Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin der Beklagten weitere Sozialversicherungsbeiträge schuldet.
Die Beklagte führte am 3. September 2003 bei der Klägerin, die ein zahntechnisches Labor betreibt, eine Betriebsprüfung für
die Jahre 1999 bis 2002 durch. Dabei erhielt die Prüferin Einsicht in die sozialversicherungsrechtlich relevanten Geschäftsunterlagen
der Klägerin.
Mit Bescheid vom 15. September 2003 forderte die Beklagte gegenüber der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt
1.864,20 EUR nach, die sich ergeben sollten aus fehlerhaft behandelten Entgelten für den Beigeladenen zu 3) (R.) sowie von
zwei weiteren Bediensteten der Klägerin. In der Begründung des Bescheides heißt es, für die Berechnung der Beiträge seien
Provisionen grundsätzlich in dem Lohnabrechnungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie erzielt worden seien. Das ergebe sich
aus dem Charakter der Provisionen als laufendes Arbeitsentgelt und der dann anzuwendenden Fälligkeitsvorschrift des §
23 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV). Provisionen seien dann erzielt, wenn der Anspruch darauf entstanden sei. Die Zuordnung solcher Zahlungen nach diesem Grundsatz
habe zur Folge, dass bei verspäteter Auszahlung von Provisionen eine Korrektur der Beitragsberechnung vorzunehmen sei. Da
solche Korrekturen mit erheblicher Mehrarbeit verbunden seien, bestünden keine Bedenken, wenn Provisionen, die zwar zeitversetzt,
aber monatlich ausgezahlt würden, im Lohnabrechnungszeitraum der Auszahlung zur Beitragsberechnung herangezogen würden. Würden
Provisionen in größeren Zeitabständen als monatlich gezahlt und sei eine genaue Aufschlüsselung auf die Monate des Anspruchserwerbs
nicht mehr möglich, so sei eine gleichmäßige Aufteilung der Zahlung auf die einzelnen Monate des Anspruchszeitraums zulässig.
Lediglich dann, wenn sie ohne Bezug auf bestimmte Lohnabrechnungszeiträume gezahlt würden, seien Provisionen als einmalig
gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des §
23 a SGB IV anzusehen. In Einzelfällen seien Provisionen quartalsweise abgerechnet worden. Eine Korrektur der Beitragsberechnung der
betroffenen Monate sei nicht vorgenommen worden. Ein Arbeitnehmer habe nach Ablauf eines Jahres eine Provision für das Vorjahr
ausgezahlt erhalten. Diese Provision sei nicht als Einmalzahlung, sondern als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Urlaubsabgeltungen seien Zuwendungen, die nicht für Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt würden. Sie
unterlägen deshalb als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Rahmen des §
23 a SGB IV der Beitragspflicht. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt werde einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugerechnet; jedoch
werde hierbei die monatliche Beitragsbemessungsgrenze außer Kraft gesetzt. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge
schreibe §
23 a SGB IV vor, dass das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt insoweit zur Beitragsberechnung herangezogen werde, als es zusammen mit dem
bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die bis dahin maßgebende anteilige
Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht erreiche. Überschreite das Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung,
so seien die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (hier Beigeladene zu 4) bis zur Beitragsbemessungsgrenze
der Rentenversicherung zu berechnen. Für die Pflegeversicherung gelte die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung.
Die an einen Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung sei als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Eine Zusammenstellung der zu wenig gezahlten Beiträge möge die Klägerin der dem Bescheid beigefügten Anlage zur Berechnung
der Beiträge entnehmen.
In der Anlage ist für den Beigeladenen S. R. für das Jahr 1999 eine sogenannte "Entgeltdifferenz" von 500 DM wegen einer angeblichen
Provisionsnachzahlung im Februar 2000 für 1999 ausgewiesen, des Weiteren für das Jahr 2000 eine "Entgeltdifferenz" in Höhe
von 3.600 DM wegen angeblicher Provisionsnachzahlung für das Jahr 2000 im Januar 2001, schließlich für die Zeit vom 1. Januar
2001 bis 30. November 2001 eine "Entgeltdifferenz" von 6.300 DM mit der Sachverhaltsbezeichnung: "Provisionszahlung (Jahresbezug)
und Urlaubsabgeltung sind einmalige Zuwendungen im Sinne der Sozialversicherung."
