Sozialversicherungsbeitragspflicht
Tätigkeit als Busfahrer
Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung
Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund einer Tätigkeit als Busfahrer für den
Kläger in der Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. März 2010.
Der Beigeladene zu 1) beendete durch eine Eigenkündigung zum 30. Juni 2007 seine Beschäftigung bei der Firma des Klägers (B
E Stadtrundfahrten). Nach dem dieser Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2006 wurde der Beigeladene
zu 1) als Kraftomnibusfahrer bei einem Stundenlohn von 10,50 Euro brutto eingestellt, wobei er nicht nur zu Mehrarbeit, auch
an Sonn- und Feiertagen, gegen Freizeitausgleich verpflichtet war, sondern auch zu anderen Arbeiten als Stadtrundfahrten,
z.B. ins europäische Ausland, mit LKW, Personenbeförderung in PKW, Fahrten für andere Unternehmen mit deren Fahrzeugen sowie
zu Tätigkeiten, die für die Betriebs- und Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge notwendig waren (Tanken, Überprüfung von Flüssigkeitsständen,
Fahrzeugreinigung etc.).
Der zwischen dem Kläger als Auftraggeber und dem Beigeladenen zu 1) als Auftragnehmer geschlossene "Vertrag über freie Mitarbeit"
(VfM) vom 1. Juli 2007 sah u.a. folgende Vereinbarungen vor:
§ 1 Vertragsgegenstand
Herr Z wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Durch ein jeweiliges Auftragsschreiben werden die anfallenden
Aufgaben vereinbart.
Der Auftragnehmer hat als Gewerbetreibender die Pflicht, den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nachzukommen, insbesondere
eine eigene Buchführung vorzunehmen, Mehrwertsteuer, Einkommenssteuer, eventuell Gewerbesteuer und andere obligatorische Leistungen
an den bzw. Dritte anzuführen.
Der Auftragnehmer sichert zu, dass er jederzeit über eine Gewerbeanmeldung verfügt. Seine derzeitige Gewerbeanmeldung wird
in Kopie als Anlage zu diesem Vertrag genommen. Der Auftragnehmer sichert ebenfalls zu, über eine Fahrerlaubnis und einen
Personenbeförderungsschein zu verfügen. Entsprechende Kopien werden als Anlage diesem Vertrag beigefügt.
§ 2 Vertragsbeginn
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.07.2007.
§ 3 Ablehnungsrecht des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer hat das Recht, einzelne Aufträge des Auftraggebers ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
§ 4 Verhältnis des Auftragnehmers zu Dritten
Der Auftragnehmer hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu sein. Einer vorherigen Zustimmung des Auftraggebers
bedarf es hierfür nicht, es sei denn, dass der Auftraggeber zugleich auch für einen Wettbewerber des Auftraggebers tätig werden
will. Hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen Auftrag bestätigt und erfolgt dennoch eine Absage, so haftet der Auftragnehmer
dem Auftraggeber für den entstandenen Schaden.
§ 5 Der Auftragnehmer wird als freiberuflicher Busfahrer für den Auftraggeber tätig sein.
§ 6 Vergütung
Der Auftragnehmer erhält für seine nach § 1 des Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Stundenhonorar von 12,00 EUR zzgl. der gesetzlichen
Mehrwertsteuer. Die Abrechnung des Werklohnes erfolgt monatlich nach Rechnungslegung durch den Auftragnehmer. Die Rechnungsbeträge
sind binnen 14 Tagen zahlbar.
§ 7 Kosten und Aufwendungen des Auftragnehmers
Soweit Kosten für den Bürobereich, technische Vorrichtungen und sonstiges im Rahmen der Auftragstätigkeiten anfallen, sind
diese vom Auftragnehmer zu tragen.
§ 11 Weitere Bestimmungen
Nebenabreden zu diesem Vertrag bestehen nicht. Änderungen und/oder Ergänzungen bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für
einen Verzicht auf das Schriftformerfordernis.
Nach einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten "Anlage zu Werkvertrag" vom 24./25. April 2009 durfte das elektronische
Stadterklärungssystem nur für den Zweck der Stadterklärung benutzt werden; diese Verpflichtung habe der Auftragnehmer - der
Beigeladene zu 1) - auch an seine Erfüllungsgehilfen weiterzugeben.
In der Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2010 hatte der Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit als "selbständiger Busfahrer
für verschiedene Auftraggeber" ein Gewerbe angemeldet, für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 auch für die Tätigkeit "Gebäudereinigung".
Auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen wurde der 1938 geborene Vater des Beigeladenen zu 1), der Zeuge O Z, ab dem 1.
September 2008 für diesen tätig. Für die Fima "Gebäudereinigungen K Z" (2008) bzw. "Ticket-Handel-Stadtrundfahrt K Z" (2009)
meldete der Beigeladene zu 1) seinen Vater als geringfügig Beschäftigten nach §
8 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch (
SGB IV) mit einer Arbeitszeit unter 18 Stunden bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Minijob-Zentrale) an und
entrichtete hierfür zumindest bis Dezember 2009 Beiträge an diese. Nach den eingereichten Meldebescheinigungen gemäß § 25 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) betrug 2009 das beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt 4.275.- Euro.
In der Folgezeit erzielte der Beigeladene zu 1) aus seiner Tätigkeit für den Kläger und für andere Auftraggeber folgende Einkünfte
(Rechnungslegung jeweils incl. Mehrwertsteuer):
Monat
|
Stundenzahl
|
Rechnungen gegenüber Kläger in EUR
|
Einnahmen aus Fahrkartenverkauf (*) und Rechnungen gegenüber anderen Auftraggebern in EUR
|
Jul 07
|
248,50
|
3.548,58
|
83,30
|
|
|
|
49,98
|
|
|
|
59,50
|
Aug 07
|
230,00
|
3.284,40
|
47,60
|
|
|
|
95,20
|
Sep 07
|
229,50
|
3.277,26
|
29,75
|
Okt 07
|
218,50
|
3.120,18
|
109,48
|
|
|
|
238,00
|
Nov 07
|
150,00
|
2.142,00
|
25,00
|
Dez 07
|
228,25
|
3.259,41
|
|
Gesamt 07
|
1.304,75
|
18.631,83
|
737,81
|
|
|
|
|
Jan 08
|
190,50
|
2.720,34
|
59,50
|
|
|
|
49,98
|
Feb 08
|
119,00
|
1.699,32
|
59,50
|
|
|
|
59,50
|
|
|
|
59,50
|
Mrz 08
|
152,75
|
2.181,27
|
|
Apr 08
|
303,00
|
4.326,84
|
59,50
|
Mai 08
|
311,00
|
4.441,08
|
847,88
|
Jun 08
|
269,50
|
3.848,46
|
124,36
|
Jul 08
|
199,25
|
2.845,29
|
325,00
|
Aug 08
|
230, 78
|
3.295,11
|
390,00
|
Sep 08
|
242,00
|
3.455,76
|
1.148,35
|
|
|
|
540,00
|
|
|
|
560,00
|
|
|
|
500,00
|
|
|
|
325,00
|
Okt 08
|
312,00
|
4.455,36
|
325,00
|
Nov 08
|
151,25
|
2.159,86
|
255,00
|
Dez 08
|
170,75
|
2.438,31
|
|
Gesamt 08
|
2.421,00
|
35.012,00
|
5.433,07
|
|
|
|
|
Jan 09
|
222,50
|
3.177,30
|
|
Feb 09
|
216,00
|
3.084,48
|
2.000,00*
|
Mrz 09
|
225,25
|
3.216,57
|
421,63
|
|
|
|
4.505,00*
|
Apr 09
|
240,25
|
3.430,77
|
|
Mai 09
|
302,25
|
4.316,13
|
|
Jun 09
|
295,25
|
4.216,17
|
|
Jul 09
|
273,25
|
3.902,01
|
4.780,00*
|
Aug 09
|
210,00
|
2.998,80
|
2.800,00*
|
Sep 09
|
261,75
|
3.737,79
|
192,78
|
|
|
|
119,00
|
|
|
|
1.640,00*
|
Okt 09
|
320,50
|
4.576,74
|
2.040,00*
|
|
|
|
556,92
|
Nov 09
|
177,00
|
2.527,56
|
888,93
|
|
|
|
285,60
|
|
|
|
453,39
|
Dez 09
|
63,75
|
910,35
|
1.060,25
|
Gesamt 09
|
2.807,75
|
40.094,67
|
1.743,50
|
|
|
|
|
Jan 10
|
10,50
|
149,94
|
1.917,09
|
|
|
|
528,36
|
|
|
|
474,81
|
Mrz 10
|
18,00
|
257,08
|
985,32
|
|
|
|
871,08
|
Gesamt 10
|
28,50
|
407,02
|
4.776,66
|
Monat der Leistungserbringung und Abrechnungsmonat (teilweise) nicht identisch; Zufluss im Folgemonat
Wegen der "Busanmietung für zwei Transfere" am 22. und 26. September 2008 stellte der Kläger dem Beigeladenen zu 1) 500 Euro
(einschließlich Mehrwertsteuer) in Rechnung. Ferner veräußerte der Kläger an den Beigeladenen zu 1) mehrmals - zumindest im
November 2008, März und Juli bis September 2009 - Tickets für Stadtrundfahrten, welche der Beigeladene zu 1) zu einem höheren
Preis an Fahrgäste weiter veräußerte.
