Zahlung von Krankengeld
Aufklärung, Beratung und Schulung über Anforderungen und Probleme beim Übergang vom Krankenhaus in die weitergehende ambulante,
rehabilitative oder pflegerische Versorgung
Pflichten eines Entlassmanagements
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung weiter die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 20. August 2018 bis zum 30. Oktober
2018. Die Klägerin ist 1964 geboren und Mitglied der Beklagten.
Sie stand seit dem 1. Mai 2018 in einem Arbeitsverhältnis zur Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Tegel. Der Arbeitgeber kündigte
das Arbeitsverhältnis in der Probezeit zum 31. Juli 2018. Die Klägerin erkrankte am 28. Mai 2018 arbeitsunfähig (Erstbescheinigung
der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 28. Mai 2015). Vom 8. August 2018 bis zum 12. August 2018 befand sie
sich in stationärer Krankenhausbehandlung. Am 12. August 2018 bescheinigte das Krankenhaus Waldfriede (Fachärztin für Gynäkologie
und Geburtshilfe ) Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. August 2018, einem Sonntag. Mit weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
der behandelnden Fachärztinnen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 21. August 2018 stellten diese Arbeitsunfähigkeit
seit dem 20. August 2018 bis zum 21. September 2018 fest (Diagnosen C-50.9 B - Bösartige Neubildung: Brustdrüse, nicht näher
bezeichnet und F 32.9 G – Depressive Episode). Vom 30. August 2018 bis zum 2. September 2018 befand sich die Klägerin erneut
in stationärer Behandlung. Mit der Folgebescheinigung vom 20. September 2018 attestierten die Fachärztinnen der Klägerin weiter
das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. Oktober 2018.
Die Beklagte gewährte der Klägerin Krankengeld ab dem 1. August 2018. Die Bundesagentur für Arbeit gewährte der Klägerin ab
dem 31. Oktober 2018 Arbeitslosengeld entsprechend der sog. Nahtlosigkeitsregelung (vgl. §
145 SGB III). Mit Bescheid vom 11. Februar 2019 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg der Klägerin eine Rente
wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2020.
Die Beklagte teilte der Klägerin am 11. September 2018 mit, dass der Krankengeldanspruch ab dem 1. September 2018 46,30 Euro
betrage, „wenn alle Voraussetzungen vorliegen“. Am 24. September 2018 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld nach
dem 19. August 2018 ab. Für einen weiteren Anspruch auf Krankengeld nach dem 19. August 2018 wäre erforderlich gewesen, dass
spätestens am 20. August 2018 die weitere Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erneut ärztlich festgestellt worden wäre. Die aktuelle
Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sei aber erst am 21. August 2018 ausgestellt worden. Damit ende die Versicherung der
Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld am 19. August 2018. Dies gelte auch dann, wenn die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig
gewesen sei. Mit Schreiben gleichen Datums informierte die Beklagte die Klägerin, dass ihr Krankengeld, wenn alle Voraussetzungen
vorlägen, ab dem 1. August 2018 täglich 46,30 Euro betrage.
