Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung; Richtgrößenprüfung bei der Verordnungsweise bei Arznei-,
Verband- und Heilmitteln; Geltendmachung von Praxisbesonderheiten
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Richtgrößenregress für das Jahr 2000 in Höhe von 24.022,17 Euro.
Die im Jahre 1935 geborene Klägerin nimmt als hausärztliche Internistin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie führt
eine Praxis in B.
In ihren an die Beigeladene zu 1. gerichteten Fallzahlmeldungen machte die Klägerin für das Jahr 2000 folgende Angaben:
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Quartal I/00
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Quartal II/00
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Quartal III/00
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Quartal IV/00
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insgesamt
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Gesamtfallzahl
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317
(161 M/F, 156 R)
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313
(165 M/F, 148 R)
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318
(159 M/F, 159 R)
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303
(155 M/F, 148 R)
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1.251
(640 M/F, 611 R)
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Mit Schreiben vom 5. November 2002 teilte die Geschäftsstelle der Prüfgremien bei der Kassenärztlichen Vereinigung B der Klägerin
mit, dass beabsichtigt sei, über ihre Verordnungsweise im Jahre 2000 von Amts wegen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Richtgrößen
durchzuführen, weil die Verordnungsweise der Klägerin bei Arznei-, Verband- und Heilmitteln die Richtgrößensumme um 80,70
Prozent übersteige.
Im Dezember 2002 reichte die Klägerin daraufhin Patientenlisten und Krankenhausberichte ein und machte als Praxisbesonderheiten
sinngemäß Verordnungskosten für
- insulinpflichtige Diabetiker,
- Heparine und Verbandstoffe für ambulante Operationen,
- BTM-pflichtige Schmerzpatienten
- Basistherapeutika und Heilmittel bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sowie
- Heilmittel bei erworbenen Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems,
insgesamt 52.339,22 DM geltend.
Im Mai und September 2003 bot die Geschäftsstelle der Prüfgremien der Klägerin Einsicht in die für die Richtgrößenprüfung
notwendigen Datensätze (Arzneimittel und Heilmittel) und Originalheilmittelverordnungen bzw. Images oder Heilmittelanalysen
an.
Mit Beschluss vom 20. November 2003 setzte der Prüfungsausschuss einen Regress in Höhe von 46.983,28 DM (24.022,17 Euro) fest.
Die Prüfung bei Überschreitung der Richtgrößen für das Jahr 2000 erfolge auf Basis der für das Jahr 2000 am 1. Juli 2002 vereinbarten
und im KV-Blatt August 2002 veröffentlichten Richtgrößen. Jedenfalls hätten aber für das Jahr 2000 die für das Jahr 1999 vereinbarten
Richtgrößen fortgegolten. Die Anwendung der für das Jahr 2000 geltenden Richtgrößen erfolge nach dem Günstigkeitsprinzip,
denn diese seien gegenüber dem Jahr 1999 entweder gleich geblieben oder sogar erhöht worden. Dem Regressbetrag von 46.983,28
DM (18,10 Prozent der Netto-Verordnungskosten) lägen folgende Berechnungselemente zugrunde:
Gesamtfallzahl: 1.156,25 (481 Mitglieder/Familienangehörige; 675,25 Rentner);
Richtgrößensumme: 207.091,03 DM;
Bruttoverordnungskostensumme: 343.113,06 DM;
berücksichtigte Praxisbesonderheiten: Verordnungssumme i. H. v. 52.339,22 DM.
Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Regresses wird auf die Darstellung im Bescheid vom 20. November 2003, Verwaltungsvorgang
Bl. 134 und 135, Bezug genommen.
Als Praxisbesonderheiten berücksichtigte der Prüfungsausschuss dabei sämtliche von der Klägerin angeführte Verordnungskosten,
nämlich:
- Insulintherapie bei insulinpflichtigem Diabetes Mellitus in Höhe von 18.804,52 DM,
- BTM-pflichtige Präparate zur Behandlung starker Schmerzzustände in Höhe von 1.311,58 DM,
- Basistherapeutische, immunsuppressive Behandlung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises in Höhe von 9.956,- DM,
- Heilmittel bei erworbenen Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems in Höhe von 8.811,57 DM,
- Heparine und Verbandsstoffe bei ambulanten Operationen in Höhe von 13.455,55 DM.
Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, die Richtgrößen des Jahres 2000 seien
nicht anwendbar. Auch die Richtgrößen des Jahres 1999 seien rechtswidrig und bildeten keine taugliche Orientierung für die
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Zu ihren Praxisbesonderheiten habe sie sich schon für die Vorjahre mit kiloweise Papier erklärt.
