Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine Operation während einer stationären psychosomatischen Behandlung; Abgrenzung
zwischen Verlegung und Verbringung; Kein Führen einer Hauptabteilung in medizinischem Fachgebiet mit zugewiesenen Belegbetten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vergütung für eine Operation (OP), die während einer stationären psychosomatischen Behandlung
durchgeführt wurde.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, welches seit dem 15. Februar 2003 u a. mit den Fachabteilungen Neurologie (40 Betten)
und Neurochirurgie (5 Betten) in den Zweiten Krankenhausplan des Landes Brandenburg - Erste Fortschreibung - aufgenommen war;
die Fachabteilung Neurochirurgie war belegärztlich zu führen (Bescheid des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und
Frauen vom 01. Februar 2003). Das Krankenhaus führte die Abteilung Neurochirurgie als Unterabteilung der Neurologie.
Dieses Krankenhaus behandelte den 1942 geborenen, bei der Beklagten krankenversicherten H H (im Folgenden: der Versicherte)
in der Zeit vom 27. Januar bis 14. Februar 2005 u.a. wegen der Diagnosen chronisches Schmerzsyndrom, depressive Episode und
Verdacht auf dissoziative Störung im Fachbereich Psychosomatische Medizin der II. Psychiatrischen Klinik. Die Beklagte übernahm
sämtliche Kosten, die ihr die Klägerin primär für die Behandlung der chronischen Schmerzsymptomatik und der Bewegungsstörungen
auf der Grundlage tagesgleicher Pflegesätze in Rechnung stellte. Aufgrund der Schmerzsymptomatik war dem Versicherten 1999
eine Morphinpumpe implantiert worden, welche seit 2004 defekt war. Daher war das Krankenhaus mit dem Versicherten im Zusammenhang
mit einer konsiliarischen Untersuchung am 07. Januar 2005 übereingekommen, "die nicht mehr funktionstüchtige Morphinpumpe
durch die Kollegen der Neurochirurgie" im Rahmen der geplanten stationären psychosomatischen Behandlung explantieren zu lassen.
Die Explantation der Morphinpumpe einschließlich subkutanem und inthratekal liegendem Katheter wurde am 04. Februar 2005 durch
den bei der Klägerin in den Bereichen Neurologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin als Oberarzt tätigen Facharzt für Neurochirurgie
Dr. D durchgeführt. Für die 26 Minuten dauernde OP wurde der Versicherte nach 12.00 Uhr auf die Station S 1 verbracht und
dort - ausweislich des Anästhesieprotokolls - bis ca. 14.00 Uhr behandelt. Die anschließende Überwachung bzw. das Monitoring
wurden wieder auf der psychiatrischen Station durchgeführt. Für diese Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter
dem 25. Februar 2005 einen Betrag von 1.640,91 Euro in Rechnung und gab hierbei u.a. an, es sei eine Leistung nach der DRG
I56Z ("andere Eingriffe an der Wirbelsäule ohne äußerst schwere CC, ohne komplexen Eingriff") in der Fachabteilung "NCH" am
04. Februar 2005 zwischen 12.00 und 14.00 Uhr durchgeführt worden. Der Ermittlung des Rechnungsbetrags lagen im Wesentlichen
die Bewertungsrelation 1,309 (für die o.g. DRG) sowie ein Verlegungsabschlag mit der Bewertungsrelation 0,073 (= 182,80 Euro),
multipliziert mit der Menge "9", zugrunde. Diese Rechnung wurde der Beklagten in der Folgezeit per Datenträgeraustausch übermittelt.
Die Beklagte lehnte die vollständige Begleichung dieser Rechnung ab, übernahm jedoch Kosten i.H.v. 500,00 Euro, weil diese
aus ihrer Sicht bei einer ambulant durchgeführten Explantation der Morphinpumpe angefallen wären.
