Übernahme ungedeckter Pflegekosten unter rückwirkender Korrektur eines formell bestandskräftigen entgegenstehenden Bescheides
Abtretbarkeit von Sachleistungen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme ungedeckter Kosten in Höhe von 20.036,16 Euro für seine Pflege im Heim der Beigeladenen vom
1. Januar 2004 bis zum 30. November 2004 unter rückwirkender Korrektur eines formell bestandskräftigen entgegenstehenden Bescheides
nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der am xxxxx 1944 geborene Kläger bezog seit Längerem Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Beklagten. Er war nach einer Amputation des rechten Oberschenkels im Jahr 2000 zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl
angewiesen. Aus einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) N. vom 8.
April 2010 geht hervor, dass der Kläger chronische Geschwüre über der linken Fußknöchelregion bei Durchblutungsstörungen infolge
eines seit zwölf Jahren bekannten insulinpflichtigen Diabetes mellitus hatte. Der Kläger erhielt personelle Hilfen zur Haushaltsführung
durch die Beklagte; seine chronischen Wunden wurden durch einen Pflegedienst versorgt. Er lebte in einer eigenen Wohnung,
bis durch einen Brand am 15. Juli 2003 seine Mietwohnung in der F. in H. unbewohnbar wurde und er wegen Rauchgasinhalation
in das Allgemeine Krankenhaus (AK) W. eingeliefert wurde. Dort wurde er bis zum 22. Juli 2003 behandelt.
Bereits am 21. Juli 2003 beantragte er über den Sozialdienst des AK W. bei der Beklagten die Übernahme der Heimkosten im Seniorenzentrum
der Beigeladenen. Zur Begründung führte er aus, dass die Renovierung der Wohnung nach Auskunft seines Vermieters mindestens
zwei Monate dauern würde. Eine Unterbringung in den Wohnunterkünften für Obdachlose scheitere daran, dass diese nicht mit
dem Rollstuhl zugänglich seien. Daher sei eine vorübergehende Unterbringung in einem Pflegeheim erforderlich. Dem Antrag war
ein Schreiben des MDK H. vom 21. Juli 2003 beigefügt. Darin teilte der MDK der AOK Pflegekasse und dem Sozialdienst des AK
W. mit, dass nach Aktenlage die Voraussetzungen der Pflegestufe 0 erfüllt seien. Eine Pflegeheimbedürftigkeit würde dennoch
anerkannt, da die räumlichen Verhältnisse eine Pflege in der Häuslichkeit nicht zuließen. Da keine Leistungen nach dem
Elften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) zu erwarten seien, müsse die Finanzierung des Heimaufenthaltes über das zuständige Sozialamt beantragt werden.
In einem Arztbrief des AK W. an die behandelnde Ärztin des Klägers vom 22. Juli 2003 wurden folgende Diagnosen aufgeführt:
Rauchgasinhalation bei Wohnungsbrand mit respiratorischer Globalinsuffizienz, Alkoholkrankheit, bek. Leberzirrhose, kompensierte
Niereninsuffizienz, bek. Hypokaliämie, Hypochlorämie, arterieller Hypertonus, Diabetes mellitus Typ 2 (insulinpflichtig),
Erstdiagnose Nov. 2002, Fumatorium (mind. 46 PY), Z.n. Oberschenkel-Amputation rechts bei infiziertem Ulcus cruris vor ca.
4 Jahren, Z.n. Thrombose rechter Unterschenkel mit Z.n. Markumartherapie, Z.n. rez. gastroduodelalen Ulcera (letzte Gastroskopie
2002), Gastroösophageale Refluxkrankheit, anamn. Ethacridin (Rivenol Lsg)-Allergie. Es hieß außerdem: "Herr W1 wird zunächst
in das Seniorenzentrum R. in der K. in H. verlegt, bis für ihn eine behindertengerechte Wohnung gefunden ist. Verlegung in
Beschwerdefreiheit und im Rollstuhl mobilisiert in ihre ambulante Betreuung."