Sie habe fast schon den Eindruck, dass die Prüfgremien sich über sie, die "Dr. Thusnelda des Ostens", lustig machten. Weitere
Einzelheiten bzw. konkrete zusätzliche Verordnungskosten machte die Klägerin in diesem Rahmen nicht geltend.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 14. Februar 2005 (schriftlicher Bescheid vom 18. Februar 2005) zurück.
Auf die Begründung des Beschlusses des Prüfungsausschusses werde Bezug genommen. Dieser hätte Praxisbesonderheiten zudem nur
in Höhe von 42.662,01 DM berücksichtigen dürfen, was wegen des Verbots der Verböserung im Widerspruchsverfahren aber keine
Auswirkung habe.
Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgebracht: Die Richtgrößenüberschreitungen
seien durch Praxisbesonderheiten zu erklären, die dem Beklagten schon aus den Wirtschaftlichkeitsprüfungen für die Jahre 1996
bis 1999 bekannt seien. In ihrer Praxis versorge sie zu 90 Prozent chronisch Kranke und Rentner, was die überdurchschnittlich
hohen Kosten erkläre und keinen hinreichenden Eingang in die Richtgrößen gefunden habe. Die der Richtgrößenprüfung zugrunde
gelegte Fallzahl von 1.156,25 sei nicht nachvollziehbar; sie betrage auf der Grundlage der für das Jahr 2000 abgegebenen Fallzahlmeldungen
vielmehr 1.251. Auch seien ihr über 100 Patienten mit den dazu gehörigen Verordnungsdaten falsch zugeordnet worden, so dass
die Summe der Verordnungskosten um 81.403,57 DM zu hoch sei; dies ergebe ein Vergleich der für den Regress herangezogenen
Verordnungssummen mit Versichertennummern einerseits und den bei der Klägerin gespeicherten Patientendaten mit Versicherungsnummern
andererseits.
Der Beklagte hat im Klageverfahren erklärt: Die Praxisbesonderheit "Rentner" finde ihren Niederschlag schon in der vereinbarten
Richtgröße (207,17 DM). Weitere Praxisbesonderheiten seien ausschließlich indikationsbezogen vereinbart und bei Errechnung
der Regresssumme berücksichtigt worden. Die Differenz zwischen der im Bescheid aufgeführten Fallzahl (1.156,25) und der von
der Klägerin genannten Fallzahl (1.251) ergebe sich daraus, dass bei der Richtgrößenprüfung nur Versicherte aus dem Kreis
der Berliner gesetzlichen Krankenkassen berücksichtigt worden seien, nicht aber Behandlungsfälle auswärtiger oder sonstiger
Kostenträger. Für die Anerkennung weiterer Praxisbesonderheiten genüge die Vorlage von Patientenlisten nicht. Erforderlich
sei die Darlegung von Umständen, die sich auf das Behandlungs- und Verordnungsverhalten auswirkten und zusätzlich in den Praxen
der Vergleichsgruppe typischer Weise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen seien. Die Klägerin fasse den Begriff
der "chronischen Erkrankung" zu weit. So sei nicht automatisch jeder der über 60-jährigen Patienten der Klägerin chronisch
erkrankt; auch sei nicht jede der von der Klägerin angeführten Erkrankungen eine chronische.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2008 hat das Sozialgericht B die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Anwendung der Richtgrößenwerte für das Jahr 2000 sei rechtlich nicht zu beanstanden, da diese gegenüber den Werten für
das Jahr 1999 keine Verschlechterung für die Klägerin mit sich brächten (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 2. November
2005, B 6 KA 63/04 R). Den Anscheinsbeweis der Richtigkeit der elektronisch ermittelten Verordnungsdaten habe die Klägerin nicht erschüttert.
Sie habe im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Liste der elektronisch ermittelten Verordnungskosten
und sämtlicher maßgeblicher Unterlagen erhalten, diese aber nicht wahrgenommen. Eine unrichtige Sachaufklärung könne die Klägerin
den Prüfgremien daher nicht anlasten. Im Klageverfahren komme entsprechendes Vorbringen zu spät. Im Übrigen reiche das Vorbringen
der Klägerin im Klageverfahren auch nicht aus, um die Vermutung der Richtigkeit der Verordnungsdaten zu erschüttern. Die Überschreitung
der Richtgrößensumme sei nicht vollständig durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt. Der Prüfungsausschuss sei allen von
der Klägerin geltend gemachten Praxisbesonderheiten nachgegangen. Konkrete weitere Verordnungen, denen der Prüfungsausschuss
hätte nachgehen müssen, habe die Klägerin nicht benannt. Das pauschale Vorbringen zur Behandlung überdurchschnittlich vieler
Rentner und chronisch Erkrankter laufe leer. Der erhöhte Anteil von Rentnern werde durch die für diese Personengruppe erhöhte
Richtgröße kompensiert. Weiter hätte es näherer Angaben zu den einzelnen chronisch erkrankten Patienten und der für sie verordneten
Arznei- und Hilfsmittel bedurft.
