Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage gegen die Zahlungserinnerung eines Sozialleistungsträgers - Zulässigkeit der Feststellungsklage
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen mehrere Aufforderungen der Beklagten, eine am 31. Mai 2012 fällige Forderung des Beigeladenen
in Höhe von 980,- Euro zu begleichen.
Der am xxxxx 1962 geborene Kläger schloss am 17. April 2012 mit Herrn A.W. einen Untermietvertrag zum 1. Mai 2012 über eine
Ein-Zimmer-Wohnung in der U., H.. Die von dem Kläger zu entrichtende Kaution betrug 975,- Euro.
Mit Bescheid vom 23. April 2012 bewilligte der Beigeladene dem Kläger darlehensweise 975,- Euro für die Mietkaution. Nach
dem Bescheid sollte die Leistung direkt an den Vermieter überwiesen werden. In den beigefügten Darlehensbedingungen hieß es
unter anderem: „Außerdem ist das Darlehen sofort fällig und in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn […] der Darlehensnehmer im
Falle einer Rückzahlungsvereinbarung oder einer nachträglichen Auflage zur Rückzahlung mit als zwei Raten in Verzug gerät
und ihm keine Stundung gewährt wird“. Am 24. April 2012 trafen der Kläger und der Beigeladene eine Rückzahlungsvereinbarung,
nach der das Darlehen in monatlichen Raten in Höhe von 30,- Euro beginnend ab dem 1. Juni 2012 zurückgezahlt werden sollte.
Der Darlehensbescheid wurde nicht angefochten, die Darlehenssumme wurde vom Beigeladenen direkt an den Vermieter des Klägers
überwiesen.
In der Folgezeit erfolgten keine Ratenzahlungen durch den Kläger, weshalb er von der Beklagten mehrfach gemahnt wurde, z.T.
unter Erhebung von Mahngebühren. Mit Schreiben vom 27. November 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund seiner persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse sei sie damit einverstanden, dass die Tilgung der Forderung in Höhe von 975,- Euro in monatlichen
Raten von 30,- Euro, beginnend ab Januar 2013, geleistet werde. Zahlungen erbrachte der Kläger weiterhin nicht.
Am 7. Dezember 2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg, mit der er sich gegen die bis dahin ergangenen Mahnungen
wandte. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen S 13 AL 733/12 geführt. Die Beklagte erklärte am 26. März 2015, dass sämtliche Mahngebühren aufgrund des laufenden Klageverfahrens storniert
worden seien. Daraufhin erklärte der Kläger am 11. Mai 2015 das Verfahren S 13 AL 733/12 für erledigt.
Mit Mahnschreiben vom 19. Januar 2016 forderte die Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf die Beauftragung mit dem Forderungseinzug
gem. § 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 44b Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erneut auf, die fällige Forderung in Höhe von nunmehr insgesamt 980,- Euro (Darlehensrückzahlung zuzüglich 5,- Euro Mahngebühr)
zu zahlen. Am 12. Juli 2016, 5. Januar 2017 und 16. Juni 2017 schickte der Beklagte jeweils Zahlungserinnerungen an den Kläger.
Neue Mahngebühren wurden in diesen Zahlungserinnerungen nicht festgesetzt, sie machten weiterhin die Zahlung von 980,- Euro
(Darlehensrückzahlung und 5,- Euro Mahngebühr aus der Mahnung vom 19. Januar 2016) geltend. Der Kläger legte am 12. Januar
2017 und am 21. Juni 2017 jeweils Erinnerung ein, die von der Beklagten mit Widerspruchsbescheiden vom 17. Februar 2017 (W-)
und 6. Juli 2017 (W-) als unzulässig zurückgewiesen wurden. Zur Begründung führte die Beklagte jeweils aus, dass es sich bei
den Zahlungserinnerungen, bei denen keine Mahngebühren festgesetzt worden seien, nicht um Verwaltungsakte im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handele, so dass die Einlegung eines Widerspruchs unzulässig sei.
