Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs des beklagten Landesschiedsamtes für die vertragsärztliche
Versorgung.
Die AOK Berlin als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladene zu 1) als Träger der Sozialhilfe schlossen
am 6. März 1992 eine "Vereinbarung über die Durchführung und Abrechnung der ambulanten gesundheitlichen Versorgung von hilfebedürftigen
Personen einschließlich des beigetretenen Teils des Landes Berlin einschließlich West-Staaken, auf Grund derer die Beigeladene
zu 2) auftragsweise gegen Ersatz der Aufwendungen im Einzelfall sowie eines angemessenen Verwaltungskostenanteils die Durchführung
und Abrechnung von Leistungen bei dem genannten Personenkreis übernahm. Der Umfang der Leistungen sollte
sich nach den für Versicherte der Beigeladenen zu 2) geltenden Vorschriften und Bestimmungen richten. Die AOK Berlin und die
Klägerin hatten bereits unter dem 9. Dezember 1976 einen Gesamtvertrag geschlossen, der u.a. in § 1 Abs. 3 regelte, dass die
Bestimmungen des Vertrages auch für auftragsweise versorgte Personen gelten.
Die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen und der Klägerin, der Kassenärztlichen
Vereinigung Berlin, am 10. Januar 1994 geschlossene und mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 gekündigte Vereinbarung zur Umsetzung
der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß §
106 des Sozialgesetzbuchs/Fünftes Buch (
SGB V) - Prüfvereinbarung - sah eine Anwendung der Prüfvereinbarung auf den von der AOK Berlin im Auftrag des Sozialhilfeträgers
betreuten o.g. Personenkreis nicht vor. Seit dem Jahr 2000 verhandelten die Beigeladenen zu 2) bis 4) bzw. ihre Rechtsvorgänger
als Arbeitgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Berlin mit der Klägerin über den Abschluss einer neuen Prüfvereinbarung.
§ 1 Nr. 1, § 10 und § 18 Nr. 1 der Prüfvereinbarung sollten nach den unterschiedlichen Vorstellungen der Vertragsparteien
dabei folgenden Inhalt haben:
Kassenärztliche Vereinigung Berlin
Verbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen
§ 1 Grundsätze
Nr. 1 Diese Vereinbarung regelt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der KV Berlin
gem. §
106 SGB V. Die Prüfung der ärztlichen Versorgung für andere Kostenträger ist nicht Gegenstand dieser Vereinbarung.
§ 1 Grundsätze
Nr. 1 Diese Vereinbarung regelt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der KV Berlin
gem. §
106 SGB V. In die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen ist ferner die ärztliche Versorgung für die Personen, für die eine Krankenkasse
nach §
264 SGB V die Krankenbehandlung übernommen hat.
§ 10 Art und Inhalt der Prüfungen
Für die Prüfung nach §
106 Absatz
2 Nr.
1 SGB V erstellt die KV Berlin die in Abschnitt 5 §
1 des Vertrages über den Datenaustausch auf Datenträgern vorgesehenen Übersichten.
§ 10 Art und Inhalt der Prüfungen
Für die Prüfung nach §
106 Absatz
2 Nr.
1 SGB V erstellt die KV Berlin unter Einbeziehung der Behandlungsfälle für nach §
264 SGB V auftragsweise von einer Krankenkasse betreuten Personen, die in Abschnitt 5 §
1 des Vertrages über den Datenaustausch auf Datenträgern vorgesehenen Übersichten.
§ 18 Arztbezogene Prüfung bei Überschreiten der Richtgrößen
1. Prüfgegenstand
Prüfungsgegenstand sind die richtgrößenrelevanten Verordnungskosten bei Überschreitung der ermittelten Richtgrößensumme. Richtgrößenrelevant
sind alle in der vertragsärztlichen Versorgung für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen verordneten Arzneimittel, Verbandstoffe
und Heilmittel, unabhängig davon, ob es sich um eine Einzelverordnung oder um Sprechstundenbedarfsanforderungen handelt. Der
Sprechstundenbedarf ist in der Höhe um die Kosten für angeforderte Hilfsmittel und um den Anteil, der auf die "auftragsweise
versorgten Personen" entfällt, zu bereinigen.
...
§ 18 Arztbezogene Prüfung bei Überschreiten der Richtgrößen
1. Prüfgegenstand
Prüfungsgegenstand sind die richtgrößenrelevanten Verordnungskosten bei Überschreitung der ermittelten Richtgrößensumme. Richtgrößenrelevant
sind alle in der vertragsärztlichen Versorgung für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen und für nach §
264 SGB V betreute Personen verordneten Arzneimittel, Verbandstoffe und Heilmittel, unabhängig davon, ob es sich um eine Einzelverordnung
oder um Sprechstundenbedarfsanforderungen handelt. Der Sprechstundenbedarf ist in der Höhe um die Kosten für angeforderte
Hilfsmittel und um den Anteil, der auf andere als nach §
264 SGB V auftragsweise versorgten Personen entfällt, zu bereinigen.
...