Gegen das ihr am 14. November 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Dezember 2008 Berufung eingelegt. Vertiefend
bringt sie vor: Allein die an Indikationsgebieten orientierte Suche nach Praxisbesonderheiten helfe ihr nicht. Denn die Patientenstruktur
zeichne sich nicht allein aus durch eine bestimmte Anzahl besonders kostenaufwändiger Patienten mit bestimmten Einzelindikationen,
sondern vor allem durch die Multimorbidität und den Chronikeranteil der vorwiegend sehr alten Patienten. Sie habe im Jahr
2000 allein 52 Patienten versorgt, bei denen das Arzneimittel-Verordnungsvolumen im Schnitt bei rund 3.700 DM gelegen habe;
die jeweilige medizinische Notwendigkeit könne im Einzelnen belegt werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Oktober 2008 sowie den Beschluss des Beklagten vom 14. Februar 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Die mit der Berufungsbegründung vorgelegten
Behandlungsfälle nebst Diagnosen und Verordnungen rechtfertigten nicht die Anerkennung weiter gehender Praxisbesonderheiten,
sondern belegten nur, dass die Klägerin ein unwirtschaftliches Verordnungsverhalten an den Tag gelegt habe, indem sie in erheblichem
Umfang ein nicht rezeptpflichtiges Medikament, Arzneimittel entgegen den der Zulassung zugrunde liegenden Anwendungskriterien
und besonders hochpreisige Arzneimittel verordnet habe.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2012 hat der Senat den Beklagten und die Beigeladene zu 1. aufgefordert mitzuteilen,
auf welcher Grundlage die Fallzahl für das geprüfte Jahr 2000 um Behandlungsfälle "auswärtiger oder sonstiger Kostenträger"
bereinigt worden sei, sowie auf die Behauptung der Klägerin zu erwidern, ihr seien Versicherte falsch zugeordnet worden, so
dass es zu einer nicht gerechtfertigten Erhöhung der Verordnungskostensumme gekommen sei.
Die Beigeladene zu 1. hat hierauf erklärt, keine Angaben machen zu können. Versichertenbezogene Daten seien bereits gelöscht.
Der Beklagte hat ausgeführt: Für die Berechnung der Fallzahlen der Klägerin seien alle in deren Praxis abgerechneten Patienten
berücksichtigt worden. Eine Differenzierung nach Bundesländern sei nicht erfolgt. Nur sonstige Kostenträger wie etwa die Berufsgenossenschaften
bei Arbeitsunfällen seien unberücksichtigt geblieben; sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren sei insoweit teilweise
unzutreffend gewesen. Allerdings sei die der Berechnung zugrunde gelegte Fallzahl niedriger als die von der Klägerin errechnete
Fallzahl, da "bei der Richtgrößenermittlung nicht sämtliche ärztliche Leistungen in vollem Umfang berücksichtigt (werden)".
Im Übrigen erfolgten die Fallzählungen für die Richtgrößenprüfungen durch die Beigeladene zu 1. Die Verordnungskostensumme
könne nicht mehr nachvollziehbar gemacht werden, da die zugehörigen Images bereits vernichtet seien.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage hat Erfolg. Der vom Beklagten verhängte Richtgrößenregress für das Jahr
2000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Zwar bestehen weder Bedenken gegenüber dem zugrunde liegenden Regelwerk (unten 1.), noch gegenüber dem Umfang der Berücksichtigung
von Praxisbesonderheiten (unten 2.). Allerdings ist die Richtgrößensumme nicht tragfähig berechnet (unten 3.), zudem ist die
Verordnungskostensumme nicht nachvollziehbar (unten 4.).
1. Rechtsgrundlage für die Richtgrößenprüfung bezüglich des Jahres 2000 ist §
106 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V) in der vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Dezember 2001 geltenden Fassung (alte Fassung - a.F.). Danach wird die Wirtschaftlichkeit
der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei
Überschreitung der Richtgrößen nach §
84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung) geprüft (§
106 Abs.
2 Satz 1
SGB V a.F.). Nach §
106 Abs.
5a Sätze 1 und 2 i.V.m. Abs.
