Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. September 2001
streitig.
Die am XX.XXXXXX 1960 geborene Klägerin erlitt am 11. September 2001 als Autofahrerin einen Verkehrsunfall, bei welchem ein
VW-Bus von hinten auf ihr stehendes Auto auffuhr. Nach Schätzung der den Unfall aufnehmenden Polizei entstand an ihrem Fahrzeug
ein Sachschaden von etwa 800 DM. Nach Aufnahme des Unfalls durch die Polizei fuhr die Klägerin mit ihrem Fahrzeug noch nach
Hause. Am nächsten Tag suchte sie den Orthopäden Dr. S. auf, bei welchem sie bereits seit Januar 1996 wegen Beschwerden in
der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenvorfällen 1996 und 2000 und einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule
1997 in Behandlung war. Dieser Arzt diagnostizierte eine Halswirbelsäulen-Distorsion und den Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall.
Eine Krankschreibung lehnte die Klägerin zunächst ab, später wurde ihr jedoch Arbeitsunfähigkeit bis zum 14. Oktober 2001
bescheinigt. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) am 14. September 2001 ergab einen Bandscheibenvorfall im Segment C 6/7 sowie
eine Bandscheibenvorwölbung C5/6. Knöcherne Unfallfolgen ließen sich nicht feststellen.
Während der Nervenarzt Dr. H. anlässlich seiner Untersuchung am 11. Oktober 2001 zu dem Ergebnis gelangte, die festgestellten
Bandscheibenvorfälle der Hals- und Lendenwirbelsäule hätten schon vor dem Unfall vorgelegen und dieser habe lediglich eine
vorübergehende Verschlimmerung des degenerativen Wirbelsäulenleidens bewirkt, wiesen die Chirurgen Dr. P./Dr. K. darauf hin,
dass anlässlich ihrer Untersuchung am 11. Oktober 2001 Unfallfolgen nicht mehr nachweisbar gewesen seien. Der auf Veranlassung
der Beklagten begutachtende Chirurg M. führte in seinem Gutachten vom 24. September 2002 aus, dass es möglich sei, dass die
Klägerin eine leichte Zerrung der Halswirbelsäule erlitten habe. Beweisen könne man dies jedoch nicht. Darüber hinaus fielen
deutliche degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule auf. Insgesamt spreche der Verlauf gegen eine ernste Verletzung der
Halswirbelsäule. Röntgenologisch würden sich aus den Aufnahmen der Halswirbelsäule vom 12. September 2001 keine Zeichen einer
frischen oder stattgehabten knöchernen Verletzung, keine Gefügestörung, eine regelrechte Weite des Halsweichteilschattens
ohne Zeichen einer Einblutung ergeben. Im Bereich der Lendenwirbelsäule seien strukturelle Schäden weder im Bereich der Wirbelkörper
noch im Bereich der Wandverbindungen nachzuweisen. Insgesamt könne sich die Klägerin bei dem Unfall allenfalls eine leichte
Zerrung der Halswirbelsäule mit daraus folgender Arbeitsunfähigkeit von maximal drei Wochen zugezogen haben. Die übrigen Gesundheitsstörungen
seien unfallunabhängig.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2002 erkannte die Beklagte unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis
zum 1. Oktober 2001 wegen einer leichten Zerrung der Halswirbelsäule an, lehnte aber die Gewährung einer Verletztenrente ab,
da Unfallfolgen über den 1. Oktober 2001 hinaus nicht vorgelegen hätten. Während des nachfolgenden Widerspruchverfahrens zog
die Beklagte Unterlagen über einen früheren Unfall der Klägerin aus dem Jahre 1991 bei. Diese hatte bereits am 22. Januar
1991 einen Arbeitsunfall mit einem Halswirbelsäulenschleudertrauma erlitten. Damals hatte es keinen Anhalt für eine frische
knöcherne Verletzung gegeben. Es wurde lediglich eine Weichteilzerrung der Nackenmuskulatur diagnostiziert. Nachdem der Chirurg
M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. April 2003 bei seiner ursprünglichen Beurteilung geblieben war, wies die Beklagte
den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2003 zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 30. Juni 2003 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat das Sozialgericht
Unterlagen der behandelnden Ärzte sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse der Klägerin beigezogen. Auf Antrag
der Klägerin nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat es dann das orthopädische Gutachten vom 29. September 2005 durch Dr. D. erstatten lassen. Dieser Sachverständige ist
aufgrund seiner Untersuchung am 4. Mai 2005 zu dem Ergebnis gelangt, dass am Untersuchungstag Unfallfolgen nicht mehr vorgelegen
hätten. Es ergebe sich auch kein Hinweis für einen unfallbedingten Bandscheibenvorfall der Hals- und/oder Lendenwirbelsäule
oder für eine unfallbedingte Distorsion der Lendenwirbelsäule. Wegen des Fehlens eines verkehrsanalytischen Gutachtens könne
aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin bei dem Unfall eine Distorsion der Halswirbelsäule zugezogen habe.