Die Klägerin erhob Widerspruch und wies unter Übersendung einer Bestätigung ihrer behandelnden Fachärztinnen darauf hin, dass
diese am Montag keine Sprechstunde hätten, so dass sie nicht zum 20. August 2018 dort habe vorstellig werden können. Da sie
Krebs-Patientin sei, frage sie sich, ob sie, wenn sie unter der Chemotherapie nicht hätte zeitnah zum Arzt gehen können, ebenfalls
ihren Krankengeldanspruch verliere und was in einem solchen Fall die Alternativen wären. Sie verwies auf ihre seit 1985 bestehende
Mitgliedschaft mit langjähriger Beitragszahlung bei der Beklagten sowie darauf, dass das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit lückenlos
bescheinigt sei. Sie sei zwar bis zum 19. August 2018 von dem Krankenhaus krankgeschrieben worden und habe erst am folgenden
Dienstag einen Termin bei ihrer behandelnden Ärztin vereinbart. Niemand habe sie darauf hingewiesen, dass das zu einem Problem
werden könnte. Dabei habe sie sich als frisch operierte Krebs-Patientin mit ganz anderen Sorgen konfrontiert gesehen als sich
detailliert mit dem Kleingedruckten auf einer Krankschreibung zu befassen. Weder die Ärzte im Krankenhaus noch ihre behandelnde
Ärztin oder die Beklagte hätten sie über die Folgen eines aufrechterhaltenen Versicherungsschutzes und einem drohenden Verlust
des Krankengeldanspruchs aufgeklärt. Zwar stehe auf dem unteren Abschnitt des Vordrucks für die ärztliche Feststellung der
Arbeitsunfähigkeit, dass ein Krankengeldverlust drohe und Patienten von „ihren“ Ärzten am ersten Werktag eine Folgebescheinigung
benötigten. Es werde damit aber nicht darauf hingewiesen, dass am ersten Werktag irgend „ein“ Arzt aufgesucht werden müsse,
wenn der behandelnde an diesem Tag keine Sprechstunde habe. Außerdem habe sie am 24. September 2018 einen Bescheid über die
Bewilligung von Krankengeld ab dem 1. August 2018 erhalten, der zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden sei. Zeitgleich sei
dann an dem Tag auch der Bescheid gekommen, wonach sie keinen Anspruch auf Krankengeld habe. Obwohl die Krankschreibung bereits
im August vorgelegen habe, sei der negative Bescheid erst einen Monat später gekommen. Im August 2018 hätte sie aber noch
anders agieren können, nämlich die Krebsbehandlung abbrechen und eine zweite Operation nicht wahrnehmen können und sich (stattdessen)
beim Jobcenter melden können.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2019 zurück.
Die Klägerin hat dagegen am 6. März 2019 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben mit der Begründung, die verspätete Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit sei von ihr nicht zu vertreten, sondern falle wegen der fehlenden Praxisöffnungszeiten der behandelnden
Ärztin in den Risikobereich der Beklagten. Bei der Terminvereinbarung noch vor der ersten Operation habe ihre behandelnde
Ärztin Dr. ihr gesagt, dass die Klinik sie ja noch bis eine Woche nach der Entlassung arbeitsunfähig schreiben werde und ihr
daher einen Termin für Dienstag gegeben, da sie am Montag keine Sprechstunde hätte. Das Krankenhaus habe sie für eine Woche,
konkret bis zum Sonntag, den 19. August 2018, krankgeschrieben. Sie habe bei Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
noch im Krankenhaus von diesem die Mitteilung erhalten, sie müsse dann am Montag (20. August 2018) zum Arzt gehen bzw. sich
weiter krankschreiben lassen. Sie habe dann ihrerseits erwähnt, dass sie erst für den 21. August 2018 einen Termin bei ihrer
behandelnden Frauenärztin vereinbart habe. Darauf sei seitens des Krankenhauses nicht weiter eingegangen worden, jedenfalls
habe man ihr nicht gesagt, sie müsse noch am Montag zum Arzt. Sie habe nicht gewusst und nicht wissen können, dass ein fehlender
Arztkontakt an diesem Tag zum Entfallen ihrer Krankengeldzahlungen hätte führen können. Außerdem sei sie ihrer Erinnerung
nach Anfang Juli 2018, wohl am 3. Juli 2018, anlässlich ihrer an diesem Tag erfolgten Arbeitslosmeldung auch auf der Geschäftsstelle
der Beklagten in Berlin vorstellig geworden und habe angefragt, ob sie hinsichtlich ihrer Arbeitslosigkeit etwas veranlassen
müsse. Dort sei ihr gesagt worden, dass alles automatisch ablaufe und sich die Arbeitsagentur mit der Beklagten in Verbindung
setzen werde.