5 SGB V a.F. werden durch die Prüfgremien (Prüfungs- und Beschwerdeausschuss) Prüfungen bei Überschreitung der Richtgrößen durchgeführt,
wenn die Richtgrößen um mehr als fünf vom Hundert überschritten werden und auf Grund der vorliegenden Daten nicht davon auszugehen
ist, dass die Überschreitung durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Bei einer Überschreitung der Richtgrößen um mehr als
15 vom Hundert hat der Vertragsarzt den sich aus der Überschreitung der Richtgrößen ergebenden Mehraufwand zu erstatten, soweit
dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist.
Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte der Berechnung der Richtgrößensumme im vorliegenden Fall
die Richtgrößen zugrunde legte, die am 1. Juli 2002 zwischen den Beigeladenen für das Jahr 2000 vereinbart wurden. Zwar sind
Richtgrößen wegen ihrer verhaltenssteuernden Zielsetzung grundsätzlich vor dem Jahr zu vereinbaren, für das sie Geltung beanspruchen,
mit der Folge, dass erst im Laufe des Geltungsjahres vereinbarte Richtgrößen einer entsprechenden Prüfung für dieses Jahr
nur anteilig zugrunde gelegt werden können. Eine jahresbezogene Richtgrößenprüfung darf aber u.a. dann ausschließlich auf
verspätet vereinbarten Richtgrößen basieren, wenn diese im Vergleich zu den bislang geltenden Richtgrößen für den Vertragsarzt
keinen Nachteil darstellen (Bundessozialgericht, Urteile vom 2. November 2005, B 6 KA 63/04 R, und vom 23. März 2011, B 6 KA 9/10 R, beide veröffentlicht in juris). Im vorliegenden Fall ist bei der Fachgruppe der hausärztlichen Internisten die für das Jahr
2000 nachträglich vereinbarte Richtgröße für die Gruppe "M/F" (Mitglieder und Familienversicherte) im Bereich Arzneimittel
mit 103,34 DM günstiger als die für 1999 geltende entsprechende Richtgröße (97,51 DM). Die übrigen Richtgrößen bestanden unverändert
fort (vgl. schon Urteil des Senats vom 6. Juni 2012, L 7 KA 99/09).
2. Bei der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten hat der Beklagte von seinem Beurteilungsspielraum fehlerfrei Gebrauch
gemacht.
a) Praxisbesonderheiten kommt gerade im Bereich der Richtgrößenprüfung besondere Bedeutung zu. Nur sie können nach dem Wortlaut
von §
106 Abs.
5a Satz 2
SGB V a.F. verhindern, dass ein Vertragsarzt den (vollen) Mehraufwand in Form der Differenz zwischen seinem Verordnungsvolumen
und der für ihn geltenden Richtgröße (bzw. in der Formulierung des angegriffenen Bescheides: "Richtgrößensumme") zu erstatten
hat. Der Begriff "Praxisbesonderheiten", der im Bereich der Richtgrößenprüfung nicht anders zu verstehen ist als im Rahmen
der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. März 2011, B 6 KA 9/10 R, veröffentlicht in juris, m.w.N.), umreißt Besonderheiten der Patientenversorgung, die vom Durchschnitt der Arztgruppe signifikant
abweichen und die sich aus einem spezifischen Zuschnitt der Patienten des geprüften Vertragsarztes ergeben, der im Regelfall
in Wechselbeziehung zu einer besonderen Qualifikation des Arztes steht. Hinsichtlich der hierfür erforderlichen Wertungen
als fachlich-medizinisch und wirtschaftlich vertretbar haben die Prüfungseinrichtungen einen Beurteilungsspielraum, sodass
deren Einschätzungen von den Sozialgerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und beanstandet werden können (Bundessozialgericht,
Urteil vom 6. Mai 2009, B 6 KA 17/08 R, veröffentlicht in juris, m.w.N.). Soweit eine wertende Entscheidung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder
der Prüfungseinrichtungen erforderlich ist, beschränkt sich die Kontrolle der Sozialgerichte auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren
ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt
zugrunde liegt, ob die Prüfungseinrichtungen die Grenzen eingehalten haben, die sich bei Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe
ergeben, und ob die Prüfungseinrichtungen ihre Erwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen
die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe nachvollziehbar ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Juni 2007, B 6 KA 27/06 R, veröffentlicht in juris, m.w.N.).
b) Hieran gemessen ist der Bescheid vom 14. Februar 2005 rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die von der Klägerin
im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Verordnungskosten vollständig als Praxisbesonderheiten berücksichtigt. Damit muss
es sein Bewenden haben. Das weitere Vorbringen der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren zum Umfang ihrer Praxisbesonderheiten
ist ebenso unbeachtlich wie ihr Hinweis auf die Erklärungen zu Praxisbesonderheiten für die Jahre vor dem hier relevanten
Jahr 2000.
