Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Beschäftigungsförderung nach dem sog. H. Modell.
Die 1979 geborene, erwerbsfähige Klägerin, die ihren eigenen Angaben zufolge keinen Schulabschluss hat, absolvierte in der
Zeit von August 2010 bis Dezember 2013 erfolgreich eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten bei ihrem Prozessbevollmächtigten.
Im Anschluss daran war sie arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Im März 2015 nahm sie eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Servicekraft auf. Zugleich kündigte
sie gegenüber dem Beklagten an, ab dem 1. April 2015 daneben eine geringfügige Beschäftigung bei ihrem Prozessbevollmächtigten
aufnehmen zu wollen. Tatsächlich kam es aber zu keinem Beschäftigungsverhältnis bei ihrem Prozessbevollmächtigten. Zum 30.
November 2015 endete das Beschäftigungsverhältnis als Servicekraft, weshalb die Klägerin sodann wieder Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes beim Beklagten beantragte und erhielt.
Im Jahr 2016 - der genaue Zeitpunkt der Antragstellung ist zwischen den Beteiligten streitig - beantragte die Klägerin durch
ihren Prozessbevollmächtigten beim Beklagten eine Beschäftigungsförderung nach dem H. Modell. Gefördert werden sollte eine
Teilzeitbeschäftigung bei ihrem Prozessbevollmächtigten.
Einer Einladung des Beklagten zu einem persönlichen Gespräch am 20. September 2016 folgte die Klägerin u.a. mit der Begründung
nicht, dass zunächst über den Antrag auf die Beschäftigungsförderung nach dem H. Modell entschieden werden solle. Ein Gespräch
über die berufliche Situation mache solange keinen Sinn.
Mit Bescheid vom 22. November 2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Förderung nach dem H. Modell ab. Zur Begründung führte
er aus, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Antragstellung nicht langzeitarbeitslos im Sinne des §
18 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) gewesen. Zudem lägen die individuellen Fördervoraussetzungen nach dem H. Modell nicht vor, die Ausbildung der Klägerin läge
nicht mehr als vier Jahre zurück. In Abwägung der Interessen der Klägerin mit den Interessen der Allgemeinheit an einem wirtschaftlichen
Umgang mit öffentlichen Mitteln überwiege daher das Interesse der Allgemeinheit.
Die Klägerin erhob Widerspruch und wandte ein, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt durchaus langzeitarbeitslos sei. Es käme nicht
auf den Zeitpunkt der Antragstellung an. Auch die individuellen Fördervoraussetzungen lägen vor. Sie gelte als ungelernt,
weil sie über neun Monate hinweg eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt habe, die erlernte Tätigkeit hingegen nie.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2017 zurück. Es entspreche dem Sinn und Zweck der
Vorschrift, dass auf den Tag der Antragstellung bei der Frage der Langzeitarbeitslosigkeit abgestellt werde. Die Klägerin
gelte im Übrigen auch nicht als ungelernt, weil sie die erlernte Tätigkeit im April 2015 ausgeübt habe. Aus diesem Grund gehöre
sie nach der Arbeitsanleitung Nr. 92 zum H. Modell nicht zu dem förderungsfähigen Personenkreis.
Am 2. Mai 2017 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben. Sie hat vorgetragen, der Antrag auf Förderung nach
dem H. Modell sei auf Anraten ihres Arbeitsvermittlers erfolgt. Darüber hinaus habe sie sich in den letzten zwei Jahren insgesamt
bei sieben Unternehmen erfolglos als Empfangsdame beworben. Derzeit sei sie aufgrund eines orthopädischen Leidens und einer
schweren Depression in ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Sie habe zum November 2017 eine Psychotherapie begonnen. Zudem
habe sie Schwierigkeiten mit der Rechtsschreibung und Grammatik und sei deshalb gegenüber anderen Bewerbern benachteiligt.
Das Sozialgericht hat am 12. Oktober 2017 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Klage sodann durch Gerichtsbescheid
vom 8. Januar 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Förderung nach
dem H. Modell. Das H. Modell sei der freien Förderung nach § 16f SGB II zuzuordnen. Leistungen der Freien Förderung dürften gesetzlich normierte Leistungen weder umgehen noch aufstocken um zu vermeiden,
dass gesetzliche Regelungen über die Voraussetzungen und den Inhalt bestimmter Leistungen vernachlässigt werden. Insbesondere
dort, wo der Gesetzgeber Fördervoraussetzungen, Zielgruppen, Art und Umfang sowie Qualitätsanforderungen für Leistungen zur
Eingliederung geregelt habe, dürften Leistungen der freien Förderung nicht eingesetzt werden, um dem Zwecke nach gleichgerichtete
Eingliederungsleistungen zu erbringen. Dieses Umgehungs- und Aufstockungsverbot sei hier insoweit von Bedeutung, als dass
der Eingliederungszuschuss an Arbeitgeber nach §§
88 ff.