Ausweislich der eingereichten Einkommenssteuerbescheide erzielte der Beigeladene zu 1) folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb
als Einzelunternehmer:
Jahr
|
Einkünfte
|
2007
|
8.622 Euro
|
2008
|
- 808 Euro
|
2009
|
24.278 Euro
|
2010
|
- 828 Euro
|
Im Rahmen seines am 12. August 2008 eingeleiteten Statusfeststellungsverfahrens bei der Beklagten beantragte der Kläger die
Feststellung, dass kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Im Laufe des weiteren Verfahrens reichte
der Kläger u.a. "24 Fahrtenschreiberblätter betreffend den AN Z, O bei Tätigkeit für E Busbetrieb" ein.
Mit Bescheid vom 6. März 2009, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010, stellte die Beklagte fest, dass
die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Busfahrer beim Kläger seit dem 1. Juli 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausgeübt werde und die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung beginne.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgebracht: In den fraglichen Jahren ab 2007 habe er bis zu 10 Busse und regelmäßig bis
zu 12 Fahrer, darunter einen leitenden Angestellten, gehabt. Häufig sei der Beigeladene zu 1) nicht selbst gefahren, sondern
habe die Aufträge an seinen Vater übertragen. Dieser sei spätestens seit 2007 Rentner, früher Fahrer bei der BVG und damit Inhaber aller Führerscheine und der Befugnis, Personen zu transportierten, gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe
seinem - des Klägers - Disponenten jeweils im Voraus die Termine mitgeteilt, an denen er als Fahrer eingesetzt werden könne.
Der Disponent habe dann aus diesen Optionen die für ihn günstigen Termine herausgesucht. Andere Termine habe der Beigeladene
zu 1) regelmäßig abgelehnt. Nur in Ausnahmefällen sei er bereit gewesen, Stadtrundfahrten außerhalb der ursprünglich genannten
Termine anzunehmen. In den Monaten "September/November und Dezember" 2007 habe der Vater des Beigeladenen zu 1) mehr Dienstleistungen
für sein - des Klägers - Unternehmen übernommen als der Beigeladene zu 1) selbst. Er - der Kläger - sei damit einverstanden
gewesen, dass der Vater des Beigeladenen zu 1) für ihn Fahrten durchführe. Das habe der Beigeladene zu 1) selbst entscheiden
können. Dieser sei auch für andere Auftraggeber, darunter zwei Konkurrenzunternehmen, gefahren und habe Gebäudereinigungsleistungen
für verschiedene Auftraggeber erbracht. Die angestellten Fahrer hätten an den Haltestellen Fahrkarten an die Gäste verkauft,
für die sie eine Provision von 5 % des Verkaufspreises erhielten. Der Beigeladene zu 1) habe die von ihm im Voraus erworbenen
Fahrkarten zu einem Preis verkauft, der um 10 % unter dem Preis gelegen habe, den alle Fahrer von den Kunden bzw. Endverbrauchern
verlangen sollten. Die Differenz sei die Gewinnmarge des Beigeladenen zu 1) gewesen. Während seine - des Klägers - angestellten
Mitarbeiter während der Sommersaison keinen Urlaub hätten nehmen dürfen, habe der Beigeladene zu 1) für diese Monate keine
Termine zur Auswahl angeboten. Ferner habe der Beigeladene zu 1) für sein Unternehmen Flyer gedruckt und Reklame für sich
gemacht.
Der Beigeladene zu 1) hat angegeben, er sei zu keinem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen.
Da er am Anfang seiner Unternehmereigenschaft gestanden habe, habe er sich entschieden, zunächst nur eine Person zu beschäftigen,
um seine finanziellen Belastungen in einem überschaubaren Rahmen zu halten. Das zugesicherte Gehalt seines Arbeitnehmers habe
er regelmäßig gezahlt und nicht danach, ob er genügend Einkommen erziele. Die auf seinen Namen lautende Gebäudereinigungsfirma
habe auch die Dienstleistungen als Busfahrer sowie sämtliche anderen Tätigkeiten unternommen und abgerechnet. Ein auf seinen
Namen lautendes Busunternehmen habe es zu keiner Zeit gegeben. Mit einem selbst beschafften Bus, einem Achtsitzer, den er
für Stadtrundfahrten angeschafft habe, habe er sich an das Brandenburger Tor gestellt und die vom Kläger gekauften Tickets
veräußert. Seine Tätigkeit für den Kläger habe so ausgesehen, dass er zum Tätigkeitsbeginn erschienen sei und seinen eingeteilten
Bus abgeholt habe. Er habe eigene Schlüssel gehabt und nach Fahrtende das Fahrzeug gereinigt und abgestellt. Im Unterschied
zu den angestellten Fahrern habe er Tickets auf eigene Rechnungen verkauft und sich auch nicht melden müssen, wenn er zum
Tätigkeitsbeginn erschienen sei. Sein Vater habe für ihn bis maximal 72 Stunden monatlich im Wesentlichen für Fahrten bei
dem Kläger gearbeitet, die restlichen Fahrten habe er selbst geleistet.
Im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vor dem Sozialgericht hat der Vater des Beigeladenen zu 1) ausgesagt, er sei im Rahmen der
Geringfügigkeit, ca. 5 bis 6 Tage im Monat, immer dann für seinen Sohn gefahren, wenn dieser keine Zeit gehabt habe. Er habe
auch Tickets verkauft, wenn unterwegs Fahrgäste zugestiegen seien.
Nachdem die Beklagte durch den Bescheid vom 12. November 2012 die oben genannten Bescheide dahin abgeändert hatte, dass in
der seit dem 1. Juli 2007 vom Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht zu allen Zweigen der gesetzlichen
Sozialversicherung bestehe, und in der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 2013 die getroffenen Feststellungen auf den Zeitraum
bis zum 31. März 2010 beschränkt hatte, hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen und zur Begründung
ausgeführt: Bei der tatsächlichen Leistungserbringung (Fahren eines Busses) sei ein Unterschied zu einem angestellten Fahrer
nicht zu erkennen. Genau wie der angestellte Fahrer habe der Beigeladene zu 1) auf die Wünsche und Belange der Fahrgäste Rücksicht
zu nehmen. Wie bei einem abhängig Beschäftigten würden Start und Ziel der Fahrt bzw. Personen vorgegeben, was sich im vorliegenden
Fall schon aus der Art der Tätigkeit (Stadtrundfahrten auf einer festgelegten Strecke mit festgelegten Haltestellen) ergebe.
Die Anschaffungskosten für die Kraftfahrzeuge und die Betriebskosten würden vom Kläger getragen. Der Beigeladene zu 1) setze
bei seiner Tätigkeit als Fahrer kein Kapital ein, sondern nutze ein ihm vom Kläger zur Verfügung gestelltes Kraftfahrzeug.
Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung überwögen. Es seien einzelne durch Einzelvereinbarung
vereinbarte befristete Tätigkeiten auf der Grundlage der Rahmenregelung im freien Mitarbeitervertrag vereinbart worden. Die
Tätigkeit sei voll umfänglich fremdbestimmt gewesen. Die (geringfügige) Beschäftigung seines Vaters habe für den Beigeladenen
zu 1) kein unternehmerisches Risiko begründet, da dieser nur und insoweit beschäftigt worden sei, als auch Aufträge durch
den Kläger erteilt worden seien.
