Anspruch auf Arbeitslosengeld; Erfüllung der Anwartschaftszeit durch die Teilnahme an einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1. Oktober 2004.
Der 1962 geborene Kläger bezog als Spätaussiedler zunächst Eingliederungshilfe und später bis zum 30. September 2003 Sozialhilfe
nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Am 1. Oktober 2003 schloss er einen mit "Arbeitsvertrag" überschriebenen Vertrag mit dem Sozialwerk 95 e.V. (Auerbach/Vogtland)
für die Zeit vom 1. Oktober 2003 bis 30. September 2004 auf Grundlage des Projektes "Arbeit und Qualifizierung statt Sozialhilfe
- AQSS" und des "bestätigten Zuwendungsbescheides". Das Aufgabengebiet umfasste danach Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung
und Integration. Es wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und ein monatliches Bruttoeinkommen von 930,00 EUR
vereinbart. Dem befristeten Arbeitsvertrag lag eine Vereinbarung über "Qualifizierung und Arbeit statt Sozialhilfe" (QAS)
vom 15. Oktober 2003 zwischen dem beigeladenen Sozialhilfeträger und dem Sozialwerk 95 e.V. als Träger der Maßnahme zugrunde.
Danach wurde die Maßnahme aus Mitteln des Sozialamtes und des Europäischen Sozialfondes (ESF) sowie aus Landesmitteln finanziert.
Der Einsatz der Sozialhilfeempfänger sollte unterteilt in 25 Prozent Theorie, 25 Prozent praktische Unterweisung und 50 Prozent
Arbeitserfahrung erfolgen.
Am 5. August 2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte am 6. Oktober 2004 die Gewährung von
Arbeitslosengeld. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 2004 und Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2004
ab, weil der Kläger innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 1. Oktober 2004 nicht mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Hiergegen hat der Kläger am 19. November 2004 Klage erhoben und vorgetragen, dass er vor dem 1. Oktober 2004 im Rahmen seiner
Tätigkeit beim Sozialwerk 95 e.V. in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden und auch Sozialversicherungsbeiträge
abgeführt habe. Im Übrigen sei er in der Tischlerei des Sozialwerkes als Schlosser eingesetzt worden bei einer täglichen Arbeitszeit
von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr. Hierfür habe er eine Vergütung erhalten. Er sei arbeitsvertraglich 40 Stunden weisungsgebunden
tätig gewesen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 19. Mai 2006 den Landkreis Vogtlandkreis, den zuständigen Sozialhilfeträger, zum Verfahren
beigeladen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Zeuginnen E und R, Mitarbeiterinnen des Sozialwerkes
95 e.V., zu Art und Weise sowie Umfang der Tätigkeit des Klägers befragt. Es wird insoweit auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 13. Juni 2006 hat das Sozialgericht den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2004
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld
dem Grunde nach zu gewähren. Nach Einvernahme der beiden Zeuginnen sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Tätigkeit
des Klägers sowohl in der Holzwerkstatt als auch als Hausmeister eine beitragspflichtige Beschäftigung gewesen sei, die jedoch
nicht im Rahmen von Leistungen des Europäischen Sozialfonds zu fördern gewesen wäre, sondern allenfalls im Rahmen der Aufnahme
einer beitragspflichtigen Beschäftigung beispielsweise für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose. So habe die Zeugin E
ausgesagt, dass der Kläger nach sechs Wochen allgemeiner Unterweisung selbständig in der Holzwerkstatt, die direkt zum Sozialwerk
95 e.V. gehöre, gearbeitet habe. Er habe therapeutisches Holzspielzeug, welches auf dem Markt sehr teuer sei, anhand von Katalogen
nachgebaut. Der Verein habe dieses gegen Selbstkostenerstattung an Kindergärten verkauft. Die Tätigkeit sei bezüglich Zeit,
Ort und Art der Arbeitsausführung weisungsgebunden vom Kläger durchgeführt worden. In der Arbeitsausführung habe der Kläger
jedoch alsbald selbständig gearbeitet. Bezüglich der Hausmeistertätigkeit des Klägers seien die Aussagen der Zeuginnen zwar
nicht einheitlich gewesen. So habe die Zeugin E ausgesagt, dass der Kläger ca. viereinhalb Monate reine Hausmeistertätigkeiten
im Objekt des Sozialwerkes verrichtet habe. Die Zeugin R habe dagegen eingeschätzt, dass der Kläger abwechselnd in der Tischlerei
und dann wieder als Hausmeister eingesetzt gewesen sei. Diesem Umstand sei jedoch keine entscheidende Bedeutung zuzumessen.