Grundsätzlich obliegt es dem der Richtgrößenprüfung unterliegenden Vertragsarzt, im Verfahren vor den sachkundig besetzten
Prüfungsgremien auf Praxisbesonderheiten hindeutende tatsächliche Umstände in einer Form darzulegen, die den Schluss auf Praxisbesonderheiten
oder zumindest gezielte Nachfragen erlauben (vgl. Beschluss des Senats vom 30. September 2011, L 7 KA 16/08, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Von der Möglichkeit des Tatsachenvortrags bzw. der Mitwirkungsobliegenheit ist bis zum
Abschluss des Verfahrens vor dem Beklagten Gebrauch zu machen. Denn weder Sozial- noch Landessozialgericht dürfen ihrer Entscheidung
einen anderen Sachverhalt zugrunde legen als denjenigen, von dem der Beklagte richtigerweise ausgegangen ist. Die Gerichte
prüfen insofern nämlich nur, ob der Beklagte seiner Entscheidung einen richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde
gelegt hat. Andernfalls liefe die Sachentscheidungskompetenz des Beklagten, die in seinem Beurteilungs- und Ermessensspielraum
besteht, leer, weil der Vertragsarzt es in der Hand hätte, durch ein Zurückhalten relevanten Tatsachenvortrags bis zum sozialgerichtlichen
Verfahren jede Entscheidung des Beklagten rechtswidrig werden zu lassen. Nur diese strenge Sichtweise garantiert, dass der
(bewusst) möglichst spät substantiiert vortragende Arzt nicht dadurch privilegiert wird, dass das (ver)späte(te) Vorbringen
wegen fehlender Berücksichtigung in den Prüfbescheiden regelmäßig zu deren Aufhebung und der Verurteilung zur Neubescheidung
führt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 15. November 1995, 6 RKa 58/94, veröffentlicht in juris, dort Rdnr. 26; Urteil vom 11. Dezember 2002, B 6 KA 1/02 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32; Senat, Urteil vom 31. August 2011, L 7 KA 157/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 30; s.a. Urteil des Senats vom 6. Juni 2012, L 7 KA 99/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38).
Weil die Prüfgremien dem konkreten Vorbringen der Klägerin zu ihren Praxisbesonderheiten im Jahre 2000 vollständig gefolgt
sind, ist die Klägerin im vorliegenden Verfahren mit der Rüge der unrichtigen Sachaufklärung ausgeschlossen. Gleichzeitig
hatte die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass ihr Vorbringen aus Verfahren der Richtgrößenprüfung für vorangegangene Jahre
vom Beklagten auch für das Jahr 2000 berücksichtigt wird. Denn es gibt keinen Automatismus, Umstände, die bei der Prüfung
des Vorjahres als Praxisbesonderheit anerkannt wurden, auch bei der Prüfung des Folgejahres als solche zu werten. Zum einen
bedarf es regelmäßig einer genauen Untersuchung, ob diese Umstände tatsächlich in beiden Zeiträumen unverändert vorlagen;
so ist nämlich stets denkbar, dass sich - warum auch immer - Patientenkollektive ändern oder dass sich bei einzelnen Patienten
das Ausmaß der Erkrankung verändert hat, sodass nunmehr andere therapeutischen Maßnahmen angezeigt sind. Zum anderen könnte
eine Senkung der Abgabepreise, z.B. für Arzneimittel, dazu führen, dass die Behandlung einer bestimmten Erkrankung nur noch
in geringerem Umfang oder überhaupt keine überdurchschnittliche Kosten (mehr) verursacht, so dass sich eventuell der wegen
der Praxisbesonderheit abgesetzte Verordnungskostenbetrag reduziert oder eine Praxisbesonderheit nicht mehr zu bejahen ist.
Dies alles zu prüfen haben die Prüfgremien aber nur dann Anlass, wenn der Vertragsarzt - anders als die Klägerin - auch im
Folgejahr die im Vorjahr anerkannten Praxisbesonderheiten ausdrücklich geltend macht. Ohne einen solchen Hinweis würden Ermittlungen
der Prüfgremien zu den o.g. Punkten "ins Blaue hinein" erfolgen; hierzu besteht keine rechtliche Verpflichtung.