Nach Entlassung aus der stationären Krankenhausbehandlung zog der Kläger in das Seniorenzentrum "R." der Beigeladenen und
befand sich dort in der Zeit vom 22. Juli 2003 bis zum 30. November 2004 in vollstationärer Pflege. Im Pflegebericht für den
Kläger wurde unter dem 23. Juli 2003 vermerkt: "Wichtige Informationen!!!!!! [ ] Kurzzeitpflege". Unter der Überschrift "Pflegeproblem"
stand unter anderem: "Diabetes: ja, Typ 2 (insulinpflichtig); Medikamente werden nicht selbständig verwaltet und zur Einnahme
vorbereitet, Ulcus am Fuß &61664; Bereich Außenknöchel, Pütterverband kann nicht allein angelegt werden." Des Weiteren hieß
es: "Bew. hat die Grundpflege selbstständig durchgeführt, benötigt keine Hilfe."
Mit Bescheid vom 12. Januar 2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der ungedeckten Heimkosten aufgrund des Nachranges der
Sozialhilfe gemäß § 2 BSHG ab. Es habe ein ungekündigtes Mietverhältnis bestanden. Die Kosten einer gleichwertigen Unterbringung seien vom Vermieter
zu tragen.
Nach seinem Auszug aus dem Heim zog der Kläger mit einer anderen Heimbewohnerin zusammen. Auf Antrag des Klägers vom 12. Januar
2005 stellte die Pflegekasse bei der AOK H. mit Bescheid vom 7. März 2005 dessen Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe
1 seit dem 1. Januar 2005 fest und bewilligte ihm ein monatliches Pflegegeld. Dieser Entscheidung lag ein Gutachten zur Feststellung
der Pflegebedürftigkeit gemäß
SGB XI vom 16. Februar 2005 zugrunde, in dem es unter Nummer 6.5 ausdrücklich hieß, dass eine vollstationäre Pflege nicht erforderlich
sei.
Am 12. September 2005 erklärte der Kläger die Abtretung seines eventuellen Anspruchs auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten
für seine Unterbringung im Seniorenzentrum im Zeitraum vom 22. Juli 2003 bis zum 30. November 2004 "einziehungshalber" an
die Beigeladene.
Mit einer Klage vom 4. Juli 2007 vor dem Sozialgericht Hamburg (S 56 SO 225/07) versuchte die Beigeladene unter Vorlage der
Abtretungserklärung des Klägers die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 12. Januar 2005 und eine Verurteilung der Beklagten
zur Zahlung von 5.530,06 Euro an die Beigeladene zu erreichen. Nach einem gerichtlichen Hinweis unter anderem darauf, dass
der Kläger gegen den Bescheid vom 12. Januar 2005 keinen Widerspruch erhoben habe und die Klage daher unzulässig sei, nahm
die Beigeladene die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 7. April 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm unter Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom
12. Januar 2005 für die Zeit vom 22. Juli 2003 bis zum 30. November 2004 Sozialhilfe als Hilfe zur Pflege zu gewähren. Zur
Begründung führte er aus, er habe dem Ablehnungsbescheid vom 12. Januar 2005 seinerzeit widersprochen, habe jedoch hierüber
keinen Nachweis. Alle Unterlagen lägen der Beklagten vor und der Anspruch bestehe offensichtlich.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung trug sie vor, dass der Bescheid vom 12. Januar
2005 formell bestandskräftig geworden sei, da ein Widerspruch des Klägers dagegen nicht vorliege. Gründe für eine Rücknahme
des Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erkennbar.
Den hiergegen mit Schreiben vom 28. Mai 2008 erhobenen und nicht ergänzend begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2008 zurück. Der Bescheid vom 12. Januar 2005 sei formell bestandskräftig geworden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes finde die Vorschrift des § 44 SGB X zur Neubescheidung auch nach dem Eintritt formeller Bestandskraft im Recht der Sozialhilfe wegen des Grundsatzes "keine Sozialhilfe
für die Vergangenheit" keine Anwendung. Das Grundsicherungs- und Sozialamt habe die Rücknahme des Bescheides vom 12. Januar
2005 im Nachhinein zu Recht abgelehnt.