Am 22. Juni 2017 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, mit der er sich ausdrücklich gegen die Zahlungserinnerung
vom 16. Juni 2017 wandte, der aber auch der Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2017 beigefügt war. Er hat im Wesentlichen
vorgetragen, dass die Zahlungserinnerungen unrechtmäßig seien. Die Beklagte würde massive Rechtsbeugung begehen. Zudem sei
die Kaution damals nicht an den Kläger, sondern an den Vermieter A.W., der inzwischen den Namen A.L. trage, direkt gezahlt
worden. Auch sei eine Abtretungsvereinbarung unterschrieben worden. Die Forderung von 975,- Euro sei also direkt gegen Herrn
A.L. zu richten. Die Klage richte sich im Wege der Streitverkündung auch gegen die Freie und Hansestadt Hamburg. Am 8. Februar
2016 sei seine Wohnung durch die Drittschuldnerin, die Freie und Hansestadt Hamburg, komplett der vollständigen Einrichtung
und der sonstigen Ausstattung nebst zahlreicher persönlicher Gegenstände, Wertsachen und Dokumenten beraubt worden. Dadurch
sei dem Kläger ein massiver Schaden entstanden. Es seien hierzu bereits vor den zuständigen Gerichten, auch des Bundes und
der Europäischen Gerichtshöfe, Verfahren anhängig gemacht worden. Der Streitwert jedes einzelnen Verfahrens würde auf 1 bis
1 ½ Millionen Euro zuzüglich Zinsen beziffert. Die gesamte Lebensgrundlage sei dem Kläger entzogen worden. Die Drittschuldnerin
habe dem Kläger nicht einmal seine Zahnbürste oder seine Unterwäsche herausgegeben. Der Kläger habe die Beklagte sogar um
Unterstützung und finanzielle Hilfe gebeten. Diese sei ihm aber verweigert worden, obwohl er einen Anspruch hierauf gehabt
hätte. Der Freien und Hansestadt seien die Zahlungsaufforderungen als Streitverkündete komplett aufzuerlegen.
Zwischen August 2017 und Dezember 2017 zog der Kläger aus seiner bisherigen Wohnung aus und nach B..
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. März 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit
das Klagebegehren als Anfechtungsklage gegen die Zahlungsaufforderungen zu verstehen sei, habe die Beklagte den Widerspruch
zu Recht als unzulässig abgewiesen, da die Zahlungserinnerungen keine Verwaltungsakte seien. Soweit das Vorbringen des Klägers
dahingehend auszulegen sei, dass er die Feststellung der Unstatthaftigkeit der Zahlungserinnerungen begehren, sei dies als
Feststellungsklage im Sinne von §
55 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) oder auch als Unterlassungsklage zulässig, aber nicht begründet. Hinsichtlich der Feststellungklage liege schon kein berechtigtes
Interesse an der begehrten Feststellung vor. Die Beklagte leugne weder das Bestehen eines Rechtsverhältnisses mit dem Kläger,
noch weigere sie sich, Stellung zu nehmen. Auch wirtschaftliche Interessen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zahlungserinnerungen
bestünden nicht. Es handele sich noch nicht um eine Vollstreckungsmaßnahme, das Vermögen des Klägers sei durch die Zahlungserinnerungen
noch nicht unmittelbar gefährdet. Aber selbst wenn man ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt annehmen würde,
dass niemand es hinnehmen müsse, über Monate hinweg mit rechtswidrigen Mahnschreiben überzogen zu werden, könne dem Feststellungsbegehren
nicht entsprochen werden. Die Zahlungserinnerungen vom 5. Januar 2017 und 16. Juni 2017 seien nicht rechtswidrig. Grundlage
für sie sei die Forderung aus dem Darlehensbescheid vom 24. April 2012. Dieser Bescheid sei nicht aufgehoben worden, Rechtsmittel
seien nicht eingelegt worden. Die Forderung sei nicht erloschen, der Kläger habe sie nicht beglichen. Dass die Auszahlung
direkt an den Vermieter erfolgt sei, ändere nichts daran, dass der Kläger Schuldner der Darlehensrückforderung sei. Auch eine
etwaige Abtretung des Anspruchs des Klägers gegen seinen Vermieter auf Kautionsrückzahlung an den Beigeladenen führe nicht
zum Erlöschen der Forderung. Es handele sich um eine Sicherungsabtretung, die dem Zweck diene, einen zusätzlichen Schuldner
zu erhalten, ohne dass hierdurch die Verpflichtung begründet werde, sich vorrangig an den Vermieter zu halten. Einwendungen
gegen den Bescheid vom 24. April 2012 könnten im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil dieser
bestandskräftig geworden sei. Aus den vorliegenden Gründen scheide auch ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus. Soweit
der Kläger die Klage auch gegen die Freie und Hansestadt Hamburg als von ihm so bezeichnete Streitverkündete richte, sei dies
unzulässig. Die Vorschriften über die Streitverkündung in §
72 Zivilprozessordnung seien im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar. Die Einbeziehung Dritter in einen Rechtsstreit richte sich hier nach
den Regelungen über die Beiladung in §
75 SGG. Eine Beiladung der Freien und Hansestadt Hamburg werde abgelehnt, da deren Voraussetzungen nicht vorlägen.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 12. März 2020 zugestellt worden. Am 8. April 2020 hat er Berufung zum Landessozialgericht
Hamburg erhoben, die hier zunächst unter dem Aktenzeichen L 2 AL 12/20 geführt wurde.
