Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Oktober 2018.
Der 1956 geborene, im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähige Kläger bezieht seit 2016 laufende Leistungen nach dem
SGB II. Bereits bei der Erstantragstellung im Mai 2016 beantragte er einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Er benötige
allergenfreie Kost, da er an Neurodermitis, Asthma und diversen Nahrungsmittelallergien leide. Der Kläger legte hierzu eine
auf den 25. April 2016 datierte Bescheinigung der Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. S. vor. In dieser ist
ausgeführt, der Kläger leide seit seiner Geburt an Neurodermitis, einer Vielzahl von Allergien und Asthma. Hierdurch entstehe
ein erheblicher finanzieller Mehrbedarf. Allein die aufgrund der Neurodermitis erforderlichen Pflegeprodukte würden zu einem
monatlichen Mehrbedarf von 50,- Euro führen. Ferner müssten viele Produkte des alltäglichen Bedarfs (Wasch- und Reinigungsmittel,
Kleidung, Bettwaren und Bettwäsche, Einrichtungsgegenstände) frei von Ausrüstungs-, Zusatz-, Farb- und Aromastoffen sein,
sodass diese häufig nur in Bioläden, Reformhäusern oder speziellen Versandhandel erhältlich und zudem deutlich teurer als
herkömmliche Produkte seien. Der hierfür anfallende monatliche Mehrbedarf sei mit mindestens 50,- Euro zu beziffern. Ferner
sei ein Mehrbedarf für Ernährung gegeben. Der Kläger übersandte zudem eine Aufstellung der von ihm benötigten Pflegeprodukte
(Gesichtscreme, Lotion, Salbe, Bade-Zusatz, Shampoo, Zahncreme, Zahnbürste), die einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von
58,88 Euro begründeten.
Der Beklagte holte eine Stellungnahme des Gesundheitsamts der Freien und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Altona, ein, welches
mit Schreiben vom 17. Juni 2016 unter dem Betreff „Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung“ mitteilte, aus ärztlicher Sicht
sei ein Mehrbedarf von 50 Euro für zwei Jahre zu befürworten. Der Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 27. Juni
2016, dass ein Mehrbedarf in entsprechender Höhe bewilligt werde. Mit Bescheid vom 23. September 2016 bewilligte der Beklagte
daneben einen Mehrbedarf in Höhe von 58,88 Euro für Pflegeprodukte bei Neurodermitis für die Zeit vom 1. Mai 2016 bis zum
31. Oktober 2016. Auch für den Zeitraum vom 1. November 2016 bis zum 31. Oktober 2017 wurden dem Kläger Leistungen unter Berücksichtigung
sowohl eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung (50,- Euro) als auch eines weiteren Mehrbedarfs für Pflegeprodukte
(58,88 Euro) bewilligt. Für den Zeitraum vom 1. November 2017 bis zum 30. April 2018 wurden Leistungen unter Berücksichtigung
eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 55,- Euro und eines Mehrbedarfs für Pflegeprodukte in Höhe von
62,50 Euro bewilligt.
Mit seinem Weiterbewilligungsantrag vom 25. März 2018 für die Zeit ab dem 1. Mai 2018 machte der Kläger einen ernährungsspezifischen
Mehrbedarf in Höhe von 60,- Euro monatlich sowie einen Mehrbedarf für Pflegeprodukte in Höhe von 62,50 Euro monatlich geltend.
Der Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 3. April 2018 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2018
bis zum 31. Oktober 2018 in Höhe von monatlich 1.241,60 Euro (Regelbedarf 416,- Euro, Unterkunftskosten 763,10 Euro, Mehrbedarf
62,50 Euro). Die Vorläufigkeit der Bewilligung wurde damit begründet, es sei notwendig, den Mehrbedarf für Ernährung erneut
zu prüfen.
Mit Schreiben vom 8. April 2018 bat der Kläger um Korrektur des Bescheids vom 3. April 2018. Neben dem Mehrbedarf für Pflegeprodukte
in Höhe von 62,50 Euro sei ihm auch ein ernährungsspezifischer Mehrbedarf in Höhe von 60,- Euro monatlich zu gewähren. Der
Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 18. April 2018 und teilte mit, die Frage eines Mehrbedarfs für Ernährung sei
erneut zu prüfen, es sei eine gutachterliche Stellungnahme vom Gesundheitsamt angefordert worden, die aber noch nicht vorliege.