Der Kläger hat am 31. Oktober 2008 Klage erhoben, mit der er zunächst die Übernahme der Heimkosten für seinen gesamten Aufenthalt
vom 22. Juli 2003 bis zum 30. November 2004 begehrt hat. Aufgrund der Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X hat der Kläger seinen Antrag im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 31. Januar 2012 auf die Übernahme der Kosten für seinen
Heimaufenthalt vom 1. Januar 2004 bis zum 30. November 2004 in Höhe von 20.036,16 Euro reduziert. Er hat zur Begründung seiner
Klage im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe unbeachtet gelassen, dass der MDK mit Schreiben vom 21. Juli 2003 seine
Pflegeheimbedürftigkeit festgestellt habe. Heimbetreuungsbedürftigkeit nach dem BSHG könne auch bereits dann bestehen, wenn die Aufnahme in ein Heim nützlich und zweckmäßig sei angesichts der körperlichen oder
seelischen Beschaffenheit oder angesichts erforderlicher Fürsorge. Aufgrund seiner unterschiedlichen Erkrankungen sei es adäquat
gewesen, dass er von anderen Personen gepflegt, betreut und überwacht wurde. Nur so habe die tägliche Versorgung mit Medikamenten,
das Verbinden seiner Wunden und die Beschränkung schädlicher Einflüsse durch Alkohol und Nikotin gewährleistet werden können.
Auch dass der Kläger nach seinem Auszug aus dem Heim in die Pflegestufe 1 eingeordnet worden sei, spreche für die Heimbetreuungsbedürftigkeit
im streitbefangenen Zeitraum. Des Weiteren habe er erfolglos versucht, Ansprüche gegen den Vermieter durchzusetzen. Dieser
habe ihm keinen Ersatzwohnraum angeboten und die nach dem Brand renovierte Wohnung anderweitig vermietet. Es sei ihm auch
nicht zuzumuten gewesen, erneut an den Vermieter heranzutreten, weil ihn dieser beschuldigt habe, den Brand selbst gelegt
zu haben.
Auf die Klage der Beigeladenen auf Zahlung der Kosten für den Pflegeheimaufenthalt vor dem Landgericht Hamburg (309 O 376/08) wurde der Kläger durch Anerkenntnis-Teil-Urteil vom 10. November 2008 zur Zahlung von 31.282,19 Euro nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. September 2008 an die Beigeladene verurteilt.
Mit Schreiben vom 23. April 2009 und vom 13. Juli 2009 hat die Beklagte erklärt, der Kläger sei in der Zeit von Juli 2003
bis November 2004 so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn seine Wohnung nicht ausgebrannt wäre. Daher würde ihm für diesen
Zeitraum Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 6.739,06 Euro bewilligt.
Mit Urteil im schriftlichen Verfahren vom 27. Mai 2013 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage
sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides vom 12. Januar 2005. Es könne
offen gelassen werden, ob entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Regelung des § 44 SGB X aufgrund der Rechtsprechung des nunmehr für das Recht der Sozialhilfe zuständigen Bundessozialgerichts anwendbar sei. Denn
die Voraussetzungen der Vorschrift seien nicht erfüllt. Es läge kein Fall der unrichtigen Rechtsanwendung des § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGB X vor. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 68 BSHG gehabt. Die Übernahme der Kosten einer stationären Unterbringung als Hilfe zur Pflege setze voraus, dass die Pflege nicht
in der Wohnung erbracht werden könne. Entscheidend sei mithin die Pflegebedürftigkeit. Grund für die Unterbringung im Heim
sei aber nicht die Pflegebedürftigkeit, sondern die Zerstörung der Wohnung des Klägers durch den Brand gewesen. Im Schreiben
des MDK H. an die AOK Pflegekasse vom 21. Juli 2003 sei der Kläger in die Pflegestufe 0 eingeordnet worden. Selbst wenn Pflegeheimbedürftigkeit
des Klägers unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bestanden haben sollte, gäbe es keine Anhaltspunkte dafür,
dass der Kläger ein halbes Jahr später ab dem 1. Januar 2004 nicht in seine oder eine andere Wohnung hätte zurückkehren können