Im Termin am 10. April 2006 hat der Sachverständige sein Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass ein unfallbedingter
Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule aus medizinischer Sicht nicht wahrscheinlich zu machen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. April 2006 abgewiesen. Der Unfall habe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit
die nachgewiesenen Bandscheibenvorfälle der Hals- und Lendenwirbelsäule verursacht. Dies ergebe sich schon daraus, dass der
Unfall nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen nicht zu einer strukturellen Verletzung geführt habe. Der Einholung
eines verkehrsanalytischen Gutachtens habe es nicht bedurft, weil durch eine solches allenfalls die technischen Voraussetzungen
für das Erleiden einer Halswirbelsäulendistorsion hätte nachgewiesen werden können. Eine solche Erkrankung sei aber von der
Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden schon anerkannt worden.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 6. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Juli 2006 Berufung eingelegt. Sie
macht geltend, dass entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Unfall die Bandscheibenvorfälle der Hals- und Lendenwirbelsäule
verursacht habe. Unstreitig habe eine Halswirbelsäulendistorsion stattgefunden. Ob es sich um eine solche I. oder II. Grades
gehandelt habe, sei ohne verkehrsanalytisches Gutachten nicht zu beurteilen. Durch diese Distorsion sei es zu den Bandscheibenvorfällen
gekommen, zumal die früher festgestellten Vorfälle symptomlos ausgeheilt seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. April 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2002 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen
des Arbeitsunfalls vom 11. September 2001 eine Verletztenrente zu gewähren,
hilfsweise das bildgebende Material der gerichtlich bestellten Sachverständigen im Original zur Begutachtung vorzulegen und
dem Bevollmächtigten der Klägerin nachzulassen, zum Ergebnis der Beweisaufnahme weiter vorzutragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. April 2006 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Selbst die als
Unfallfolge anerkannte und entschädigte Halswirbelsäulendistorsion sei letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen.
Nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden
erklärt und die Klägerin Unterlagen vorgelegt hatte, nach denen an dem vom ihr geführten Fahrzeug durch den Unfall vom 11.
September 2001 ein Sachschaden in Höhe von 3.332,82 DM entstanden ist, hat sie weiter die Auffassung vertreten, die bei ihr
früher bestandenen Bandscheibenvorfälle seien zum Unfallzeitpunkt folgenlos zurückgebildet gewesen. Durch den Unfall seien
dann die von allen behandelnden Ärzten festgestellten neuen Bandscheibenvorfälle verursacht worden, die zu durchgehend bis
heute bestehenden erheblichen Beschwerden führen würden.