Gegen dieses ihm am 4. November 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 25. November 2013, zu deren
Begründung er vorbringt: Nach den Angaben seines früheren Disponenten (Herr N) habe der Beigeladene zu 1) 2007 im Zusammenhang
mit seiner angekündigten Selbständigkeit erklärt, er habe seinen Vater angestellt und daher "sinngemäß zwei Fahrer 'anbieten'"
können. Auftragsschreiben an den Beigeladenen zu 1) fänden sich in den Akten nicht. Der Beigeladene zu 1) habe immer zum Monatsende
mitgeteilt, an welchen Tagen des kommenden Monats er oder sein Vater Aufträge annehmen könnten. Er habe später mit dem Beigeladenen
zu 1) vereinbart, dass dieser als Auftragnehmer auch andere Personen einsetzen könne. §
613 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) sei somit abgedungen worden. Eine ausdrückliche schriftliche Absprache hierzu gebe es nicht. Indizien sprächen dafür, dass
der Beigeladene zu 1) seinen Vater in größerem Umfang eingesetzt habe als bislang geschildert. Es sei offenkundig auch häufiger
vorgekommen, dass der Beigeladene zu 1) und sein Vater parallel Fahrten erledigt hätten, nach den noch vorhandenen Zeiterfassungsbögen
in folgendem Umfang:
Monat in 2009
|
Beigeladene zu 1)
|
Zeuge
|
Juli
|
176 h
|
97 h
|
August
|
131,75 h
|
78,25 h
|
September
|
129,5 h
|
132,25 h
|
November
|
43,5 h
|
133,5 h
|
Manche Einsätze seien je zur Hälfte vom Beigeladenen zu 1) und seinem Vater gefahren worden. Es sei auch immer wieder vorgekommen,
dass der Zeuge tagsüber gefahren sei und der Beigeladene zu 1) abends die Busse gereinigt habe. Es sei über die Fahrtenschreiberblätter
hinaus keine weitere Kontrolle erforderlich gewesen, wer welches Fahrzeug nutze. Der Beigeladene zu 1) habe nur die eine von
ihm - dem Kläger - angebotene Stadtrundfahrttour gefahren, weil er nur dort habe Tickets verkaufen können. Stadtrundfahrten
für Reisegruppen oder mit Reisebussen habe er abgelehnt. In einigen Fällen (z.B. eine Sonderfahrt am 11. Juli 2009 nach L)
sei der Beigeladene zu 1) zwar als Auftragnehmer für Gruppenfahrten aufgetreten, habe jedoch seinen Vater fahren lassen. Der
Beigeladene zu 1) habe aber auch für eigene Fahrten Fahrzeuge von ihm - dem Kläger - angemietet. Die erste Stadtrundfahrt
eines Tages starte in der Regel um 10 Uhr, die letzte im Sommer um 18 Uhr, im Winter um 15 Uhr. Zusätzliche Abfahrten gebe
es bei besonderem Andrang (z.B. besondere Events, warme Sommerabende). Soweit der Beigeladene zu 1) gegenüber ihm - dem Kläger
- für einige Monate mehr als 300 Stunden abgerechnet habe, sei darauf hinzuweisen, dass abrechnungsfähig nur solche Stunden
gewesen seien, die sich innerhalb der Lenkzeitvorschriften zuzüglich An- und Abfahrt zur Einsatzstelle bewegten. Erlaubt seien
für Busfahrer maximal 4,5 Stunden am Stück. Danach müsse er zwingend eine Erholungszeit von 45 Minuten einhalten ohne anderweitige
Tätigkeit. Er habe also während dieser 45 Minuten Ruhezeit keine Fahrgäste herumführen oder ihnen Sehenswürdigkeiten B erläutern
dürfen. Außerdem seien zwingend 2 Tage Lenkpause pro Woche vorgeschrieben. Die üblichen Fahr-/Tourenzeiten in seinem Betrieb
lägen zwischen 10 und 18 Uhr. Folglich könne der Beigeladene zu 1) maximal an 5 Tagen in der Woche jeweils höchstens 9 Stunden
abrechnungsfähig tätig gewesen sein; dies seien rechnerisch höchstens 193,5 Stunden monatlich. Es könne also nicht sein, dass
der Beigeladene zu 1) alle diese Zeiten persönlich erbracht habe. Leider verfüge er - der Kläger - nicht mehr über die Fahrtenschreiber,
da die gesetzliche Aufbewahrungsfrist hierfür ein Jahr betrage. Es sei häufiger vorgekommen, dass der Beigeladene zu 1) von
vornherein bestimmte Zeiten nicht angeboten habe, um sie für andere Auftraggeber frei zu halten. Möglichkeiten zur inhaltlichen
Ausgestaltung hätten für den Beigeladenen zu 1) darin bestanden, dass er habe entscheiden können, ob und wie lange er an vorgegebenen
Haltestellen anhalte, um Besuchern Besichtigungen zu Fuß zu ermöglichen. Außerdem sei er frei gewesen, welche Texte er ansage
oder welche Musik er spiele. Er habe die Fahrtroute - nicht aber Start und Ziel - teilweise selbst gestalten können, habe
aber auch Haltepunkte mit vielen Touristen angesteuert, weil er ein eigenes Interesse gehabt habe, möglichst viele Fahrkarten
zu verkaufen. Anders als angestellte Fahrer habe er unterwegs keine Weisungen des Klägers erhalten und zusätzlich auch dort
halten dürfen, wo er es für sinnvoll gehalten habe. Er sei gehalten gewesen, die Tour möglichst einzuhalten, habe aber die
Freiheit gehabt, hiervon abzuweichen. Er habe daher an bestimmen Haltepunkte nicht anhalten müssen, wenn die Verkehrslage
es nicht zugelassen hätten oder es nicht für sinnvoll gehalten habe. Weil der Zeuge angegeben habe, er sei im Rahmen einer
geringfügigen Beschäftigung tätig gewesen, spreche vieles dafür, dass bei dem Beigeladenen zu 1) über den Subunternehmer-Einsatz
ein deutlicher Gewinn entstanden sei. Ein Unternehmerrisiko bestehe auch deshalb, weil der Beigeladene zu 1) umsatzsteuerlich
als Unternehmer gewürdigt worden sei und für ihn - den Kläger - "auf die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge die Zahlungen
in der verlangten Höhe" erhalten habe. Sollte diese Einordnung falsch sein, müsste der Beigeladene zu 1) ihm die empfangenen
Zahlbeträge sowie dem Finanzamt die anteilige Vorsteuer, die er selbst aus Eingangsrechnungen geltend gemacht habe, erstatten.
Ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht, in dem er den Beigeladenen zu 1) auf Erstattung möglicherweise überzahlter Umsatzsteuer
in Anspruch nehme, ruhe im Hinblick auf das hiesige Verfahren.
Der Beigeladene zu 1) trägt vor, ein expliziter Stundenlohn des Zeugen habe nicht existiert; es sei "auf der sog. 400,00 Euro-Pauschalbasis
bei 72 Stunden monatlich abgerechnet" worden. Der Verdienst habe 300.- Euro monatlich in 2008 und 356,25 Euro monatlich in
2009 betragen. Sein Vater sei oft mehr für ihn gefahren, als es der geringfügigen Vergütung entsprochen habe; er sei quasi
umsonst für ihn gefahren. Eine Aufstellung über die einzelnen Arbeitsstunden/-tage seines Vaters sei nicht mehr beizubringen.
Er sei auch im fraglichen Zeitraum im Wesentlich die Route gefahren, die der Kläger auch seinen beschäftigten Fahrern vorgeben,
schon weil auf dieser Route die besten Einnahmemöglichkeiten bestanden hätten. Er habe sämtliche Tickets, die er auf den für
Kläger durchgeführten Stadtrundfahrten veräußert habe, zunächst bei diesem ge- und anschließend an Fahrgäste zu dem aufgedruckten,
auch für ihn verbindlichen Preis verkauft. Sein Gewinn habe in der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis gelegen. Die
Tickets an die Reisenden habe er nicht gegen Bon oder Quittung verkauft, sodass insoweit nur die eingereichten Eigenbelege
zur Verfügung ständen. Wenn er z.B. vom Kläger einen Posten Tickets für 7.164,93 Euro gekauft habe, innerhalb eines Monats
jedoch lt. Eigenbeleg nur Tickets für 4.505.- Euro verkauft habe, habe er für rund 2.700.- Euro Tickets übrig behalten, deren
Verkauf er nicht habe vorhersehen können. Dies sei durch die Rechnung vom 8. März 2009 und den Eigenbeleg vom 22. März 2009
bewiesen. Für die von ihm selbst organisierten Fahrten habe er keine Tickets des Klägers verwendet. Sowohl im Rahmen seiner
Angestelltenarbeit als auch bei seiner selbstgestalteten Tätigkeit habe der Kläger die Stadtführer (meist Studenten) bestellt,
die während der Fahrt die Sehenswürdigkeiten erklärt hätten. Ab 2009 sei ein elektronisches Erklärungssystem eingeführt worden,
welches er - der Beigeladene zu 1) - habe benutzen können. Ergänzend habe er manchmal selbst zum Mikrophon gegriffen. Für
seine selbständige Tätigkeit habe er neben Handy und PC zunächst zwei PKW für die Gebäudereinigung angeschafft und im Jahre
2008 einen Acht-Sitzer, den er für eigene Stadtrundfahren eingesetzt habe Seine eigene Fahrtätigkeit habe damals nur etwa
40 % seiner gesamten Arbeitszeit ausgemacht.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Oktober 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 06. März 2009 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010, beide in der Fassung des Bescheides vom 12. November 2012, aufzuheben und
festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Busfahrer für ihn in der Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum
31. März 2010 nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens
der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist weitgehend unbegründet. Im Wesentlichen zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zu
Recht ist die Beklagte in den o.g. Bescheiden von einer Beschäftigung und infolge dessen von einer Versicherungspflicht des
Beigeladenen zu 1) in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung aufgrund seiner Tätigkeit für den Kläger ausgegangen.