Mit Urteil vom 1. November 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid
der Beklagten verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt: Voraussetzung für das (weitere) Entstehen eines Krankengeldanspruchs
sei neben dem Bestehen des einen Krankengeldanspruch vermittelnden Versicherungsverhältnisses und der Erkrankung, die die
Arbeitsunfähigkeit herbeiführe, die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Beginn des Krankengeldanspruchs sei der
Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Ausgehend davon habe die Klägerin am Tag der ärztlichen Feststellung,
dem 21. August 2018, nicht mehr in einem Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld gestanden. Zuvor habe sich das
zunächst bis zum 31. Juli 2018 bestehende Versicherungsverhältnis aufgrund der Beschäftigung, welche einen Krankengeldanspruch
vermittele, über das Beschäftigungsende gemäß §
192 Abs.
1 Nr.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) bis zum 19. August 2018 fortgesetzt. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibe danach erhalten, solange sie einen
Anspruch auf Krankengeld hätten oder diese Leistungen bezögen. Für das Fortbestehen des bisherigen Versicherungsverhältnisses
sei aber der fortbestehende Krankengeldanspruch Voraussetzung. Dieser hänge seinerseits von der durchgängigen und ununterbrochenen
ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ab. Mit Unterbrechung der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit am 20.
August 2018 habe die Klägerin ihren Krankengeldanspruch verloren und damit auch die Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses.
Dabei folge eine lückenlose ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht bereits aus der Rückdatierung, wie sie die
Fachärztin für Frauenheilkunde am 21. August 2018 mit Beginn der weiteren Arbeitsunfähigkeit, datiert auf den 20. August 2018,
vorgenommen habe. Denn nach dem Wortlaut des §
46 Satz 1 Nr. 1
SGB V bleibe der Tag der ärztlichen Feststellung maßgeblich, das sei hier der 21. August 2018. Für die Klägerin greife auch keine
Ausnahme vom Erfordernis einer fortlaufenden ununterbrochenen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Sie habe nicht
alles in ihrer Macht stehende unternommen, um eine rechtzeitige ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung herbeizuführen.
So sei sie nicht am 20. August 2018 bei ihrer Ärztin bzw. einem anderen Arzt vorstellig geworden. Dabei könne sie sich nicht
darauf berufen, dass ihre behandelnde Fachärztin ihr bereits vor dem ersten stationären Krankenhausaufenthalt vom 8. August
2018 an in Kenntnis einer voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der behandelnden Krankenhausärzte für einen Zeitraum
von einer Woche nach dem stationären Aufenthalt einen weiteren Termin zur Vorsprache erst für den 21. August 2018 gegeben
habe. Auch könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, diesen ärztlichen Vorsprachetermin bereits im Krankenhaus bei der
Ausstellung der dortigen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mitgeteilt zu haben. Sie habe jeweils weder eine gesonderte
ärztliche Beratung zu rechtlichen Folgen betreffend den Anspruch auf Krankengeld erbeten, noch sei eine solche Beratung von
den behandelnden Ärzten zu verlangen. Eine der Beklagten zuzurechnende fehlerhafte Beratung durch die Ärzte sei für die Kammer
daraus nicht erkennbar. Das gelte auch hinsichtlich der Terminvergabe der behandelnden Ärztin erst zum 21. August 2018. Die
Terminvergabe allein ziehe keinerlei Rechtsfolgen nach sich und enthalte auch keinen Erklärungswert dazu. Letztlich verbleibe
bei der Klägerin trotz ihrer damals schweren Erkrankung die Obliegenheit, für einen lückenlosen Nachweis der ärztlich festgestellten
Arbeitsunfähigkeit zu sorgen. Dies habe sich für sie z.B. auch aus dem Vordruck zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, konkret
der „Ausfertigung für Versicherte“ mit dem dabei enthaltenen „Hinweis für Versicherte zum Krankengeld“ ergeben. Daraus habe
sich die Obliegenheit für sie ergeben, am 20. August 2018 oder an einem vorherigen Werktag einen Arzt bzw. eine Ärztin zwecks
weiterer Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen. Dabei sei für die Kammer aus den persönlichen Schilderungen der
Klägerin nachvollziehbar, dass sie dazu seinerzeit keine Veranlassung gesehen habe. Es verbleibe jedoch bei der Obliegenheit,
die in ihrem Verantwortungsbereich angesiedelt sei. Etwas anderes erfolge auch nicht aus der von der Klägerin geschilderten
Vorsprache in einer der Filialen der Beklagten vom Anfang Juli 2018. Aus der von der Klägerin geschilderten damals mündlich
erfolgten Mitteilung ihrer Arbeitslosmeldung gegenüber der Beklagten sei für die Kammer kein konkretes Beratungsanliegen zum
weiteren Krankengeldanspruch erkennbar. Aus den Schilderungen und der Aktenlage sei auch nicht erkennbar, dass sich zu diesem
Zeitpunkt für die Beklagte ein solches konkretes Beratungsanliegen zum Krankengeldanspruch der Klägerin aufgedrängt habe.