Das Gesundheitsamt nahm unter dem 17. April 2018 dahingehend Stellung, dass ein Ernährungsmehrbedarf „weiterhin“ nicht erforderlich
sei. Allerdings bestehe wie bereits bei der Begutachtung 2016 ein Mehrbedarf für Pflegeprodukte, der mit 60,- Euro monatlich
zu beziffern und zunächst für zwei Jahre zu befürworten sei.
Daraufhin erließ der Beklagte am 7. Mai 2018 einen Ablehnungsbescheid, mit dem er Leistungen für einen ernährungsbedingten
Mehrbedarf ablehnte. Er habe den Bescheid vom 3. April 2018 überprüft. Die Prüfung habe ergeben, dass für die bestehenden
Erkrankungen kein ernährungsbedingter Mehrbedarf bestehe. Deshalb könnten keine höheren Leistungen nach dem SGB II gewährt werden als bisher zuerkannt.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 2018 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, er benötige aus diversen,
ärztlich attestierten Gründen einen Mehrbedarf, neben Pflegeprodukten auch für Ernährung. Ferner müssten Wasch- und Reinigungsmittel,
Kleidung, Bettwaren und Einrichtungsgegenstände frei von Zusatz-, Farb- und Aromastoffen sein. Ferner sei der Bewilligungszeitraum
mit sechs Monaten zu kurz und müsse auf zwölf Monate verlängert werden. Schließlich sei der Regelsatz zu niedrig bemessen,
er beantrage einen um ca. 200,- Euro höheren Regelsatz.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 30. September 2018 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2018
Leistungen für den Zeitraum vom 1. November 2018 bis zum 31. Oktober 2019, wiederum unter Anerkennung lediglich eines Mehrbedarfs
in Höhe von 62,50 Euro monatlich für Pflegeprodukte. Gegen den Bescheid vom 9. November 2018 erhob der Kläger mit Schreiben
vom 23. November 2018 Widerspruch, über den der Beklagte noch nicht entschieden hat.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Mai 2018 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2018 zurück.
Der Kläger können keinen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung verlangen, da die in § 21 Abs. 5 SGB II geregelten Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Ein entsprechender Mehrbedarf könne nur dann gewährt werden, wenn die
Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen nachweislich belegt sei. Das sei hier nicht der
Fall. Der Kläger habe eine ärztliche Bescheinigung vorlegt, aus der hervorgehe, dass er an Neurodermitis, Asthma und einer
Vielzahl von Allergien leide. Die Prüfung durch das Gesundheitsamt habe ergeben, dass diese Erkrankungen keine besondere Ernährung
erforderlich machten, die zwangsläufig mit höheren Kosten verbunden wäre. Die Regelleistung werde pauschal erbracht. Ein Mehrbedarf
für Pflegeprodukte sei anerkannt und bewilligt worden. Eine darüberhinausgehende Erbringung weiterer Leistungen komme nicht
in Betracht.
Am 1. Januar 2019 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Er habe einen Anspruch auf weiteren Mehrbedarf in
Höhe von monatlich 60,- Euro. Außerdem sei der Regelsatz zu niedrig. Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen,
müsse ein um 200,- Euro höherer Regelsatz gezahlt werden. Der Kläger hat eine von Dr. S. am 7. März 2018 ausgestellte „Aktualisierung“
der ärztlichen Bestätigung vom 25. April 2016 vorgelegt, in der der Mehrbedarf für Pflegeprodukte mit ca. 60,- Euro monatlich
beziffert wird. Der Mehrbedarf für sonstige Produkte des alltäglichen Bedarfs wird dort mit weiteren 60,- Euro beziffert.
Ferner bestehe ein Mehrbedarf für die Ernährung.
Das Sozialgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2019 aufgefordert, genau aufzulisten, welche Produkte er krankheitsbedingt
einkaufe und welche Mehrkosten hierdurch entstünden. Der Kläger hat hierauf mit Schreiben vom 17. Februar 2019 geantwortet
und mitgeteilt, er habe nicht nur bezogen auf Pflegeprodukte und Nahrungsmittel einen Mehrbedarf, sondern auch hinsichtlich
einer Vielzahl an Alltagsgütern und Lebensbereichen wie Kleidung, Bettwäsche, Wasch- und Reinigungsmittel, Einrichtungsgegenstände
usw. Vor Mai 2018 sei ihm ein höherer Mehrbedarf ohne weitere Nachfragen oder Anforderung ergänzender Informationen bewilligt
worden. Der Beklagte habe ihn auch nicht darüber beraten, dass für die Folgezeit etwas Anderes vorzulegen sei als die Bestätigung
seiner Ärztin. Er habe sich bei Vereinen, Selbsthilfegruppen etc. um validierte Informationen hinsichtlich der Mehrbedarfe
bei seinen Erkrankungen bemüht, jedoch vergeblich.