Zur Begründung verweist der Kläger auf sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, er richte seine Klage auch
gegen seinen ehemaligen Vermieter, Herrn A.L., geb. W., und gegen die Freie und Hansestadt Hamburg, von denen er jeweils Ausgleichzahlungen
und Schadensersatzansprüche geltend mache. Diese seien über eine Streitverkündung in das Verfahren einzubeziehen. Es seien
ferner ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) sowie strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen
Herrn L. und die Freie und Hansestadt Hamburg anhängig. Das hiesige Verfahren sei bis zum Abschluss dieser Verfahren auszusetzen.
Das Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 9. Juli 2020 (L 2 AL 12/20) den Antrag auf Streitverkündung abgelehnt, ebenso eine Beiladung des Herrn L. und der Freien und Hansestadt Hamburg. Nachdem
das Landessozialgericht festgestellt hatte, dass das Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan in die Zuständigkeit
des 4. Senats fällt, hat dieser das Verfahren im September 2020 übernommen. Seitdem wird der Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen
L 4 AS 253/20 geführt.
Mit Beschluss vom 14. Oktober 2020 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 SGG der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Der Kläger hat am 19. Oktober September 2020 erneut die Streitverkündung gegenüber Herrn A.L. sowie der Freien und Hansestadt
Hamburg beantragt. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 21. Oktober 2020 ebenso abgelehnt wie eine Beiladung.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2021 hat der Senat den Beigeladenen beigeladen.
Im März 2021 hat der Kläger beim Senat „zur Kenntnis“ eingereicht einen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. März 2021,
mit dem ein Widerspruch gegen eine weitere Zahlungserinnerung der Beklagten vom 1. März 2021 zurückgewiesen wurde.
Am 25. November 2021 hat in dem Rechtsstreit eine mündliche Verhandlung stattgefunden. In dem Verhandlungstermin hat der Kläger
einen Antrag auf Ablehnung der Berichterstatterin und der ehrenamtlichen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit gestellt.
Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 29. November 2021 zurückgewiesen (L 4 SF 62/21 AB).
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, er stelle alle seiner bisherigen schriftsätzlich formulierten Anträge,
insbesondere auch den Antrag auf Streitverkündung sowie einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens.
Die Beklagte, die in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, hat schriftsätzlich beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2021 hat der Kläger ferner angegeben, Herr L. habe in dem gegen ihn gerichteten
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erklärt, die Mietkaution an „die Arge“ zurückgezahlt zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie
der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Akte des Verfahrens S 13 AL 733/12 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Urteilsberatung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
I.
Der Senat entscheidet gem. §
153 Abs.
5 SGG durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter. Er hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 14. Oktober 2020
entsprechend übertragen. Eines Einverständnisses der Beteiligten bedarf es für die Übertragung nicht.
Geschäftsplanmäßig zuständig für die Entscheidung des Rechtsstreits ist der erkennende 4. Senat des Landessozialgerichts.
Ob die Beklagte gegenüber dem Kläger die Rückzahlung durch den Beigeladenen gewährter Leistungen geltend machen kann, betrifft
Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende und nicht der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der
Bundesagentur für Arbeit, für die der 2. Senat des Landessozialgerichts zuständig ist.
II.
Dem erneuten Antrag des Klägers auf Streitverkündung bzw. Beiladung des Herrn L. und der Freien und Hansestadt Hamburg war
nicht nachzukommen. Der Senat hat hierüber bereits mit Beschluss vom 21. Oktober 2020 entschieden, auf die Gründe dieses Beschlusses
wird verwiesen.
Der Senat war ferner nicht gehalten, das Verfahren auszusetzen. Es ist nicht erkennbar, dass das vom Kläger angestrengte Verfahren
vor dem EGMR oder die von ihm vorgetragenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Herrn L. bzw. Bedienstete der Freien und Hansestadt
Hamburg in irgendeiner Weise vorgreiflich für den hiesigen Rechtsstreit sein können.