Die Klägerin selbst habe mitgeteilt, es sei ihr dabei darum gegangen, die Arbeitslosmeldung nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
mitzuteilen und zu erfahren, ob von ihr diesbezüglich weiteres zu veranlassen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. November 2019 zugestellte Urteil am 13. Dezember 2019 Berufung eingelegt und verfolgt
mit dieser eine Krankengeldzahlung ab dem 20. August 2018 weiter. Es sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im
Fall einer verspäteten Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit eine Ausnahme vom Verlust des Krankengeldanspruchs für
Fälle anerkannt, in denen die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden
sei, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen zuzurechnen seien. Als eine Fallgruppe sei die unrichtige Beratung seitens
der Krankenkasse anerkannt. Ausgehend davon sei seitens der stationär oder ambulant behandelnden Ärztinnen und Ärzte keine
Information der Klägerin zur Notwendigkeit der ärztlichen Feststellung noch am 20. August 2018 erfolgt. Auch habe die Klägerin
am 3. Juli 2018 eine Spontanberatung bei der Beklagten nachgesucht. Aufgrund der der Beklagten zuzurechnenden Falschberatung
sei die Klägerin so zu stellen, als wäre die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig attestiert worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 1. November 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2018 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 20. August 2018
bis zum 30. Oktober 2018 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 46,30 Euro netto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berufungsbegründung seien im Wesentlichen keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden, sodass sie auf die Begründung
ihres Widerspruchsbescheides und das erstinstanzliche Urteil verweise.
Der Senat hat den Beteiligten am 22. Juni 2021 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den die Beteiligten nicht angenommen
haben.
Der Senat hat den Beteiligten am 26. Juli 2021 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung
durch Beschluss zurückzuweisen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
1. Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
2. Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat für die Zeit vom 20. August 2018 bis zum 30. Oktober 2018 keinen
Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG). Zu ergänzen und zu betonen bleibt:
Einem Anspruch auf Krankengeld steht für den Zeitraum ab dem 20. August 2018 entgegen, dass die Klägerin nicht mehr mit Anspruch
auf Krankengeld versichert war. Die gemäß §
192 Abs.
1 Nr.
2 SGB V aufrechterhaltene Beschäftigtenversicherung endete mit Ablauf des 19. August 2018. Die Klägerin hat es versäumt, spätestens
am folgenden Werktag, dem 20. August 2018, eine weitere ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zumindest nachzusuchen
und damit alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um den Krankengeldanspruch weiter aufrechtzuerhalten. Genau dies entsprach
ihrer Obliegenheit gemäß §
46 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2
SGB V in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung vom 23. Juli 2015. Danach bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu
dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche
Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten
insoweit nicht als Werktage (§ 46 Satz 2). Die Klägerin wusste um ihre Obliegenheit, denn diese war als Hinweis auf den vorher
ausgestellten Vordrucken „Ausfertigung für Versicherte“ für die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit auf der unteren Seite
unter „Hinweis für Versicherte“ unmissverständlich enthalten. Das hat sie in ihrer Begründung des Widerspruchs selbst eingeräumt.