Die Beklagte hätte diese Feststellung aber nicht auf den gesamten Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. März 2010 erstrecken
dürfen.
I. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
(§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch), in gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch /
Sechstes Buch), in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch / Elftes Buch) und nach dem
Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch / Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer
abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch (
SGB IV). Beschäftigung ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer
Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei
einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine
selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets
das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse
in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen
Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es
im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung
erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die
sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung
vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich
ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört
daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen
Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert
wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, und des Senats, vgl. Urteil vom 20. November 2013 - L 9 KR 294/11 -; jeweils juris).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbstständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" i.S.v. §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert - wie oben beschrieben - eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien
für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen
gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände
oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese
Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien
jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig
größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung
setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend -
voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und
gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen
der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in Fällen wie dem vorliegenden vom Inhalt der zwischen den Beteiligten
getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen
schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente
Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die
Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel"
handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S.d. §
117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts
festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende
Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmenund in einem weiteren
Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris). II. Hieran gemessen war der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für den Kläger während des gesamten streitigen
Zeitraums beschäftigt und demnach pflichtversichert.
1. Ausgangspunkt sind die vertraglichen Vereinbarungen vom 1. Juli 2007 zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1).
a. Diese sind rechtlich nicht als Werk-, sondern als Dienstvertrag zu qualifizieren.
aa. Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit
oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§
631 Abs.
2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg
oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Charakteristisch für den Werkunternehmer ist seine Selbständigkeit.
Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen
und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst-
oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse
können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig
beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (BAG, Urteil vom 25. September
2013 - 10 AZR 282/12 -, m.w.N.; Senat, Urteile vom 14. Mai 2014 - L 9 KR 449/12 -, und 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris).
bb. Nach diesen Maßgaben kann der Vertrag vom 1. Juli 2007 nur als Dienstvertrag qualifiziert werden. Denn außer der Erwähnung
eines "Werklohns" (§ 6 Abs. 2 VfM) enthält er keinerlei Regelungen, die darauf hinweisen, dass der Beigeladene zu 1) ein Werk
bzw. einen Erfolg schulde. Wie ein roter Faden zieht sich durch eine Vielzahl der Regelungen die Vorstellung, dass der Beigeladene
zu 1) zu einer Tätigkeit verpflichtet werden sollte. Er schuldete eine Tätigkeit als Busfahrer (§ 5 VfM), wurde dienstvertragstypisch
nach Zeiteinheiten vergütet (§ 6 Abs. 1 VfM). Begrifflichkeiten wie "freie Mitarbeit" oder "freiberuflich" sind kennzeichnend
für das Dienstvertragsrecht, dem Werkvertragsrecht hingegen fremd. Der Vertrag vom 1. Juli 2007 sieht auch nicht den werkvertragstypischen
Einsatz eigener Produktionsmittel (z.B. Fahrzeugen) des Beigeladenen zu 1) vor. Dass dieser nur zum Busfahren als Tätigkeit
verpflichtet war, macht deutlich, dass die hierfür erforderlichen Produktionsmittel der Kläger zu stellen hatte. Auch dass
die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a SGB IV Gegenstand vertraglicher Regelungen wurde, belegt, dass der Vertrag Dienstleistungen betreffen sollte; Werkleistungen können
von vornherein nicht Gegenstand einer Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV sein.
b. Der Vertrag vom 1. Juli 2007 stellt indes nur einen Rahmenvertrag dar. Denn zum einen war der Beigeladene zu 1) hieraus
nicht unmittelbar zur Leistung verpflichtet, sondern die anfallenden Aufgaben sollten Inhalt künftiger Auftragsschreiben werden
(§ 1 Abs. 1 Satz 1 VfM), der Beigeladene zu 1) durfte aber einzelne Aufträge auch grundlos ablehnen (§ 5 VfM). Zum anderen
enthält der Vertrag keine Verpflichtung des Klägers, dem Beigeladenen zu 1) Aufträge anzubieten.
Für die weitere Prüfung der Statusfrage ist daher zu beachten, dass diese Rahmenvereinbarung nicht allein Anknüpfungspunkt
für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein kann (BSG, Urteile vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - und vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R -, m.w.N.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris). Abzustellen ist vielmehr auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien zu den jeweiligen "Aufträgen", weil
erst durch diese die Rechtsbeziehungen hinreichend konkretisiert wurden. In diesem Zusammenhang kommen dann auch die Regelungen
der Rahmenvereinbarung zum Tragen, soweit sie die einzelnen Rechtsverhältnisse rechtlich beeinflussen. Daraus ergibt sich,
dass bei Rahmenverträgen Gegenstand der Prüfung grundsätzlich nicht ein einheitliches Rechtsverhältnis ist, welches sich auf
den gesamten streitigen Zeitraum erstreckt, sondern eine Mehrzahl von Vereinbarungen über zeitlich befristete Einsätze. Maßgebend
für die Beurteilung der Versicherungspflicht sind dann aber auch nur die einzelnen Rechtsverhältnisse, ggf. unter Berücksichtigung
der Rahmenvereinbarung, was wiederum zur Folge hat, dass auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des jeweiligen
"Auftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden (BSG, Urteile vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - und vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, juris). Die Frage, ob der Beigeladene zu 1) berechtigt war, einzelne "Aufträge" abzulehnen, ist demnach für die Statusbeurteilung
ohne Bedeutung. Insoweit unterscheidet sich die Situation des Beigeladenen zu 1) nicht von der eines Arbeitnehmers, der in
kurzer Abfolge eine Mehrzahl von auf kurze Zeiträume befristete Arbeitsverträge mit demselben oder mit unterschiedlichen Arbeitgebern
abschließt: Auch ihm steht es frei, über das Eingehen oder die Ablehnung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu entscheiden,
ohne dass hierdurch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses oder der anderen Arbeitsverhältnisse beeinflusst
würde (Senat, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch der Inhalt der einzelnen Einzelaufträge entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 VfM nicht mittels Auftragsschreiben
vereinbart, sondern mündlich. Dem Vorbringen der Vertragsparteien ist nichts zu entnehmen, was darauf schließen lässt, dass
diese mündlichen Abreden inhaltlich über die Vereinbarung der jeweils in Frage kommenden Arbeitstage des nächsten Monats sowie
ggf. noch ein besonderes Fahrtziel (z.B. L) hinausgingen. Aufgrund dessen muss der Senat davon ausgehen, dass sich die Inhalte
der mündlichen Einzelabreden im Kern nicht voneinander unterschieden haben und für den gesamten Zeitraum im Wesentlichen dieselben
Bedingungen für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) galten.
2. Auf der Grundlage dieses Vertragsinhalts erlauben die relevanten Umstände die Zuordnung der vom Beigeladenen zu 1) für
den Kläger ausgeübten Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung. Die Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für
und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale führt im vorliegenden Fall zu einem deutlichen
Überwiegen der für eine Beschäftigung sprechenden Umstände. Auch der vorliegende Fall bestätigt die Regel, dass Fahrer, die
für ein Unternehmen Fahrleistungen mit fremden Fahrzeugen erbringen, in dieses Unternehmen eingegliedert und daher dort beschäftigt
sind (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Juli 2013 - L 11 R 1083/12 -; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Mai 2012 - L 5 R 23/12 -; Sozialgericht Dresden, Urteil vom 8. August 2012 - S 18 KR 412/09 -; jeweils juris; zustimmend Sonnhoff, jurisPraxisReport-SozR 14/2012 Anm. 1).
a. Zwar besaß der Beigeladene zu 1) ab dem 1. Juli 2007 nicht unerhebliche Freiheiten im Rahmen der von ihm durchgeführten
Stadtrundfahrten. Im Gegensatz zu den beim Kläger beschäftigten Busfahrern erhielt er während der Fahrten keine Anweisungen
von diesem und durfte in gewissem Umfang von der grundsätzlich klägerseitig vorgegeben Route abweichen, etwa wegen des Verkehrsflusses
oder weil er es aus anderen, ggf. auch eigennützigen Gründen für sinnvoll hielt, z.B. indem er Orte mit hohem Touristenaufkommen
anfuhr, um möglichst viele eigene Tickets an diese zu verkaufen.
b. Ein ggf. auch erheblich eingeschränktes Weisungsrecht schließt indes die Zuordnung zum Typus der Beschäftigung dann nicht
aus, wenn es zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (BSG, Urteile vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -; Senat, Urteil vom 07. August 2013 - L 9 KR 269/11 -; jeweils juris). Auch solche Dienste werden als Beschäftigung i.S.v. §
7 Abs.
1 SGB IV geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 KR 44/00 R -, juris). Solange jemand in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten
Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (BSG, Urteil vom 18. November 1980 - 12 RK 76/79 -, juris). Ein solcher Fall einer Integration in von anderer Seite vorgegebene Betriebsabläufe liegt hier vor. Der Beigeladene
zu 1) wurde bei seinen Fahrten für den Kläger in dessen Betrieb und nicht in seinem eigenen tätig.