Nachdem keine Einigung zustande kam, beantragten die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit
Schriftsatz vom 25. Juli 2002 die Durchführung eines schiedsamtlichen Verfahrens u.a. wegen dieses Punktes. Der Beklagte entschied
am 28. August 2002 nach mündlicher Verhandlung unter Nr. 1 seines Beschlusses:
"In § 1 Nr. 1 der Prüfvereinbarung gilt der Text der rechten Spalte der Vereinbarung mit der Maßgabe, dass in Satz 2 im Anschluss
an das Wort "ferner" die Worte "auf der Grundlage des § 38 Abs. 4 BSHG" eingefügt werden. Folgerichtig gilt in § 10 und § 18 Nr. 1 des Entwurfs der Text der rechten Spalte."
Zur Begründung führte er aus, nach dem Willen des Gesetzgebers, der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, sollten mit den
zum 1. Juli 2001 erfolgten Änderungen der §§ 37, 38 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) die Krankenhilfe für Sozialhilfeempfänger sowohl hinsichtlich des Leistungsrechts als auch des Leistungserbringerrechts
an die gesetzliche Krankenversicherung angeglichen und mit in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen werden. Nach dem ausdrücklichen
Wortlaut des § 38 Abs. 4 BSHG gelten die Regelungen des
SGB V über die Leistungserbringung mit Ausnahme der Vorschriften des Drittel Titels des Zweiten Abschnitts, die nicht die Wirtschaftlichkeits-
und Abrechnungsprüfung betreffen, entsprechend. Somit sei auch §
106 SGB V als Rechtsgrundlage für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen anzuwenden.
Mit der Klage gegen den Beschluss hat die Klägerin vorgetragen, der Beklagte habe seine Kompetenzen überschritten, da §
106 SGB V nur die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung erfasse. Diese umfasse aber nur die Behandlung eines
in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherten Patienten durch einen Vertragsarzt, nicht aber die auftragsweise
Behandlung eines nichtversicherten Sozialhilfeempfängers. Die §§ 37, 38 BSHG regelten nur die Rechtsbeziehung zwischen Sozialhilfeträger und Sozialhilfeberechtigten. Es gebe im Gesetz keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Prüfkompetenz den gemeinsamen Prüfgremien der Krankenkassen und der Vertragsärzte übertragen worden sei. Auch
wenn dies Wille des Gesetzgebers gewesen sein sollte, so finde dieser jedenfalls kein Niederschlag im Gesetz. Daran ändere
auch nichts, dass auf Grund des Vertrages zwischen der AOK Berlin und ihr, der Klägerin, Verträge bestehen, nach denen "technisch"
die Abrechnung der ärztlichen Leistungen für Sozialhilfeempfänger in die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen einbezogen
sei. Denn es gebe keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, die die Vertragsparteien zu einer Übertragung ermächtigten.
Eine solche sei aber aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Sie sei auch nicht in § 2 Abs. 7 des Bundesmantelvertrages-Ärzte
(BMV-Ä) zu sehen. Darüber hinaus sei der Schiedsspruch auch deshalb rechtswidrig, weil der Prüfvereinbarung Regelungen hinsichtlich
der Durchführung des Prüfverfahrens fehlten. So hätte geregelt werden müssen, ob das Prüfverfahren nach gesetzlich Krankenversicherten
und Sozialempfängern getrennt oder gemeinsam durchzuführen ist, da sich dies in anderen Ergebnissen niederschlage. Letztlich
sei die Kompetenz des gemeinsamen Prüfgremiums §
106 SGB V auch nicht allumfassend; für bestimmte Bereiche gebe es gesonderte Kompetenzzuweisungen, wie z.B. die Regelung des §
113 Abs.
4 SGB V belege.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vertiefend dargelegt, dass sich die Ermächtigung aus der Entstehungsgeschichte
des Gesetzes ergebe.
Die Beigeladene zu 2) hat vorgetragen, die vertragsärztliche Versorgung erfasse jedes Tätigwerden des Vertragsarztes, so dass
die aus §
106 SGB V folgende Prüfkompetenz auch Leistungen, die für Sozialhilfeempfänger erbracht werden, umfasse. Sie ergebe sich aber auch
aus der Vorschrift des § 2 Abs. 7 BMV-Ä, nach der zur vertragsärztlichen Versorgung auch die nach Maßgabe besonderer vertraglicher
Regelungen vereinbarte Leistungen gehörten. Eine solche besondere vertragliche Regelung sei der zwischen der Beigeladenen
zu 2) und der Klägerin geschlossene Gesamtvertrag, nach dessen § 13 für die Prüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise
auf die Prüfvereinbarung hingewiesen werde.