SGB III eine vergleichbare Leistung darstelle. Ausgenommen von dem Umgehungs- und Aufstockungsverbot seien Leistungen für Langzeitarbeitslose
und erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deren berufliche Eingliederung
auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert sei, bei denen in angemessener Zeit von in der Regel
sechs Monaten nicht mit Aussicht auf Erfolg auf einzelne Gesetzesgrundlagen des SGB II oder
SGB III zurückgegriffen werden könne.
Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Zwar sei die Klägerin langzeitarbeitslos im Sinne von §
18 Abs.
1 SGB III, d.h. mindestens ein Jahr arbeitslos. Entscheidend sei nicht der Zeitpunkt der Antragstellung beim Beklagten, sondern derjenige
der Entscheidung über den Widerspruch. Die zweite Fördervoraussetzung, nämlich eine Prognose dahin gehend, dass innerhalb
von sechs Monaten keine anderen, gesetzlich geregelten Eingliederungsmaßnahmen erfolgversprechend in Anspruch genommen werden
könnten, liege jedoch nicht vor. Es seien eine Reihe anderer Eingliederungsleistungen denkbar, etwa Maßnahmen der Eignungsfeststellung
und Arbeitserprobung, Kurse zur Beseitigung der vorgetragenen Defizite im Bereich Rechtschreibung und Grammatik sowie Kurse
zur Berufsorientierung. Solche Leistungen hätten bislang nicht erbracht werden können, da die Klägerin zu den angebotenen
Beratungsterminen beim Beklagten nicht erschienen sei.
Der Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. Januar 2018 zugestellt worden. Am 15. Februar 2018
hat die Klägerin Berufung erhoben. Sie trägt vor, eine Förderung nach dem H. Modell setze entsprechend der Arbeitsanleitung
des Beklagten voraus, dass der Betroffene entweder langzeitarbeitslos sei oder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet habe
und die berufliche Eingliederung aufgrund von schwerliegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert sei. Sie erfülle
dies, da sie langzeitarbeitslos sei. Ferner lägen auch die in der Arbeitsanleitung genannten individuellen Fördervoraussetzungen
vor, da sie keinen Schulabschluss habe.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 8. Januar 2018 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.
November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr
Beschäftigungsförderung nach dem H. Modell zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Mit Beschluss vom 28. Februar 2019 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des
Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten
verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet; zu Recht hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen.
Auch der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Beschäftigungsförderung nach dem
H. Modell hätte. Dem steht das Umgehungs- und Aufstockungsverbot für Maßnahmen der freien Förderung gem. § 16f Abs. 2 Satz 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entgegen. Der Senat nimmt insoweit entsprechend §
153 Abs.
2 SGG Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2018. Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer
Berufung vorträgt, sie erfülle die Fördervoraussetzungen entsprechend der Arbeitsanleitung des Beklagten, da sie langzeitarbeitslos
sei und nicht über einen Schulabschluss verfüge, trifft dies zwar zu. Die Klägerin übersieht indes, dass eine Förderung nach
dem H. Modell daneben eine weitere Voraussetzung hat: Im Rahmen einer individuellen Prognose muss festgestellt werden, dass
in angemessener Zeit (d.h. innerhalb von sechs Monaten) andere, gesetzlich geregelte Eingliederungsinstrumente voraussichtlich
nicht zu einer Eingliederung in Arbeit führen würden. Diese zusätzliche Fördervoraussetzung ergibt sich aus § 16f Abs. 2 Satz 4 SGB II, der nur bei ihrer Erfüllung eine Ausnahme vom Verbot der Umgehung bzw. Aufstockung der gesetzlichen Leistungen durch Leistungen
der Freien Förderung zulässt. Sie ist daneben auch in der Arbeitsanleitung Nr. 92 des Beklagten zum H. Modell (in der ab dem
27.10.2016 geltenden Fassung auf S. 4 unter Ziffer 1.1 Allgemeine Fördervoraussetzungen, in der zuvor ab dem 12.5.2016 geltenden
Fassung auf S. 4 unter Ziffer 1.2 Individuelle Voraussetzungen) aufgeführt. Wie das Sozialgericht ausführlich und zutreffend
dargelegt hat, konnte bei der Klägerin eine entsprechend Prognose nicht gestellt werden.