Der Senat konnte trotz Nichterscheinens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf diese entscheiden, weil der Beklagte
ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§
110 Abs.
1 SGG).
III.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht
abgewiesen.
1.
Wie das Sozialgericht zutreffend befunden hat, kommt als zulässige Klageart eine Feststellungsklage in Betracht. Eine Anfechtungsklage,
gerichtet gegen die Zahlungserinnerungen ist unzulässig, da diese mangels Regelungswirkung keine Verwaltungsakte gem. § 37 SGB X sind. Auch eine Klage auf Einstellung der Vollstreckung wäre nicht zulässig, da die Vollstreckung noch nicht begonnen hat.
Bislang sind lediglich Zahlungserinnerungen erfolgt, aber noch keine Vollstreckungsanordnung im Sinne von §
3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (
VwVG), mit der die Vollstreckung eingeleitet wird.
2.
Als Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Darlehensrückforderung
gegenüber dem Kläger geltend zu machen, ist die Klage zulässig. Sie bezieht sich damit auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis
im Sinne des §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG (zur Zulässigkeit der Feststellungsklage im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Forderungen vgl. BSG, Urteil vom 14.5.2020 – B 14 AS 28/19 R).
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Die Beklagte hat in der Vergangenheit die Forderung
auf Rückzahlung des im Jahr 2012 gewährten Mietkautionsdarlehens gegenüber dem Kläger aktiv geltend gemacht, insbesondere
ihn an die noch ausstehende Zahlung erinnert und angekündigt, bei Verstreichenlassen des Zahlungstermins weitere Schritte
zu prüfen wodurch zusätzliche Kosten sowie „Unannehmlichkeiten“ entstehen könnten. Die Beklagte setzt dieses Verhalten auch
derzeit noch fort, so erging auch im März 2021 eine Zahlungserinnerung an den Kläger. Das Interesse des Klägers an einer Feststellung
der Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens ist als berechtigt anzuerkennen, da er es nicht hinnehmen muss, über Jahre hinweg mit
rechtswidrigen Zahlungserinnerungen konfrontiert zu werden. Allerdings kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse nur insoweit
angenommen werden, wie es um die derzeitige Befugnis der Beklagten zur Geltendmachung der Forderung geht. Hingegen ist bezüglich
der Frage, ob eine solche Befugnis der Beklagten auch in der Vergangenheit bestanden hat, ein Feststellungsinteresse zu verneinen.
Denn konkrete negative Folgen der einzelnen Erinnerungs-/Mahnschreiben für den Kläger, die durch eine auf die Vergangenheit
bezogene Feststellung der Rechtswidrig beseitigt werden könnten, sind nicht erkennbar. Mahngebühren sind lediglich im Januar
2016 geltend gemacht worden, hiergegen hat der Kläger jedoch keinen Widerspruch erhoben, sodass Bestandskraft eingetreten
ist, die auch durch eine nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht beseitigt werden könnte.
3.
Die Feststellungsklage ist jedoch nicht begründet. Denn jedenfalls derzeit ist die Beklagte berechtigt, die Forderung auf
Rückzahlung des Darlehens gegenüber dem Kläger geltend zu machen.
a.
Zwar handelt es sich um eine Forderung des Beigeladenen, doch hat der Beigeladene den Einzug seiner Forderungen inzwischen
wirksam auf die Beklagte übertragen, wozu er nach § 44b Abs. 4 Satz 1 SGB II berechtigt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat insoweit anschließt, bedarf es hierfür
eines Beschlusses der Trägerversammlung, der entsprechend den Grundsätzen der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit klar
erkennen lässt, welche Aufgaben im Einzelnen übertragen werden. Der Übertragungsbeschluss selbst muss die zu übertragende
Zuständigkeit ihrem Gegenstand und Umfang nach ohne Weiteres erkennen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 14.2.2018 – B 14 AS 12/17 R).
Im Dezember 2019 hat die Trägerversammlung – explizit auch als Reaktion auf die oben genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
– einen Übertragungsbeschluss gefasst, der den genannten Anforderungen genügt, mit der Folge, dass jedenfalls seitdem die
Beklagte wirksam ermächtigt ist, den Forderungseinzug für die Beigeladene zu betreiben.