Die aus Sicht der Beklagten deshalb jeweils nachzuerhebenden Sozialversicherungsbeiträge flossen als Summanden in die Gesamtforderung
von 1.864,20 EUR ein. Wegen weiterer Einzelheiten der Berechnung wird auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand
des angefochtenen Urteils (S. 3) Bezug genommen.
Die Klägerin erhob Widerspruch und bat mit Schreiben vom 24. Dezember 2003 ausdrücklich darum, die Berechnung neu durchzuführen.
Der Bescheid verletze die Anforderungen an eine Begründungspflicht nach § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Die Begründung erschöpfe sich in formelhaften allgemeinen Darlegungen, die nicht auf den konkreten Fall eingingen. Sie,
die Klägerin, müsse die maßgeblichen Gründe erfahren, die zu der Entscheidung geführt hätten, damit sie in der Lage sei, sich
über einen Rechtsbehelf schlüssig zu werden und ihn sachgemäß zu begründen. Die Begründung des Bescheides bestehe demgegenüber
aus abstrakten Ausführungen zur Berechnung von Provisionen und Urlaubsabgeltungen, die keinen Bezug zum Sachverhalt hätten.
Daran ändere auch die Anlage des Bescheides nichts. Gerade die dortigen Bemerkungen unter der Rubrik "Sachverhalt" stünden
im Widerspruch zu den Ausführungen im Bescheid selbst. Zur Begründung dieser Auffassung führte die Klägerin, genau bezogen
auf einzelne Passagen des Bescheides und der Anlage, mehrere Beispiele nebst Kontrollberechnungen an und beanstandete zugleich,
dass der Bescheid nicht aus sich selbst heraus verständlich sei. So habe es zum Beispiel eine Einmalzahlung in Höhe von 3.600
DM nie gegeben.
Aus einer internen Stellungnahme der Beklagten zum Widerspruch ergibt sich, dass sie die Kenntnisse der Klägerin im Sozialversicherungsrecht
für mangelhaft halte; sie bot ihrem Bevollmächtigten daher eine Unterredung an, um zusammen mit der Buchhalterin die Begründung
und Berechnung der Nachforderung durchzugehen. Darauf ließ die Klägerin sich nicht ein, sondern bestand auf einer schriftlichen
Entscheidung.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, der Widerspruch sei nicht
begründet. Es folgt eine im Wesentlichen wörtliche Wiedergabe der Gesetzesvorschrift des §
14 Abs.
1 Satz 1 sowie des §
23 a Abs.
1 bis 4
SGB IV. Sodann führt die Beklagte aus, bei dem Beigeladenen R. handele es sich um eine Jahresprovision, die nach Ablauf des Geschäftsjahres
ermittelt werde und in der Regel in den ersten drei Monaten des Folgejahres ausgezahlt werde. Zum Ende seines Beschäftigungsverhältnisses
im November 2001 habe der Beigeladene eine Provision für das laufende Jahr sowie eine Urlaubsabgeltung erhalten. Sowohl die
Provisionen als auch die Urlaubsabgeltung seien von der Klägerin bei der Beitragsberechnung im Monat der Auszahlung als laufendes
Entgelt verbeitragt worden. Da es sich hierbei um Einmalzahlungen gehandelt habe, seien die entsprechenden Beiträge "unter
Berücksichtigung der Märzklausel" (für die Provision aus Januar 2001) nachzuerheben. Weitere Ausführungen zur Begründung einer
Beitragsforderung aufgrund der Beschäftigung des Beigeladenen R. enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 3. Juni 2004 zur Post gegeben. Am 5. Juli 2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Hamburg
Klage erhoben und die Anfechtung dabei auf die Beitragsforderung der Beklagten wegen des Beigeladenen R. beschränkt. Später
haben die Beteiligten auch noch einen Betrag in Höhe von 474,89 EUR aus dem Streit genommen, der sich aus einer Zahlung an
den Beigeladenen R. im Januar 2001 ergeben sollte.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, die Beklagte sei im Widerspruchsverfahren nicht auf ihre Rüge einer
mangelnden Begründung des Ausgangsbescheides eingegangen. Auch der Widerspruchsbescheid begründe die streitige Forderung der
Beklagten nicht genügend. Es sei zudem falsch, sämtliche Zahlungen an den Beigeladenen R. über dessen monatliches Arbeitsentgelt
hinaus als "Provisionszahlungen" zu bezeichnen. Provisionen habe der Beigeladene als Zahntechnikermeister und Laborleiter
nicht erhalten dürfen. Vielmehr habe man ihm gelegentlich Sonderzahlungen im Sinne einmalig gezahlten Arbeitsentgelts gewährt.
