Arbeitsunfall eines Vertrags-Eishockeyspielers in der Deutschen Eishockey-Liga
Anspruch auf Gewährung von Rente
Feststellung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatsachenfeststellung des Gerichts
Wesentliche Mitursache
Beurteilung der Kausalität
1. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen
beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet.
2. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung; verursacht sind
die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der
medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest
von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache).
3. Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war,
dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern
jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte.
4. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt
vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden
Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
5. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 S. 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 7. Dezember 2004 eine Rente zu gewähren ist.
Der am xxxxx 1973 geborene Kläger war Vertrags-Eishockeyspieler bei "A. GmbH" in der Deutschen Eishockey-Liga. Am 7. Dezember
2004 prallte der Kläger bei einem Punktspiel in der F. Eissporthalle nach einem "Check" eines Gegenspielers gegen die Bande
des Eishockeyfeldes. Er verletzte sich dabei an der linken Schulter und der Halswirbelsäule (HWS) und konnte das Spiel nicht
fortsetzen.
In dem Durchgangsarztbericht des Unfallchirurgen Dr. O. vom 8. Dezember 2004 wurden eine Acromioclavicular (AC)-Gelenksprengung
Tossy III sowie eine HWS-Distorsion diagnostiziert. Mit Befundbericht vom 8. März 2005 teilte Dr. O. mit, dass der Kläger
hinsichtlich seiner linken Schulter weitgehend und hinsichtlich der HWS komplett beschwerdefrei sei. Bei der klinischen Untersuchung
habe sich jedoch noch eine deutliche Stufenbildung am AC-Gelenk gezeigt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit
unter 10 v.H. einzuschätzen.
In seinem ersten Rentengutachten vom 27. September 2007 kam Prof. Dr. H. zu dem Ergebnis, dass die MdE durch die Verletzungsfolgen
mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum Tag vor der Untersuchung mit 10 v.H. einzuschätzen sei, auch danach mit 10
v.H. Der Kläger sei in seinem Beruf als Eishockeyspieler weiter einsatzfähig. Mit Bescheid vom 7. November 2007 lehnte die
Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 7. Dezember 2004 ab. Als dessen Folgen erkannte die Beklagte
eine Instabilität und beginnende arthrotische Veränderungen im linken Schultergelenk sowie einen deutlichen Hochstand des
Schlüsselbeinendes nach Schultergelenksprengung links (Typ Tossy III) und eine ohne Funktionseinschränkungen ausgeheilte Distorsion
der HWS an.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2008 legte der Kläger gegen diesen seinem Bevollmächtigten am 12. Dezember 2007 zugestellten
Bescheid Widerspruch ein. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden, wonach die Widerspruchsfrist drei
Monate betragen sollte. Der Kläger legte ein Gutachten seines damaligen Mannschaftsarztes Dr. K., Linz, vom 12. März 2008
vor. Dieser beschrieb eine AC-Gelenksluxation als eine der schwersten Verletzungen eines Eishockeyspielers, die diesen beim
Schießen, Checken und Verteidigen einschränke, wodurch sich eine deutliche MdE bis 100 v.H. ergebe. Aufgrund der Schwere der
Verletzung des Klägers mit massiver Kraftverminderung, ständigen Ruhe- und Belastungsschmerzen sowie Bewegungseinschränkung
vor allem über der Horizontalen ergebe sich eine MdE von 25 v.H.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger
per Einschreiben persönlich am 13. August 2008 in K2 zugestellt.
Der Kläger hat am 17. November 2008 Klage erhoben. Zur Begründung hat er unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Chirurgen
Dr. L. vorgetragen, die Schulterverletzung befinde sich in einem chronischen Erkrankungsstadium. Auf einem beigefügten Foto
seines Oberkörpers sei die verknöcherte Verformung seines Schlüsselbeins deutlich zu erkennen. Ihm stehe zumindest eine gestützte
Verletztenrente unter Berücksichtigung der Folgen zweier weiterer Arbeitsunfälle zu, wegen derer er gleichzeitig Klagen erhoben
hat, die das Sozialgericht später abgetrennt hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter anderem darauf hingewiesen, dass der Kläger als Spieler der f.