Denn jedenfalls sei auch diese Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit und damit Arbeitnehmertätigkeit, einzustufen, zumal das
Sozialwerk 95 e.V. über keinen eigenen Hausmeister verfüge. Das Sozialwerk habe sich die technischen Kenntnisse des Klägers
wie die eines normalen Arbeitnehmers zunutze gemacht. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung seien auch die ersten sechs Wochen
der theoretischen Ausbildung als Teil des Arbeitsverhältnisses anzusehen, da der Kläger während dieser Zeit auf seine Tätigkeit
in der Holzwerkstatt bzw. als Hausmeister vorbereitet worden sei. Insoweit habe er Kenntnisse im Sinne des §
7 Abs.
2 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) erworben. Auch bei "normalen" Arbeitsverhältnissen sei oft eine Qualifizierung im Sinne von Lehrgängen vorgeschaltet, ohne
dass der jeweilige Arbeitgeber auf die Idee käme, diese Zeit nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen. Auch ein Probearbeitsverhältnis
zum Austesten von Fähigkeiten eines Arbeitsnehmers sei ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis. Ausgehend von einem einheitlichen
Arbeitsverhältnis sei daher das Beschäftigungsverhältnis für die gesamte Zeit vom 1. Oktober 2003 bis 30. September 2004 beitragspflichtig
gewesen, sodass der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllt habe.
Gegen das ihr am 29. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Juli 2006 Berufung eingelegt und unter Einbeziehung
ihrer erstinstanzlichen Ausführungen angemerkt, dass der überwiegende Teil der Maßnahmen aus einem Qualifizierungs- und einem
Beschäftigungsanteil bestanden habe. Bei diesen Maßnahmeteilen habe es an der tatsächlichen Integration der Teilnehmer in
den Produktions- bzw. Dienstleistungsprozess eines auf dem freien Mark tätigen Unternehmens gefehlt. Die betriebliche Praxis
sollte durch Betriebspraktika oder durch den üblichen Betriebsabläufen nachgebildete Sachverhalte kennen gelernt werden. Es
handele sich daher bei diesen Maßnahmen in der Regel um eine außerbetriebliche Weiterbildung und keine Beschäftigung im Sinne
des §
25 Abs.
1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III). Das Aufgabengebiet des Klägers habe Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung und Integration umfasst. Der Arbeitsvertrag
habe nur im Zusammenhang mit der Bewilligung von Fördermitteln entsprechend des Zuwendungsbescheides (Punkt 7) gegolten. Das
Sozialwerk 95 e.V. sei eine selbständige, von einem Betrieb unabhängige Bildungseinrichtung, deren überwiegender Zweck darin
bestünde, im weitesten Sinne berufliche Bildung und Qualifikation (u. a. im Rahmen der Jugendberufshilfe) zu vermitteln. Es
handele sich gerade nicht um einen Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb im üblichen Sinne. Der Kläger habe in der eigenen
Holzwerkstatt des Sozialwerkes keine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert erbracht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat Unterlagen des Sozialwerk 95 e.V. über den Umfang und die Teilnahme der vom Kläger absolvierten Maßnahme beigezogen,
unter anderem die Satzung des Vereins, die Theoriezeiten der Maßnahme 2003 nebst Anwesenheitslisten, die Projektbeschreibung
und den Zuwendungsbescheid des Beigeladenen sowie die Vereinbarung "QAS" zwischen Beigeladenen und dem Sozialwerk 95 e.V.