Die am 17. August 2006 erhobene, auf Zahlung von 1.140,91 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil
vom 26. April 2011 abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Vergütung weiterer Behandlungskosten für die neurochirurgische
Behandlung am 04. Februar 2005 über die hierfür bereits gezahlten 500,00 Euro hinaus habe. Weil der operationsbedingte Aufenthalt
in der neurologischen Fachklinik lediglich zwei Stunden betragen habe, sei der Abrechnungsweg über eine neurochirurgische
Fallpauschale, auch unter Abzug eines Verlegungsabschlages, verschlossen. Eine Verlegung in die neurologische Fachklinik zur
neurochirurgischen Behandlung liege nicht vor, weil es hierfür einer physischen und organisatorischen Eingliederung des Patienten
in das spezifische Versorgungssystem dieser Fachabteilung bedurft hätte, welche sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes
zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht hätte erstrecken müssen. Wenn nach § 3 Abs. 4 der Fallpauschalenvereinbarung
(FPV) 2005 die innerhalb eines Krankenhausbereiches vorhandenen unterschiedlichen Entgeltbereiche nach dem DRG-System einerseits
und nach der
Bundespflegesatzverordnung (
BPflVO) andererseits wie selbständige Krankenhäuser zu behandeln seien, fehle es im vorliegenden Fall im Hinblick auf den als selbständiges
Krankenhaus zu behandelnden Funktionsbereich der Neurologie an einer stationären Aufnahme.
Gegen dieses ihr am 19. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 20. Juni 2011 (Montag), zu
deren Begründung sie vorbringt: Die Vorgehensweise sei gewählt worden, um den Versicherten keinen unnötigen Belastungen auszusetzen.
Die Explantation der Morphinpumpe hätte bei dem Versicherten wegen der vorliegenden Nebendiagnosen, insbesondere psychischer
Art, auch der vorliegenden Multimorbidität, nicht ambulant durchgeführt werden können. Für die insoweit notwendige stationäre
Behandlung sei er für ca. zwei Stunden am 04. Februar 2005 in den Fachbereich Neurochirurgie verlegt worden. Die operative
Nachbetreuung sei wiederum im Fachbereich Psychosomatik, allerdings durch die Neurochirurgen, durchgeführt worden. Diese seien
auch jederzeit rufbereit gewesen. Weil hier ein Sonderfall vorliege, könne nicht allein von der Definition der Verlegung (Aufenthalt
24 Stunden) ausgegangen werden. Vielmehr sei das Gesamtbild der medizinischen Behandlung, die vollumfänglich stationär notwendig
gewesen sei, zu betrachten. Bei der Rechnung für die neurochirurgische Behandlung habe sie - die Klägerin - neun Verlegungsabschläge
aufgrund der verkürzten Behandlung des Patienten berücksichtigt. Dies entspreche den Regelungen der FPV. Es sei zu beachten,
dass die Pflegesätze der Psychiatrie keinerlei operative Kosten und Anästhesieleistungen enthielten, wie sich aus der Budget-
und Entgeltvereinbarung 2005 ergebe. Weil nach dieser mit den Krankenkassen für die Hauptabteilung insgesamt 20mal die Leistung
nach der DRG I56Z und für Belegoperateure 27mal vereinbart worden seien, ergebe sich hieraus der klare Wille der Vertragsparteien,
diese DRG - basierend auf dem Versorgungsauftrag - sowohl für die Haupt- als auch für die Belegabteilung zu vereinbaren. Keine
der im Jahre 2005 insgesamt 48 Leistungen nach der DRG I56Z sei von einer Krankenkasse bei der Abrechnung beanstandet worden.
Entscheidend sei, dass die durchgeführten medizinischen Behandlungsmaßnahmen dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses entsprechend
erbracht worden seien, was im Falle des Versicherten außer Zweifel stehen dürfte. Denkbar wäre auch, dass der Versicherte
chirurgisch geführt worden wäre; dies änderte an der Abrechnung im Ergebnis allerdings nichts. Schließlich komme noch in Betracht,
dass es sich bei den neurochirurgischen Behandlungen nicht um eine planmäßige Operation und somit um einen Notfall gehandelt
habe. Notfälle seien doch in jedem Falle unabhängig vom Versorgungsauftrag zu behandeln. Auch nach dem "Leitfaden der Spitzenverbände
der Krankenkassen des Verbandes der privaten Krankenversicherung zu Abrechnungsfragen 2005 nach dem KHEntgG und der FPV 2005"
seien interne Verlegungen in einen anderen Entgeltbereich gesondert abzurechnen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.140,91 Euro
mit Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15. März 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
sowie die Patientenakte des Krankenhauses und die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogen wurden und Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten
wegen der Explantation der Morphinpumpe keine weitergehende Zahlung verlangen.