Eishockey-Liga weiterhin seiner Tätigkeit auf hohem Niveau nachgehe. Das vorgelegte Attest enthalte weder eine aussagekräftige
Befundung noch werde das Ausmaß der Bewegungseinschränkungen dokumentiert.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage des Chirurgen Dr. D. vom 26. April 2010.
Der Sachverständige kommt darin zu dem Ergebnis, dass das Unfallgeschehen vom 7. Dezember 2004 im Bereich des linken Schultergelenks
zu einer sogenannten Tossy III - Verletzung geführt habe mit narbiger Ausheilung in Fehlstellung des Schultereckgelenkes links
mit verbliebener Instabilität. Die MdE sei mit 10 v.H. einzuschätzen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. Dezember
2011 abgewiesen. Der Kläger habe sich bei dem Unfall am 7. Dezember 2004 zwar eine Schultergelenkssprengung nach Tossy III
zugezogen, seine Erwerbsfähigkeit sei dadurch aber nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert. Das Sozialgericht hat sich dem Gutachten
des Sachverständigen Dr. D. angeschlossen, wonach die durch den Unfall verbliebene Fehlstellung des Schultergelenks links
ohne gravierende Funktionseinschränkung aber mit verbliebener Instabilität mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sei. Die
hilfsweise beantragte Stützrente gemäß §
56 Abs.
1 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) sei zu versagen, da keine weiteren Stützrententatbestände für den Kläger beständen (Hinweis auf die Entscheidungen in den
Parallelverfahren S 36 U 292/08 und S 36 U 317/11).
Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2011 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 19. März 2012 Berufung
eingelegt. Das Sozialgericht habe den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, da es seinem Antrag gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), das Gutachten des Sachverständigen Dr. D. dem Gutachter Dr. K. vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Das Sozialgericht hätte
die Einschätzung des Mannschaftsarztes Dr. K., die Schulterverletzung habe zu einer MdE von 25% geführt, nicht einfach abtun
dürfen, ohne dem Gutachter Gelegenheit gegeben zu haben, die eigene Einschätzung der MdE durch die Schulterverletzung von
25 v.H. anhand der deutschen Kriterien zu überprüfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 8. Dezember 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 31. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 7. Dezember 2004 eine
Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10% zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wendet ein, ihr liege ein Antrag des Klägers nach §
109 SGG nicht vor. Die Einschätzung des Mannschaftsarztes Dr. K. zur MdE sei von den Erfahrungswerten der deutschen gesetzlichen
Unfallversicherung so weit entfernt, dass auf eine weitere Aufklärung habe verzichtet werden können. Die von ihm beschriebenen
funktionellen Einschränkungen seien von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen ausreichend berücksichtigt worden.
Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 22. November 2012 ein fachchirurgisches Gutachten des Chirurgen Dr. K1 eingeholt.
In dessen Gutachten vom 10. Januar 2013 kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der von dem Kläger beschriebene Unfallhergang,
sein Verhalten nach dem Unfallereignis und das dokumentierte Erstschadensbild für eine unfallbedingte Sprengung des Schultereckgelenks
links sprächen. Auch werde in keiner der vorangegangenen Untersuchungen ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der
Verletzung bezweifelt. Die MdE betrage wegen des ungünstigen Verlaufs der operierten Tossy III - Verletzung (erheblicher Hochstand
des Schlüsselbeins, Instabilität des AC-Gelenks) 10 v.H. Eine höhere MdE sei angesichts der fehlenden Funktionsbeeinträchtigung
der linken Schulter nicht gerechtfertigt, auch nicht unter Berücksichtigung der Angabe verstärkter Beschwerden durch den Kläger,
da es sich dabei um nicht messbare subjektive Empfindungen handele.
Auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG hat das Gericht sodann ein weiteres Gutachten des Dr. K. zu der Frage eingeholt, ob sich aus dem Unfall vom 7. Dezember 2004
(linkes Schultergelenk) eine MdE von mindestens 20 v.H. ergebe. Der Sachverständige hat unter dem 18. Dezember 2015 mitgeteilt,
dass er nach sorgfältigem Aktenstudium eine über seine beiden Gutachten aus den Jahren 2007 und 2008 hinausgehende gutachterliche
Stellungnahme sinnvollerweise nicht abgeben könne.