Mit Änderungsbescheid vom 22. Februar 2019 hat der Beklagte dem Kläger für den Monat Oktober 2018 wegen einer Erhöhung der
Nebenkosten für seine Wohnung Leistungen in Höhe von 1.261,97 Euro bewilligt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Hamburg die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2020 abgewiesen.
Zur Begründung hat es auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Empfehlungen
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, die das Gericht bei seinen Entscheidungen über einen Mehrbedarf
für kostenaufwändige Ernährung zugrunde lege, sähen bei den Erkrankungen des Klägers keinen Mehrbedarf vor. Auch die Höhe
der Regelleistung sei nicht zu beanstanden.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 8. August 2020 zugestellt worden. Am 7. September 2020 hat er Berufung zum Landessozialgericht
Hamburg eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, er begehre die Berücksichtigung seines vollen Mehrbedarfs sowie eines höheren
Regelsatzes. Es gehe nicht allein um einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, sondern auch um einen Mehrbedarf für
Pflegeprodukte, Reinigungs- und Waschmittel, Kleidung, Bettwaren und Bettwäsche, Einrichtungsgegenstände etc. Die exakten
ernährungsspezifischen Mehrkosten könne er nicht darlegen.
Der Kläger hat einen Allergiepass vorgelegt. Danach ist er allergisch auf die Inhalationsallergene Hausstaub, Blütenpollen,
Gräser- und Baumpollen sowie Parfums, auf die Kontaktallergene Tierhaare, Hausstaub und Gräser, auf die Nahrungsmittelallergene
Sellerie, Eiweiß, Eigelb, diverse Nüsse, Pfeffer und Chili, ferner bestehen Allergien gegen Insekten sowie diverse Medikamente.
Der Kläger hat ferner eine CD-ROM mit weiteren Unterlagen eingereicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. August 2020 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids
vom 3. April 2018 und des Bescheids vom 7. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2018 und des
Änderungsbescheids vom 22. Februar 2019 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Oktober 2018 höhere
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Mit Beschluss vom 15. Januar 2021 hat der Senat die Berufung der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen
Richtern übertragen.
Der Senat hat einen Befundbericht von der Ärztin Dr. S. angefordert. Diese hat u.a. mitgeteilt, der Kläger könne aufgrund
seiner Erkrankungen/Allergien Speisen nicht ohne Kenntnis der Inhaltsstoffe konsumieren und vertrage viele Pflegeprodukte,
Haushaltsreiniger und Waschmittel nicht. Hinsichtlich der Ernährung müsse er alle Allergene und Kreuzallergene meiden, die
teils – z.B. Sellerie – weit verbreitet seien. Fertigprodukte seien daher zur Ernährung ungeeignet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie
der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger gehörte im streitgegenständlichen Zeitraum zum Kreis der leistungsberechtigten Personen, da er die Voraussetzungen
nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II erfüllte. Er hat jedoch keinen Anspruch auf höhere Leistungen als ihm der Beklagte bereits bewilligt hat.
Zunächst kann er keinen höheren Regelbedarf als die vom Beklagten berücksichtigten 416,- Euro geltend machen. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich
ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe I anerkannt. Der Regelbedarf der Stufe I lag im Jahr 2018 gem. § 20 Abs. 1a SGB II i.V.m. §§ 28, 28a und 40 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie § 2 der Regelbedarfsstufenfortschreibungsverordnung 2018 (vom 8.11.2017 - BGBl I 3767) bei 416,- Euro. Der Senat hat keinen Zweifel
daran, dass die Bestimmung des Regelbedarfs der Regelbedarfsstufe I im Jahr 2018 den verfassungsrechtlichen Anforderungen
entspricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind die Vorschriften über die Festsetzung der
Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung bis zum Jahr 2014 mit dem
Grundgesetz vereinbar (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Hiervon für das streitgegenständliche Jahr 2018 abzuweichen, besteht kein Anlass (so auch LSG Bayern, Urteil vom 20.3.2019
– L 11 AS 905/18; LSG Sachsen, Urteil vom 24.5.2018 – L 7 AS 1105/16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 10.12.2018 – L 19 AS 1532/18 und vom 25.9.2018 – L 2 AS 1466/17 sowie Beschluss vom 22.7.2019 – L 7 AS 354/19).