Außerdem hat das Krankenhaus sie bei der Ausstellung der Arbeitsunfähigkeit für eine Woche nach der Entlassung darauf hingewiesen,
dass die Bescheinigung am 19. August 2018 (einem Sonntag) ende und sie nach Ablauf zum Arzt gehen müsse. Es ist nicht mehr
aufklärbar, ob das Krankenhaus auf ihre Mitteilung, wonach sie bereits für den 21. Oktober 2018 einen Vorstellungstermin bei
ihrer behandelnden Ärztin vereinbart habe, die Klägerin nochmals explizit auf die Notwendigkeit einer vorherigen Vorstellung
noch am Montag, den 20. August 2018 hingewiesen hat. Die Klägerin erinnerte sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor
dem Sozialgericht aufgrund des Zeitablaufs nachvollziehbarerweise an den genauen Wortlaut nicht mehr. Darauf kommt es aber
nicht an. Denn es liegt kein Fehler des Krankenhauses vor, der der Beklagten zugerechnet werden könnte. Zwar hat das Bundessozialgericht
– wie das Sozialgericht ausgeführt hat – von dem Erfordernis einer rechtzeitigen Vorstellung beim Arzt zwecks Erlangung einer
weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Ausnahmen anerkannt, wenn
1. Versicherte alles in ihrer Macht Stehende und ihm Zumutbare getan haben, um ihre Ansprüche zu wahren, indem sie einen zur
Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm ihre Beschwerden geschildert haben, um
a) die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und
(b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeld-Anspruch
erfolgt ist,
2. die Versicherten an der Wahrung ihrer Krankengeld-Ansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes
gehindert wurden und
3. Versicherte - zusätzlich - ihre Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des
§
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend machen (so zuletzt BSG, Urteil vom Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R –, BSGE 130, 85-92, Rdnr. 20 m.w.N.).
Den o.g. Fallgruppen ist diejenige gleichzustellen, in der es an einem "rechtzeitig" erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt
deshalb fehlt, weil Versicherte zwar rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen
versucht haben, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erhalten, es aber zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt
vor dem Ende der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aus Gründen nicht gekommen ist, die dem Vertragsarzt und damit der
Krankenkasse zuzurechnen sind. Das ist typischerweise dann zu bejahen, wenn auf Wunsch des Vertragsarztes bzw. seines von
ihm angeleiteten Praxispersonals eine Verschiebung des bereits vereinbarten rechtzeitigen Arzttermins in der (naheliegenden)
Vorstellung erfolgt, ein späterer Termin sei für Versicherte leistungsrechtlich unschädlich, weil nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie
(AU-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) auch die begrenzte rückwirkende ärztliche AU-Feststellung statthaft ist (BSG, aaO, Rdnr. 23).
Eine solche Fehlentscheidung des Arztes liegt bei der Klägerin zweifellos nicht vor. Das behandelnde Krankenhaus hat sie vielmehr
darauf hingewiesen, dass sie nahtlos nach Auslaufen der vom Krankenhaus noch für eine Woche ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
mit Ablauf des 19. August 2018 einen Arzt/eine Ärztin zur weiteren Bescheinigung ihrer Arbeitsunfähigkeit aufsuchen soll.
Diese Auskunft entsprach der geltenden Rechtslage und war nicht unrichtig. Sie beruhte insbesondere nicht auf einer fehlerhaften
Interpretation der AU-RL. Das Krankenhaus war im Übrigen nicht gehalten, die Klägerin auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die
eintreten, wenn sie am Montag, den 20. August 2018 keinen Arzt aufsucht, sondern bis Dienstag wartet, weil sie erst für diesen
Tag bereits vor der stationären Behandlung einen Arzttermin vereinbart hatte. Dem Krankenhaus obliegt insoweit keine weitergehende
Beratungspflicht. §
39 Abs.
1a SGB V verpflichtet die Krankenkasse, Versicherte im Rahmen des Entlassmanagements bei einer stationären Behandlung zu unterstützen
(Abs. 1a Satz 5). Dies beinhaltet die Erfassung und Initiierung der Anschlussversorgung z.B. durch Kontaktaufnahme mit weiter
versorgenden Leistungserbringern ( in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 4. Aufl., §
39 SGB V, Rn. 132/133). Es dient der Unterstützung des Patienten primär nicht in einem passiven Sinne durch Übernahme von Aufgaben,
sondern durch aktive Einbindung des Patienten in den Überleitungsprozess und Förderung seiner Selbstmanagementfähigkeiten.