Solche würden grundsätzlich demjenigen Kalendermonat zugeordnet, in dem sie gezahlt würden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen
(Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze) könnten sie - teilweise - anderen Kalendermonaten zugeordnet werden. Dabei sei
die Beklagte nicht entsprechend dem Gesetz verfahren. Die Berechnung einer "Entgeltdifferenz" in Höhe von 6.300 DM im Jahr
2001 sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Wie sich eine solche ergebe, erschließe sich aus den Bescheiden nicht.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, die Betriebsprüfung sei am 3. September 2003 durchgeführt und an diesem Tag auch abgeschlossen
worden. Die Prüferin der Beklagten habe unbeschränkte Einsichtsmöglichkeiten in ihre Unterlagen gehabt. Mitteilenswert sei,
dass die Prüferin der Beklagten im Dezember 2004, also nach Klagzustellung bei ihrer, der Klägerin, Buchhalterin angerufen
habe, um noch einmal Einsicht in die Abrechnungen und Personaldaten zu bekommen. Dies sei ihr im Hinblick auf das laufende
Gerichtsverfahren verwehrt worden. Es gehe nicht an, nach abschließender Prüfung und Erstellung zweier Bescheide und nach
Klagerhebung von ihr, der Klägerin, zu verlangen, im Klageverfahren noch Kopien der Jahreslohnkonten der Jahre 1999 bis 2001
vorzulegen, um die Nachberechnung nochmals zu prüfen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen: Es gehe um beitragsrechtliche
Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, das in einem Lohnabrechnungszeitraum bis Ende März eines Jahres gezahlt
werde. Bei der Klägerin bestehe offensichtlich Unklarheit darüber, wie nach der sogenannten Märzklausel gemäß §
23 a Abs.
4 SGB IV ein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt abzurechnen sei. In einem solchen Fall sei zunächst zu prüfen, ob mit dem einmalig
gezahlten Arbeitsentgelt die anteiligen Beitragsbemessungsgrenzen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März überschritten würden.
Nur dann sei das gesamte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt dem Vorjahr zuzuschlagen und dort bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze
mit Beiträgen zu belegen. Diese Sachlage habe sich jeweils für das im ersten Quartal der Jahre 2000 und 2001 gezahlte Entgelt
ergeben. Im Übrigen stelle der Begriff einer Provisionszahlung keinen eindeutigen beitragsrechtlichen Sachverhalt dar. Sei
die Provision einem bestimmten Lohnabrechnungsmonat zuzuordnen, in dem sie erzielt worden sei, sei sie einmalig gezahltes
Arbeitsentgelt. Eine Provisionsnachzahlung, die einzelnen Lohnabrechnungszeiträumen zugeordnet werden könne, stelle laufendes
Arbeitsentgelt dar und sei entsprechend der Entstehung auf die Vormonate aufzuteilen und mit Beiträgen zu belegen. Allerdings
sei hier eine exakte Überprüfung der Nachberechnung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht möglich gewesen, da wegen mangelnder
Möglichkeiten während der Betriebsprüfung selbst keine Kopien der Unterlagen der Klägerin hätten gefertigt werden können.
Nachdem die Prüferin Kenntnis von dem Klageverfahren erlangt habe, habe sie sich mit der Buchhalterin der Klägerin und deren
Prozessbevollmächtigten erneut in Verbindung gesetzt, um die Unterlagen doch noch einsehen zu können, jedoch sei ihr dies
verweigert worden. Eine Überprüfung der Angaben der Klägerin sei jedoch durch die Anforderung der Soll-Stellung der Beigeladenen
zu 1) (G. Ersatzkasse) möglich. Die entsprechende Kontrolle habe die Höhe der nachgeforderten Beiträge bestätigt.