Das erst im Gerichtsverfahren eingeführte Vorbringen der Klägerin zu Praxisbesonderheiten in Gestalt eines besonders hohen
Rentner- bzw. Chronikerkollektivs muss daher außer Betracht bleiben. Im Übrigen ist nicht erkennbar, wie dieses sehr allgemein
gehaltene Vorbringen überhaupt Praxisbesonderheiten begründen sollte. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass das
jeweilige Rentneraufkommen unter den Patienten seinen Niederschlag schon in der Höhe der vereinbarten Richtgröße finde. "Rentner"
an sich sind ebenso wenig wie "Chroniker" eine Praxisbesonderheit; eine solche kann nur konkret indikationsbezogen begründet
werden. Soweit die Klägerin indikationsbezogen vorgetragen hat, ist der Beklagte ihr aber gefolgt.
3. Durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen aber in Bezug auf die Ermittlung der Richtgrößensumme durch den Beklagten.
Die Richtgrößensumme ist ein entscheidender Faktor für die Berechnung des Richtgrößenregresses, denn je niedriger die Richtgrößensumme
ausfällt, umso höher wird der Regressbetrag sein. Die Richtgrößensumme errechnet sich aus einer Multiplikation der Fallzahlen
(getrennt nach M/F [Mitglieder, Familienangehörige] einerseits und R [Rentner] andererseits) mit den festgelegten Richtgrößen.
Durch Vorlage ihrer Fallzahlmeldungen für das Jahr 2000 (insgesamt 1.251, 640 M/F, 611 R) hat die Klägerin die Richtigkeit
der von dem Beklagten angesetzten Fallzahl (481 M, 675,25 R) substantiiert bestritten. Weil die Klägerin eine höhere Fallzahl
angibt, ist ihr Bestreiten erheblich. Trotz Nachfrage des Senats haben weder Beklagter noch Beigeladene zu 1. die konkrete
Ermittlung der für die Richtgrößenprüfung maßgeblichen Fallzahl nachvollziehbar machen können. Die Ungewissheit geht zu Lasten
des Beklagten. Während im erstinstanzlichen Verfahren noch angeführt wurde, die niedrigere Fallzahl basiere darauf, dass bei
der Richtgrößenprüfung nur Versicherte aus dem Kreis der Berliner gesetzlichen Krankenkassen berücksichtigt worden seien,
nicht aber Behandlungsfälle auswärtiger oder sonstiger Kostenträger, hat der Beklagte dies im Berufungsverfahren für unrichtig
erklärt und angeführt, herausgerechnet worden seien nur sonstige Kostenträger wie etwa die Berufsgenossenschaften bei Arbeitsunfällen.
Wie viele Behandlungsfälle hiervon genau umfasst gewesen seien, konnte der Beklagte nicht angeben. Die der Berechnung zugrunde
gelegten Fallzahlen seien zudem - so der Beklagte weiter - niedriger als die von der Klägerin errechnete Fallzahl, da "bei
der Richtgrößenermittlung nicht sämtliche ärztliche Leistungen in vollem Umfang berücksichtigt (werden)". Dieser Ansatz basiert
auf § 2 Abs. 3 der Richtgrößenvereinbarung für die Jahre 2000 bis 2002, der lautet:
Zur Herstellung des Fallbezuges werden die im Jahr 2000 von den Arztgruppen (...) abgerechneten kurativen Fallzahlen (Formblatt
3, Abrechnungsposition A-01-69-00) zugrunde gelegt. Dabei zählen die Behandlungsarten 11 und 12 voll, die Behandlungsarten
14, 15, 32 und 33 zu ¼. Die Behandlungsarten 13 (Zielauftrag) und 31 (Laborauftrag) finden in der Fallzählung keine Berücksichtigung.
(...)
Den auf dieser Grundlage durchzuführenden Rechenvorgang konnte der Beklagte nicht weiter erklären. Es bleibt damit bei seiner
nur unsubstantiierten Behauptung, dass die Ermittlung der Fallzahl den rechtlichen Erfordernissen entsprochen habe.