Der Orthopäde Dr. D. hat im Termin am 22. April 2008 sein Gutachten vom 29. September 2005 dahingehend erläutert, dass er
ohne Vorliegen eines verkehrsanalytischen Gutachtens lediglich nicht mit der erforderlichen Sicherheit sagen könne, ob die
Klägerin sich bei dem Unfall am 11. September 2001 eine Distorsion der Halswirbelsäule zugezogen habe. Selbst wenn man von
einer Belastung ausgehe, die grundsätzlich geeignet sei, Bandscheiben zu schädigen, fehle es jedoch angesichts der verzögert
aufgetretenen Symptomatik an der Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs.
Dieser Einschätzung des Sachverständigen hat die Klägerin widersprochen und darauf hingewiesen, dass sie unverzüglich nach
dem Unfall unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Verspannungen der Halswirbelsäule gelitten habe. Am 13. September 2001 habe der
Orthopäde Dr. S. ein Taubheitsgefühl in der linken Hand und eine Fußheberschwäche links festgestellt. Entgegen der Auffassung
von Dr. D. sei daher unverzüglich nach dem Unfall eine Symptomatik vonseiten der Bandscheibenvorfälle aufgetreten.
Im Termin am 17. Februar 2009 ist als weiterer Sachverständiger der Chirurg Dr. P1 gehört worden, der die Klägerin am 5. Januar
2009 untersucht und das Gutachten vom 13. Januar 2009 eingereicht hatte. In diesem Gutachten gelangt er zu dem Ergebnis, dass
die Klägerin sich bei dem Unfall keine Verletzung der Bandscheiben, aber auch keine Zerrung der Halswirbelsäule zugezogen
habe.
Nachdem die Klägerin eine sachwidrige Behandlung und Beurteilung durch Dr. P1 bemängelt hatte, ist zum Termin am 19. Januar
2010 die Chirurgin Dr. W. als weitere Sachverständige geladen worden, die die Klägerin am 4. Januar 2010 untersucht und das
schriftliche Gutachten vom 5. Januar 2010 eingereicht hat. Darin gelangt sie zu dem Ergebnis, dass die bei der Klägerin vorliegende
Bandscheibenerkrankung unfallunabhängig sei. Nach den vorliegenden Unterlagen hätten schon seit 1996/1997 Bandscheibenvorfälle
mit einer entsprechenden Beschwerdesymptomatik sowohl im Hals- als auch im Lendenwirbelsäulenbereich bei der Klägerin vorgelegen.
Wegen dieser Erkrankung habe sich die Klägerin seit 1996 in der Behandlung von Dr. S. befunden. Vor dem Unfall am 11. September
2001 sei sie zuletzt am 27. November 2000 mit Einleitung einer Schmerztherapie und Bandagenversorgung behandelt worden, so
dass zumindest zu diesem Zeitpunkt keine Beschwerdefreiheit vorgelegen habe. Selbst wenn anschließend eine elfmonatige Behandlungsfreiheit
vorgelegen habe, seien die degenerativen Vorschäden im Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich so erheblich, dass
diese bereits durch eine alltägliche Belastung zu einer entsprechenden Beschwerdesymptomatik führen könnten. Gegen einen Ursachenzusammenhang
der nach dem Unfallereignis bestehenden Beschwerden mit dem Unfall spreche die Tatsache, dass es an einem verletzungskonformen
zeitlichen Verlauf fehle, da in beiden Wirbelsäulenabschnitten verletzungsspezifische Symptome nicht aufgetreten seien, die
bildgebende Diagnostik keinen Hinweis für eine traumatische Genese der Bandscheibenvorfälle ergeben hätte, weil Begleitverletzungen
in Form von knöchernen Läsionen, Bandrupturen oder Ödemen bzw. Hämatomen nicht nachweisbar gewesen seien, manifeste Verschleißumbauten
in Form von Bandscheibenveränderungen sowohl im Halswirbelsäulen- als auch im Lendenwirbelsäulenbereich bereits seit 1996
bzw. 1997 in gleicher Etage dokumentiert seien und die primär angefertigten Röntgenbilder der Halswirbelsäule bereits degenerative
Veränderungen zeigten. Die nachgewiesenen Veränderungen seien daher nicht als Unfallfolge, sondern als Ausdruck einer vorbestehenden
Schädigung zu sehen, zumal insbesondere die knöchernen Veränderungen im unteren Halswirbelsäulenbereich sich in dieser Schnelle
nicht entwickeln könnten, die schon einen Tag nach dem Unfallereignis nachweisbar gewesen seien und in gleicher Form in sämtlichen
Vorbefunden seit 1996 bereits beschrieben worden seien. Eine strukturelle Verletzung sei durch das Ereignis vom 11. September
2001 nicht eingetreten. Die Bandscheibenveränderungen seien weder im Halswirbelsäulen- noch im Lendenwirbelsäulenbereich ursächlich
auf das Ereignis vom 11. September 2001 zurückzuführen. Deshalb stellten auch die dauerhaft bestehenden Beschwerden keine
Unfallfolgen dar.