und dort unter Inanspruchnahme ambulanter Hilfe - wie bereits vor dem Brand - hätte leben können. Dem Pflegebericht für den
Zeitraum vom 23. Juli 2003 bis zum Auszug des Klägers sei zu entnehmen gewesen, dass sich der Kläger von Anfang an selbst
versorgt habe, Kontakte aufgenommen habe und mobil gewesen sei. Eine Pflegestufe sei erstmalig mit Bescheid vom 7. März 2005
festgestellt worden. Im Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß
SGB XI vom 16. Februar 2005 heiße es sogar ausdrücklich, dass eine vollstationäre Pflege nicht erforderlich sei. Darüber hinaus
entfalte die Feststellung der Heimbetreuungsbedürftigkeit des Klägers durch den MDK vom 21. Juli 2003 keine Bindungswirkung
nach § 68a BSHG, da eine Entscheidung der Pflegekasse nicht vorliege. Es sei auch kein Fall des § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGB X gegeben. Die Beklagte sei nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Aus dem vorgelegten Pflegebericht ergebe sich
nicht, dass der Kläger im Jahre 2004 vollstationärer Pflege bedurfte. Neue Tatsachen, wie von § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGB X vorausgesetzt, seien nicht in dem Umstand zu sehen, dass der Kläger im Jahre 2004 nicht in der Lage gewesen sei, sich selbständig
mit Medikamenten zu versorgen und die offene Stelle am Fußknöchel zu verbinden. Denn schon vor dem Wohnungsbrand seien seine
chronischen Wunden seien durch einen Pflegedienst versorgt worden. Vor diesem Hintergrund könne dahinstehen, ob der Kläger
bereits aufgrund seiner Abtretungserklärung vom 12. September 2005 wegen § 4 Abs. 1 S. 2 BSHG beziehungsweise § 17 Abs. 1 S. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht mehr Anspruchsinhaber sei und daher keinen Anspruch auf Übernahme der Heimkosten für die Vergangenheit geltend machen
könne oder ob er den Anspruch nur einziehungshalber abgetreten habe.
Gegen das ihm am 24. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. November 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung
macht er im Wesentlichen ergänzend geltend, er habe deswegen der Heimbetreuung bedurft, da er ein Unvermögen gezeigt habe,
mit den Schwierigkeiten des Lebens fertig zu werden. Nach dem Wohnungsbrand sei er zunächst verwirrt und nicht in der Lage
gewesen, sich eine neue Wohnung anzumieten. Auch in der Folgezeit sei er wegen seiner Alkoholkrankheit auf eine ständige Überwachung
und Ordnung seiner Verhältnisse angewiesen gewesen. Dies habe sich darin gezeigt, dass er sowohl am 1. Juli 2004 als auch
am 2. Juli 2004 aus dem Heim verschwunden sei und beide Male alkoholisiert ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Zudem
habe er eine gesundheitliche Grundversorgung wegen seiner dauerhaft wunden Stelle am linken Außenknöchel durch Dritte benötigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. Mai 2013 und die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2005 sowie vom 8. Mai
2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Heimkosten
für den Aufenthalt im Heim des Seniorenzentrums "R." GmbH für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 30. November 2004 in
Höhe von 20.036,16 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, der Kläger sei nach seiner eigenen Einschätzung in der Lage gewesen, selbständig in einer Wohnung
zu leben. Dies zeige sich in seiner Aufforderung an seinen ehemaligen Vermieter, ihm einen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der beigezogenen Gerichtsakte S 56 SO 225/07, der Verwaltungsakte
der Beklagten sowie der Kopien aus der Krankenakte des Klägers vom AK W. Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen
und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
II. Gegenstand des Verfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 12. Januar 2005 sowie vom 8. Mai 2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. September 2008, mit denen die Beklagte die Übernahme der Kosten für den Aufenthalt des Klägers
im Pflegeheim der Beigeladenen abgelehnt hat.
III. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 SGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt (§
151 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Der Umstand, dass der Kläger am 12. September 2005 die Abtretung des geltend gemachten
Anspruchs an die Beigeladene erklärt hat, berührt seine Verfahrensführungsbefugnis nicht. Der Kläger ist nach wie vor Anspruchsinhaber.
Es kann dahinstehen, ob der Abtretung das Verbot des § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII entgegensteht. Denn Sachleistungen höchstpersönlicher Natur sind entsprechend §
399 BGB nicht abtretbar (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R). Bei der Hilfe zur Pflege nach §
68 BSGH in Verbindung mit §
43 Abs.
1 SGB XI handelt es sich um eine Sachleistung an den Sozialhilfeempfänger, die der Sozialhilfeträger im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis
über Verträge mit Leistungserbringern sicherzustellen hat (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.2011 - L 1 SO 33/09). Ausnahmen von dem Abtretungsverbot
(vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R) sind nicht einschlägig.
2. Die Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder einen
Anspruch auf Aufhebung der Bescheide vom 12. Januar 2005, 8. Mai 2008 und 29. September 2008 noch auf Verurteilung der Beklagten
zur Übernahme der Kosten für seinen Heimaufenthalt vom 1. April 2004 bis zum 30. November 2004 in Höhe von 20.036,16 Euro.
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X - die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift sei dahingestellt - sind nicht erfüllt.
Die Beklagte hat das Recht nicht im Sinne von § 44 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGB X unrichtig angewandt. Das Sozialgericht hat eine Heimbetreuungsbedürftigkeit des Klägers im streitbefangenen Zeitraum nach
§
68 Abs.
1 S. 2 BSGH in Verbindung mit §
43 Abs.
1 SGB XI zu Recht verneint. Die Entscheidung des MDK vom 21. Juli 2003 entfaltet keine Bindungswirkung nach § 68a BSHG. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die zutreffende Urteilsbegründung des Sozialgerichts
(§
153 Abs.
2 SGG).
Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung. Selbst wenn der Kläger nach dem Wohnungsbrand
zunächst verwirrt und nicht in der Lage gewesen sein sollte, sich eine neue Wohnung anzumieten, hat dies nicht die Heimbetreuungsbedürftigkeit
des Klägers im streitbefangenen Zeitraum zur Folge. Denn eine über beinahe ein halbes Jahr andauernde Verwirrtheit des Klägers
wegen des Brandes ist nicht vorgetragen und seinem sich aus dem Pflegebericht ab dem 23. Juli 2003 ergebenden Gesundheitszustand
auch nicht zu entnehmen. Der Kläger hatte fast ein halbes Jahr Zeit, sich - mit Unterstützung der Mitarbeiter im Pflegeheim
- eine behindertengerechte Unterkunft zu suchen.
Es ist aus den Darlegungen und Unterlagen auch nicht erkennbar, dass der Kläger auf eine ständige Überwachung aufgrund seiner
Alkoholkrankheit angewiesen gewesen sein sollte. Das lässt sich auch nicht aus den Vorkommnissen am 1. und 2. Juli 2004 schließen.
Sowohl vor als auch nach seinem Heimaufenthalt ist der Kläger nämlich auch insoweit in der Lage gewesen, mit lediglich ambulanter
Hilfe allein zu leben.
Der Senat schließt sich der Argumentation des Sozialgerichts an, die gesundheitliche Grundversorgung wegen seiner dauerhaft
wunden Stelle am linken Außenknöchel habe der Kläger bereits vor seinem Heimaufenthalt durch einen Pflegedienst erhalten,
und weist im Übrigen darauf hin, dass auch nach seinem Heimaufenthalt die ambulante Versorgung der Wunde ausgereicht hat.
Da der Bedarf an Heimbetreuung bereits nicht bestanden hat, kann dahinstehen, ob der Kläger diesen Bedarf - zumindest teilweise
- durch die Geltendmachung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches gegen seinen ehemaligen Vermieter hätte decken
können.
Neue Tatsachen im Sinne von § 44Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGB X liegen nicht vor. Auch insoweit schließt sich der Senat der Urteilsbegründung des Sozialgerichts an.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision ist nicht nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.