Des Weiteren hat die Beklagte vorgetragen, nach § 7 Beitragsverfahrensverordnung sei sie berechtigt, aber nicht verpflichtet
gewesen, im Rahmen einer Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV Kopien schriftlicher Unterlagen des Arbeitsgebers zu fertigen, gleichzeitig sei nach § 9 Satz 2 SGB X das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, im Rahmen
durchzuführender Betriebsprüfungen jährlich über achtzigtausend Beanstandungen erhebe. Im Übrigen regele § 98 SGB X eine Verpflichtung zur Angabe von Tatsachen und Vorlage von Beweismitteln. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die
Klägerin entsprechende Unterlagen bereits im Rahmen der Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV vorgelegt habe. Auch im gerichtlichen Verfahren seien die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet. Schließlich sei auf §
444 Zivilprozessordnung (
ZPO) hinzuweisen, wonach im Falle der Vereitelung des Urkundenbeweises Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den
Inhalt einer Urkunde als bewiesen angesehen werden könnten.
Das Sozialgericht hat die Betriebsprüferin der Beklagten namens G1 B. als Zeugin gehört. Wegen der Thematik und des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Oktober 2007 (Blatt 90 bis 92 der Gerichtsakten) verwiesen.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage
über 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. gegenüber der Klägerin nachberechnet worden sind. In den Entscheidungsgründen
hat es ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei, soweit
noch angefochten, rechtswidrig, da nicht hinreichend bestimmt. Die Klägerin sei deshalb in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte
habe keinen Anspruch auf weitere Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Umlageversicherung für den Beigeladenen R ... Dieser
sei zwar im Prüfungszeitraum bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen. Ob er jedoch im Januar 2000 für das
Jahr 1999 und anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im November 2001 einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im
Sinne von §
23 a SGB IV erhalten habe, sei streitig. Abrechnungsunterlagen bzw. Gehaltskonten, die eine solche Zahlung belegten, lägen nicht vor.
Die Beklagte als Träger der Rentenversicherung prüfe bei der Klägerin als Arbeitgeberin, ob diese ihre Meldepflichten und
ihre sonstigen Pflichten nach dem
SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag stünden, ordnungsgemäß erfülle. Sie prüfe insbesondere die Richtigkeit
der Beitragszahlungen und der Meldungen nach §
28 a SGB IV (§
28 p Abs.
1 Satz 1
SGB IV), wobei die Klägerin verpflichtet sei, angemessene Prüfhilfen zu leisten (§
28 p Abs.
5 Satz 1
SGB IV). Die Beklagte wende nicht ein, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Prüfung gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen habe.
Vielmehr habe die als Zeugin gehörte Prüferin erklärt, am 3. September 2003 hätten ihr die erforderlichen Unterlagen vorgelegen.
Sie habe diese lediglich nicht kopiert.
Die Beklagte begründe ihre Beitragsnachforderungen nicht genügend. Der Hinweis auf bestimmte "Entgeltdifferenzen" wegen Provisionsnachzahlungen
und Urlaubsabgeltung reiche nicht aus. Mit dieser Begründung sei die Beitragsforderung nicht hinreichend bestimmt. In der
Begründung eines Verwaltungsakts seien die wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde
zu ihrer Entscheidung bewogen hätten. Diesen Anforderungen genüge der Bescheid vom 15. September 2003 in Bezug auf die Entgeltdifferenzen
von 500 DM bzw. 6.300 DM nicht. Auch im Widerspruchsverfahren sei es der Beklagten nicht gelungen, die erforderliche Begründung
der Beitragserhebung nachzuholen. Ob sie im Rahmen des Verfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, von der Klägerin die erneute
Vorlage von Abrechnungsunterlagen oder Lohnkonten zu erzwingen, könne dahinstehen, denn sie habe einen solchen Versuch nicht
unternommen. Setze sie die ihr nach dem Gesetz zustehenden Möglichkeiten nicht ein, um notwendige Unterlagen zu erhalten,
