Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehren Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beim Sozialgericht
Chemnitz, in dem sie für Oktober 2010 höhere als die bisher vom Jobcenter Vogtland (im Folgenden: Beklagter) nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligten Leistungen begehren.
Die Kläger beziehen laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Mit Änderungsbescheid vom 21.09.2010 zum Bewilligungsbescheid
vom 08.07.2010 wurden ihnen Leistungen für die Zeit von 01.10.2010 bis 17.10.2010 in Höhe von 233,12 EUR und für die Zeit
von 18.10.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 181,73 EUR gewährt. Der Kläger zu 3 wurde am 18.10.2010 volljährig. Bei der Berechnung
wurde zugunsten der Klägerin zu 2 ein Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen G in Höhe von 17 % der maßgeblichen
Regelleistung berücksichtigt. Die Klägerin zu 2 bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 786,37 EUR,
für den Kläger zu 3 wurden Kindergeld und dessen Erwerbseinkommen abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 EUR berücksichtigt.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2011 zurück. Die Klägerin zu 2 werde
zu Unrecht begünstigt, weil es sich nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung um eine arbeitsmarktbedingte Erwerbsunfähigkeitsrente
handele, so dass weiter Erwerbsfähigkeit bestehe und damit Anspruch auf Arbeitslosengeld II, nicht auf Sozialgeld. Für diese
Fälle sei kein Mehrbedarf vorgesehen. Zu berücksichtigen seien Kosten der Unterkunft im Oktober 2010 in Höhe von insgesamt
333,29 EUR. Da die Warmwasserbereitung über Durchlauferhitzer erfolge, bleibe ein Warmwasserabzug von den Heizkosten außer
Betracht. Somit ergebe sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.266,29 EUR (1.321,29 EUR abzüglich 55,00 EUR Mehrbedarf). Darauf
sei das Einkommen anzurechnen. Bei der Anrechung des Kindergeldes sei der Kläger zu 3 zu Unrecht begünstigt worden. Anspruch
bestehe nur in Höhe von 353,92 EUR; erhalten hätten die Kläger 414,85 EUR.
Dagegen haben die Kläger am 18.05.2011 beim Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beantragt und hierzu am 20.05.2011 eine Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu den Akten gereicht.
Sie haben geltend gemacht, die Kosten der Warmwasserbereitung seien zu übernehmen; es handele sich ausschließlich um Richterrecht
und die Auffassung, dass die Kosten hierfür aus der Regelleistung zu bestreiten seien, sei fehlerhaft. Beim Kläger zu 3 seien
das Erwerbseinkommen und das Einkommen aus Kindergeld zusammenzurechnen und dann entsprechend zu bereinigen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 23.05.2011 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender
Erfolgsaussicht abgelehnt. Den Klägern stünden keine höheren Leistungen zu, weil der Bedarf zutreffend berechnet worden und
die Bereinigung des vom Kläger zu 3 erzielten Einkommens nicht zu beanstanden seien. Ferner dürfte die Klage verfristet sein.
Der Beschluss sei für die Beteiligten unanfechtbar, wie die Beschwer der Kläger für den strittigen Zeitraum unbeschadet des
unbezifferten Antrages nach dem klägerischen Vortrag keine 750,00 EUR erreiche. Dem Beschluss war dennoch eine Rechtsmittelbelehrung
beigefügt, wonach die Beschwerde zulässig sei.