Die auf Grundlage des Schiedsspruchs am 20. Juni 2003 vereinbarte Prüfvereinbarung trat am 1. Oktober 2002 in Kraft. Sie wurde
abgelöst durch die Prüfvereinbarungen vom 22. Dezember 2005 und 20. April 2007. Diese enthielten in § 1 Nr. 1 jeweils gleichlautende
Regelungen entsprechend der Prüfvereinbarung vom 20. Juni 2003 mit dem Zusatz, dass die Bestimmung hinsichtlich der in §
264 Abs.
1 SGB V genannten Personen nicht angewandt werde, solange die Klage der KV gegen die Entscheidung des Landesschiedsamtes anhängig
sei und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung fortdauere.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 7. Dezember 2005 den Beschluss des Beklagten zu Nr. 1 des Beschlusstenors aufgehoben
und zur Begründung ausgeführt, der Schiedsspruch sei rechtswidrig. Zwar habe der Beklagte einen weiten Gestaltungsspielraum,
jedoch dürfe er nur das festsetzen, was auch die Parteien vertraglich vereinbaren könnten. Für eine Regelung, mit der die
Prüfgremien ermächtigt werden, außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung tätig zu werden, bestehe keine Rechtsgrundlage.
§
106 SGB V erfasse nur die vertragsärztliche Versorgung, zu denen die Behandlung von nichtversicherten Sozialhilfeempfängern nicht gehöre.
§ 38 Abs. 4 BSHG stelle ebenfalls keine geeignete Rechtsgrundlage dar. Zum einen sei bereits der Wortlaut der Vorschrift unklar und ungenau.
Zum anderen bestünden keine Anhaltspunkte für einen Systembruch dahingehend, dass in der Ausgestaltung der Beziehung zwischen
Ärzten und Sozialhilfeträgern die Gremien der Selbstverwaltung tätig werden sollen. Solches ergebe sich auch nicht aus der
Begründung des Gesetzesentwurfes. Aus diesem werde vielmehr deutlich, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Strukturen
gesehen und deshalb keine vollständige Integration von Sozialhilfeempfängern in das System der gesetzlichen Krankenversicherung
vorgenommen habe. Einer solche hätte es aber bedurft. Auch aus §
264 SGB V ergebe sich nichts anderes. Wenn die Krankenkasse auftragsweise Leistungen für Sozialhilfeempfänger erbringe, so würden diese
damit nicht Leistungsempfänger der GKV. Soweit sich die Beigeladene zu 2) auf die Vorschrift des § 2 Abs. 7 BMV-Ä beziehe,
so erfasse diese nur besondere Leistungen für Patienten, die bereits in die vertragsärztliche Versorgung integriert seien.
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 BMV-Ä seien Leistungen, für die ein Träger der Unfall-, der Rentenversicherung, der Sozialhilfe oder
ein anderer Träger (z.B. Versorgungsbehörde) zuständig sei oder dem Arzt einen Auftrag gegeben habe, aus der vertragsärztlichen
Versorgung ausgeschlossen.
Gegen das Urteil haben der Beklagte (ihm zugestellt am 1. Februar 2006) am 21. Februar 2006, der Beigeladene zu 1) (ihm zugestellt
am 16. Januar 2006) am 15. Februar 2006 und die Beigeladene zu 2) (ihr zugestellt am 26. Januar 2006) am 21. Februar 2006
Berufung eingelegt.
Der Beklagte führt unter Berufung auf bisheriges Vorbringen aus, durch Schaffung des § 38 Abs. 4 BSHG sei zum 1. Juli 2001 eine Ermächtigung zur Einbeziehung der ärztlichen Versorgung von Sozialhilfeempfängern in die Wirtschaftlichkeitsprüfung
erfolgt. Der Beigeladene zu 2) bringt vor, die vom Sozialgericht angenommene Unklarheit der Vorschrift bestehe nicht. Der
Träger der Sozialhilfe habe die Möglichkeit erhalten, die bestehenden Prüfsysteme anzuwenden. Dann habe er aber auch das Recht
haben, die erfassten Personenkreise in die Wirtschaftlichkeitsprüfung der GKV-Versicherten einzubeziehen. Hier hätten sie
und die Klägerin vereinbart, dass die ärztliche Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erfolge und dass die
jeweiligen Prüfvereinbarungen Anwendung finden. Insoweit erfolge die Honorierung der ärztlichen Behandlung von Sozialhilfeempfängern
auch über die Klägerin. Der Beigeladene zu 1) weist darauf hin, dass er durch das Urteil des Sozialgerichts beschwert sei.