Auf Grund des beim Bundessozialgerichts unter dem Az.: B 7a AL 70/06 R anhängigen Revisionsverfahrens ist der Rechtsstreit
unter dem Az.: L 1 AL 142/06 unter Verjährungsverzicht der Beklagten mit Beschluss vom 20. Juni 2007 ruhend gestellt und mit Verfügung vom 25. Juni 2008
unter dem Az.: L 1 AL 116/08, ab 1. Januar 2013 unter dem Az.: L 3 AL 116/08 fortgeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die
Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht mit Urteil vom 13. Juni 2006 den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2004 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2004 aufgehoben, da diese rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen
(vgl. §
54 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Der Anspruch des Klägers scheitert vorliegend bereits daran, dass er in der Zeit vom 1. Oktober 2003 bis 30. September 2004
im Rahmen seiner Tätigkeit "Qualifizierung und Arbeit statt Sozialhilfe" beim Sozialwerk 95 e.V. nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis
gestanden hat.
Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte gemäß §
117 Abs.
1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung nur, wer arbeitslos war sowie sich arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit
erfüllt hatte. Der Kläger hatte jedoch entgegen den Feststellungen des Sozialgerichtes die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Die Anwartschaftszeit hatte gemäß §
123 Satz 1 Nr.
1 SGB III in der hier gemäß § 434j Abs. 3
SGB III noch anwendbaren, ansonsten nur bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Artikels 1 Nr. 20 des Ersten Gesetzes zur
Änderung des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes
SGB III-Änderungsgesetz - 1.
SGB III-ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I. S. 2970, geändert durch Artikel 13 Nr. 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 4013]; im Folgenden: a. F.) erfüllt, wer
in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte. Die in §
123 Satz 1
SGB III in Bezug genommene Rahmenfrist betrug gemäß §
124 Abs.
1 SGB III [in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung] i. V. m. § 434j Abs. 3
SGB III drei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruches. Da der
Kläger in den letzten drei Jahren vor dem 1. Oktober 2004 lediglich an der vom 1. Oktober 2003 bis 30. September 2004 dauernden
Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hatte und diese kein Versicherungspflichtverhältnis begründet, scheitert
die Erfüllung der Anwartschaftszeit bereits hieran.
In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß §
24 Abs.
1 SGB III Personen, die entweder als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Insbesondere sind gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt (Alternative 1) oder zu ihrer Berufsausbildung (Alternative 2)
beschäftigt sind. Beide Alternativen kommen vorliegend nicht in Betracht.
Insbesondere war der Kläger nicht gemäß §
25 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1
SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. Gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 2. November 2006 - L 3 AL 164/05 - JURIS-Dokument Rdnr. 28), wer für eine Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) als Gegenleistung Arbeitsentgelt erhält oder beanspruchen kann (vgl. Scheidt, in: Mutschler u. a. (Hrsg.),
Sozialgesetzbuch III [5. Aufl., 2013], §
25 Rdnr. 21 f.), wenn mithin ein freies Austauschverhältnis von Lohn und Arbeit im Sinne gegenseitig geschuldeter, nicht notwendig
tatsächlich zufließender Arbeits- und Lohnleistung vorliegt (vgl. Schlegel, in: Eicher/Schlegel,
SGB III [Stand: 115. Erg.-Lfg., Dezember 2012], §
25 Rdnr. 46 ff.). Der entscheidende Senat hat bereits im Urteil vom 2. November 2006 zu einem ähnlich gelagerten Fall ausgeführt,
dass die nichtselbstständige Tätigkeit des Klägers im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses
gegen Arbeitsentgelt verrichtet wurde, sondern zum Zwecke seiner Aus- bzw. Weiterbildung (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 2. November
2006, aaO., Rdnr. 30 ff.; bestätigt durch BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL 70/06 R - SozR 4-4300 § 25 Nr. 2 = JURIS-Dokument). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung
sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Die Eingliederung des Beschäftigten in einem Betrieb äußert sich dabei in der Regel in der faktischen Verfügungsmöglichkeit
des Arbeitgebers mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Weisungsrecht des Betriebsinhabers, bezogen auf Zeit, Ort,
Dauer, Inhalt und Gestaltung der Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008, aaO., jeweils Rdnr. 12, m. w. N.). Die weitergehende Zuordnung hat unter Beachtung des Gesamtbildes
der Tätigkeit unter Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls ausgehend von der vertraglichen Ausgestaltung
der Verhältnisse zu erfolgen (vgl. BSG, aaO.).