Im Termin am 19. Januar 2010 hat die Sachverständige Dr. W. ihr Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass die Frage,
ob sich die Klägerin bei dem Unfall am 11. September 2001 Bandscheibenvorfälle zugezogen habe, auch ohne verkehrsanalytisches
Gutachten zu verneinen sei. Sowohl nach den bildgebenden Verfahren als auch nach der Untersuchung hätten die Bandscheibenvorfälle
bereits vor dem Unfall vorgelegen. Der Verlauf nach dem Unfall spreche ebenfalls gegen eine unfallbedingte Verursachung. Hinzu
komme, dass die unmittelbar nach dem Unfallereignis gefertigten Röntgenbilder und die nach dem Ereignis erstellte MRT unfallbedingte
Schäden ausschließen würden. In dieser MRT seien nämlich keine Begleitverletzungen gefunden worden, die zwingend notwendig
gewesen wären, um zu einem traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall zu führen. Selbst wenn - aufgrund der Angaben der Klägerin
- davon auszugehen sei, dass das vorbestehende Bandscheibenleiden vor dem Unfallereignis symptomlos gewesen sei, ließen sich
die von der Klägerin beschriebenen körperlichen Beschwerden ohne weiteres auf das vorbestehende degenerative Bandscheibenleiden
zurückführen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
in der Sitzungsniederschrift vom 19. Januar 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann als Einzelrichter anstelle des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten
einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§
155 Abs.
3 und
4 SGG).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§
143,
144,
151 Abs.
1 SGG) der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten betreffend
die Ablehnung der Gewährung einer Verletztenrente wegen Folgen des Arbeitsunfalls vom 11. September 2001 rechtmäßig sind.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner Entscheidung dargelegt, dass es an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über die
26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. als Grundvoraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente
(§
56 Abs.
1 S. 1
Siebtes Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Unfallversicherung- (
SGB VII)) fehlt, weil nach den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen M. und Dr. D. die Gesundheitsstörungen im Bereich der
Lenden- und Halswirbelsäule nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit-)ursächlich auf
das Unfallereignis vom 11. September 2001 zurückzuführen sind und die mit den angefochtenen Bescheiden als Unfallfolge anerkannte
Zerrung bzw. Distorsion der Halswirbelsäule spätestens am 1. Oktober 2001 folgenlos ausgeheilt war. Zur Vermeidung von Wiederholungen
wird insoweit vollen Umfangs auf die zutreffenden Gründe des sozialgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§