Durch unwirtschaftliche Behandlungs- und Verordnungsweise könne dem Sozialhilfeträger ein Schaden entstehen. Wenn er nicht
in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen werden könne, sei es ihm nicht möglich, den Schaden geltend zu machen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für rechtmäßig. Eine Übertragung der Prüfkompetenz durch den zwischen ihr und der Beigeladenen
zu 2) geschlossenen Gesamtvertrag vom 9. Dezember 1976 sei nicht möglich, u.a. weil die Vertragspartner der Prüfvereinbarung
die Landesverbände und nicht die einzelnen Krankenkassen seien. Durch die Einführung des §
264 Abs.
2 bis 6
SGB V zum 1. Januar 2004 sei der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift gering geworden. Auf Grundlage der Prüfvereinbarung
seien noch diverse Prüfverfahren anhängig. Sie betreffen Anträge der Beigeladenen zu 2) aus dem Zeitraum Juli/August 2003
auf Feststellung eines sonstigen Schadens und neun Vertragsarztpraxen sowie eine Gesamtschadenssumme von 11.670,73 €. Da das
Sozialgericht Berlin die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet habe, hätten die Prüfgremien über die Anträge noch nicht
entscheiden können.
Die Beigeladenen zu 3) bis 6) haben sich nicht an dem Verfahren beteiligt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten
verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind zulässig. Auch kann der Beigeladene zu 1) - wie die anderen Berufungsführer auch - sich auf eine materielle
Beschwer durch das Urteil des Sozialgerichts berufen. Eine solche liegt vor, wenn er geltend machen kann, durch die Bindungswirkung
des angefochtenen Urteils nach §
141 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) unmittelbar in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein (BSG, SozR 3-1500 § 75 Nr. 31). Als beigeladener Träger der Sozialhilfe
hat er die Einbeziehung derjenigen Personen in die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung begehrt,
die ihm gegenüber leistungsberechtigt sind und die er auftragsweise durch die Beigeladene zu 2) betreuen lässt. Der angefochtene
Schiedsspruch begünstigte ihn (mittelbar), da bei Festsetzung eines Regresses gegen einen Vertragsarzt auf Grundlage der zwischen
ihm und der Beigeladenen zu 2) geschlossenen Vereinbarung eine Weiterreichung des Regressbetrages an ihn in Betracht kommt.
Damit erscheint eine Verletzung eines eigenen Rechts im Sinne des §
54 Abs.
2 S. 1
SGG durch die vom Sozialgericht erfolgte Aufhebung des Schiedsspruchs zumindest möglich.
Die Berufungen sind aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Schiedsspruch aufgehoben, da dieser rechtswidrig
war.
I. Die Klage ist zulässig. Die Festsetzung des Inhalts eines Vertrags über die vertragsärztliche Versorgung zwischen einer
Kassenärztlichen Vereinigung und Krankenkassen durch ein Schiedsamt stellt einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 des Sozialgesetzbuchs/Zehntens Buch (SGB X) dar, den die Vertragspartner zulässiger Weise im Klagewege angreifen können, wenn sie geltend machen können, der Schiedsspruch
sei rechtswidrig (Vgl. BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 20). Die Klägerin als Vertragspartnerin der Prüfvereinbarung nach §
106 Abs.
2 S. 4 i.V.m. Abs.
3 S. 1
SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung kann geltend machen, durch den Schiedsspruch in ihren Rechten verletzt
zu sein und ist daher klagebefugt i.S.d. §
54 Abs.
1 S. 2
SGG. Richtige Klageart war die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erlass eines neuen Schiedsspruchs.
Denn nach Aufhebung des Schiedsspruchs, wie sie vom SG vorgenommen wurde, tritt nicht automatisch die von der Klägerin gewünschte Fassung der Prüfvereinbarung in Kraft. Es entstünde
vielmehr insoweit ein vertragsloser Zustand, so dass der Beklagte erneut einen Schiedsspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts fassen müsste. Es dürfte jedoch unschädlich sein, dass die Klägerin einen reinen Anfechtungsantrag gestellt und
das Sozialgericht nur den Schiedsspruch aufgehoben hat, ohne den Beklagten zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts zu verurteilen. Denn wegen des nach Aufhebung des Schiedsspruchs offenen Schiedsverfahrens ist der Beklagte auch
ohne ausdrückliche Verurteilung verpflichtet, erneut zu entscheiden.
Es ist auch keine Erledigung des Rechtsstreits durch zwischenzeitliche zum 1. Januar 2004 bzw. 1. Januar 2005 in Kraft getretene
Rechtsänderungen oder aber auf Grund des Inkrafttretens neuer Prüfvereinbarungen eingetreten. Eine Erledigung liegt allgemein
vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos macht oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung
erübrigt oder ausschließt. Sie ist mit dem Wegfall des Rechtsschutzinteresses gleichzusetzen (vgl. BSGE 42, 212 [216]). Von der Wirksamkeit der auf Grundlage des Schiedsspruchs in Kraft getretenen Prüfvereinbarung vom 20. Juni 2003 hängt
noch der Ausgang von anhängigen Prüfverfahren wegen der Feststellung eines sonstigen Schadens in Bezug auf die Behandlung
nichtversicherter Sozialhilfeempfänger ab, so dass der prozessuale Anspruch nicht gegenstandlos ist.