Die Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses liegen hier nicht vor. Wie bereits im Urteil vom 2. November 2006 war zwar
auch im hier zu entscheidenden Fall eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche mit festen Urlaubszeiten vereinbart. Des Weiteren
sprechen die Bestimmungen zur Durchführung der Maßnahme insbesondere Ort, Zeit und Art der zu verrichtenden Tätigkeiten sowie
den Praktikumszeiten für eine Weisungsunterworfenheit des Klägers in die Organisation des Sozialwerkes. Entscheidend ist jedoch,
dass das Direktionsrecht im Rahmen der Leistung von fremdnütziger Arbeit und nicht innerhalb anderer Zielsetzungen (z. B.
bei Unterrichts-, Lehr- und Übungsveranstaltungen) ausgeübt wird (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008, aaO., jeweils Rdnr. 13).
Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Ausweislich der vorliegenden Anträge und Projektunterlagen bestand das Weisungsrecht
des Sozialwerkes nicht im Rahmen der Leistung von Arbeit, sondern hatte vielmehr den Zweck, den Kläger wieder auf den ersten
Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Tätigkeit des Klägers wurde nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt
verrichtet, sondern zum Zwecke seiner Aus- und Weiterbildung. Deren Ziel war es, arbeitslose Sozialhilfeempfänger wieder an
eine berufliche Tätigkeit heranzuführen, indem ihnen theoretische und praktische Fähigkeiten vermittelt wurden. Der Sozialwerk
95 e.V. als alleiniger Vertragspartner des Klägers setzte dieses zu Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung und Integration
ein. Sowohl Zweck des Vertrages als auch deren Dauer waren vom Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 30.
Juli 2003 bestimmt. Zuwendungszweck war danach die Integration von Spätaussiedlern. Nur unter diesen Voraussetzungen und bei
entsprechenden Nachweisen wurden die Fördergelder des Europäischen Sozialfondes gewährt. Die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten,
welche zu 50 Prozent Qualifizierung mit theoretischen und praktischen Unterweisungen waren, stellten keine abhängige Beschäftigung
im Sinne der Arbeitslosenversicherung dar. Ziel des Programms war es vielmehr, den Maßnahmeteilnehmern einen Einblick in die
notwendigen Tätigkeiten des beruflichen Alltags zu ermöglichen sowie unter Anleitung das Arbeitsgebiet kennenzulernen. Das
Praktikum war darauf gerichtet, dem Beschäftigten das Wissen durch praktische Tätigkeit zu vermitteln und insbesondere die
aus dem Sozialhilfebezug stammenden Teilnehmer durch praktische Tätigkeit wieder an regelmäßige Arbeitszeiten und Abläufe
zu gewöhnen, die Motivation zu fördern und Einblicke in Berufsbilder zu geben, um sich beruflich zu orientieren. Somit sollten
für Sozialhilfeempfänger die Integrationschancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden, um zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit
zu führen. Ausweislich der vorliegenden Kurskonzepte handelt es sich um eine fachtheoretische und fachpraktische Qualifizierung
im Garten- und Landschaftsbau und haustechnischen Diensten. Eigens hierfür wurden vom Sozialwerk 95 e.V. aus den angeforderten
ESF-Mitteln ein Sozialpädagoge und eine Lehrkraft für die Tischlerei eingestellt. Die fachlichen Hauptschwerpunkte wurden
ergänzt durch Deutschkurse, PC-Führerschein bzw. Medienkompetenz und Training sozialer Kompetenzen. Während der gesamten Maßnahme
wurde eine sozialpädagogische Betreuung angeboten und abgesichert. Aus den beigefügten Projektanträgen wird ersichtlich, dass
die Tätigkeit des Klägers nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt verrichtet wurde, sondern
zum Zwecke seiner Integrationsfähigkeit und Weiterbildung im weitesten Sinne. Es sollte die soziale und persönliche Kompetenz
reaktiviert und gestärkt, fachliche Wissens- und Medienkompetenz vermittelt und berufliche Kompetenz erlangt werden. Von einem
betrieblichen Beschäftigungsverhältnis mit einer Einbindung in einen wirtschaftlich arbeitenden Produktions- und Dienstleistungsbetrieb
im üblichen Sinne kann daher nicht gesprochen werden.
