Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.
Der Kläger stand u.a. im Zeitraum von März bis einschließlich September 2014 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts. Nachdem eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht zustande gekommen
war, erließ der Beklagte am 6. März 2014 einen Eingliederungsverwaltungsakt, der eine Laufzeit vom 6. März bis 6. September
2014 vorsah. Als Unterstützungsleistungen seitens des Beklagten war vorgesehen, dass Vermittlungsvorschläge unterbreitet werden
würden, sofern geeignete Stellenangebote vorlägen, und das Bewerberprofil des Klägers anonym in der Jobbörse der Bundesagentur
für Arbeit veröffentlicht werde. Zudem würden angemessene nachgewiesene Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des
§ 16 Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. §
44 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) übernommen, sofern der Kläger diese zuvor beantrage. Der Kläger sollte während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung
jeweils mindestens zehn Bewerbungsbemühungen pro Monat um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
unternehmen und hierüber Nachweislisten vorlegen. Zudem sollte sich der Kläger zeitnah auf Vermittlungsvorschläge bewerben.
Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 20. März 2014 Widerspruch ein. Er sei in Filmprojekte eingebunden und nehme seine
Integration in den Arbeitsmarkt damit selbst vor, so dass die verlangten Bewerbungsbemühungen unnötig und unverhältnismäßig
seien.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2014 zurück. Es seien im Eingliederungsverwaltungsakt
konkrete Leistungen angeboten worden, so dass es sich nicht nur um eine allgemeine Erklärung zur Leistungsbereitschaft seitens
des Beklagten handele. Auch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sei nicht verletzt worden. Die vorgeschriebenen Eingliederungsbemühungen
seien zur Erreichung des Ziels der Loslösung des Klägers aus dem Leistungsbezug auch zweckmäßig und verhältnismäßig.
Der Kläger hat am 3. Juli 2014 Klage erhoben und sich auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren berufen.
Mit Urteil vom 9. August 2016 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 6.
März 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2014 festgestellt. Nach Erledigung des Eingliederungsverwaltungsaktes
infolge Ablaufs seiner Geltungsdauer sei die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig; das Fortsetzungsfeststellungsinteresse
folge aus dem Umstand, dass am 19. Februar 2015 ein ähnlich lautender Eingliederungsverwaltungsakt ergangen sei. Die Klage
sei auch begründet, weil der angefochtene Bescheid rechtswidrig gewesen sei. Es fehle an dem Angebot konkreter Leistungen
zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der vom Gesetzgeber intendierten "maßgeschneiderten Ausrichtung der Eingliederungsleistungen",
wie es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R) erforderlich sei. Solle von solchen auf die individuelle Bedarfslage zugeschnittenen Zusagen abgesehen werden, erfordere
das gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die Ausübung pflichtgemäßem Ermessens. Der Eingliederungsverwaltungsakt enthalte weder maßgeschneiderte Eingliederungsleistungen
noch entsprechende Ermessenserwägungen.
Gegen das am 20. September 2016 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12. Oktober 2016 Berufung eingelegt. Er macht geltend,
dass es an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle, denn mit Datum vom 10. März 2016 sei der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung
mit dem Kläger gelungen, die maßgeschneidert auf seine Situation eingehe. Auch beachte der Beklagte die nunmehr klar ausgearbeitete
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu dem Inhalt von Eingliederungsverwaltungsakten.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. August 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte ist dem entgegengetreten und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche
Verhandlung erklärt. Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozessakte und die Sachakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
II. Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Denn nach dem Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren ist
kein beachtliches Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes mehr erkennbar.
Der Beklagte beachtet offenbar nunmehr die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes noch nicht existente
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, so dass eine Wiederholungsgefahr nicht angenommen werden kann. Das wird bezogen auf
den Kläger auch dokumentiert durch Vorlage der Eingliederungsvereinbarung vom 10. März 2016, die den rechtlichen Anforderungen
entspricht. Ein weiterer Ansatzpunkt für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist nicht ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht billigem Ermessen. Denn erst im Berufungsverfahren sind die Umstände vorgebracht worden und zu Tage getreten,
aus denen sich die Unzulässigkeit der Klage ergibt. Auf der Grundlage des Prozessstoffes der ersten Instanz, insbesondere
wegen der Verteidigung des angefochtenen Bescheides durch den Beklagten, waren die Klage noch berechtigt und das Urteil noch
zutreffend.
Die Revision ist nicht nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.