Ausweislich des Protokolls der Trägerversammlung vom 4. Dezember 2019, TOP 3.3, hat die Trägerversammlung der Beschlussvorlage
zu diesem TOP einstimmig zugestimmt. In dieser Beschlussvorlage heißt es u.a. wörtlich:
„Mit der vorliegenden Beschlussvorlage möge die Trägerversammlung gem. § 44c Abs. 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB II die Übertragung von Aufgaben und hoheitlichen Befugnissen des JC t.a.h. zur Wahrnehmung durch die BA gemäß § 44b Abs. 4 Satz 1 SGB II sowie zur Annahme von Serviceangeboten der BA gemäß dem Gesamtkatalog der BA für gemeinsame Einrichtungen inklusive des Service
Portfolio und weiterer Angebote nach § 44b Abs. 5 SGB II gemäß der Anlage 1 „Übertragung hoheitliche Aufgaben / Befugnisse“ beschließen. […] Art, Umfang und Dauer der Übertragung
der einzelnen hoheitlichen Befugnisse und Aufgaben bestimmen sich nach der Anlage „Übertragung hoheitliche Aufgaben / Befugnisse“
zu diesem Beschluss. Die Trägerversammlung beauftragt den GF der gE JC t.a.h, die hierfür erforderlichen Verwaltungsvereinbarungen
mit der BA abzuschließen […]“.
In der Anlage 1 „Übertragung hoheitliche Aufgaben/Befugnisse“ zu der Beschlussvorlage ist unter der Nr. Q 8 – Forderungseinzug
– für die Laufzeit 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 im Einzelnen dargelegt, welche Aufgaben bzw. Befugnisse übertragen
werden. Einleitend heißt es „Der Fachbereich Inkasso übernimmt ab dem Zeitpunkt der Zahlungsgestörtheit einer Forderung alle
notwendigen Aufgaben, die bis zum endgültigen Abschluss eines Einziehungsverfahrens notwendig werden“, sodann ist detailliert
aufgelistet, welche Tätigkeiten davon insbesondere erfasst sind. Genannt werden u.a. automatisierte Mahnprozesse inklusive
der automatisierten Erstellung von Zahlungserinnerungen und Vollstreckungsandrohungen und der individuelle Kontakt mit Schuldnern
inklusive der individuellen Kontaktaufnahme mit Schuldner nach Ausbleiben der Zahlung. Im Anschluss an die Trägerversammlung
schlossen die Beigeladene und die Beklagte mehrere Verwaltungsvereinbarungen. Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen
auf das Protokoll der Trägerversammlung (Bl. 355 ff. der Prozessakte), die Beschlussvorlage nebst Anlage (Bl. 352 ff., 364
ff. der Prozessakte) sowie die Verwaltungsvereinbarungen (Bl. 377 ff. der Prozessakte).
Aus dem Beschluss der Trägerversammlung vom 4. Dezember 2019 ist hinreichend klar und widerspruchsfrei erkennbar, welche Aufgaben
und welche hoheitlichen Befugnisse der Beklagten übertragen werden.
b.
Nach Auskunft des Beigeladenen gab es vor Dezember 2014 keinen Beschluss der Trägerversammlung hinsichtlich der Aufgabenübertragung
auf die Beklagte. Für diesen Zeitraum lässt sich eine wirksame Aufgabenübertragung daher nicht feststellen. In der Trägerversammlung
am 9. Dezember 2014 wurde zwar ein Beschluss „zur Übertragung der notwendigen hoheitlichen Befugnisse zur Durchführung des
Forderungseinzugs im Namen und im Auftrag“ des Beigeladenen auf die Beklagte getroffen (TOP 5.1 des Protokolls der Trägerversammlung
i.V.m. der hierzu ergangenen Beschlussvorlage). Dieser Beschluss selbst lässt allerdings nicht erkennen, in welchem Umfang
der Beklagten Aufgaben und hoheitliche Befugnisse übertragen werden. Der Beschluss nimmt Bezug auf die zwischen Beigeladenem
und Beklagter zu schließende Zusatzvereinbarung, die der Beschlussvorlage als Entwurf beigefügt war. Diese Zusatzvereinbarung
(die dann am 22. Dezember 2014 bzw. 13. Januar 2015 unterzeichnet wurde) bestimmte in § 1 Abs. 2: „Die BA führt den Forderungseinzug
im Auftrag und im Namen von J. durch. Das Angebot der BA für die gemeinsamen Einrichtungen (gE) ist in einem Service Portfolio
für die gE als operatives Angebot „O.8 – Forderungseinzug“ zusammengefasst. Die im Service Portfolio beschriebene Aufgabenerledigung
ist Bestandteil dieser Vereinbarung.“ In § 2 Abs. 2 war geregelt, dass die Beklagte im Namen des Beigeladenen handele und
dabei Mahnungen, Stundungs- und Erlassbescheide durch den Regionalen Inkasso-Service erlassen sowie als Vollstreckungsanordnungsbehörde
das zuständige Hauptzollamt mit der Vollstreckung beauftragen könne. Ob diese Vorgehensweise den Anforderungen an einen wirksamen
Übertragungsbeschluss der Trägerversammlung genügt (in einer ähnlichen, wenn auch nicht identischen, Konstellation bejaht
hat dies das LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.11.2020 – L 14 AL 4/20, juris Rn. 90 ff.), brauchte der Senat nicht zu entscheiden, da wie oben dargelegt kein berechtigtes Interesse an einer allein
auf die Vergangenheit bezogenen Feststellung des Nichtbestehens einer Berechtigung der Beklagten zum Forderungseinzug erkennbar
ist.