könne dies nicht dazu führen, dass streitige Tatsachen als bewiesen gälten. Um die fehlende Bestimmtheit des Bescheides noch
im gerichtlichen Verfahren zu heilen, habe die Kammer die Betriebsprüferin als Zeugin gehört. Nach Würdigung ihrer Aussage
sei die Kammer jedoch nicht davon überzeugt, dass tatsächlich weitere Zahlungen an den Beigeladenen R. erfolgt seien. Die
Beklagte befinde sich trotzdem nicht in einem Beweisnotstand, der eine ihr günstige Entscheidung ermögliche. Ein solcher trete
nicht schon dann ein, wenn es die Beklagte versäume, Kopien relevanter Belege anfertigen zu lassen, weil sie darauf vertraue,
dass im Falle von Streitigkeiten ihr noch einmal Einsicht gewährt werde. Ihr sei es unbenommen, aus praktischen Gründen auf
die Anfertigung von Kopien zu verzichten. Führe dies dazu, dass der zu erlassende Bescheid mangels hinreichender Bestimmtheit
rechtswidrig werde, habe sie die Möglichkeit, den Fehler im Widerspruchsverfahren zu heilen, indem dort die erforderlichen
Sachverhaltsfeststellungen, für welche sie die objektive Feststellungslast treffe, nachgeholt würden. Über die Mitwirkungspflicht
der Klägerin bei der Betriebsprüfung selbst, der sie nachgekommen sei, hinaus ergebe sich keine Pflicht, der Beklagten oder
dem Gericht erneut Unterlagen vorzulegen. Auch der Untersuchungsgrundsatz des §
103 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) biete hier keine ausreichende Handhabe, die Klägerin hier um Mitteilung weiterer Urkunden zu ersuchen (§
106 Abs.
3 Nr.
1 SGG). Es sei im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nicht Aufgabe des Gerichts, Verwaltungsakte, die wegen fehlender Bestimmtheit
rechtswidrig seien, durch eigene Ermittlungen zu heilen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist der Beklagten am 10. Januar 2008 zugestellt worden. Am 24. Januar 2008 hat sie Berufung
eingelegt.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, sie habe im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt, dass der Beigeladene
R. im Februar 2001 eine Jahresprovision und im November 2001 eine Jahresprovision und Urlaubsabgeltung erhalten habe. Für
eine ordnungsgemäße Begründung des Nachforderungsbescheides sei im Sinne von § 35 SGB X die Angabe der maßgebenden und tragenden Erwägungen ausreichend, wobei auch die Bezugnahme auf eine dem Bescheid beigefügte
Anlage zulässig sei. Im Übrigen hätte das Sozialgericht im Wege des Urkundenbeweises einschlägige Unterlagen der Klägerin
beiziehen müssen. Auch sei dem Gericht nicht darin zu folgen, dass durch die Zeugenaussage der Betriebsprüferin ein Nachweis
weiterer Zahlungen nicht erbracht worden sei. Ferner könne unter Berücksichtigung der von der Klägerin früher gemeldeten Arbeitsentgelte
"davon ausgegangen werden", dass der Beigeladene R. bestimmte Einmalzahlungen erhalten habe. Das ergebe auch ein Vergleich
mit dem steuerpflichtigen Arbeitsentgelt, wie es vom Finanzamt bestätigt worden sei.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des Sozialgerichts.
Die Beteiligten haben sich sämtlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung allein durch den Berichterstatter
als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Die Sachakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten
des Sachverhalts Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht
begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit mit ihm Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage über den Betrag
von 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. nachberechnet worden sind. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts,
dass die Begründung der Bescheide unzureichend ist und die streitige Beitragsforderung der Beklagten nicht trägt. Dies macht
die Bescheide rechtswidrig, und sie sind im Wege der Anfechtungsklage als die Klägerin in ihren Rechten verletzend aufzuheben.
Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bescheid zu unbestimmt sei: Der von der Klägerin
geforderte Betrag wird präzise angegeben. Unpräzise und mangelhaft ist hingegen die Begründung des Bescheides.