II. Der Schiedsspruch des Beklagten zu Nr. 1 des Tenors ist rechtswidrig, da der Beklagte die sich aus §
106 SGB V und § 38 Abs. 4 BSHG ergebenden Grenzen seines Gestaltungsspielraums nicht beachtet hat.
Schiedssprüche unterliegen gemäß §
89 SGB V - auf Anfechtung der Gesamtvertragsparteien hin - nur in eingeschränktem Umfang gerichtlicher Kontrolle (vgl. BSG, SozR 4-2500
§ 85 Nr 3, Rn. 11; BSG, SozR 4-5500 Art 11 Nr. 1, Rn. 11). Denn das Schiedsamt hat bei der Festsetzung von Gesamtverträgen,
zu denen auch die Verträge über die Wirtschaftlichkeitsprüfung gehören, einen Gestaltungsspielraum. Seine Schiedssprüche sind
ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich
angelegt und haben Kompromisscharakter (vgl. vorgenannte BSG-Urteile, aaO.). Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen,
ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben
eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem
fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis
ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt
zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe
beachtet hat (BSG, aaO.).
Hieran gemessen ist der Schiedsspruch materiell rechtswidrig, da die getroffene Regelung vertraglich nicht durch die Gesamtvertragsparteien
hätte getroffen werden können. Denn die Einbeziehung in die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Leistungen für Berechtigte, für
die eine Krankenkasse die Krankenbehandlung nach §
264 SGB V in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (a.F.) bzw. nach §
264 Abs.
1 SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung übernommen hat, war unzulässig, da es an einer Ermächtigungsgrundlage für
eine derartige Einbeziehung fehlt. Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung und den sich hieraus für Ärzte ergebenden Belastungen
handelt es sich um eine die Berufsausübung regelnde Maßnahme, weil sie zumindest mittelbar den Umfang ärztlicher Tätigkeit
und damit die Berufausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes begrenzt (vgl. BSG, SozR 3-2500 3 106, Nr.
26). Es gilt daher der Gesetzesvorbehalt, so dass es einer gesetzlichen und nicht nur untergesetzlichen Ermächtigung bedarf.
Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltende Rechtslage.
1.) Die Befugnis zur Einbeziehung des genannten Personenkreises ergibt nicht aus der Vorschrift des §
106 Abs.
1 SGB V. Danach überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen
Versorgung. Diese umfasst aber nicht jegliches Tätigwerden eines Vertragsarztes, sondern allein die ärztliche Behandlung von
Versicherten der GKV. Nicht krankenversicherte Erwerbs- und Arbeitslose, für die die Krankenkasse die Krankenbehandlung nach
§
264 SGB V a.F. bzw. §
264 Abs.
1 SGB V übernimmt, sind jedoch keine Versicherten der GKV.
a.) Dass zur vertragsärztlichen Versorgung, die allein der Wirtschaftlichkeitsprüfung des §
106 SGB V unterfällt, nur die Behandlung von Versicherten der GKV zählt, ergibt sich aus verschiedenen Normen des Vertragsarztrechts,
die die Stellung der Versicherten im System der vertragsärztlichen Versorgung regeln. So bestimmt z.B. §
70 Abs.
1 S. 1
SGB V, dass die Krankenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten haben. Nach Satz 2 der Vorschrift
muss die Versorgung der Versicherten ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und
muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden. Nach §
72 Abs.
2 S. 1
SGB V wirken Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherung der vertragsärztlichen
Versorgung der Versicherten zusammen. Die Versicherten können gemäß §
76 Abs.
1 S. 1
SGB V unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten sowie den weiteren dort genannten Leistungsträgern frei wählen.
Demgegenüber erweitert §
75 Abs.
6 SGB V den Sicherstellungsauftrag, indem die Kassenärztlichen Vereinigungen ermächtigt werden, mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden
weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung, insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung zu übernehmen. Damit werden
auch andere als Versicherte der GKV in den Sicherstellungsauftrag einbezogen, ohne dass diese (vollständig) in das System
der vertragsärztlichen Versorgung einbezogen werden (vgl. SG Marburg, Urteil vom 29. März 2006, S 12 KA 638/05, zitiert nach juris, Rn. 28). Sie erhalten zwar in diesem Rahmen Krankenbehandlung durch Vertragsärzte, werden jedoch dadurch
nicht Versicherte und damit Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung.
b.) Die Vorschrift des §
106 Abs.
1 SGB V kann auch nicht dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die
Wirtschaftlichkeit der Vertragsärzte auch insoweit überwachen, als die Krankenkassen die Behandlung für andere Personen als
Versicherte der GKV übernehmen. §
106 SGB V soll die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung steuern und damit das Wirtschaftlichkeitsgebot des §
12 Abs.
2 SGB V umsetzen. Dieses wiederum ist kein Selbstzweck sondern dient der Verwirklichung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität.