aa. Dies gilt zunächst für die Routen der vom Kläger organisierten Stadtrundfahrten. Welche Strecke im Rahmen der Stadtrundfahrt
abzufahren war, ergab sich für alle Fahrer aus einer vom Kläger vorgegebenen Routenführung, wie sie dem im Widerspruchsverfahren
eingereichten Plan zu entnehmen ist. Obwohl der Beigeladene zu 1) diese Strecke nur einhalten sollte, waren die ihm erlaubten
Abweichungen im Ergebnis äußerst gering. So war es ihm nicht gestattet, eine Stadtrundfahrt mit nach eigenem Gutdünken ausgewählten
Orten in Berlin zu gestalten. Auch weil der Kläger mit dem Plan der Stadtrundfahrt u.a. im Internet warb und wesentliche Abweichungen
ggf. Gewährleistungsansprüche der Kunden gegen den Kläger nach sich gezogen hätten, war der Freiraum des Beigeladenen zu 1)
insoweit stark begrenzt. Hinzu kommt, dass der Beigeladene zu 1) nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat von weitergehenden Streckenabweichungen abgesehen hat, weil dort keine auf Stadtrundfahrten wartende Kundschaft
anzutreffen gewesen sei. Der Verzicht des Klägers, dem Beigeladenen zu 1) - anders als den angestellten Fahrern - die Streckenführung
bis ins Detail vorzugeben, betraf somit nur Handlungsoptionen, von denen der Beigeladene zu 1) aus wirtschaftlichen Überlegungen
heraus ohnehin keinen Gebrauch machte. Solche Einschränkungen der arbeitgebertypischen Weisungsbefugnis fallen im Rahmen der
Statusprüfung nicht ins Gewicht.
bb. Eingegliedert in den Betrieb des Klägers war der Beigeladene zu 1) auch, soweit er die beim Kläger erworbenen Tickets
zu dem von diesem vorgegebenen Preis an die Fahrgäste verkaufte. Insbesondere aber nutzte er vollständig die vom Kläger (auch
hinsichtlich der Kraftstoffkosten) unterhaltenen materiellen Betriebsmittel, vor allem dessen Fahrzeuge, sowie dessen immateriellen
Betriebsmittel, etwa in Gestalt der auch für die Durchführung von Stadtrundfahrten erforderlichen (hierzu Heinze/Fehling/Fiedler,
Personenbeförderungsgesetz, PBefG § 42 Rn. 10, m.w.N.) Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz. Dass der Beigeladene zu 1) insofern über eine eigene Konzession verfügte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
Von den unterschiedlich hohen Verdienstmöglichkeiten und den o.g. Freiheiten bei der Fahrtstrecke abgesehen ist somit nicht
erkennbar, dass sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) insoweit von der angestellter Busfahrer des Klägers unterschied.
Gleiches gilt, soweit er zur Reinigung der Busse oder - wie die Stundennachweise für Juli bis September bzw. November 2009
belegen - zum Tanken verpflichtet war. Mangels entsprechender vertraglicher Regelung, aber auch mangels entsprechenden Vortrags
geht der Senat davon aus, dass der Beigeladene zu 1) auch das vom Kläger bzw. dessen Disponenten vorgesehene Fahrzeug zu steuern
hatte.
c. Der Beigeladene zu 1) trug, soweit er für den Kläger tätig wurde, keinerlei unternehmerisches Risiko.
aa. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird,
der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko
nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung
des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen. Aus dem (allgemeinen) Risiko,
außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko
bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteile vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, und vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R -, jeweils juris und m.w.N.).
bb. Der Beigeladene zu 1) hat seine Arbeitskraft nicht mit dem Risiko eingesetzt, keine Vergütung zu erhalten. Dem stand grundsätzlich
schon die Vergütung nach Zeiteinheiten - ein typisches Merkmal einer Beschäftigung (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R -, juris; BSGE 14, 142; Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16.A.,
SGB IV §
7 Rn. 14; Senat, a.a.O.) - entgegen. Auch die Möglichkeit, durch bessere (Fahr-)Leistungen eine höhere Vergütung zu erzielen,
bestand nicht. Das zur Erledigung der Aufträge erforderliche Kapital in Form der genannten Betriebsmittel brachte der Kläger
auf. Er allein trug das Risiko, mit den ihr hierfür seitens der Hauptauftraggeber oder Endkunden gewährten Entgelte die damit
verbundenen Kosten einschließlich des Dienstlohns der Fahrer zu decken und evtl. Gewinne zu erwirtschaften (SG Dresden, Urteil
vom 08. August 2012 - S 18 KR 412/09 -, juris)
cc. Der Beigeladene zu 1) hat auch nicht dadurch in rechtlich relevanter Weise Kapital mit dem Risiko des Verlustes eingesetzt,
dass er beim Kläger Tickets für die von ihm durchgeführten Stadtrundfahrten gekauft und diese zu einem höheren Preis gewinnbringend
an Fahrgäste verkauft hat. Dem liegen vertragliche Vereinbarungen zwischen ihm und dem Kläger zugrunde, auf die es im vorliegenden
Fall nicht ankommt. Der Vertrag vom 1. Juli 2007, der die Grundlage für die hier zu prüfende Tätigkeit des Beigeladenen zu
1) darstellt (s.o.), enthält keinerlei Regelungen, die ihn zum Kauf von Fahrkarten beim Kläger verpflichten und ihn zum Weiterverkauf
an Fahrgäste, ggf. anstelle der im Auftrag des Klägers verkäuflichen Tickets, berechtigen. Der Fahrkartenkauf begründete daher
kein mit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - beim
Kläger verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten (Busfahren) verbundenen Aufwand,
weil der Fahrkartenkauf für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe hierfür sind vielmehr
außerhalb der Beschäftigung bzw. des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, juris; Senat, Urteil vom 25. Mai 2016 - L 9 KR 192/14 -, noch unveröffentlicht).
dd. Ein im Rahmen der Statusprüfung beachtliches unternehmerisches Risiko liegt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers
auch nicht darin, dass der Beigeladene zu 1) ihm bzw. dem Finanzamt gegenüber ggf. Erstattungen vorzunehmen hat. Hierbei handelt
es sich um zivil- und steuerrechtliche Folgen, die allein daraus herrühren, dass die Vertragsparteien ihre vertraglichen Beziehungen
rechtlich fehlerhaft beurteilt haben. Rechtliche Fehleinschätzungen und ihre (möglichen) Folgen sind aber im Rahmen der Statusprüfung
stets unbeachtlich.
ee. Auch wenn der Beigeladene zu 1) nach eigenen Angaben weitere nicht unerhebliche Investitionen im Zusammenhang mit der
geplanten Selbständigkeit getätigt hat, spricht dies im vorliegenden Fall nicht für ein unternehmerisches Risiko. Allerdings
sind hierbei - im Unterschied zu den oben angesprochenen Umständen - nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen
Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich
Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden
(BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris).
(1) Die Anschaffung von Gegenständen wie Handy und PC, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger
Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, lässt nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko
schließen. Voraussetzung dafür wäre, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür
eingesetzt und das aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen
wäre (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris). Letzteres hat der Beigeladene zu 1) nicht behauptet. Es spricht auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nichts
dafür, dass Gegenstände wie Handy und PC, die mittlerweile in vielen Haushalten sogar mehrfach vorhanden sind, durch die Aufgabe
einer Tätigkeitsform wertlos werden.