Unerheblich ist dabei, dass der geschlossene Vertrag als Arbeitsvertrag bezeichnet und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
geleistet worden. Denn die Erfüllung der Anwartschaftszeit hängt von einer ihrer Art nach die Anwartschaftszeit begründenden
Beschäftigung, nicht dagegen von der Entrichtung von Beiträgen, ab (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008, aaO., jeweils Rdnr. 19, m. w. N.).
Dass sich dieses Ziel beim Kläger relativ unproblematisch realisieren ließ und er bereits nach kurzer Zeit der Einarbeit in
der Lage war, selbständig Hausmeisterdienste im Sozialwerk 95 e.V. ebenso zu erledigen wie nach Vorgaben Holzspielzeug in
der Holzwerkstatt des Sozialwerkes herzustellen, ändert daran nichts. Denn entgegen der Ansicht des Sozialgerichts hat der
Kläger in der Holzwerkstatt keine Arbeit von wirtschaftlichem Wert für das Sozialwerk 95 e.V. erbracht. Zum einen wurde das
Spielzeug zum Selbstkostenpreis an die einzelnen Kindergärten abgegeben. Auch war der (Betriebs-)Zweck des Vereins gerade
nicht auf die Schaffung wirtschaftlich verwertbarer Gegenstände gerichtet. Ausweislich der 2. Satzung des Sozialwerks 95 e.V.
verfolgt der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke, wobei die Förderung und Unterstützung
von allen Initiativen zur Verbesserung der sozialen Situation von Jugendlichen und Erwachsenen im Vordergrund stand. Auch
wurde die streitgegenständliche Maßnahme nach den Richtlinien des Europäischen Sozialfonds durchgeführt. Die vom Sozialverband
eingereichten Unterlagen wie Projektantrag, Projektbeschreibung, Kosten- und Finanzierungsplan sowie der Zuwendungsbescheid
bestätigen den gemeinnützigen, nicht eigenwirtschaftlichen und integrativen Zweck der Maßnahme.
Unzutreffend argumentiert daher das Sozialgericht, es wäre vorliegend die Förderung des Klägers durch andere Eingliederungszuschüsse,
zum Beispiel für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose, angebracht gewesen. Diese wären allein schon deshalb ins Leere
gelaufen, weil es sich beim Sozialwerk 95 e.V. nach den obigen Feststellungen gerade nicht um einen Produktions- und Dienstleistungsbetrieb
im herkömmlichen Sinne handelte. Ein arbeitsvertraglicher Einsatz, etwa in einem "Produktionsbereich Holzwerkstatt", konnte
daher schon der Natur der Sache nach nicht erfolgen.
Ein Versicherungspflichtverhältnis des Klägers bestand auch nicht nach anderen Regelungen des §
25 SGB III. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Rahmen einer Berufsausbildung (vgl. §
25 Abs.
1 Satz 1 Alt. 2
SGB III) erfordert unter anderem, dass der Auszubildende wie ein Arbeitnehmer in einem Betrieb "beschäftigt" ist. Jedenfalls hieran
fehlt es vorliegend (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008, aaO., jeweils Rdnr. 16). Für ein Versicherungspflichtverhältnis des Klägers im Sinne von §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB III mangelt es an einem Berufsausbildungsvertrag nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008, aaO., Rdnr. 17 f.).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. §
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.