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf einen weiteren oder höheren Mehrbedarf nach § 21 SGB II.
Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ist nicht erkennbar. Ein solcher ist gem. § 21 Abs. 5 SGB II anzuerkennen, wenn der Leistungsberechtigte aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Voraussetzung
hierfür ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind,
als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (BSG, Urteil vom 14.2.2013 – B 14 AS 48/12 R; Urteil vom 10.5.2011 – B 4 AS 100/10 R). Dies lässt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen. Unzweifelhaft ist die Ernährungsgestaltung für den Kläger
komplizierter. Er muss aufgrund seiner Allergien diverse Nahrungsmittel meiden und ist deshalb auch darauf angewiesen, bei
verarbeiteten Produkten stets die genauen Inhaltsstoffe zu kennen. Dies führt sicherlich zu einem Mehraufwand, der Senat vermag
jedoch nicht festzustellen, dass damit auch Mehrkosten verbunden sind. Die Notwendigkeit, bestimmte Produkte bzw. Stoffe zu
meiden, kann einen Mehrbedarf nur dann begründen, wenn diese Produkte bzw. Stoffe durch kostenintensivere Alternativen ersetzt
werden müssen. Das ist bei den Unverträglichkeiten des Klägers nicht der Fall. Ein Verzicht auf Sellerie, Eier, Nüsse, Pfeffer
und Chili ist ersatzlos möglich, ohne dass dadurch eine ausgewogene Ernährung gefährdet würde.
Auch sonst lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger aus medizinischen Gründen besondere Kosten für seine Ernährung entstehen
würden. Hinsichtlich frischer Produkte, wie insbesondere Obst und Gemüse, muss der Kläger seinen eigenen Angaben zufolge zwar
bestimmte Sorten meiden, kann sich aber die Sorten, die er verträgt, im Prinzip überall beschaffen, ist insoweit also nicht
auf besonders kostspielige Angebote angewiesen. Milch- und Getreideprodukte kauft der Kläger seinen eigenen Angaben zufolge
deshalb im (teureren) Bioladen, weil er damit bessere Erfahrung gemacht habe, wobei er nicht wirklich ausprobiert habe, ob
es auch in Discountern bzw. normalen Supermärkten Produkte gibt, die für ihn gut verträglich sind. Eine medizinisch begründete
Notwendigkeit für den Einkauf im Bioladen ist bei dieser Sachlage nicht erkennbar, auch besteht weder eine Gluten- noch eine
Laktoseunverträglichkeit. Der Vortrag des Klägers, im Bioladen könnte er sich darauf verlassen, dass alle Inhaltsstoffe angegeben
sind, kann einen Mehrbedarf nicht begründen. Auch andere Läden sind verpflichtet, Inhaltsstoffe – zB von Frischbackwaren –
zu deklarieren. Es mag dort aufwendiger sein, an entsprechende Listen zu kommen, möglich ist es aber durchaus. Dass der Kläger
lieber dort einkauft, wo es sich bewährt hat, ist menschlich verständlich, vermag aber keinen medizinisch begründeten Mehrbedarf
im Sinne der gesetzlichen Regelungen zu belegen.
Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Kläger einen höheren bzw. weiteren Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend machen kann. Danach wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger
besonderer Bedarf besteht. Ein besonderer Bedarf im Einzelfall ist dann gegeben, wenn die Bedarfslage eine andere ist als
die, die bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen vorliegt. Es muss daher ein Mehrbedarf im Verhältnis zum "normalen"
Regelbedarf gegeben sein (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 4/14 R). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung
von Einsparmöglichkeiten des Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen
Bedarf abweicht. Mit der Einführung dieses sog. Härtefallmehrbedarfs ist der Gesetzgeber nach Entstehungsgeschichte sowie
Sinn und Zweck der im Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) getroffenen Vorgabe nachgekommen, im SGB II selbst sicherzustellen, dass auch in atypischen Bedarfslagen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbracht werden
(vgl. BT-Drucks. 17/1465 S. 8). Damit soll gewährleistet werden, dass über die typisierten Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2 bis 5 SGB II hinaus und jenseits der Möglichkeit, vorübergehende Spitzen besonderen Bedarfs durch ein Darlehen aufzufangen, solche Bedarfe
im System des SGB II gedeckt werden, die entweder der Art oder der Höhe nach bei der Bemessung des Regelbedarfs nicht berücksichtigt sind (BVerfG,
a.a.O., Rn. 207 f).