Denn nach §
71 Abs.
1 S. 1
SGB V haben die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die Vergütungen
nach diesem Buch so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische
Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten. Die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung
an den Personenkreis, für den die Krankenkasse nach §
264 SGB V a.F. bzw. §
264 Abs.
1 SGB V die Krankenbehandlung übernommen hat, ist jedoch nicht beitragssatzrelevant, da die Übernahme nur gegen Ersatz der vollen
Kosten erfolgen kann. Der Sozialhilfeträger hat daher jegliche anfallende Kosten zu tragen, so dass eine nicht wirtschaftliche
Behandlungsweise keine finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkasse hat. Daher bedarf es nach Sinn und Zweck des §
106 SGB V auch keiner Einbeziehung von Nichtversicherten in das von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen durch besondere
Gremien durchzuführende Prüfverfahren.
2.) Eine Ermächtigung ergibt sich auch nicht aus den Regelungen des BSHG. Nach § 37 Abs. 1 BSHG in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung werden vom Träger der Sozialhilfe Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend
dem Drittel Kapitel, Fünften Abschnitt, Ersten Titel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt. § 38 Abs. 4 BSHG in der vom 1. Juli 2001 bis 31. Dezember 20003 geltenden Fassung (a.F.) bzw. § 38 Abs. 3 BSHG in der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung bestimmten - ebenso wie nunmehr § 52 Abs. 3 des Sozialgesetzbuch/Zwölftes
Buch (SGB XII) -, dass bei der Erbringung der Leistungen die für die gesetzlichen Krankenkassen nach dem Vierten Kapitel des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch geltenden Regelungen mit Ausnahme des Zweiten Abschnitts des Dritten Titels anzuwenden sind.
Diese Vorschriften regeln aber nur das Verhältnis des Hilfeberechtigten gegenüber dem Träger der Sozialhilfe (vgl. SG Marburg,
aaO.). Sie überführen dabei das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung in das BSHG bzw. das SGB XII (vgl. Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 2. Auflage, § 52 Rn. 19) und konkretisieren damit den Inhalt
des Leistungsanspruchs des Hilfebedürftigen gegen den Träger der Sozialhilfe. Sie implementieren dagegen nicht das Sozialhilfeleistungsrecht
in das Vertragsarztrecht.
a.) Der Träger der Sozialhilfe hatte nach dem bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Recht mehrere Möglichkeiten, die Krankenbehandlung
für nichtversicherte Hilfebedürftige zu erbringen. Entweder erbrachte er die Leistungen in eigener Zuständigkeit. Dann hatte
er die sich aus § 38 Abs. 3 BSHG ergebenden Einschränkungen des Leistungsanspruchs des Hilfebedürftigen zu beachten. In diesem Rahmen konnte er mit der Kassenärztlichen
Vereinigung Verträge über die Sicherstellung nach §
75 Abs.
6 SGB V schließen. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei einem solchen Vorgehen auf Grund der nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 3 BSHG erfolgten Verweisung auf §
106 SGB V der Sozialhilfeträger, der insoweit an die Stelle der Krankenkasse träte, und die Kassenärztliche Vereinbarung tatsächlich
ermächtigt waren, in entsprechender Anwendung des §
106 Abs.
3 S. 1
SGB V eine Vereinbarung über ein Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu schließen (dagegen: SG Marburg, aaO.). Denn der
Beigeladene zu 1) und die Klägerin hatten eine derartige Vereinbarung gerade nicht geschlossen. Der Träger der Sozialhilfe
war seiner ihm nach den §§ 37, 38 BSHG obliegenden Leistungsverpflichtung vielmehr in der Weise nachgekommen, dass er die beigeladene Krankenkasse gemäß §
264 SGB V a.F. beauftragt hatte, für ihn die Krankenbehandlung gegen Ersatz der vollen Kosten zu übernehmen. Bei einer derartigen Vorgehensweise
hatte er die Leistungserbringung aber vollständig aus der Hand gegeben und damit keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die
Art und Weise der Leistungserbringung mehr. Wenn aber die Krankenkasse die Leistungen eigenverantwortlich erbringt, bedarf
es einer Konkretisierung des Leistungsanspruchs des Hilfeempfängers durch die Regelungen des BSHG nicht mehr, da die Krankenkasse für die betroffenen Hilfeempfänger Leistungen wie für ihre eigenen Versicherten erbringt.