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in welcher die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen
Gründe mitzuteilen sind, welche die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Der vom Bescheid Betroffene muss aus dieser
Entscheidung erkennen können, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgeblich gewesen
sind. Nur dann ist er in der Lage, die Verwaltungsmaßnahme zu begreifen, zu akzeptieren oder sie mit einem statthaften Rechtsbehelf
anzufechten. Die Behörde hat die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen bezogen auf den konkreten Einzelfall
darzustellen und nicht als formelhafte allgemeine Darlegung. Ein schriftlicher Bescheid muss für einen seriösen, um Verständnis
bemühten Leser ohne spezielle Kenntnis der besonderen Rechtsmaterie (zum Beispiel des Sozialversicherungsrechts) aus sich
selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Auf Einwände, Fragen und Argumente des Betroffenen ist zumal im Widerspruchsverfahren
einzugehen. Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht.
Der Bescheid vom 15. September 2003 enthält in der Begründung neben einer präzisen Bezeichnung des Nachforderungsbetrages
lediglich eine allgemeine Schilderung für die Beitragserhebung bei Provisionszahlungen und Urlaubsabgeltungen geltender Erhebungsgrundsätze.
Als monita zu verstehende Bemerkungen sind im Passiv formuliert, so dass teils nicht klar ist, ob sie überhaupt beanstandend
und wem gegenüber sie erhoben werden. Der Beigeladene R. wird im Begründungstext nicht namentlich erwähnt; hier ist lediglich
zu vermuten, dass es sich um die Person handelt, die als "ein Arbeitnehmer" bezeichnet ist.
Durch die Anlage des Bescheides wird es nicht wesentlich klarer. Hier ist zwar von Provisionszahlungen und einer Urlaubsabgeltung
für den Beigeladenen R. die Rede, es wird jedoch nicht deutlich, ob diese mit den von der Beklagten jeweils als sogenannte
"Entgeltdifferenz" bezeichneten Beträgen gleichzusetzen sind oder ob und inwieweit jeweils - vor dem Hintergrund möglicherweise
hereinspielender Beitragsbemessungsgrenzen und "Klauseln" - die sogenannte Entgeltdifferenz bereits das Resultat einer durch
gesetzliche Vorgaben bestimmten Rechenoperation ist, bei der die angenommene Provisionszahlung bzw. Urlaubsabgeltung nur ein
Rechenfaktor gewesen ist. Eine Differenz ist immer erst das Ergebnis einer arithmetischen Operation (Subtraktion). Ein Bescheid
also, der lediglich Differenzen mitteilt, nicht aber die Einsatzgrößen der zugrunde liegenden Berechnung, kann schon von daher
nicht aus sich heraus verständlich sein. Es kommt hinzu, dass weder der Begriff der anscheinend in die Berechung eingeflossenen
Beitragsbemessungsgrenzen erklärt noch deren Höhe betragsmäßig angegeben wird. Auch dies lässt es, selbst wenn man die von
der Beklagten im Übrigen genannten rechtlichen Grundlagen anwendete, einem verständigen Leser nicht zu, den Bescheid nachzuvollziehen.
Im Widerspruchsbescheid wird die erforderliche Begründung nicht nachträglich ausreichend gegeben (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Diese erschöpft sich vielmehr im Wesentlichen in einer Wiedergabe des Gesetzestextes und einem Hinweis auf die von der
Beklagten so bezeichnete "Märzklausel", ohne die Berechnung im Einzelnen zu präzisieren. Dies wäre um so wichtiger gewesen,
als die Klägerin, von der spezielle Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts nicht erwartet werden dürfen, im Rahmen der Begründung
ihre Widerspruchs ausführlich auf aus ihrer Sicht bestehende Ungereimtheiten in der Begründung und Berechnung des Ausgangsbescheides
hingewiesen und ausdrücklich um eine Erklärung und Neuberechnung der Beitragsforderung gebeten hatte. Vor diesem Hintergrund
ist die mangelnde Begründung des angefochtenen Bescheides beachtlich.
Der Bescheid der Beklagten ist schließlich nicht deswegen rechtmäßig, weil die Berechtigung der Forderung der Beklagten anderweitig
feststünde. Die zur Rechtswidrigkeit führende mangelhafte Begründung der angefochtenen Bescheide könnte dies nicht ersetzten,
weshalb sich auch weitere Ermittlungen des Gerichts zum Zwecke einer Prüfung des Anspruchs selbst erübrigen.
Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.