(2) Etwas anderes gilt zunächst für den vom Beigeladenen zu 1) erworbenen Kleinbus (Acht-Sitzer). Hierbei handelt es sich
um eine besonders teure Investition in ein Fahrzeug gerade im Hinblick auf die geplante selbständige Tätigkeit. Dass diese
Investition beim Ausbleiben von Aufträgen mit einem erheblichen Verlustrisiko behaftet war, liegt auf der Hand. Gleichwohl
äußert sich darin kein für die Statusprüfung relevantes unternehmerisches Risiko. Denn hierfür genügt nicht, dass ein Erwerbstätiger
irgendwelche Investitionen im Hinblick auf eine angestrebte selbständige Tätigkeit vornimmt. Zu fordern ist vielmehr ein nachvollziehbarer
Zusammenhang mit der für die Statusprüfung maßgeblichen Tätigkeit. Im konkreten Fall wäre dies etwa dann zu bejahen, wenn
der Beigeladene zu 1) dem Kläger vertraglich auch das Stellen eines Fahrzeugs geschuldet hätte. Daran fehlt es jedoch.
d. Auch die Tatsache, dass der Vater des Beigeladenen zu 1) in nicht nur unerheblichem Umfang Fahrten für den Kläger ausführte,
spricht nicht gegen eine Beschäftigung.
aa. Für das Vorliegen einer Beschäftigung ist u.a. entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht
wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung nämlich in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht
Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Dementsprechend stellt auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die
Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach
§
613 Satz 1
BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung
Verpflichtete dagegen durchaus berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm dergestalt zustehender
eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Allerdings führt wiederum die bloße (erlaubte
bzw. unbeanstandet gebliebene) Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme
von (unternehmertypischer) Selbstständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr
eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses
spricht. Maßgebend ist, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der
geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R -, m.w.N.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris).
bb. Nach den vertraglichen Vereinbarungen durfte der Beigeladene zu 1) zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung keine Dritte,
d.h. eigene Beschäftigte oder Subunternehmer, einsetzen. Denn dem Vertrag vom 1. Juli 2007 sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen,
dass anstelle des Beigeladenen zu 1) auch Dritte die geschuldete Leistung (Busfahren) erbringen durften. Hierzu war er nach
der Auslegungsregel des §
613 Satz 1
BGB vielmehr persönlich verpflichtet.
Die Vertragsparteien haben den Vertrag auch nicht nachträglich wirksam geändert. Die bloß mündliche Vereinbarung zwischen
dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1), dass dieser Fahrdienste auch von seinem Vater durchführen lassen durfte, genügte hierfür
nicht. Denn nach § 11 Satz 2 VfM bedurften Änderungen der Schriftform; das galt nach Satz 3 dieser Bestimmung auch für den
Verzicht auf die Schriftformklausel.
War vertraglich aber eine Delegation nicht erlaubt, kommt es auf die Tatsache, dass auch der Vater des Beigeladenen zu 1)
für den Kläger fuhr, nicht an.
cc. Selbst wenn man zugrunde legen würde, dass die vom Vater des Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen nicht unberücksichtigt
bleiben dürfen, gelangte man zu keinem abweichenden Ergebnis. Das Vorbringen des Klägers bzw. des Beigeladenen zu 1) und des
Zeugen zu dessen Tätigkeit ist so widersprüchlich, dass es unbeachtet bleiben muss, soweit daraus Argumente für eine selbständige
Tätigkeit abgeleitet werden. Im Einzelnen hat der Senat Folgendes berücksichtigt: - Einerseits soll der Beigeladene zu 1)
schon vor Vertragsschluss des Disponenten auch den Zeugen als weiteren Fahrer angeboten haben, andererseits findet dies im
VfM keinen Niederschlag. - Seine ursprüngliche Behauptung, der Beigeladene zu 1) habe für die Monate September 2007, Juli
2008, Mai und Oktober 2009 keine Termine zur Auswahl angeboten, hat der Kläger später revidiert, nicht hingegen die Behauptung,
der Beigeladene zu 1) habe "für die Sommermonate einfach keine Termine zur Auswahl" angeboten; dem steht entgegen, dass der
Beigeladene zu 1) für jeden Monat des streitigen Zeitraums Leistungen in Rechnung gestellt hat und für die Sommermonate ein
reduziertes Zeitangebot gerade nicht feststellbar ist. - Die Behauptung des Klägers, die Stadtrundfahrten hätten täglich um
10 Uhr begonnen, und die daraus abgeleiteten maximalen täglichen Arbeitsstunden der Fahrer stehen im Widerspruch zum einen
zu den eingereichten Fahrtenschreiberblättern - aus denen sich ergibt, dass die Fahrzeuge regelmäßig schon vor 10 Uhr bewegt
wurden (wenn auch ggf. nur vom Depot zum Startpunkt der Tour) -, zum anderen zu den eingereichten Stundennachweisen, die in
nicht unerheblichem Umfang einen Arbeitsbeginn schon vor 9 Uhr ausweisen. - Die klägerseitig errechnete tägliche Höchstarbeitszeit
von 9 Stunden widerspricht den Stundennachweisen, die in größerem Umfang 10 Arbeitsstunden täglich, z.T. noch deutlich mehr,
ausweisen. - Entgegen der Behauptung des Beigeladenen zu 1) lassen sich nur die Hälfte der eingereichten Fahrtenschreiberblätter
dem Zeugen zuordnen, weil nur diese Hälfte mit einem Kürzel ("O.") für den Vornamen versehen ist; die andere Hälfte enthält
entgegen § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 FahrpersonalVO keine Angaben zum Vornamen des Fahrers. - Einerseits habe es - so der Beigeladene
zu 1) - ein auf seinen Namen lautendes Busunternehmen nie gegeben, andererseits weist die Meldebescheinigung nach § 25 DEÜV für das Jahr 2009 als Arbeitgeber "Ticket-Handel-Stadtrundfahrt Kai Zimmermann" aus. - Neben der nicht weiter differenzierenden
Behauptung des Beigeladenen zu 1), der Zeuge habe für ihn auf "400 Euro-Pauschalbasis" gearbeitet, finden sich auch Angaben,
wonach der Zeuge monatlich 300.- bzw. 356,25 Euro verdient habe; nach der Beitragsübersicht der Minijob-Zentrale variierten
demgegenüber bis April 2009 die monatlichen Beiträge und damit auch die Entgelte. - Nach der Meldebescheinigung übte der Zeuge
eine Tätigkeit nach der Ziffer 933 des hierfür einschlägigen Tätigkeitsschlüssels aus; diese Ziffer steht für Reinigungstätigkeiten.
- Der behauptete Umfang der Tätigkeit des Zeugen - 72 Stunden monatlich lt. Beigeladenem zu 1), unter 18 Stunden wöchentlich
lt. Meldebescheinigung, 5-6 Tage monatlich lt. Zeuge - widerspricht den o.g. Stundennachweisen, aus denen sich monatlich zwischen
8 und 16 Arbeitstage bzw. 78 bis 133,5 Stunden ergeben. - Die Behauptung des Zeugen, er sei immer dann für seinen Sohn gefahren,
wenn dieser keine Zeit gehabt habe, steht in Widerspruch zur Behauptung des Klägers, beide seien auch parallel gefahren, was
sich anhand der Stundennachweise auch belegen lässt.
dd. Unabhängig hiervon trägt jedenfalls nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen (Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -, juris) der Kläger die Beweislast dafür, dass eine Tätigkeit des Zeugen in einem Umfang, der als Indiz für eine selbständige
Tätigkeit zu werten wäre, nicht nachgewiesen werden kann; misslingt - wie hier - der Nachweis, spricht das Tätigwerden des
Zeugen nicht für eine selbständige Tätigkeit.
(1) Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt allgemein derjenige, der sich auf sie
beruft (BSG, Urteile vom 29. September 1998 - B 1 KR 10/96 R -, und 4. Dezember 1997 - 12 RK 3/97 -; jeweils juris). Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt im Zweifel die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen,
wer ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen (BSG, Urteil vom 26. November 1992 - 7 RAr 38/92 -, juris, m.w.N.). Wie sich die objektive Beweislast verteilt, also welche Tatbestandsmerkmale rechtsbegründend und welche
rechtshindernd sind, ist der für den Rechtsstreit maßgeblichen Norm, in der Regel einer Norm des materiellen Rechts zu entnehmen
(vgl. a.a.O., m.w.N.). Ist die objektive Beweislast nicht unmittelbar selbst und eindeutig vom Gesetz bestimmt, ist letztlich
maßgeblich, welche Seite nach dem Plan des Gesetzgebers, hilfsweise nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, im Falle der Nichterweislichkeit
mit dem potentiellen Unrecht belastet werden kann (Berg, JuS 1977, 23; Baader, Vom richterlichen Urteil, 1989, S 21ff; vgl. BVerfGE 52, 131). Es sind dabei nicht nur der Zweck der Norm, sondern auch ihre Stellung sowie Erfordernisse wirksamen Rechtsschutzes zu
berücksichtigen. Anhaltspunkte für die Abgrenzung bieten so unterschiedliche Kriterien wie Regel und Ausnahme (BVerwGE 3,
267; BVerwGE 12, 247; Berg, JuS 1977, 23), die Zumutbarkeit der Belastung mit einem Beweisnachteil (vgl. BVerfG a.a.O.; BGHZ 72, 132) und der Zurechenbarkeit der Ungewissheit bzw. Unaufklärbarkeit zur Verantwortungssphäre der einen oder anderen Seite (BVerwGE
44, 265; BVerwGE 55, 288; zusammenfassend: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Mai 2011 - L 10 KR 52/07 -, juris).