I. Dass die streitgegenständliche OP bereits durch die Kosten für die psychosomatische Behandlung des Versicherten in Form
tagesgleicher Pflegesätze abgegolten ist, hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt. Der Senat verweist insofern - auch
hinsichtlich der einschlägigen Rechtsgrundlagen - auf die Ausführungen des Sozialgerichts (§
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
1. Das Sozialgericht hat überzeugend dargelegt, dass im vorliegenden Fall die nur zweistündige Behandlung des Versicherten
außerhalb der psychiatrischen Hauptabteilung keine Verlegung im Sinne des Krankenhausentgeltrechts darstellt. Eine Verlegung
im Sinne des Fallpauschalensystems liegt nach § 1 Abs. 1 Satz 3 FPV 2005 (und wortgleich auch nach § 1 Abs. 1 Satz 3 FPV 2014)
vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden
vergangen sind. Ist in einem Krankenhaus neben dem Entgeltbereich der DRG-Fallpauschalen einerseits noch ein Entgeltbereich
nach der
BPflVO oder für besondere Einrichtungen nach § 17b Abs. 1 Satz 15 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) andererseits vorhanden, sind diese unterschiedlichen Entgeltbereiche im Falle von internen Verlegungen wie selbständige
Krankenhäuser zu behandeln. Für den Entgeltbereich der DRG-Fallpauschalen sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden
(§ 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 FPV 2005).
Eine Aufnahme (i.S.d. o.g. Definition der Verlegung) in die neurochirurgische Abteilung - so es sie denn als abgrenzbare Organisationseinheit
überhaupt gegeben hat - findet nicht bereits dann statt, wenn sich die Behandlung in dieser Abteilung auf die Dauer einer
OP (einschließlich der OP-Vorbereitung und des Aufwachens) in den dieser Abteilung zugewiesenen OP-Räumlichkeiten beschränkt.
Allein damit hat die neurochirurgische Abteilung nicht vollständig die Verantwortung für die Gesamtbehandlung des Versicherten
übernommen. Dies ist aber für das aufnehmende Krankenhaus (bzw. die aufnehmende Station) bei einer Verlegung kennzeichnend
(BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 - B 3 KR 17/06 R -, juris, m.w.N.).
Der Sachverhalt gleicht vielmehr einer sog. Verbringung. Damit werden Fälle umschrieben, in denen "die mit einer Fallpauschale
vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht" werden (§ 8 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG), etwa weil der Patient nur zur Durchführung einer bestimmten Untersuchung oder Behandlung in das zweite Krankenhaus
"verbracht" wird, ohne dass er dort stationär eingegliedert wird (Kutlu, in: Spickhoff, Medizinrecht, §
8 KHEntgG Rd. 15; Gamperl, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsrecht
Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand 12/2013, §
8 KHEntgG, Anm. VII). Auch der Versicherte wurde in die neurochirurgische Abteilung nur für die Explantation der Morphinpumpe
verbracht, welche sich im Vergleich zu seiner mehrwöchigen psychosomatischen Behandlung als untergeordnete Leistung des Krankenhauses
darstellt.
2. Unbeachtlich ist, ob die konkrete Behandlung des Versicherten einen Sonderfall darstellt. Die Annahme eines Sonderfalls
rechtfertigt nicht die (analoge) Anwendung von Vergütungsbestimmungen, die ihrem Wortlaut nach andere Fallkonstellationen
erfassen. Denn Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb
eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen
auszulegen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit "lernendes"
System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen,
diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urteil vom 06. März 2012 - B 1 KR 15/11 R -, juris, m.w.N.). Die gleichen Grundsätze gelten auch bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im Bereich der ambulanten
(vertragsärztlichen) Versorgung (BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 4; SozR 4-2500 § 106a Nr. 4; SozR 4-2500 § 75 Nr. 10). Sehen demnach die für das Jahr 2005 geltenden Abrechnungsbestimmungen keine Regelungen für
die Behandlung eines Patienten in unterschiedlichen Entgeltbereichen desselben Krankenhauses vor, ohne dass zugleich eine
Verlegung vorliegt, kann eine Vergütung nach beiden Entgeltregimen nicht erfolgen.
