Hinterbliebenenrente nach Scheidung und Wiederheirat desselben Ehegatten
Vermutung einer Versorgungsehe
Rentenversicherungsrechtlicher Abschluss einer Ehe durch Scheidung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach der am xxxxx 1953 geborenen und am xxxxx 2010 verstorbenen
Versicherten U.G. streitig.
Der am xxxxx 1950 geborene Kläger war in der Zeit vom xxxxx 1976 bis xxxxx 2007 mit der am xxxxx 1953 geborenen Versicherten
U.G. verheiratet. Die Scheidung dieser Ehe erfolgte durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg-B. vom xxxxx 2007. Schon seit 2002
hatten die Eheleute, zunächst innerhalb der gemeinsamen Wohnung, getrennt gelebt. Im Jahre 2007 war die Versicherte aus der
gemeinsamen Wohnung ausgezogen und im Jahre 2008 an die O. gezogen, wo zunächst der gemeinsame erwachsene Sohn mit eingezogen
war. Später zog der Kläger anstelle des Sohnes mit bei der Versicherten ein, bei der im xxxxx 2010 eine Krebserkrankung diagnostiziert
wurde. Während des anlässlich dieser Erkrankung erfolgten Krankenhausaufenthaltes heirateten der Kläger und die Versicherte
am xxxxx 2010 im Rahmen einer Nottrauung erneut. Am 23. Juli 2010 verstarb die Versicherte. Den Antrag des Klägers auf Gewährung
von Hinterbliebenenrente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Oktober 2010 und Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2011
unter Hinweis auf die kurze Dauer der Ehe ab, weil von einer so genannten Versorgungsehe auszugehen sei.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht medizinische Unterlagen über die verstorbene Versicherte beigezogen
und im Termin am 12. Dezember 2013 den Sohn des Klägers und der Versicherten als Zeugen gehört. Hinsichtlich der Angaben des
Zeugen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12. Dezember 2013 Bezug genommen. Durch sein Urteil vom 12. Dezember 2013 hat das
Sozialgericht die Klage dann mit der Begründung abgewiesen, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe des §
46 Absatz
2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (
SGB VI) nicht widerlegt sei. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei der bevorstehende Tod der Versicherten sowohl nach den Angaben
des Klägers als auch nach den Unterlagen des Krankenhauses ohne Zweifel absehbar gewesen. Auch sei nicht nachvollziehbar,
aus welchem Grund der nach den Angaben des Klägers vorliegende gemeinsame Wunsch nach einer Wiederheirat nicht zu einem früheren
Zeitpunkt umgesetzt worden sei. Überzeugende Umstände, die dem entgegengestanden hätten, seien weder für das Jahr 2009 noch
das erste Halbjahr 2010 ersichtlich. Auf die Entscheidung des Sozialgerichts, die dem Kläger am 6. Januar 2014 zugestellt
worden ist, wird ergänzend Bezug genommen.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger am 6. Februar 2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass
die kurze Zeit der Trennung der Eheleute gegenüber der langjährigen Ehe nicht ins Gewicht fallen dürfe. Zu der Nottrauung
sei es gekommen, weil es der Herzenswunsch der Versicherten gewesen sei, wieder mit ihm, dem Kläger, verheiratet zu sein,
zumal sie ihren Rentenanspruch durchgesetzt gehabt habe und nicht mehr abhängig vom Job-Center gewesen sei. Außerdem habe
zum Zeitpunkt der Eheschließung noch eine Lebenserwartung der Versicherten von etwa zwei Jahren bestanden, die nur durch die
fehlerhafte Chemotherapie verkürzt worden sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.
Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm
Hinterbliebenenrente nach der am xxxxx 1953 geborenen und am xxxxx 2010 verstorbenen Versicherten U.G. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Ausführungen
des Klägers in der Berufungsschrift seien nicht geeignet, eine andere Sicht der Dinge zu vermitteln.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden
erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift
vom 26. Mai 2015 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsstreit konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden werden, da
sich die Beteiligten einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§
155 Abs.
3 u. 4
Sozialgerichtsgesetz (
SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte Berufung des Klägers (§§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat mit seinem angefochtenen Urteil die Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach der
Versicherten U.G. unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Ausgehend
von einem vollständig ermittelten Sachverhalt hat es unter Beachtung und Darlegung der einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen
Rechtsprechung und Literatur zu der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe nach §
46 Abs.
2a SGB VI und der Möglichkeit zu deren Widerlegung zutreffend dargelegt, dass diese Vermutung im vorliegenden Fall nicht mit dem erforderlichen
Vollbeweis widerlegt ist und es schon deshalb an den rechtlichen Voraussetzungen für die geltend gemachte Hinterbliebenenrente
fehlt. Das Gericht hält die diesbezüglichen Ausführungen für überzeugend, schließt sich ihnen an und nimmt zur Vermeidung
von Wiederholungen vollen Umfangs auf sie Bezug (§
153 Abs.
2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers während des Berufungsverfahrens hat keine - neuen - Erkenntnisse erbracht, die den klägerischen
Anspruch stützen und zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten. Soweit sich der Kläger auf die frühere, über
30-jährige Ehe bezieht, verkennt er, dass dieser hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob es sich bei der neuen Ehe um eine
so genannte Versorgungsehe handelt, keine Bedeutung zukommt. Durch den bei der Scheidung der ersten Ehe durchgeführten Versorgungsausgleich
ist die alte Ehe rentenversicherungsrechtlich endgültig abgeschlossen. Hinsichtlich der neuen, nur zwölf Tage dauernden Ehe
müssten besondere Umstände ersichtlich sein, die belegten, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe handelt. Derartige Umstände
sind insbesondere unter Berücksichtigung der im Krankenhaus erfolgten Nottrauung und der Eintragungen im Pflegeprotokoll der
A. Klinik W. für den Hochzeitstag, aus denen sich ohne Zweifel eine nur noch sehr kurze Lebenserwartung und auch ablesen lässt,
dass dies dem Kläger bekannt war, gerade nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als der Kläger sowohl in seiner Berufungsschrift
als auch mehrfach während der mündlichen Verhandlung hat erkennen lassen, dass zumindest für die Versicherte der Rentenanspruch
durchaus für die Eheschließung und deren Zeitpunkt von nicht unerheblicher Bedeutung war. Der Umstand, dass der Kläger im
Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2015 auf Nachfrage des Gerichts das Datum seiner Verlobung mit der Versicherten
nicht korrekt benennen konnte, rundet den vom Gericht gewonnenen Eindruck von den Verhältnissen lediglich noch ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG nicht vorliegen.