In diesem Zusammenhang wird bezogen auf Anfrageverfahren nach §
7a SGB IV vertreten, dass den Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm beantragte Feststellung treffe (Pietrek,
in: jurisPR-SozR 21/2010 Anm. 3; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. August 2011 - L 8 KR 306/08 -, juris). Diese Auffassung berücksichtigt nach Auffassung des Senats nicht hinreichend, dass Bezugspunkt der Darlegungs-
und Beweislast jeweils nur die einzelne streiterhebliche Tatsache sein kann, nicht aber eine rechtliche Schlussfolgerung (so
ausdrücklich BGHZ 20, 109; BGH NJW 1973, 2207; NJW 1984, 721; NJW-RR 1989, 1282; Münchener Kommentar zur ZPO/Prütting §
286 ZPO Rn. 96; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, 11.A., §
103 Rd. 19a; Hintz/Lowe,
SGG, §
128 Rd. 16; Martin Kühl in: Breitkreuz/Fichte,
Sozialgerichtsgesetz - Kommentar, §
103 Rd. 6; Beck'scher OnlineKommentar ZPO/Bacher §
284 ZPO, Rn. 64), wie z.B. das Vorliegen einer Beschäftigung.
(2) Die Tatsache, dass ein Auftragnehmer berechtigt ist, Dritte zur Erfüllung seiner Leistungspflicht einzusetzen, ist - wie
bereits dargestellt - ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit, ist jedoch in der Abwägung und Gewichtung nur einer von zahlreichen
zu berücksichtigenden Umständen. Steht hingegen fest, dass Art und Umfang des Einsatzes Dritter im Einzelfall die zu prüfende
Tätigkeit geprägt haben, kommt dem im Rahmen des Abwägungsvorgangs wesentlich größeres Gewicht zu. Eine Beschäftigung ist
dann kaum noch zu begründen. Streitet also die umfangreiche, die Tätigkeit prägende Delegation der Leistung auf Dritte für
eine Qualifikation als selbständige Tätigkeit, geht die Tatsache, dass der Umfang der Delegation nicht nachgewiesen ist, zu
Lasten desjenigen, der sich auf die Selbständigkeit beruft. Dies ist im vorliegenden Fall der Kläger. Zu seinen Lasten hat
der Senat daher davon auszugehen, dass eine Delegation in einem die Tätigkeit prägenden Umfang tatsächlich nicht erfolgt ist.
e. Für eine Beschäftigung spricht ferner, dass nahezu dieselbe Tätigkeit auch von angestellten Mitarbeitern des Klägers ausgeübt
wurde (BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris) und dass der Beigeladene zu 1) für eine Tätigkeit bei einem Wettbewerber des Klägers dessen Zustimmung
benötigte. Eine solche Wettbewerbsbeschränkung ist arbeitnehmertypisch (BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; Senat, Urteil vom 26. November 2014 - L 9 KR 154/12 -; jeweils juris)
f. Daneben lassen sich aber auch - in ihrer Bedeutung untergeordnete - Umstände feststellen, die für eine selbständige Tätigkeit
sprechen.
aa. Hierzu zählen indes nicht Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende
arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall und bei Urlaub bzw. von Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere
Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen). Solche Abreden lassen ausschließlich
Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu (vgl. auch §
32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 18. November 2015, a.a.O.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Werden die entsprechenden
Rechte dem Erwerbstätigen hingegen ausdrücklich vertraglich eingeräumt, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien,
ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (Senat, a.a.O., m.w.N.).
bb. Indizien für eine selbständige Tätigkeit liegen aber darin, dass der Beigeladene zu 1) seine Leistung - selbständig -
in Rechnung gestellt und ein Gewerbe angemeldet hat. Formale Kriterien dieser Art kommt indes generell nur eine sehr geringe
Bedeutung zu (Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -, juris).
cc. Der Vertrag vom 1. Juli 2007 dokumentiert nur bedingt den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung begründen zu wollen. Einerseits deuten Bezeichnungen wie "freie Mitarbeit" und "Gewerbetreibender" darauf hin,
dass eine selbständige Tätigkeit beabsichtigt war. Andererseits spricht z.B. die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung dagegen,
während der Umstand, dass auch eine Regelung zur Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a SGB IV - ohne erkennbare Notwendigkeit - in den Vertrag aufgenommen wurde, gerade Ausdruck einer Unsicherheit der Vertragsparteien
über die rechtliche Einordnung des VfM ist.
Dem Willen der Vertragsparteien kommt indizielle Bedeutung zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen
nicht widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit
wie für eine Beschäftigung sprechen. Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt
als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen. Auch weil hierdurch eine Selbstständigkeit
nicht vorfestgelegt wird, kann der Parteiwille als Indiz nicht Ausgangspunkt einer Statusprüfung sein. Dabei ist das Gewicht
dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen
Verhältnissen sind (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Vertragsgestaltung ist - wie dargelegt - uneindeutig
und die gegen eine Selbständigkeit sprechenden Indizien überwiegen.
III. Diese Feststellungen gelten für den gesamten streitigen Zeitraum mit Ausnahme der im Tenor genannten Tage.
1. Da für die Monate Juli, August, September und November 2009 Aufzeichnungen eingereicht wurden, denen zu entnehmen ist,
an welchen Tagen der Beigeladene zu 1), der Zeuge oder keiner von beiden für den Kläger gefahren sind, steht für diese Monate
auch fest, an welchen Tagen keine Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und demnach auch keinerlei Versicherungspflicht bestanden.
Hinsichtlich dieser im Tenor im Einzelnen benannten Tage hat die Berufung Erfolg.
2. Soweit in den übrigen Kalendermonaten des streitgegenständlichen Zeitraums nicht mehr feststellbar ist, an welchen Tagen
weder der Beigeladene zu 1) noch der Zeuge für den Kläger tätig wurden, geht dies nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast
zu Ungunsten des Klägers.
(1) Auch insofern gelten die bereits unter II. d. dd. dargestellten Grundsätze
(2) Maßgebliche Tatsache ist hier das Tätigwerden an sich. Es ist demnach die Frage zu beantworten, zu wessen Lasten es geht,
wenn das Tätigwerden der Auftraggeberin an bestimmten Tagen nicht mehr nachweisbar ist. Da das Tätigwerden zu den die Annahme
einer Beschäftigung begründenden Umständen zählt, könnte zunächst vieles dafür sprechen, die Beweislast dem Beteiligten zuzuweisen,
der sich auf das Vorliegen einer Beschäftigung beruft, hier der Beklagten. Dies greift indes aus folgenden Überlegungen zu
kurz (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -, juris):
(a) Ausgangspunkt sind die gesetzlichen Regelungen zu den Pflichten des Arbeitgebers. Dieser hat gemäß §
28f Abs.
1 Satz 1
SGB IV für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher
Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p
SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Näheres hierzu regelt die auf § 28n Nr.
4 SGB IV basierende Beitragsverfahrensordnung (BVV). Nach deren § 8 Abs. 1 Satz 1 (in der 2007 geltenden Fassung) hat er in den Entgeltunterlagen u.a. folgende Angaben über den Beschäftigten aufzunehmen:
den Beginn und das Ende der Beschäftigung (Nr. 5), das Arbeitsentgelt nach §
14 SGB IV, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung (Nr. 10) sowie das beitragspflichtige Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze
der Rentenversicherung, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung (Nr. 11). In diesem Zusammenhang hat der Arbeitgeber
Unterlagen, die der Aufgabenerfüllung der Prüfung dienen, insbesondere zur Klärung, ob ein versicherungs- oder beitragspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht, auf Verlangen vorzulegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BVV). Die Regelungen zur Aufzeichnungspflicht des Arbeitsgebers dienen Kontrollzwecken (Wehrhahn, in: Kasseler Kommentar zum
Sozialversicherungsrecht,
SGB IV §
28f Rd. 2) und resultieren aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber typischerweise über die größte Nähe zu den aufzeichnungspflichtigen
Daten verfügt.
Dass damit auch eine Risikozuweisung verbunden ist, ergibt sich aus §
28f Abs.
2 SGB IV: Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht
oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-,
Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend
machen (Satz 1). Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig
großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). Verletzt demnach ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht
und ist dies kausal dafür, dass - wie im vorliegenden Fall - die Versicherungspflicht nicht festgestellt werden kann, tritt
zu seinen Lasten eine Umkehr der Beweislast ein: der prüfende Rentenversicherungsträger darf nunmehr anhand der ermittelten
Lohnsumme Beiträge berechnen und geltend machen. Dies setzt jedoch voraus, dass in einem ersten logischen Schritt (inzident)
die Versicherungspflicht bejaht wurde. Nicht nur geringfügige Aufzeichnungsmängel haben daher in Gestalt einer Beweislastumkehr
(Seewald, SGb 03, 349; Kreikebohm
SGB IV, 2.A., §
28f Rd. 8; Wehrhahn, a.a.O., Rn. 9) zur Folge, dass Versicherungspflicht zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung
zu unterstellen ist (Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19. Dezember 1990 - L 4 Kr 14/88 -, juris;
Kreikebohm, a.a.O., Rd. 10; zur früheren Rechtslage: BSG, Urteile vom 17. Dezember 1985 - 12 RK 30/83 - und vom 29. April 1976 - 12/3 RK 66/75 -, juris, m.w.N.).