II. Der geltend gemachte Anspruch besteht aber auch deshalb nicht, weil die zugrunde liegende Leistung vom Krankenhaus außerhalb
seines Versorgungsauftrags durchgeführt wurde.
1. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG ergibt sich der Versorgungsauftrag bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen
des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach §
109 Abs.
1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V). Nach § 6 Abs. 1 KHG stellen die Länder zur Verwirklichung der in § 1 KHG genannten Ziele - "die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit
leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen
beizutragen" - u.a. Krankenhauspläne auf. Soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind, haben
die Krankenhäuser nach Maßgabe des KHG Anspruch auf Förderung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KHG). Die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird durch Bescheid festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG).
Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, nahm das zuständige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und
Frauen mit Feststellungsbescheid vom 1. Februar 2003 das Krankenhaus der Klägerin mit den Fachabteilungen Neurologie und Neurochirurgie
in den Landeskrankenhausplan des Landes Brandenburg auf, im Hinblick auf die Fachabteilung Neurochirurgie mit der Nebenbestimmung,
dass diese belegärztlich zu führen ist.
Belegärzte im Sinne des KHEntgG sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten)
im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär
zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten (§
18 Abs.
1 Satz 1 KHEntgG, wortgleich §
121 Abs.
2 SGB V). Leistungen des Belegarztes sind 1. seine persönlichen Leistungen, 2. der ärztliche Bereitschaftsdienst für Belegpatienten,
3. die von ihm veranlassten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten
in demselben Fachgebiet wie der Belegarzt tätig werden, 4. die von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten
Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (§
18 Abs.
1 Satz 2 KHEntgG, weitgehend gleichlautend: §
121 Abs.
3 Satz 3
SGB V). Für Belegpatienten werden gesonderte Fallpauschalen und Zusatzentgelte nach § 17b KHG vereinbart (§ 18 Abs. 2, 1. Halbsatz KHG in der 2005 geltenden, alten Fassung - aF).
2. Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Krankenhaus der Klägerin missachtet, als die Morphinpumpe des Versicherten explantiert
wurde. Denn es hat, wie sich aus der Rechnung vom 25. Februar 2005 - die angegebene Bewertungsrelation von 1,309 wurde für
Hauptabteilungen vereinbart - und dem Vorbringen der Klägerin ergibt, die OP auf einer neurochirurgischen Hauptabteilung durchgeführt,
obwohl es die neurochirurgische Fachabteilung nur belegärztlich und gerade nicht als Hauptabteilung führen durfte. Die Explantation
als ärztliche Hauptleistung hätte daher nicht von einem Oberarzt des Krankenhauses (Dr. D), sondern nur von einem freiberuflich
tätigen Arzt, der mit dem Krankenhaus einen (Rahmen-)Vertrag, insbesondere über Art und Umfang seiner Tätigkeit sowie die
wechselseitige Zusammenarbeit, geschlossen hat (Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3.A., § 16 Rd. 137), ausgeführt werden dürfen.
3. Dieser Verstoß gegen die krankenhausplanerischen Vorgaben ist entgegen der klägerischen Auffassung nicht unbeachtlich.