Hinzu kommt, dass die Abweichungen erheblich sind: Während der Beklagte im Bereich M/F 159 Fälle weniger angesetzt hat als
die Klägerin, hat er die Angaben der Klägerin im Bereich R sogar um 64,25 überschritten, was die konkrete Ermittlung der Fallzahlen
für die Richtgrößenprüfung umso notwendiger gemacht hätte. Dasselbe gilt angesichts der Tatsache, dass der Klägerin im Schreiben
der Geschäftsstelle der Prüfgremien vom 5. November 2002 die zugrunde zu legenden Fallzahlen mitgeteilt wurden (481 MF, 675,25
R), als Fußnote zur Arithmetik aber nur angefügt war, dass Not-/Vertretungsfälle (insgesamt 21) sowie Fälle im ärztlichen
Bereitschaftsdienst (keiner) mit 0,25 gewertet würden. Hieraus könnte geschlossen werden, dass sämtliche übrigen von der Klägerin
abgerechneten Fälle mit "1" zu bewerten waren. Gegenteiliges ergibt sich jedenfalls aus dem Verwaltungsvorgang bzw. dem Vorbringen
des Beklagten nicht.
Anders als in Zusammenhang mit der Geltendmachung von Praxisbesonderheiten (oben 2.) ist für die Nachprüfung der Richtgrößensumme
unerheblich, dass die Klägerin diesen Aspekt erst mit der Klagebegründung und nicht schon im Verwaltungsverfahren aufgeworfen
hat. Denn nur zu den Praxisbesonderheiten muss der Vertragsarzt bereits vor den Prüfgremien vortragen; nur er hat insoweit
Einblick in die Besonderheiten seiner eigenen Praxis und kann gegebenenfalls entscheidungserhebliche Umstände vorbringen,
die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Im Rahmen der Abrechnung seiner Leistungen
hat der Vertragsarzt stets eine besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt
sich auf ihm günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt
werden können (Bundessozialgericht, Urteil vom 15. November 1995, 6 RKa 58/94, zitiert nach juris, dort Rdnr. 26). Etwas anderes gilt in Bezug auf die Nachprüfbarkeit der Richtgrößensumme und der dieser
zugrunde liegenden Fallzahlen, denn dabei handelt es sich um objektivierbare, keinem Beurteilungsspielraum der Prüfgremien
unterliegende Berechnungselemente, die in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen nachprüfbar sein müssen und deren Ermittlung
nicht primär in der Sphäre des Vertragsarztes liegt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. November 2005, B 6 KA 63/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 36 [bei der Richtgrößenprüfung haben die Prüfgremien nur einen Beurteilungsspielraum, soweit
es um Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten geht]). Dabei spricht zunächst der Anschein für die Richtigkeit
des von den Prüfgremien herangezogenen Datenmaterials. Im Falle substantiierten Bestreitens - wie im vorliegenden Fall - ist
die Ermittlung der konkreten Berechnungselemente der Richtgrößensumme - konkret: die Ermittlung der relevanten Fallzahl -
aber vom Beklagten transparent zu machen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Nach alledem darf der Senat nicht unterstellen, dass die Richtgrößensumme zutreffend errechnet sei, so dass der angefochtene
Bescheid schon aus diesem Grunde rechtswidrig ist.
4. Nicht nachprüfbar und damit rechtlich nicht tragfähig ist auch die Bestimmung des Verordnungsvolumens der Klägerin durch
den Beklagten. Grundsätzlich gilt auch hier, dass die von den Prüfgremien einer Regressentscheidung zu Grunde gelegten Verordnungskosten
zu ihrer Überzeugung feststehen müssen (§ 20 SGB X); Entsprechendes gilt im Falle einer nachfolgenden gerichtlichen Überprüfung für das Gericht (§
128 SGG). Ergeben sich ernst zu nehmende und nicht ausräumbare Zweifel, ob die von Krankenkassen bzw. Prüfgremien dem Arzt zugeordneten
Verordnungskosten von diesem tatsächlich in einem zum Regress berechtigenden Umfang veranlasst wurden, fehlt für die Festsetzung
eines Arzneikostenregresses die entscheidende Grundlage (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. November 2005, B 6 KA 63/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnrn. 30, 36). So liegt es hier:
Die Bruttoverordnungskostensumme hat der Beklagte mit 343.113,06 DM angesetzt. Insoweit hat die Klägerin im erstinstanzlichen
Verfahren mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 substantiiert bestritten, dass es sich nur um Verordnungskosten für von ihr behandelte
Patienten handele. Insgesamt sei die Bruttoverordnungskostensumme um 81.403,57 DM (mithin um 31,1 Prozent) zu hoch (75.638,10
DM für Arzneimittel und 5.765,47 DM für Heilmittel). Das ergebe sich aus der detaillierten Durchsicht der vom Beklagten zugrunde
gelegten Einzeldaten zum Verordnungsvolumen einerseits und den Angaben der Klägerin über ihren Patientenbestand (von ihr eingereicht
als Anlage K 9) andererseits. Die Klägerin darin unter Anführung der Versichertennummern detailliert angeführt, welche 109
in die Ermittlung des Verordnungsvolumens einbezogenen Patienten nicht in ihrer Praxis behandelt worden seien. Zu diesem Zweck
hat sie die den Prüfgremien vorliegenden Einzeldaten zum Verordnungsvolumen komplett durchgesehen und im Einzelnen ausgeführt,
welche Patienten sie nicht behandelt habe, wie deren Versicherungsnummer laute und welche Kosten darauf entfallen seien (z.B.:
Versicherten-Nr. ..., Arzneimittelverordnung vom 29. Februar 2000 im Wert von 62,85 DM; vgl. zum so geforderten Verfahren
Bundessozialgericht aaO., Rdnr. 32).