(b) Dieses Ergebnis ist sachgerecht. Es verhindert nicht nur, dass Arbeitgeber durch die Vernachlässigung ihrer gesetzlichen
Pflichten Wettbewerbsvorteile erlangen können (Werner, in: jurisPraxiskommentar, 2.A., §
28f SGB IV, Rd. 42). Die Belastung mit einem Beweisnachteil ist dem Arbeitgeber auch eher zumutbar, weil die Unaufklärbarkeit der maßgeblichen
Tatsachen aus seiner Verantwortungssphäre stammt. Dem kann ein Arbeitgeber nicht allgemein entgegenhalten, die Pflichten des
§
28f SGB IV träfen nur denjenigen, dessen Arbeitgeberstellung schon zu Beginn der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht feststehe.
Zum einen ergibt sich aus dem Wortlaut von Abs. 2 Satz 1 (" und können dadurch die Versicherungs-[...]pflicht [...] nicht
festgestellt werden "), dass die Norm gerade auch potentielle Arbeitgeber im Blick hat. Zum anderen muss jeder Arbeitgeber,
der einen Statusfeststellungsantrag nach §
7a SGB IV stellt, damit rechnen, dass das von ihm in Gang gesetzte Verfahren mit der Feststellung der Versicherungspflicht endet. Wenn
er gleichwohl entscheidungserhebliche Unterlagen vernichtet, wäre seine Berufung auf deren Fehlen treuwidrig (§
242 BGB).
(c) Nachdem der Kläger Beginn und Ende der vom Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit im Rahmen der einzelnen Aufträge entgegen
§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BVV nicht aufgezeichnet hat, trägt er die Beweislast dafür, dass aufgrund dieses Umstands nicht festgestellt werden kann, an
welchen einzelnen Tagen der Beigeladene zu 1) eine Beschäftigung ausübte und infolge dessen der Versicherungspflicht unterlag.
Aufgrund dessen besteht für die nicht im Tenor genannten Tage innerhalb des streitigen Zeitraums Versicherungspflicht.
IV. Etwas anderes gilt wegen der weiteren vom Beigeladenen zu 1) ausgeübten beruflichen Tätigkeiten auch nicht für die Versicherungspflicht
in der GKV und - ihr folgend - der SPV.
1. Die Versicherungspflicht nach §
5 Abs. Nr. 1
SGB V ist u.a. ausgeschlossen für Personen, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind (§
5 Abs.
5 SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden, hier maßgeblichen Fassung). Wann eine selbstständige Tätigkeit i.S.d. §
5 Abs.
5 SGB V "hauptberuflich" ausgeübt wird, ist weder gesetzlich ausdrücklich bestimmt noch nach dem Wortsinn eindeutig. Jedoch hat das
BSG in ständiger Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP,
Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG), BT-Drucks 11/2237, S. 159 zu §
5 Abs.
3 bis 9
SGB V) Hauptberuflichkeit dann angenommen, wenn die selbstständige Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen
Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen übersteigt (BSG, Urteil vom 23. Juli 2014 - B 12 KR 16/12 R -; Senat, Urteil vom 07. Januar 2016 - L 9 KR 84/13 -; jeweils juris und m.w.N.).
2. Hieran gemessen war der Beigeladene zu 1) nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig. In diesem Zusammenhang kann der
Senat zugunsten des Klägers unterstellen, dass die sonstigen beruflichen Aktivitäten des Beigeladenen zu 1) als selbständige
Tätigkeit zu qualifizieren sind.
a. Nach den noch vorhandenen, von den Vertragsparteien eingereichten Unterlagen überwog die wirtschaftliche Bedeutung der
Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger in der Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 seine sonstigen beruflichen
Aktivitäten deutlich. Regelmäßig machen seine monatlichen Einkünfte aus dieser Tätigkeit ein Vielfaches der sonstigen Einnahmen
aus. Soweit in einzelnen Monaten (z.B. März, Juli und Dezember 2009) die sonstigen Einnahmen höher ausgefallen sind, ist dies
unbeachtlich.
Denn im Versicherungs- und Beitragsrecht des SGB ist grundsätzlich auf eine prospektive Betrachtung abzustellen. Maßgeblich
sind demnach die Umstände bei Eintritt der Versicherungspflicht (z.B. aufgrund einer Beschäftigung), wobei für die erforderliche
Prognose regelmäßig auch die Verhältnisse in der Vergangenheit von Bedeutung sind (BSG, Beschlüsse vom 27. April 2016 - B 12 KR 16/14 R, B 12 KR 17/14 R - (zur Unständigkeit i.S.v. §
232 SGB V, §
163 Abs.
1 SGB VI); Urteile vom 29. April 1997 - 10/4 RK 3/96 - (zur Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte), vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R - (zur Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit), m.w.N., und vom 07. Dezember 2000 - B 10 KR 3/99 R - (zur Familienversicherung); Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2013 - L 22 R 1149/11 - (zur Versicherungspflicht nach §
2 SGB VI); Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Dezember 2012 - L 8 KR 320/11 - (zur fehlenden Versicherungspflicht wegen hauptberuflich selbständiger Erwerbstätigkeit nach §
5 Abs.
5 SGB V); jeweils juris). Diese Sichtweise gewährleistet im Interesse aller Beteiligten (Versicherte, Arbeitgeber bzw. sonstige Beitragszahler,
Sozialversicherungsträger), dass schon bei Beginn der Versicherungspflicht Klarheit über die für die Beteiligten bestehenden
Rechte und Pflichten geschaffen wird (Senat, Urteil vom 14. Mai 2014 - L 9 KR 449/12 -, Rn. 80, juris).
Die prospektive Betrachtungsweise schließt es daher bezogen auf die Frage der Hauptberuflichkeit aus, diese für einzelne Monate
nur anhand nachträglich gewonnener Daten zur Einnahmesituation zu bejahen. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich über einen
längeren Zeitraum hinweg ein Überwiegen der Einkünfte aus sonstiger beruflicher Tätigkeit feststellen und daraus die Erwartung
begründen lässt, dass diese Verhältnisse auch die Zukunft prägen. Dies lässt sich weder für die o.g. einzelnen Monate bejahen
noch für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2010, in dem die sonstigen monatlichen Einkünfte zwar deutlich überwiegen,
wegen des Endes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger eine entsprechende Prognose aber gerade ausgeschlossen
war.
Dahinstehen kann daher, dass für die Einnahmen aus Ticketverkäufen außer den sog. Eigenbelegen des Beigeladenen zu 1) keine
weiteren Nachweise existieren und von den darin genannten Beträgen möglicherweise die vorangegangenen Ausgaben (Fahrkartenkäufe
beim Kläger) abzuziehen sind.
b. Darüber hinaus überstieg die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger auch in zeitlicher Hinsicht seine sonstigen
beruflichen Aktivitäten. Der Beigeladene zu 1) hat zwar behauptet, dass er nur 40 % seiner gesamten Arbeitszeit mit Fahrtätigkeiten
bestritten habe. Dies steht jedoch nicht im Einklang mit den von ihm eingereichten Belegen. Hierbei geht der Senat zunächst
davon aus, dass der Beigeladene zu 1) nur in dem Umfang neben seiner Tätigkeit für den Kläger beruflich tätig war, wie es
sich aus den eingereichten Rechnungen und Einkommensbelegen ergibt.
Danach spricht nichts dafür, dass der Beigeladene zu 1) in vielen Monaten aus seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit zwar
nur einen Bruchteil dessen erwirtschaftet hat, was er in der Tätigkeit für den Kläger erarbeitet hat, hierfür aber insgesamt
mehr Zeit aufwandte. Soweit die Einnahmen aus der sonstigen beruflichen Tätigkeit in einigen Monaten höher waren als die beim
Kläger erzielten Vergütungen, ist zu berücksichtigen, dass dies ganz überwiegend auf den Ticketverkauf zurückzuführen war,
der zum einen nur vergleichsweise wenig Zeit beanspruchte und zum anderen innerhalb der dem Kläger in Rechnung gestellten
Arbeitsstunden durchgeführt wurde und daher nicht ein weiteres Mal - nämlich als Zeit selbständiger Tätigkeit - in Ansatz
gebracht werden darf.
Hinzukommt, dass angesichts der monatlichen Fahrzeiten des Beigeladenen zu 1) zwischen 129 und 176 Stunden, wie sie den o.g.
Stundennachweisen der Monate Juli bis September 2009 zu entnehmen sind, kaum nachvollziehbar ist, dass diese nur 40 % der
monatlichen Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1) ausmachen sollen. Dies würde für die genannten Monate zu aus Sicht des Senats
völlig implausiblen Gesamtarbeitszeiten von 322,5 bis 400 Stunden monatlich führen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.