Der Kläger erhielt im streitgegenständlichen Zeitraum einen auf § 21 Abs. 6 SGB II gestützten Mehrbedarf für Körperpflegeprodukte, die er seinen eigenen Angaben nach aufgrund seiner Neurodermitis benötigte.
Dabei hat der Beklagte die Kostenaufstellung des Klägers vollständig übernommen.
Soweit der Kläger darüber hinaus weitere Bedarfe geltend macht, kann er damit keinen Erfolg haben. Kein Mehrbedarf ergibt
sich zunächst aus seinem Vortrag, er sei in Bezug auf Kleidung, Bettwäsche und Handtücher auf reine, naturbelassene Baumwolle
angewiesen und könne insbesondere keine Produkte aus Kunstfaser kaufen. Einfache Baumwollprodukte sind nicht generell teurer
als solche aus Kunstfasern; schadstoff- bzw. rückstandsgeprüfte Textilien sind schon lange nicht mehr nur bei hierauf spezialisierten
Händlern erhältlich, sondern auch bei günstigen Anbietern wie C., T., I. oder im Non-Food-Bereich der Discounter (zwar nicht
durchgängig, aber im Rahmen von zeitlich begrenzten Angeboten durchaus regelmäßig wiederkehrend). Hier gilt ähnliches wie
in Bezug auf Milch- und Getreideprodukte oben ausgeführt: Dass der Kläger bei seinen Einkäufen lieber auf bekannte und bewährte
Hersteller bzw. Läden zurückgreift, ist verständlich, begründet aber keinen unabweisbaren Bedarf im Sinne der gesetzlichen
Regelung. Entsprechendes gilt auch, soweit für Allergiker geeignete Putz- und Waschmittel im Bioladen oder Spezialhandel eingekauft
werden. Auch diesbezüglich gibt es Angebote in den großen Drogerieketten, zB sensitive Waschmittel, deren Preis pro Waschladung
nicht erheblich von herkömmlichen Waschmitteln abweicht (z.B. d. Vollwaschmittel von R. mit 0,17 Euro pro Wäscheladung im
Vergleich zu 0,13 Euro pro Wäscheladung bei d. Vollwaschmittel; noch günstiger das Vollwaschmittel D1 mit ultra sensitive
von D2 mit 0,15 Euro je Wäscheladung).
Hinsichtlich des dargelegten Mehrbedarfs für den Verbrauch von Strom, Wasser und Putz- bzw. Waschmitteln ist plausibel vorgetragen,
dass der Kläger aufgrund seiner Neurodermitis häufiger seine Kleidung und Bettwäsche wechselt und wäscht und aufgrund seiner
Hausstauballergie häufig die Wohnung putzt. Die hierdurch möglicherweise entstehenden erhöhten Kalt- und Warmwasserkosten
vermögen einen Mehrbedarf schon deshalb nicht zu begründen, weil sowohl das Kaltwasser als auch das zentral über die Heizungsanlage
bereitgestellte Warmwasser über die Heizenergieversorgung abgerechnet werden und der Beklagte im Rahmen der Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung ohnehin die vollen tatsächlichen Kosten hierfür berücksichtigt hat. Es lässt sich ferner nicht zur
Überzeugung des Senats feststellen, dass das häufigere Waschen und Putzen einen Mehrverbrauch an Strom, Wasch- und Putzmitteln
verursacht, dessen Kosten erheblich über einem durchschnittlichen Bedarf liegen bzw. nicht durch Einsparmöglichkeiten gedeckt
wären.
Soweit der Kläger schließlich vorträgt, auch bei der Anschaffung von Einrichtungsgegenständen müssten diese frei von Ausrüstungs-
und Zusatzstoffen sein, dürfte es sich dabei zum einen um nur in großen zeitlichen Abständen anfallende, also nicht „laufende“
Bedarfe handeln. Zum anderen lässt sich nicht feststellen, dass hierdurch tatsächlich höhere Kosten anfallen als üblicherweise.
Es ist weder näher konkretisiert worden noch erkennbar, dass auch bei preisbewusstem Einkaufen unter Berücksichtigung von
Sonderangeboten, Gebrauchtwaren sowie Gegenständen aus einfachem, unbehandeltem Holz notwendigerweise Mehrkosten entstehen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.