Die Verweisung des § 38 Abs. 3 BSHG auf das Leistungserbringerrecht des
SGB V geht bei einer auftragsweisen Erbringung der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse somit ins Leere. Da aber - wie unter
1. dargelegt - die Hilfeempfänger durch die Beauftragung der Krankenkasse nicht Teil der vertragsärztlichen Versorgung werden,
findet für den hier betroffenen Personenkreis eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Ergebnis nicht statt.
b.) Etwas anderes ergibt sich auch aus der Begründung des Gesetzesentwurfs zur Änderung der §§ 37, 38 BSHG zum 1. Juli 2001 (BT-DrS 14/5074, S. 122, 123). Aus ihr wird allein deutlich, dass der Gesetzgeber eine Angleichung der Leistungsansprüche
für Hilfeempfänger und Versicherte der GKV beabsichtigte, um eine vermeintliche leistungsrechtliche Besserstellung von Hilfeempfängern
zu beseitigen. Dies ergibt sich bereits aus der Einleitung der Begründung zu § 38 BSHG, nach der durch die Gesetzesänderung klarer als bisher werden sollte, welche Leistungen der gesamten Hilfen zu gewähren sind.
Dass auch die Rechtsverhältnisse der Leistungserbringer zum Träger der Sozialhilfe oder aber zu den Krankenkassen, soweit
sie über § 264 die Krankenhilfe erbringen, geregelt werden sollten, ergibt sich nicht. Die Begründung zu Absatz 4 des § 38 BSHG verweist allein darauf, dass bei der Leistungserbringung (und nicht etwa umfassend) das Leistungserbringerrecht der GKV Anwendung
finden sollte. Hier wird insbesondere auf die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die
Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten nach §
92 SGB V hingewiesen, die Leistungsansprüche der Versicherten konkretisieren. Es ergibt sich aus der Begründung kein Hinweis darauf,
dass mit § 38 Abs. 4 BSHG die Hilfebedürftigen Teil der vertragsärztlichen Versorgung werden sollten oder aber die Prüfgremien ermächtigt, für von
der Krankenkasse im Wege des Auftrags betreute Personen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu vereinbaren.
Daran ändert auch der Hinweis des Beklagten auf die Vorschrift des Art. 28 des bereits zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) nichts. Danach sollten vom 1. Januar 1997 an Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erhalten, mit Ausnahme von asylsuchenden Ausländern und ähnlichen Personengruppen in die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 des
SGB V einbezogen werden. Dies stellte aber allein eine Absichtserklärung dar, die noch der Konkretisierung durch ein besonderes
Gesetz bedurfte (vgl. Art. 28 Abs. 2 GSG). Das Vorhaben wurde jedoch niemals gesetzgeberisch verwirklicht, so dass Hilfebedürftige nach dem BSHG bzw. nunmehr nach dem SGB XII weiterhin nicht der GKV angehören, soweit sie nicht aus anderen Gründen freiwillig oder pflichtversichert
sind. Unabhängig von den Gründen hierfür ergibt sich daher aus dem Willen des Gesetzgebers des GSG nichts für die Frage, ob die Vertragsparteien die nach §
264 SGB V a.F. auftragsweise Betreuten in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbeziehen durften.
c.) Durch die Schaffung der Absätze 2 bis 7 des §
264 SGB V zum 1. Januar 2004 hat sich daran nichts geändert. Zwar hat die Krankenkasse nunmehr gemäß §
264 Abs.
2 SGB V die Krankenbehandlung vom Empfängern von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches, von Empfängern
von Krankenhilfeleistungen nach §
2 Asylbewerberleistungsgesetz und von Empfängern von Krankenhilfeleistungen nach dem Achten Buch, die nicht versichert sind, zu übernehmen. Gleichfalls
hat der Gesetzgeber bestimmt, dass die Gewährung von Krankenbehandlung durch die Krankenkasse vorrangig vor der Leistungserbringung
durch den Sozialhilfeträger ist. Daher wird ein wesentlicher Teil der Hilfebedürftigen nach dem BSHG bzw. ab dem 1. Januar 2005 nach dem SGB XII nunmehr kraft gesetzlichen Auftrags (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 17. Juni 2008,
B 1 KR 30/07 R, zitiert nach juris) von der Krankenkasse betreut. Darüber, dass eine Einbeziehung dieses Personenkreises in die Wirtschaftlichkeitsprüfung
erfolgen kann, besteht zwischen den Vertragsparteien kein Streit. Insoweit haben sie mit der Prüfvereinbarung vom 22. Dezember
2005 einvernehmlich die Einbeziehung geregelt. Dieser Personenkreis ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Hinsichtlich des
von §
264 Abs.
1 SGB V noch erfassten Personenkreises, für den die Krankenkasse weiterhin nur auf Grund eines vertraglichen Auftrags Krankenhilfe
erbringt, hat sich indes keine Änderung ergeben. Dieser Personenkreis dürfte praktisch aber nur eine geringe Bedeutung haben.