Der Senat hat über die Berufung am 22. November 2017 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug
genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§
143,
151 SGG zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
4 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Kläger
hat aus dem Versicherungsfall vom 7. Dezember 2004 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. 1. Die Klage ist zulässig,
insbesondere hat der Kläger die Klagefrist des §
87 Abs.
1 SGG eingehalten. Zwar ist die Bekanntgabe des Widerspruchs gegenüber dem Kläger persönlich erfolgt, doch konnte dadurch im Streitfall
die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt werden. Ist - wie im Streitfall - ein Bevollmächtigter bestellt, hat sich die Behörde
nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X an den Bevollmächtigten (und nicht an den Beteiligten) zu wenden. Ein Ermessen ist ihr insoweit nicht eingeräumt. Dieser
Grundsatz wird allerdings für die Bekanntgabe des Verwaltungsakts durch § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X modifiziert, wonach die Bekanntgabe des Verwaltungsakts gegenüber dem Bevollmächtigten vorgenommen werden "kann". Die Bekanntgabe
des Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten ist danach nicht in das Belieben der Behörde gestellt, vielmehr ist ihr insoweit
Ermessen eingeräumt (vgl. Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 37 Rz. 10). Bei der Ermessensausübung, die nicht fehlen darf, aber nicht begründet zu werden braucht, sind alle Umstände zu
berücksichtigen, die eine Bekanntgabe an den Bevollmächtigten nahelegen oder ausschließen (vgl. Ruppelt, jurisPR-SozR 19/2014
Anm. 6). Hier hätte der Umstand berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger als international tätiger Eishockeyspieler während
des Laufs des Verwaltungsverfahrens als Profisportler bei Vereinen in D., Ö. und auch F1 tätig war. Wenn trotzdem eine Bekanntgabe
an den Vertretenen (den Kläger) erfolgen soll, ist diese Entscheidung jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn nicht die
aktuelle Adresse seines Aufenthaltsortes in Europa als Bekanntgabeadresse gewählt wird, sondern seine (frühere) Heimatadresse
in K2. Auch die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids hätte deshalb an den Bevollmächtigten erfolgen müssen. Darauf, ob die
am 17. November 2008 erhobene Klage rechtzeitig, nämlich innerhalb der Monatsfrist des §
87 Abs.
1 Satz 1
SGG bei dem Sozialgericht eingegangen ist, kommt es nicht an. Zwar gilt für Zustellungen an einen inländischen Bevollmächtigten
nicht die Dreimonatsfrist des §
87 Abs.
1 Satz 2
SGG (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, §
87 Rz. 3), doch hat die Beklagte den Bescheid weder an den Bevollmächtigten zugestellt noch durch Aufgabe zur Post bekannt gegeben,
sondern (wenn überhaupt) lediglich formlos übersandt. Zudem ist die Rechtsbehelfsbelehrung, die nur eine dreimonatige Klagefrist
nennt, falsch, so dass die Klage gemäß §
66 Abs.
2 SGG innerhalb eines Jahres nach Zustellung oder Eröffnung des Widerspruchsbescheids erhoben werden konnte.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
a) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus
um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§
56 Abs.
1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII)). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens
die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die
Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§
56 Abs.
1 Satz 3
SGB VII).
Die MdE richtet sich gemäß §
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit
des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSG, Urteil vom v. 26. November 1987 - 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27). Maßgeblich ist aber nicht die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten, sondern eine
abstrakte Berechnung (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 3/2017, § 56 Rz. 10.1). Die Gesundheitsbeeinträchtigung
muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem
Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie
auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen
Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B.
Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung
war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann
nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen
keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende
ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der
Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen
Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 S. 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4).
b) Im Streitfall war der Arbeitsunfall am 7. Dezember 2004 zwar ursächlich für die Gesundheitsstörung des linken Schultergelenks,
doch rechtfertigt die dadurch eingetretene Funktionsbeeinträchtigung nur eine MdE von 10 v.H.
aa) Der Sachverständige Dr. K1 ist in seinem überzeugenden Gutachten vom 10. Januar 2013 zu dem Ergebnis gelangt, dass der
von dem Kläger beschriebene Unfallhergang, sein Verhalten nach dem Unfallereignis und das dokumentierte Erstschadensbild einschließlich
der bildgebenden Diagnostik für eine unfallbedingte Sprengung des linken Schultereckgelenks sprächen. Bei einem Körperstoß
im Eishockeyspiel, durch den der Spieler gegen die Bande falle, könne eine Rasanz und ausreichend hohe kinetische Energie
mit Sicherheit unterstellt werden. In der wissenschaftlichen Literatur würden Sport- und Freizeitunfälle mit einem direkten
Anpralltrauma auf die Schulterspitze bei adduziertem Arm zu der häufigsten Ursache von Schultereckgelenksverletzungen zählen.