153 Abs.
2 SGG). Die während des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme in Form der nochmaligen Anhörung des orthopädischen Sachverständigen
Dr. D., der Einholung des Gutachtens des Chirurgen Dr. P1 sowie der Einholung des Gutachtens der Chirurgin Dr. W. und deren
zusätzlicher Anhörung im Termin am 19. Januar 2010 hat zur Überzeugung des Gerichts die erstinstanzliche Entscheidung in vollem
Umfang bestätigt. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Gutachten des Chirurgen Dr. P1, gegenüber welchem die Klägerin
gravierende Vorwürfe erhoben, gegen den sie andererseits aber kein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit geltend gemacht hat,
bei der Entscheidung Berücksichtigung finden kann. Gerade wegen der gegen diesen Sachverständigen erhobenen Vorwürfe hat das
Gericht eine nochmalige Begutachtung durch die Chirurgin Dr. W. veranlasst und diese Sachverständige zusätzlich im Termin
am 19. Januar 2010 gehört. Dabei hat sie - im Ergebnis vollkommen übereinstimmend mit der Beurteilung des erstinstanzlich
gehörten Sachverständigen Dr. D. - nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die bei der Klägerin im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich
vorliegenden Bandscheibenvorfälle mit entsprechender Beschwerdesymptomatik nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis
vom 11. September 2001 ursächlich zurückzuführen sind. Gleichfalls hat sie auf ausdrückliche Nachfrage ebenfalls in Übereinstimmung
mit Dr. D. dargelegt, dass diese Frage aufgrund der erhobenen medizinischen Befunde ohne ein verkehrsanalytisches Gutachten
zu beantworten ist. Gegen einen solchen Ursachenzusammenhang spricht danach zunächst der Umstand, dass die Bandscheibenerkrankung
schon seit 1996/1997 vorliegt und zuletzt im November 2000 einer Behandlung bedurfte. Selbst wenn man entsprechend den Angaben
der Klägerin davon ausgeht, dass die Bandscheibenerkrankung seitdem bis zum Unfall im September 2001 symptomlos war, lässt
sich ein Ursachenzusammenhang nicht herstellen, zumal in beiden Wirbelsäulenabschnitten verletzungsspezifische Symptome nicht
aufgetreten sind und insbesondere auch kein objektiver Beschwerdewandel eingetreten ist. Die neurologischen Ausfälle insbesondere
im Bereich des linken Armes waren bereits vor dem Unfallereignis vom September 2001 dokumentiert. Ganz wesentlich gegen einen
Ursachenzusammenhang spricht aber der Umstand, dass weder in den unmittelbar nach dem Unfallereignis gefertigten Röntgenbildern
noch in den am 14. September 2001 erstellten MRT die für einen traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall zwingend erforderlichen
Begleitverletzungen in Form von Blutergüssen, Bandverletzungen oder knöchernen Läsionen nachweisbar waren. Vielmehr weisen
die unmittelbar nach dem Unfallereignis angefertigten Röntgenbilder bereits knöcherne Veränderungen im unteren Halswirbelsäulenbereich
auf, die nicht unfallbedingt sein können, weil sie zum einen sich nicht so schnell entwickeln können und zum anderen in gleicher
Form in sämtlichen Vorbefunden seit 1996 bereits beschrieben worden sind.
Dieser Beurteilung der bildgebenden Diagnostik durch die Sachverständige Dr. W. steht nicht der Umstand entgegen, dass der
Sachverständigen nicht alle bildgebenden Befunde im Original vorgelegen haben. Sie hat in ihrem schriftlichen Gutachten die
Befundbeschreibungen der bildgebenden Diagnostik ab September 1992 ausgewertet. Fehler in diesen Befundbeschreibungen sind
nicht ersichtlich und werden von klägerischer Seite auch nicht konkret behauptet. Die Befundbeschreibungen stammen von den
Fachärzten, die die jeweilige bildgebende Diagnostik durchgeführt haben. Derartige Fachärzte - in der Regel Radiologen - besitzen
aufgrund ihrer speziellen Ausbildung und Erfahrung grundsätzlich eine höhere Kompetenz zur Auswertung der im bildgebenden
Verfahren erstellten Bilder als eine Chirurgin. Insoweit könnte deren eigener Auswertung der Bilder kein höherer Beweiswert
zukommen als den Befundbeschreibungen der Radiologen. Deshalb gab es keine Veranlassung für das Gericht, entsprechend dem
Hilfsantrag der Klägerin das bildgebende Material der gerichtlich bestellten Sachverständigen im Original zur Nachbegutachtung
vorzulegen.