d.) Für die Richtigkeit des hier gefundenen Ergebnisses, spricht auch folgende Erwägung: §
106 Abs.
4a S. 7
SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung bestimmt, dass die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung die
Kosten der Prüfgremien jeweils zur Hälfte tragen. Bei einer Einbeziehung würden die Kosten der Wirtschaftlichkeitsprüfung
bezüglich des hier in Rede stehenden Personenkreises nicht nur der beauftragten Krankenkasse, sondern allen Krankenkassen
und somit systemwidrig der Versichertengemeinschaft der GKV aufgebürdet. Eine Umwälzung derartiger Kosten, die den Sozialhilfeträger
wirtschaftlich zu Gute kommt, auf die Versichertengemeinschaft hätte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfordert.
3.) Eine Ermächtigung ergibt sich entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 2) schließlich auch nicht aus § 2 Abs. 7 BMV-Ä.
Unabhängig davon, dass nach Auffassung des Senats die Vorschrift nicht den Personenkreis regelt, für den Leistungen im Rahmen
der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden können, sondern allein die Leistungen, die ihrer Art nach Gegenstand der
vertragsärztlichen Versorgung sind, kann die Vorschrift aus folgendem Grund keine Ermächtigung darstellen: Bei dem Bundesmantelvertrag
handelt es sich um einen Normsetzungsvertrag (vgl. BSGE 71, 42). Dessen Regelungen müssen an die gesetzliche Ermächtigung halten und dürfen nicht gegen Gesetzesrecht verstoßen. Soweit
ein Normsetzungsvertrag eine die Berufsausübung regelnde Maßnahme im Sinne des Art.
12 Abs.
1 S. 2
GG enthält, bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung, die hier - wie oben dargelegt - fehlt. Die untergesetzliche Norm des
BMV-Ä kann daher keine Ermächtigungsgrundlage für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung in Bezug auf die Behandlung von nicht in
der GKV versicherten Personen darstellen.
Gleiches gilt für den zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 2) geschlossenen Vertrag sowie für den zwischen
der Klägerin und der Beigeladenen geschlossenen Gesamtvertrag aus dem Jahre 1976. Unabhängig davon, ob diese vertraglichen
Regelungen überhaupt einschlägig wären, könnten sie als Vertragsnormen keine Ermächtigungsgrundlage für eine gesetzlich nicht
vorgesehene Wirtschaftlichkeitsprüfung darstellen.
4.) Selbst wenn man eine Ermächtigung annähme, überschritte der Inhalt der Prüfvereinbarung die Grenzen des § 38 Abs. 4 BSHG a.F. bzw. § 37 Abs. 3 BSHG, § 52 Abs. 3 SGB XII und führte daher zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs.
Ein wesentlicher Teil der Prüfungsvereinbarung ist die arztbezogene Prüfung bei Überschreitung der Richtgrößen (§
18 der Prüfvereinbarung). Diese basieren auf den nach §
84 Abs.
6 SGB V zu vereinbarenden Richtgrößenvolumina, deren Überschreitung die Wirtschaftlichkeitsprüfung auslöst (§
84 Abs.
6 letzter Satz
SGB V in der bis 27. November 2003 geltenden Fassung). Wie bereits unter 2a) dargelegt, ist wegen der unterschiedlichen Strukturen
der Leistungsträger die Anwendung der §§
82 bis
87d SGB V durch § 38 Abs. 4 BSHG ausdrücklich ausgeschlossen. Damit können Richtgrößenvolumina für die Versorgung von nichtversicherten Arbeits- und Erwerbslosen,
die nach §
264 SGB V a.F. von der Krankenkasse betreut werden, nicht vereinbart werden, weder von dem Sozialhilfeträger noch von den Gesamtvertragsparteien.
Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-DrS 14/5074, S. 123) sollten Budgetierungsregelungen gerade keine Anwendung finden.
Damit ist aber einer Wirtschaftlichkeitsprüfung insbesondere nach Richtgrößen der Boden entzogen.
Mit der Fassung des § 1 der Prüfvereinbarung, die diese durch den Schiedsspruch erhalten hat, wird die gesamte Prüfvereinbarung
auch für Leistungen an die nach §
264 SGB V a.F. Leistungsberechtigten anwendbar und damit auch die Richtgrößenprüfung des §
18. Mit der konkreten durch den Schiedsspruch ausgestalteten Fassung des §
18 werden dagegen sogar ausdrücklich die nach §
264 SGB V a.F. betreuten Personen als richtgrößenrelevant angesehen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des §
197a Abs.
1 SGG i.V.m. §§
154 Abs.
2,
162 Abs.
3 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor, insbesondere hat die Rechtssache in Anbetracht der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen zum
1. Januar 2004 und 1. Januar 2005 keine grundsätzliche Bedeutung.