Von einem adäquaten Unfallereignis für diese Verletzung sei deshalb auszugehen, zumal die anlässlich des Erstbefundes gefertigten
Röntgenbilder einen Hochstand um Schaftbreite dokumentierten, die die Diagnose einer AC-Gelenksprengung beweise. Auch das
Verhalten des Klägers nach dem Unfall spreche für ein akutes Schadensbild, da er das Spiel nach dem Sturz sofort beendet hätte.
Auch die früheren Gutachter hätten einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Verletzung nicht angezweifelt.
Die festgestellte Verletzung führe zu einer MdE von 10 v.H., da sich zwar keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung der
linken Schulter feststellen lasse, die Tossy III - Verletzung aber einen ungünstigen Verlauf genommen habe. Es komme bei der
Bewertung maßgebend auf die Funktion des Schultergelenks an. So werde in der gängigen Gutachtenliteratur eine Bewegungseinschränkung
bis 120° mit einer MdE von 10 v.H. beziffert, betrage die Einschränkung bis 90° könne eine MdE von 20 v.H. angenommen werden.
Bei dem Kläger sei die Abspreitzbewegung seitengleich mit 180° (Messung Dr. K.: links nur 140°), die Armvorhebung seitengleich
mit 170° (Dr. K.: 140°) gemessen worden. Die Angabe verstärkter Schmerzen reiche für die Begründung einer höheren MdE nicht
aus, da diese nicht in ein funktionell objektivierbares Defizit mündeten. Schmerzen seien nicht messbar, als subjektive Einschätzung
kämen ihr bei der Begutachtung nicht die Bedeutung eines objektiven Kriteriums zu.
bb) Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Schlussfolgerungen des Sachverständigen an. Plausibel
legt der Sachverständige dar, dass das Unfallereignis vom 7. Dezember 2004 ursächlich für die Schulterverletzung sei. Auch
die mit 10 % angenommene MdE begegnet keinen Bedenken. Bis auf den Mannschaftsarzt Dr. K. sind auch die übrigen Gutachter
zu diesem Wert gelangt. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird maßgeblich auf die Schultervorhebung als Hauptkriterium
abgestellt und erst bei einer Bewegungseinschränkung von weniger als 120° eine höhere MdE als 10 v.H. angenommen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 560 Rn. 8.4.7). Eine derart weitgehende Beeinträchtigung hat aber auch Dr.
K. nicht feststellen können. Der Senat schließt sich deshalb der Bewertung des Sachverständigen Dr. K1 an, wegen des ungünstigen
Verlaufs der operierten Tossy III - Verletzung (Komplettruptur der gesamten schulterstabilisierenden Bandstrukturen), die
sich bei dem Kläger insbesondere in dem hochstehenden Schlüsselbein äußert, von einer MdE von 10 v.H. auszugehen.
c) Obwohl der Arbeitsunfall vom 7. Dezember 2004 somit eine MdE in Höhe von 10 v. H. begründet, kommt vorliegend eine Rentenleistung
auch nach §
56 Abs.
1 Sätze 2 und 3
SGB VII auf Grund von Stützrenten bei mehreren Versicherungsfällen nicht in Betracht. Da aus den beiden weiteren Versicherungsfällen
vom 21. März und 2. Dezember 2001 keine MdE von mindestens 10 v.H. folgt (vgl. die Entscheidungen des Senats vom 22. November
2017 in den Parallelverfahren L 2 U 9 und 10/12), ergibt sich nicht insgesamt eine MdE in Höhe von wenigstens 20 v. H.
Die Klage kann deshalb keinen Erfolg habe, sodass die Berufung des Klägers zurückzuweisen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
1 und
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.