Gegen den ihm am 30.05.2011 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 31.05.2011 beim Sozialgericht
Chemnitz Beschwerde eingelegt, ohne diese zu begründen. Die Aufforderung, eine Beschwerdebegründung vorzulegen und sich zur
Statthaftigkeit der Beschwerde zu äußern, ist ohne Antwort geblieben.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 23.05.2011 aufzuheben und ihnen für das beim Sozialgericht Chemnitz unter dem
Aktenzeichen S 6 AS 2265/11 geführte Verfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihren Rechtsanwalt beizuordnen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Er trägt vor, die falsche Rechtsmittelbelehrung sei insoweit unbeachtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob in der Hauptsache die Berufung statthaft wäre, da nach der ständigen Rechtsprechung
des erkennenden Senats seit dem Beschluss vom 18.03.2009 (L 7 B 446/08 AS-PKH) die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nach §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung nur dann ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen
oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat. Daran hat der Senat auch nach den später ergangenen abweichenden Entscheidungen
hierzu - insbesondere anderer Senate des Sächsischen Landessozialgerichts (vgl. Beschlüsse vom 25.02.2011 - L 1 KR 214/10 B PKH - und 18.08.2009 - L 2 AS 321/09 B PKH und L 2 AS 352/09 B PKH) - festgehalten. Denn nach Auffassung des Senats bestehen insbesondere weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein
Wertungswiderspruch und §
127 Abs.
2 Satz 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) ist nicht entsprechend anzuwenden (vgl. ausführlich Beschluss vom 01.10.2009 - L 7 AS 294/09 B PKH - Juris - und Beschluss vom 25.01.2010 - L 7 AS 487/09 B PKH). Hieran hat der Gesetzgeber in Bezug auf den Beschwerdeausschluss in §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG nichts geändert, sondern mit Wirkung vom 11.08.2010 lediglich die Beschwerdemöglichkeit gegen Prozesskostenhilfeentscheidungen
in Eilverfahren weiter beschränkt (vgl. §
172 Abs.
3 Nr.
1 2. HS
SGG in der Fassung des Art. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010, BGBl. I S. 1131-1132). Somit ist weiterhin nicht entscheidend, ob ein Ausschluss der Beschwerde mit dem
Grundgesetz (
GG) vereinbar wäre (vgl. hierzu z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 25.11.2009 - 1 BvR 2515/09, RdNr. 4). Das Sozialgericht hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ausschließlich auf die fehlende Aussicht auf Erfolg
der Rechtsverfolgung gestützt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Gemäß §
73a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist. Das Gericht kann sich mit einer vorläufigen
Prüfung der Erfolgsaussichten begnügen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 07.05.1997 - 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745-2746; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 58. Aufl., §
114 RdNr. 80). Der Erfolg braucht also nicht gewiss zu sein, er muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich haben. Prozesskostenhilfe kann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen
ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17.02.1998, SozR 3-1500 § 62
Nr. 19, SächsLSG, Beschluss vom 30.04.1998 - L 3 AL 47/98). Wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag weitere Ermittlungen von Amts wegen erforderlich
sind, ist die Erfolgsaussicht häufig, aber nicht immer, gegeben. Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren durchzuführenden summarischen
Prüfung ist eine hinreichende Erfolgsaussicht zu verneinen, wenn sich aus den Verfahrensunterlagen unter Berücksichtigung
des Vorbringens der Beteiligten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben.
Gemessen hieran waren die Erfolgsaussichten der Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags
auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, hier: am 20.05.2011 - nicht hinreichend. Der Senat schließt sich aus eigener Überzeugung
den ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts an, soweit dieses den geltend gemachten Anspruch in der
Sache verneint hat und sieht insoweit in entsprechender Anwendung des §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Dagegen haben die Kläger auch nichts vorgebracht. Allein der Umstand, dass sie eine andere Rechtsansicht vertreten als beispielsweise
das Bundessozialgericht, führt nicht dazu, dass eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage zu bejahen wäre. Zutreffend hat
das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 keine Rechtsgrundlage
für die Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vor 01.01.2011 gegeben ist. Dies gilt auch im Fall der Kläger.
Daher hat die Beschwerde keinen Erfolg. Auf die Frage der Bedürftigkeit der Kläger kommt es somit nicht weiter an.
Die außergerichtlichen Kosten sind nicht erstattungsfähig (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).