Unabhängig davon sprechen auch die klinischen Befunde gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis vom September
2001 und den vorliegenden Bandscheibenschäden. Insbesondere bei einem traumatischen Bandscheibenvorfall sind aufgrund der
zwingend erforderlichen Begleitverletzungen sofortige verletzungsspezifische Beschwerden zu fordern, wie sie bei der Klägerin
im Halswirbelsäulenbereich erst zwei Tage nach dem Unfallereignis mit einem Taubheitsgefühl im Zeigefinger dokumentiert sind.
Im Lendenwirbelsäulenbereich sind derartige Befunde weder in der neurologischen Untersuchung vom 20. September 2001 noch vom
9. Oktober 2001 dokumentiert, sondern erstmals am 18. Oktober 2001 festgestellt worden. Ein derartiger zeitlich verzögerter
Verlauf schließt nach der überzeugenden Darlegung der Sachverständigen Dr. W. eine traumatische Schädigung der Lendenwirbelsäule
- auch in Form lediglich einer Distorsion - vollkommen aus.
Der Forderung der Klägerin nach Einholung eines verkehrsanalytischen Gutachtens brauchte das Gericht nicht nachzukommen, da
für die Beurteilung der Bandscheibenschäden nach übereinstimmender Einschätzung der medizinischen Sachverständigen Dr. D.
und Dr. W. die Beschleunigung unerheblich ist, weil die medizinischen Voraussetzungen mit Nachweis eines verletzungskonformen
Verlaufs, verletzungsspezifischen Symptomen sowie dem Nachweis von Begleitverletzungen in der bildgebenden Diagnostik nicht
erfüllt sind. Allenfalls wäre eine unfalltechnische Analyse notwendig, um nachzuweisen, ob das Unfallereignis vom September
2001 überhaupt geeignet war, die vorübergehenden Myalgien im Nackenbereich der Klägerin zu erklären. Diese sind aber - wie
bereits vom Sozialgericht zutreffend dargestellt - schon von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden in Form der "Zerrung
der Halswirbelsäule" als Unfallfolge anerkannt worden, die aber nach Einschätzung aller tätig gewordenen Sachverständigen
spätestens bis zum 1. Oktober 2001 folgenlos ausgeheilt war. Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass anlässlich der
Untersuchung im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus am 11. Oktober 2001 Folgen einer Distorsion nicht mehr festgestellt
werden konnten. Auch die behandelnden Ärzte haben in der Zeit nach dem 1. Oktober 2001 keine Auswirkungen einer Distorsion
mehr beschrieben, sondern lediglich Beschwerden der unstreitig bestehenden Bandscheibenschäden angeführt.
Für eine nochmalige Vertagung mit dem Ziel, der klägerischen Seite Gelegenheit zur Stellungnahme zu der im Termin am 19. Januar
2010 durchgeführten Beweisaufnahme zu geben, bestand kein Anlass. Zum einen ist das schriftliche Gutachten der Sachverständigen
Dr. W. dem Bevollmächtigten der Klägerin bereits eine Woche vor dem Verhandlungstermin per Telefax übermittelt worden, sodass
er im Termin am 19. Januar 2010 Gelegenheit hatte und auch nutzte, ergänzende Fragen von der Sachverständigen beantworten
zu lassen. Zum anderen hat die durchgeführte Beweisaufnahme grundsätzlich nichts Neues gebracht, sondern lediglich die Beurteilung
der bereits zuvor gehörten Sachverständigen bestätigt.
Nach alledem haben auch die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen
Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 11. September 2001 und der bei der Klägerin bestehenden Beschwerdesymptomatik
erbracht. Die allein auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Berufung der Klägerin konnte deshalb keinen Erfolg
haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG nicht vorliegen.