c.
Der Kläger kann der Berechtigung der Beklagten zur Geltendmachung der Darlehensrückforderung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten,
dass eine solche Forderung gegen ihn nicht bestehe. Die Forderung stammt aus dem Darlehensbescheid vom 23. April 2012. Sie
richtet sich auch gegen den Kläger. Die Auszahlung direkt an den damaligen Vermieter ist insoweit unerheblich, da diese auf
eine Schuld des Klägers geschah und somit die Leistung, also das Darlehen selbst, dem Kläger zugutekam. Das Darlehen wurde
dem Kläger gewährt, die Auskehrung direkt an den Vermieter ist nur eine Zahlungsregelung und ändert nichts daran, dass der
Kläger Empfänger des Darlehens war. Folglich richtet sich auch der Rückzahlungsanspruch gegen den Kläger. Die Rückzahlung
ist auch fällig, da der Kläger die vereinbarten Raten nicht erbracht hat und die Forderung auch nicht – mehr – gestundet wird.
Dass die Forderung getilgt wurde, ist nicht erkennbar. Sofern der Kläger nun erstmals in der mündlichen Verhandlung am 25.
November 2021 vorgetragen hat, Herr L. habe die Mietkaution bzw. das Darlehen an den Beigeladenen zurückgezahlt, musste das
den Senat nicht zu weiteren Ermittlungen veranlassen. Diese Behauptung ist durch keinerlei Belege untermauert. Im Übrigen
wäre es dem Kläger leicht möglich, entsprechende Zahlungsbelege bei der Beklagten vorzulegen; es ist nicht ersichtlich, dass
insoweit gerichtlicher Rechtsschutz erforderlich wäre.
Der Kläger kann auch nicht wirksam geltend machen, die Freie und Hansestadt Hamburg müsse das Darlehen zurückzahlen. Wie bereits
das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt hat, ist keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende
Zahlungsverpflichtung erkennbar. Wenn der Kläger meint, er habe infolge der Räumung seiner Wohnung Ansprüche gegen die Freie
und Hansestadt Hamburg muss er diese gegen sie geltend machen. Ein Übergang der Darlehensschuld kann daraus unter keinem denkbaren
Gesichtspunkt erfolgen.
Schließlich ist weder vom Kläger eingewandt worden noch erkennbar, dass die Darlehensrückforderung verjährt wäre.
Im Ergebnis kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats
nicht befugt wäre, die Darlehensrückforderung gegenüber dem Kläger geltend zu machen.
4.
Ist die Beklagte aus den oben genannten Gründen zur Geltendmachung der Forderung berechtigt, so ist die Klage auch als Unterlassungsklage
unbegründet und daher abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat allerdings darauf hin, dass derzeit keine Befugnis zur Einleitung der Vollstreckung
bestehen dürfte. Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung durch Vollstreckungsanordnung ist nach §
3 Abs.
2 a VwVG ein Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist. Es erscheint zweifelhaft, ob der Darlehensbescheid
bereits ein solcher Leistungsbescheid ist. Er enthält keine klare Zahlungsaufforderung, sondern regelt lediglich in den beigefügten
Darlehensbedingungen verschiedene Varianten der Rückzahlung, darunter auch solche, die erkennbar keine Relevanz in Bezug auf
den Kläger haben konnten und können (z.B. Aufrechnung mit laufenden Leistungen).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG nicht vorliegen.