wonach
ein Zervicobrachialsyndrom zwar zu Erscheinungen wie bei einer Epicondylitis radialis humeri führen kann, jedoch dann die
für die primäre Epicondylitis radialis humeri typischen Provokationstests negativ sind. Dies ist beim Kläger aber nicht der
Fall (gewesen). Auch aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen
bestehenden Vorschaden in diesem Bereich. Ebenso haben die privaten Belastungen einschließlich der sportlichen Aktivitäten
des Klägers zu keiner Erkrankung in diesem Bereich geführt.
Ärztlich dokumentierte Schmerzen bzw. Einschränkungen am rechten Epicondylus humeri radialis fanden sich erstmals in der Patientenkartei
des den Kläger behandelnden Hausarztes DM Sbei der Untersuchung vom 08. Februar 2010 sowie bei der am gleichen Tag noch erfolgten
durchgangsärztlichen Untersuchung. Wegen der sich hierbei zeigenden deutlich schmerzhaften Einschränkung des Sehnen- und Streckapparates
des rechten Ellenbogens wurde im D-Arzt-Bericht die Diagnose "Distorsion rechter Ellenbogen mit posttraumatischer Gelenkeinsteifung"
gestellt.
Dass hier insbesondere das Distorsionstrauma von wesentlicher Bedeutung für die eingetretenen Schädigungen war, belegte die
Sachverständige DM A in der mündlichen Anhörung vor dem Senat damit, dass normalerweise der Ellenbogen auch bei Alltagsbewegungen,
z.B. Aufstützen auf der Sessellehne beim Aufstehen, einer erheblichen Krafteinwirkung ausgesetzt ist. Normalerweise kann sich
der Muskel- und Sehnenapparat bei geplanten Bewegungen auf diese erhebliche Krafteinwirkung einstellen und es kommt allenfalls
zu Mikrotraumata. Hingegen war bei dem Unfallhergang der Muskel- und Sehnenapparat des rechten Arms des Klägers durch den
in drehenden Bewegungen Baumstämme einziehenden Schredder jedoch plötzlich und daher völlig unvorbereitet einer sehr stark
wirkenden (Dreh-) Kraft ausgesetzt, der er noch versuchte entgegenzuwirken, da er mit dem Handschuh festhing und erst die
Hand aus dem Handschuh befreien musste. Angesichts dieser Unfallmechanik sind die von Dr. K beschriebenen Veränderungen am
Kapselapparat insbesondere die Teilläsion der Kapsel, Ausdruck einer unkontrollierten und plötzlich einwirkenden großen Kraft.
Dieser Bewertung steht der Zweitbefund von Prof. Dr. M bezüglich des MRT vom 11. Februar 2010 nicht entgegen. Zwar verwies
auch die Sachverständige DM A auf Nachfrage im Termin vor dem Senat am 07. März 2019 darauf, dass der von Prof. Dr. M erhobene
Befund aus der MRT-Aufnahme nicht für eine starke Einwirkung auf den Epicondylus lateralis im Sinne eines Unfallereignisses
spreche. Die Sachverständige erläuterte zur Überzeugung des Senates jedoch ausführlich erläutert, dass es regelmäßig bei der
Nachbefundung von MRT-Aufnahmen problematisch sei, dass diese nur anhand der auf einem Zwischendatenträger gespeicherten Daten
erfolgen könne. So variiere das Ergebnis der Nachbefundung auch danach, welche Software und Hardware hierfür zur Verfügung
stehe. Es gebe in diesem Bereich viele verschiedene Software, die sich zudem noch häufig durch Updates ändere. Die Sachverständige
führte im Ergebnis dieser Grundlagen-Betrachtung für den Senat gut nachvollziehbar aus, dass letztlich der Arzt, der das MRT
fertigen lässt und dann im Original auswertet, daher einen anderen Eindruck hat als derjenige, dem später nur ein Zwischendatenträger
zur Verfügung steht. Denn hierbei könne die Bildqualität sehr verändert sein, vor allem sei oft kein kontinuierlicher Bildaufbau
möglich, mal gehe es zu schnell, mal zu langsam, manchmal sprunghaft, je nach verwendeter Software/Hardware. Die Kompatibilität
der verschiedenen in diesem Bereich verwendeten Geräte sei nicht immer gesichert. Die Sachverständige berichtete aus ihrer
praktischen Tätigkeit anschaulich, dass in der Regel neben dem Zwischendatenträger mit dem Bild immer auch der erste schriftliche
Originalbefund angefordert werde, denn den genauesten Eindruck habe nur der das MRT erstellende Radiologe.
Daher vermag der Senat nicht den Kausalitätsbeurteilungen des Sachverständigen Dr. B und des Gutachters Prof. Dr. E in ihren
jeweiligen Gutachten zu folgen, die insoweit lediglich wiederholend die (Nach-)Befunddarstellung von Prof. Dr. M zum MRT vom
11. Februar 2010 referierten und insoweit zwangsläufig zu dem Ergebnis gelangen mussten, dass sich aus dem radiologischen
Nachbefund kein Anhalt für Traumafolgen im Bereich des rechten Ellenbogengelenks ergebe und auch sonstige Traumafolgen nicht
festzustellen seien. Angesichts der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen DM A zu den verschiedenen Schwachstellen
von Nachbefundungen bildgebender Verfahren - die sich hier gravierend auswirken - legt der Senat seiner Kausalitätsbeurteilung
des Senats die durch Dr. K durchgeführte Erstbefundung der MRT-Aufnahme des rechten Ellenbogengelenks vom 11. Februar 2010
(Befund vom 12. Februar 2010) zugrunde.
Den Kausalzusammenhang begründet weiterhin der hier festzustellende enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und dem vom Kläger glaubhaft geschilderten und von der Sachverständigen DM A für absolut plausibel gehaltenen Beschwerdeverlauf.
Der Kläger hatte nach dem Unfallereignis im Bereich des rechten Ellenbogens fortdauernd Beschwerden in Form von Schmerzen
und einer Bewegungseinschränkung, diese jedoch bagatellisiert. Aus dem schriftlichen Vorbringen des Klägers und seinen mündlichen
Ausführungen vor dem SG ergibt sich für den Senat schlüssig, dass der Grund hierfür nicht der nur geringe Beschwerdeumfang
war. Es erscheint dem Senat vielmehr nachvollziehbar, dass der Kläger aufgrund einer Bewerbungssituation zunächst nicht den
Arzt aufsuchte, abends den rechten Ellenbogen kühlte und bei Bedarf Schmerzmittel nahm. Dabei kam dem Kläger mit seinem Handikap
zugute, dass er sich während seiner beruflichen Tätigkeit im Winter leichteren Aufgaben zuwenden und daher den rechten Arm
schonen konnte. Erst mit einer veränderten beruflichen Anforderung und dem Wiedereintritt in schwerere körperliche Arbeiten
und stärkerer mechanischer Belastungen des rechten Ellenbogens/Armes zum Frühjahr hin machten die wieder zunehmenden Beschwerden
einen Arztbesuch für den Kläger zwingend erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision wird mangels Zulassungsgrundes i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.