a) Ob in einem Plankrankenhaus eine medizinische Fachabteilung als Haupt- oder als Belegabteilung geführt wird, hat weitreichende
Konsequenzen. Zunächst ist das zugelassene Krankenhaus nach §
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V sozialrechtlich (nur) im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) der Versicherten verpflichtet (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 3 KR 28/02 R -, juris). Ferner schuldet das Krankenhaus bei der Aufnahme eines Patienten in einer Hauptabteilung auch die gesamte ärztliche
Behandlung (sog. totaler Krankenhausaufnahmevertrag als Regelform der stationären Krankenhausbehandlung unter Geltung von
KHG, KHEntgG und
BPflVO), während es bei der Aufnahme in einer belegärztlich zu führenden Abteilung zu einem sog. gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag
kommt, bei dem der Belegarzt die gesamte ärztliche Behandlung - auch soweit sie von beim Krankenhaus angestellten Ärzten in
seinem Auftrag vorgenommen wird - schuldet, das Krankenhaus demgegenüber nur die mit der Pflege, der Unterbringung und der
Verköstigung zusammenhängenden Leistungen (vgl. BGH, NJW 1995, 1611). Dies hat zum einen Auswirkungen auf das Vergütungsregime: während die ärztlichen Leistungen des Krankenhauses stets im
Rahmen des KHEntgG bzw. der
BPflVO abgegolten werden, rechnet der Belegarzt gegenüber dem Privatpatienten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und bei der Behandlung gesetzlich Krankenversicherter gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nach den Regeln der vertragsärztlichen
Versorgung ab (§ 72ff
SGB V). Zum anderen ändert sich das Haftungsregime: schuldet ein Krankenhaus Belegpatienten keine ärztliche Behandlung, liegt die
Haftung für ärztliche Fehler nicht bei ihm, sondern bei dem die ärztlichen Leistungen schuldenden Belegarzt (BGH, aaO.; Kutlu,
aaO., § 18 KHEntgG Rd. 3 m.w.N.). Für die Ausstattung des Krankenhauses schließlich hat die Zuweisung einer medizinischen
Fachdisziplin zu einer Belegabteilung zur Folge, dass es keine Ärzte dieses Fachgebiets beschäftigen muss, um seinem Versorgungsauftrag
gerecht zu werden, und sein Personalhaushalt hierdurch entlastet wird. Insoweit ist das Krankenhaus von seiner Pflicht, über
die seinem Versorgungsauftrag entsprechenden therapeutischen Möglichkeiten zu verfügen (§
107 Abs.
1 Satz 2
SGB V), entbunden. Durch die Vorgabe, eine bestimmte Fachabteilung belegärztlich zu führen, leistet das für die Krankenhausplanung
verantwortliche Land - entsprechend den in § 1 KHG genannten Ziele der Krankenhausplanung - somit einen Beitrag zur wirtschaftlichen Sicherung des betroffenen Krankenhauses
und zur Stabilisierung sozial tragbarer Pflegesätze. Darüber hinaus lässt ein Krankenhaus, das entgegen der krankenhausplanerischen
Vorgaben eine medizinische Abteilung als Haupt- statt als Belegabteilung führt, auch die der Planungsbehörde obliegende Einschätzung
zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung außer Acht bzw. ersetzt deren Einschätzung unzulässigerweise durch seine eigene.
Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich, da eine neurochirurgische Hauptabteilung mit (nur) 5 Betten kaum wirtschaftlich
zu führen sein dürfte.
b) Eine bloße Ordnungsfunktion - wie die Klägerin möglicherweise annimmt - haben die Vorschriften über die Zulassung von Krankenhäusern
zur Krankenhausbehandlung demnach nicht. Während Hochschulkliniken gemäß §
108 Nr. 1
SGB V schon kraft Gesetzes zugelassene Krankenhäuser sind, ist die Zulassung anderer Krankenhäuser davon abhängig, dass sie in
den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind oder mit ihnen ein Versorgungsvertrag abgeschlossen wird (§
108 Nr. 2 und 3
SGB V). Erst durch die Steuerungsfunktion von Krankenhausplan und Versorgungsauftrag wird das System der am Bedarf orientierten
und auf den sparsamen Einsatz der begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur Gewährung der laufenden
Versorgung ausgerichteten Zulassung zur Krankenhausversorgung praktikabel. Ohne die damit verbundene Konkretisierung und Abgrenzung
der Versorgungsaufgaben auch unter den beteiligten Krankenhäusern wäre das Ziel, Überkapazitäten zu vermeiden, nicht zu erreichen.
Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn Behandlungen auch dann abzugelten wären, wenn sie - bewusst oder unbewusst - außerhalb
des erteilten Versorgungsauftrages durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 24. Januar 2008 - B 3 KR 17/07 R -, juris). Setzt sich das Krankenhaus der Klägerin über die Zuweisung einer medizinischen Fachabteilung als Belegabteilung
hinweg, so überschreitet es seinen Versorgungsauftrag nicht anders, als wenn es auf medizinischen Gebieten tätig wird, die
ihm im Feststellungsbescheid nicht zugewiesen sind, oder es zur Kapazitätserweiterung mehr als die genehmigten Planbetten
einsetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 3 C 53/06 -, juris).
III. Auch ein Anspruch des Krankenhauses auf Vergütung der nichtärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit der Explantation
der Morphinpumpe ist nicht gegeben. Die Klägerin kann nicht so gestellt werden, als habe ein Belegarzt die OP durchgeführt.
1. Allerdings sind die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 KHG ihrer Verpflichtung aus § 18 Abs. 2, 1. Halbsatz KHEntgG aF nachgekommen und haben in Teil b des Fallpauschalen-Katalogs (Anlage 1 zur FPV 2005) Bewertungsrelationen
bei belegärztlicher Versorgung vereinbart. Für die DRG I56Z war eine Bewertungsrelation "bei Belegoperateur" von 1,008 und
"bei Belegoperateur und Beleganästhesist" von 0,950 vorgesehen.
2. Indes liegen auch insofern die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Denn beide Vergütungsalternativen setzen voraus,
dass die ärztliche Leistung zumindest durch einen Belegoperateur erbracht wurde. Der den Versicherten operierende Arzt Dr.
D ist jedoch kein Belegarzt, sondern als Oberarzt beim Krankenhaus der Klägerin beschäftigt.
3. Die Klägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe ein Belegarzt die Explantation der Morphinpumpe
vorgenommen. Zwar mag der tatsächliche Aufwand der neurochirurgischen Abteilung im vorliegenden Fall sich vom Aufwand bei
belegärztlicher Durchführung nicht wesentlich unterscheiden, weil einerseits die gesamte pflegerische Nachbetreuung nicht
durch sie, sondern durch die psychiatrische Abteilung, andererseits die ärztliche Nachbetreuung nicht durch den außerhalb
des Krankenhauses stehenden Belegoperateur, sondern die bei der Klägerin beschäftigten Neurochirurgen erfolgte. Gleichwohl
gilt auch hier der Grundsatz, dass Abrechnungsbestimmungen eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische
Erwägungen auszulegen sind (s.o.).
IV. Unverständlich ist der Einwand der Klägerin, es habe eine Notfallbehandlung vorgelegen, für die sie unabhängig vom Versorgungsauftrag
eine Vergütung beanspruchen könne. Diese Einschätzung widerspricht den Darstellungen des Krankenhauses in der Epikrise vom
5. März 2005 (dort Seite 4) sowie im internen Arztbrief (Funktionsbereich Psychosomatik an Herr Priv.-Doz. B) vom 27. Januar
2005, wonach in Absprache mit dem Versicherten im Rahmen des geplanten Aufenthalts im Bereich Psychosomatik auch die Morphinpumpe
entfernt werden könnte. Der gesamten von der Klägerin dem Senat zur Verfügung gestellten Krankenakte ist im Übrigen kein Hinweis
darauf zu entnehmen, dass ohne die Explantation der Morphinpumpe dem Versicherten Gefahren für Leib und Leben oder unzumutbare
Schmerzen gedroht hätten (Bäune, in: Eichenhofer/Wenner,
SGB V, §
76 Rd. 11 m.w.N.).
V. Der Senat verkennt nicht, dass seine Rechtsprechung zur Folge haben könnte, dass grundsätzlich separat zu erbringende Leistungen
eines Krankenhauses aus unterschiedlichen Entgeltbereichen künftig zu einer erneuten Aufnahme in das Krankenhaus und somit
zu einem weiteren gesondert zu vergütenden Behandlungsfall führen. Dies ist angesichts des weitgehenden Analogieverbots im
Bereich von Abrechnungsbestimmungen hinzunehmen. Einer möglichen Fehlentwicklung haben die Vertragsparteien durch die Vereinbarung
entsprechender Abrechnungsbestimmungen entgegen zu wirken. Daran dürften gerade die Krankenkassen als Kostenträger ein vitales
Interesse haben.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zugelassen.