Grundsätzlich gilt für den Fall substantiierter Einwendungen des Vertragsarztes gegen die Höhe des Verordnungsvolumens (Bundessozialgericht
aaO., Rdnr. 33):
Wenn der geprüfte Arzt anhand eigener Behandlungsunterlagen substantiierte Einwendungen vorbringt, die berechtigte Zweifel
an der Richtigkeit einzelner zu seinen Lasten gebuchter Verordnungen begründen, müssen die Prüfgremien dem weiter nachgehen,
indem sie zunächst nur insoweit - d.h. in den Einzelfällen der von begründeten Zweifeln betroffenen Verordnungen - die Verordnungsblätter
bzw. Images von den Krankenkassen beiziehen und auf diese Weise gegebenenfalls festgestellte Fehlbuchungen bereinigen. Können
- wie hier - einzelne Verordnungsblätter von den Krankenkassen nicht mehr vorgelegt werden und ist deshalb für den Arzt eine
Überprüfung elektronisch erfasster, aber substantiiert angezweifelter Verordnungen nicht möglich, sind nur die hiervon betroffenen
Verordnungsbeträge nicht erwiesen und deshalb in Abzug zu bringen. Sofern sich allerdings im Rahmen einer solchen Einzelüberprüfung
der Verordnungslisten auf Grund substantiierter Einwendungen herausstellt, dass die für den Arzt gemeldeten Verordnungskosten
in erheblichem Umfang fehlerhaft sind, ist dem Anscheinsbeweis insgesamt zutreffend elektronisch erfasster Verordnungskosten
die Grundlage entzogen. Das Bundessozialgericht (aaO.) geht davon aus, dass Unrichtigkeiten in einem den Anscheinsbeweis ausschließenden
Umfang vorliegen, wenn - was vorliegend deutlich überschritten ist - wenigstens fünf Prozent der für den betroffenen Vertragsarzt
elektronisch erfassten Verordnungskosten nach Durchführung einer Einzelprüfung in Abzug zu bringen sind. In einem solchen
Fall müssen die vom Arzt tatsächlich veranlassten Verordnungskosten durch individuelle Auswertung sämtlicher noch vorhandener
Verordnungsblätter bzw. Images ermittelt werden. Gelingt die vollständige Beiziehung der Verordnungsblätter bzw. Images aller
nach den Verordnungslisten vom geprüften Arzt getätigten Verordnungen nicht, haben die Prüfgremien der damit verbundenen Einschränkung
der Verteidigungsmöglichkeiten des Arztes durch Gewährung eines entsprechend bemessenen Sicherheitsabschlags von dem auf der
Grundlage der vorhandenen Verordnungsblätter gegebenenfalls festzusetzenden Regress Rechnung zu tragen.
Bezogen auf den Fall der Klägerin folgt hieraus: Auf ihr Vorbringen hätte der Beklagte zwingend die Verordnungsblätter bzw.
Images von den Krankenkassen beiziehen, sie im Einzelnen durchsehen und nachvollziehen müssen, ob die jeweilige Arzneimittel-
oder Heilmittelverordnung - anders als von der Klägerin behauptet - von dieser stammte. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen,
ja er hat nicht einmal auf das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren erwidert und zeigte sich (wie schon in Bezug auf
die Berechnung der Richtgrößensumme) auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu einer sachgerechten Einlassung außerstande.
Allerdings sind die versichertenbezogenen Daten nach Angaben der Beigeladenen zu 1. und des Beklagten nun gelöscht, so dass
Ermittlungen bei den betroffenen Krankenkassen auch für den Senat keinen Erfolg versprechen. Damit war es dem Senat nicht
möglich, die der Klägerin zugerechneten Verordnungskosten vollständig zu kontrollieren, was nicht zu Lasten der Klägerin gehen
kann.