Zum Entlassmanagement gehört es auch, den Patienten durch adäquate Aufklärung, Beratung und Schulung dazu zu befähigen, die
Anforderungen und Probleme beim Übergang vom Krankenhaus in die weitergehende ambulante, rehabilitative oder pflegerische
Versorgung gut bewältigen zu können (, aaO, Rn. 135). Das betrifft in erster Linie die unmittelbare weitere medizinische Versorgung
unmittelbar nach Entlassung, damit in der Übergangsphase insoweit keine Versorgungslücken entstehen. Speziell für den Übergang
in die ambulante Behandlung räumt §
39 Abs.
1a Satz 6
SGB V (in der bis zum Terminservice- und Versorgungsgesetz, TSVG vom 6. Mai 2019, BGBl. I, S. 646, geltenden Fassung, heute Satz 8) für den weiteren nahtlosen Bezug von Krankengeld den Krankenhäusern das Recht ein, Arbeitsunfähigkeit
für die Zeit nach der Entlassung bis zu 7 Tage festzustellen (§ 39 Abs. 1a Satz 7 a.F., heute Satz 9). In diesem Zusammenhang
wäre zwar eine Fehlinformation des Krankenhauses, wonach es für Versicherte unschädlich sei, noch nach Auslaufen der vom Krankenhaus
ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsfeststellung rückwirkend eine weitere Bescheinigung zu erhalten, eine relevante, die der
Krankenkasse im Rahmen des §
46 SGB V zuzurechnen wäre. Krankenhäuser sind insoweit gemäß §
39 Abs.
1a Satz 6, 2. Halbsatz
SGB V (heute: §
39 Abs.
1a Satz 8, Halbsatz 2
SGB V) den Vertragsärzten hinsichtlich ihrer Pflichten gleichgestellt. Weiterreichende Beratungspflichten, insbesondere für die
noch anschließende Zeit, gehen damit nicht einher. Aus dem Verordnungsrecht des Krankenhauses lässt sich daher möglicherweise
noch die Pflicht ableiten, Patientinnen und Patienten auf die Notwendigkeit einer zeitlich nahtlosen Kontaktaufnahme zu den
Vertragsärzten hinzuweisen, um die weitere Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit zu erhalten. Dem kam das Krankenhaus aber
nach Auskunft der Klägerin dadurch nach, dass es sie darauf hingewiesen hat, am Montag, den 20. August 2018, ihre Ärztin aufzusuchen.
Außerdem enthielt die von ihm am 12. August 2018 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 25 Gerichtsakte) auf der
unteren Hälfte des Vordrucks ebenfalls den Hinweis, für einen lückenlosen Nachweis für das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit
Sorge zu tragen. Krankenhäuser sind aber nicht gehalten, Patienten und Patientinnen konkret dazu anzuhalten, einen Arzt aufzusuchen
oder vorhandene mögliche Fehlvorstellungen zu erkennen und zu beseitigen, um einen möglichen Verlust des Krankengeldanspruchs
(unter allen Umständen) zu verhindern. Dies hieße die Pflichten des Entlassmanagements und die Möglichkeiten des Krankenhauses
zu überdehnen.
Ein Beratungsfehler der Beklagten ergibt sich mit Blick auf den Krankengeldanspruch ab dem 20. August 2018 schließlich nicht
aus der Vorsprache der Klägerin am 3. Juli 2018 auf einer Geschäftsstelle der Beklagten, worauf das Sozialgericht zutreffend
hingewiesen hat. Der Termin lag zeitlich vor dem ersten stationären Aufenthalt, außerdem ging es dabei nach eigenen Angaben
der Klägerin um ihre möglichen Obliegenheiten im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses.
Zu diesem Zeitpunkt war sie bis zum 9. Juli 2018 krankgeschrieben und es bestand keine Notwendigkeit, sie auf ihre Obliegenheit
hinzuweisen, sich für eine nahtlose Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nach einem stationären Aufenthalt zeitnah bei den
behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu melden.
Aus den der Klägerin am 11. September 2018 und 24. September 2018 übersandten Mitteilungen zur Höhe des kalendertäglichen
Krankengeldanspruchs ab dem 1. August bzw. 1. September 2018 ergibt sich schließlich kein Anspruch auf Bewilligung von Krankengeld.
Zum einen hatten beide Schreiben ausweislich des Wortlauts Informationscharakter („wir möchten Sie gern über Ihr Krankengeld
informieren“), zum anderen enthielten beide hinsichtlich der mitgeteilten Höhe des Krankengeldes die Einschränkung „wenn alle
Voraussetzungen vorliegen“.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG).