Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Kraftfahrzeughilfe
Kein Zuschuss beim Überschreiten der maßgeblichen Einkommensgrenze von 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV
Kein zinsloses Darlehen bei Nichtvorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 9 Abs. 1 KfzHV
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs.
Die 1959 geborene Klägerin leidet an der Glasknochenkrankheit (Osteogeneris imperfecta) in Verbindung mit Kleinwuchs (Körpergröße:
1,17 m), einer Verbiegung der Wirbelsäule (Skoliose) und degenerativen Gelenkserkrankungen (Arthrosen), insbesondere des rechten
Ellenbogens. Ihr ist ein Grad der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (
SGB IX) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "B", "G", "aG", "H" und "RF" zuerkannt. Sie ist auf einen Elektrorollstuhl angewiesen.
Die Klägerin ist diplomierte Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und arbeitet seit dem 11. März 2002 beim C. (C.) Hessen (Gutachterdienst;
Fachdienst zur Bedarfsfeststellung), auch im Außendienst.
Am 6. November 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, den
sie damit begründete, dass ihr bisheriges, damals von der Bundesagentur für Arbeit gefördertes Fahrzeug, ein Mercedes-Benz
Vito (Baujahr 2003, Erstzulassung: 12. September 2003, 182.797 km Laufleistung), wegen steigender, unkalkulierbarer Reparaturkosten
sowie Rostschäden abgelöst werden müsse. Sie bat zu berücksichtigen, dass aufgrund ihrer Beeinträchtigungen kein anderes Fahrzeug
in Betracht komme, und machte Leistungen in besonderen Härtefällen geltend. Den beigefügten Unterlagen ist unter anderem zu
entnehmen, dass sich das Nettoarbeitsentgelt der Klägerin im Zeitraum vom 1. August 2014 bis 31. Oktober 2014 auf monatlich
2.471,36 EUR belief.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 setzte die Beklagte die Klägerin darüber in Kenntnis, dass für eine Entscheidung über den
Teilhabeantrag die Einholung einer Stellungnahme des technischen Beraters erforderlich sei. Vorsorglich weise sie allerdings
darauf hin, dass das Einkommen der Klägerin die Einkommensgrenze für die Bezuschussung eines Kraftfahrzeugs übersteige, und
forderte zwecks Härtefallprüfung von der Klägerin zusätzliche Unterlagen an. Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2015 erklärte
die Beklagte ausdrücklich, für die Entscheidung über den Teilhabeantrag zuständig zu sein.
In seiner Stellungnahme vom 23. April 2015 hielt der technische Berater fest, ein Mercedes-Benz Vito Tourer sei gut geeignet,
um die behinderungsbedingten Einschränkungen der Klägerin bzw. deren Auswirkungen auszugleichen. Ausweislich der eingereichten
Kostenvoranschläge beliefen sich die Kosten dieses Kraftfahrzeugs einschließlich Nebenkosten auf 35.778,54 EUR und die behinderungsbedingte
Zusatzausstattung auf insgesamt 39.122,67 EUR.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung eines zinslosen Darlehens mit der Begründung ab, dass kein
besonderer Härtefall vorliege, weil sich bei einer Gegenüberstellung der monatlichen Gesamtausgaben der Klägerin (2.003,05
EUR) und ihres monatlichen Nettoeinkommens (2.474,36 EUR; gemeint: 2.471,36 EUR) kein Fehlbetrag errechne. Zudem würden keine
besonderen Lebensumstände vorliegen, welche die Gewährung eines Darlehens begründen könnten.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2015 lehnte die Beklagte auch die Gewährung eines Zuschusses ab, weil das Nettoeinkommen der Klägerin
(2.471,36 EUR) 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße (für das Jahr 2015: 2.835 EUR) überschreite.
Demgegenüber übernahm die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 13. Mai 2015 die Kosten der behinderungsbedingten Zusatzausstattung
in Höhe von 39.122,67 EUR als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Kostenzusage gelte neun Monate.
Gegen alle drei Bescheide erhob die Klägerin mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2015 Widerspruch.
Sie würde in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wenn sie das Kraftfahrzeug mithilfe eines Privatdarlehens erwerben und dafür
monatlich die von der Beklagten veranschlagten 605,59 EUR für Tilgung und Zinsen aufbringen müsste. Für die alltägliche Lebensführung
blieben ihr dann nur noch 51,62 EUR. Der abstrakte Verweis der Beklagten auf den 1,5-fachen Sozialhilferegelsatz sowie Unterkunfts-
und Heizkosten nach sozialhilferechtlichen Vorgaben erscheine abwegig. Eine Einschränkung des langjährig gewohnten finanziellen
Spielraums durch eine zusätzliche monatliche Belastung von 455,49 EUR lasse eine unzumutbare Belastung über Gebühr entstehen.
Ihre Schwerstbehinderung und das langjährig gewohnte Niveau ihrer Lebensführung dürften nicht relativiert werden. Da die Beklagte
die Gewährung eines Zuschusses und eines Darlehens abgelehnt habe, sei nicht absehbar, ob und gegebenenfalls wann die Zusatzausstattungen
eingebaut werden könnten. Daher sei sie auch mit der Befristung der Kostenzusage nicht einverstanden.
Mit gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 25. August 2015 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück.
Mit ihren am 28. September 2015 vor dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klagen verfolgte die Klägerin ihre Begehren auf Gewährung
eines Zuschusses (im hiesigen Verfahren) und eines Darlehens (Az.: S 10 R 366/15) weiter.
Zur Begründung ihres Zuschussbegehrens bemängelte sie zunächst, dass die Beklagte die Leistung abgelehnt habe, ohne zu prüfen,
ob eine besondere Härte vorliege. In ihrem atypischen Einzelfall bestehe eine solche Härte, weil sie besorgt sein müsse, in
eine Notlage zu geraten, die für eine eigenständige Gestaltung ihrer Lebensbedingungen als Schwerstbehinderte bedrohlich sein
könnte. Sie sei alleinstehend und organisiere sämtliche Angelegenheiten selbständig. Ihre Tätigkeit für den C. Hessen auch
im Außendienst bedinge regelmäßig weitere Fahrten als nur 6 km zwischen ihrer Wohnung und Arbeitsstelle. Ihre derzeit verhältnismäßig
gute Integration sehe sie durch eine mögliche Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Verfassung oder auch ihrer Einkommens-
und Vermögenssituation durchaus gefährdet. Sie müsse besonders vor Problemen im Berufsleben und im Alltag sowie vor Zukunftsängsten
bewahrt werden und bedürfe zur Aufrechterhaltung ihrer psychischen Kräfte der Gewissheit, unter allen Umständen finanziell
abgesichert zu bleiben. In ihrem Fall allein auf die Hilfebedürftigkeit abzustellen, werde diesem Bedürfnis nicht gerecht.
Während des laufenden Klageverfahrens bestellte die Klägerin am 3. September 2015 einen Mercedes-Benz Vito Tourer, der ihr
am 10. Februar 2016 geliefert wurde. Hierzu gab sie an, das Kraftfahrzeug über ein Darlehen der D-Bank mit einer monatlichen
Rate von 431,18 EUR finanziert und außerdem von ihrem Arbeitgeber einen Vorschuss in Höhe von 18.400 EUR erhalten zu haben,
den sie zurückzahle, indem monatlich 200 EUR von ihrem Gehalt einbehalten würden. Mit dem Vorschuss komme sie ihren monatlichen
Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der D-Bank nach. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Klägerin ein Kredit in Höhe 46.651,03
EUR ausgezahlt worden sei, sich der Kreditsaldo jedoch noch am gleichen Tag auf 39.856,11 EUR verringert habe. Die Klägerin
habe wohl eine Anzahlung geleistet. Für sie stelle sich die Frage, weshalb die Klägerin einen weiteren Kredit bei ihrem Arbeitgeber
in Anspruch genommen habe. Zielführender wäre es gewesen, die fälligen Monatsraten von 200 EUR direkt zur Tilgung des Fahrzeugkredits
einzusetzen. Das Kraftfahrzeug wäre dann in 72 Monaten bezahlt.
Durch Urteil vom 17. März 2017 wies das Sozialgericht die Klage ab. Anspruchsgrundlage für das von der Klägerin geltend gemachte
Begehren sei §
15 SGB IX. Eine Erstattungspflicht der Beklagten ergebe sich nicht aus §
15 Abs.
1 Sätze 1 bis 3
SGB IX. Die Voraussetzungen des §
15 Abs.
1 Satz 4
SGB IX seien ebenfalls nicht erfüllt, weil es an einer unaufschiebbaren bzw. zu Unrecht abgelehnten Leistung fehle. Die Klägerin
habe keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses. Ihr Nettoeinkommen habe sowohl im Jahr 2015 die monatliche Bezugsgröße
überschritten als auch im Jahr 2017. Eine besondere Härte liege ebenfalls nicht vor. Dieser gerichtlich voll überprüfbare
unbestimmte Rechtsbegriff sei eng auszulegen. Zwar spielten in diesem Zusammenhang die Einkommensverhältnisse des behinderten
Menschen eine besondere Rolle, sie seien jedoch nicht das alleinige Kriterium. Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer
Verhältnisse im Sinne einer besonderen Härte bestünden bei der Klägerin indes nicht. Sie werde vor allem nicht sozialhilfebedürftig.
Eine finanzielle Absicherung erstrebe jedermann. Auch aus der UN-Behindertenkonvention lasse sich kein Anspruch im Sinne des
Klagebegehrens ableiten.
Gegen das ihr am 18. Mai 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juni 2017, einem Montag, Berufung bei dem Hessischen
Landessozialgericht eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht eine besondere Härte verneint. Sie sei von vornherein höheren
finanziellen Belastungen als andere behinderte Menschen ausgesetzt. Eine Verschlechterung ihrer finanziellen Verhältnisse
bzw. eine erhebliche Unterschreitung des erreichten und gewohnten Lebensstandards sei ihr ebenso wenig zuzumuten wie eine
daraus folgende Einschränkung ihrer sozialen Teilhabe, eine Belastung ihrer gewonnenen Selbstsicherheit sowie ihrer physischen
und psychischen Gesundheit. Die Grundsätze der UN-Behindertenkonvention seien zumindest dahingehend zu reflektieren, dass
bei Unterschreiten eines erlangten Teilhabeniveaus infolge höherer finanzieller Belastungen eine besondere Härte erwogen werden
müsse. In ihrem Einzelfall stelle es eine besondere Härte dar, wenn sie mehr als 200 EUR monatlich zur Finanzierung des angeschafften
Kraftfahrzeugs aufbringen müsse. Es sei geboten, sie bei Gefahr des Verlustes erreichter Teilhabequalitäten möglichst vor
einer Verschlechterung ihrer finanziellen Lage zu bewahren.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. März 2017 und den Bescheid vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 25. August 2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihr einen Zuschuss für den von ihr durch Kaufvertrag vom
3. September 2015 angeschafften Mercedes-Benz Vito Tourer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze
sowie auf die beigezogene Rehabilitationsakte der Klägerin, deren Inhalt Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (§
143, §
144 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§
153 Abs.
1 i. V. m. §
124 Abs.
2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere mit Blick auf §
64 Abs.
3 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden (§
151 Abs.
1 SGG). Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. März 2017 ist rechtmäßig ergangen. Zutreffend hat es die Klage abgewiesen, weil
die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs hat. Der dies ablehnende
Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2015 (§
95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 SGG.
Ihr Klagebegehren verfolgt die Klägerin im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (sog. Verpflichtungsbescheidungsklage)
gemäß §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1997, 8 RKn 31/95 = SozR 3-5765 § 3 Nr. 2).
Das Klagebegehren stützt sich auf §
9, §
10, §
11 und §
16 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (
SGB VI) i. V. m. §
33 Abs.
1, Abs.
3 Nr.
1 und Abs.
8 Nr. 1
SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (Art. 1 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (
SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl. I, S. 1046) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 bzw. § 9 Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - KfzHV) vom 28. September 1987 (BGBl. I, S. 2251). Dies folgt aus §
301 Abs.
1 Satz 1
SGB VI, wonach für Leistungen zur Teilhabe bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften weiter anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt
der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten. Hier datiert der Teilhabeantrag
der Klägerin vom 6. November 2014, sodass ihr Teilhabebegehren anhand der zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften zu beurteilen
ist.
Ein Rückgriff auf den §
15 Abs.
1 SGB IX geregelten Erstattungsanspruch erübrigt sich vorliegend, weil die Klägerin Geldleistungen - in Form eines Zuschusses - begehrt.
§
15 SGB IX geht aber vom Grundsatz der Sachleistung im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe im Sinne des
SGB IX aus und lässt nur ausnahmsweise bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen in Abweichung von diesem Grundsatz statt der
Erbringung der Sachleistung durch den Rehabilitationsträger eine Erstattung der Kosten für eine vom Leistungsberechtigten
selbstbeschaffte Leistung zu (vgl. Götze, in: Hauck/Noftz, SGB, Stand: 12/12, §
15 SGB IX Rdnr. 6). Die Vorschrift stellt also eine gesetzliche Ausnahme zum eigentlich geltenden Sachleistungsprinzip dar, der es
bei von vornherein auf Geldleistungen gerichteten Ansprüchen nicht bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009, B 8 SO 32/07 R - juris Rdnr. 12 m.w.N.).
Der Klägerin steht für die Anschaffung ihres Mercedes-Benz Vito Tourer kein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu.
Nach § 2 Abs. 1 KfzHV umfasst die Kraftfahrzeughilfe unter anderem Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (Nr. 1), wobei die Leistungen als Zuschüsse und nach Maßgabe des § 9 KfzHV als Darlehen erbracht werden.
Die Leistungen setzen gemäß § 3 KfzHV voraus, dass
1. der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen
ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen, und
2. der behinderte Mensch ein Kraftfahrzeug führen kann oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn
führt.
Ist der behinderte Mensch zur Berufsausübung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nicht nur vorübergehend auf ein Kraftfahrzeug
angewiesen, wird Kraftfahrzeughilfe geleistet, wenn infolge seiner Behinderung nur auf diese Weise die Teilhabe am Arbeitsleben
dauerhaft gesichert werden kann und die Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber nicht üblich oder nicht zumutbar ist (§
3 Abs. 3 KfzHV).
Gemäß § 4 Abs. 1 KfzHV setzt Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs voraus, dass der behinderte Mensch nicht über ein Kraftfahrzeug verfügt,
das die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Nach § 4 Abs. 2 KfzHV muss das Kraftfahrzeug nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entsprechen, die sich im Einzelfall aus der Behinderung
ergeben und, soweit erforderlich, eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand ermöglichen.
§ 5 Abs. 1 KfzHV bestimmt, dass die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs bis zu einem Betrag in Höhe des Kaufpreises, höchstens jedoch bis zu
einem Betrag von 9.500 EUR gefördert wird (Satz 1). Die Kosten einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung bleiben bei der
Ermittlung unberücksichtigt (Satz 2). Abweichend von § 5 Abs. 1 Satz 1 KfzHV wird im Einzelfall ein höherer Betrag zugrunde gelegt, wenn Art oder Schwere der Behinderung ein Kraftfahrzeug mit höherem
Kaufpreis zwingend erfordert (§ 5 Abs. 2 KfzHV). Zuschüsse öffentlich-rechtlicher Stellen zu dem Kraftfahrzeug, auf die ein vorrangiger Anspruch besteht oder die vorrangig
nach pflichtgemäßem Ermessen zu leisten sind, und der Verkehrswert eines Altwagens sind von dem Betrag nach Absatz 1 oder 2 abzusetzen (§ 5 Abs. 3 KfzHV).
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KfzHV wird Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs in der Regel als Zuschuss geleistet, der sich nach dem Einkommen des behinderten
Menschen nach Maßgabe der folgenden Tabelle richtet (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KfzHV), wobei die danach ermittelten Beträge auf volle 5 EUR aufzurunden sind (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KfzHV):
40 100
45 88
50 76
55 64
60 52
65 40
70 28
75 16
Nach § 6 Abs. 2 KfzHV ist von dem Einkommen des behinderten Menschen für jeden von ihm unterhaltenen Familienangehörigen ein Betrag von 12 v.H.
der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 Vierten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzen; Absatz
1 Satz 3 gilt entsprechend.
Einkommen im Sinne des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 KfzHV sind das monatliche Netto-Arbeitsentgelt, Netto-Arbeitseinkommen und vergleichbare Lohnersatzleistungen des behinderten Menschen
(§ 6 Abs. 3 Satz 1 KfzHV). Die Ermittlung des Einkommens richtet sich nach den für den zuständigen Träger maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KfzHV).
§ 6 Abs. 4 KfzHV ordnet schließlich an, dass § 6 Abs. 1 bis 3 KfzHV auch für die Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs gelten (Satz 1). Die Hilfe soll nicht vor Ablauf von fünf
Jahren seit der Beschaffung des zuletzt geförderten Fahrzeugs geleistet werden (Satz 2).
Daran gemessen kann die Klägerin keinen Zuschuss für die Beschaffung ihres Kraftfahrzeugs beanspruchen. Zwar begehrt die Klägerin
eine in § 2 Abs. 1 KfzHV aufgeführte Leistung der Kraftfahrzeughilfe (Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, Nr. 1) und erfüllt zudem - ganz offenkundig - auch die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe (§
3 KfzHV). Mit der Stellungnahme des technischen Beraters vom 23. April 2015 sind überdies die Voraussetzungen des § 4 KfzHV zu bejahen. Dort ist zum einen festgehalten, dass das vorhandene Fahrzeug der Klägerin fast zwölf Jahre alt ist und als verschlissen
und nicht mehr wirtschaftlich nutzbar bewertet werden kann. Zum anderen geht aus der Stellungnahme hervor, dass ein Mercedes-Benz
Vito Tourer und dessen Umbau gut geeignet sind, die bei der Klägerin vorliegenden behinderungsbedingten Einschränkungen bzw.
deren Auswirkungen auszugleichen. Dass der Kaufpreis des beschafften Kraftfahrzeugs den in § 5 Abs. 1 KfzHV vorgegebene Bemessungsbetrag von 9.500 EUR bei weitem überschreitet, ist mit Blick auf § 5 Abs. 2 KfzHV unerheblich. Denn auch insoweit hat der technische Berater festgestellt, dass die Klägerin auf ein Kraftfahrzeug mit einem
entsprechend großen Innenraum angewiesen ist, um ihr innerhalb des Fahrzeugs das Umsetzen vom Elektrorollstuhl in den Fahrersitz
zu ermöglichen. Bei anderen Modellen, namentlich Berlingo, Kangoo und VW Caddy, müsste dagegen die komplette Beifahrerseite
entkernt werden, was einerseits wegen der kompakten Bauform und der Größe des Elektrorollstuhls nicht möglich ist und andererseits
dann die Mitnahmemöglichkeit einer Arbeitskollegin/eines Arbeitskollegen entfiele. Ein ebenso umbaubarer VW T5 Automatik ist
im Basispreis noch teurer als der Mercedes-Benz Vito Tourer. Schließlich hat die Klägerin auch die fünfjährige Wartefrist
nach Beschaffung des zuletzt geförderten Kraftfahrzeugs eingehalten (§ 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV).
Der Anspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass der Zuschuss gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KfzHV in Abhängigkeit des Einkommens des behinderten Menschen gewährt wird und die Klägerin aus ihrer Beschäftigung beim C. Hessen
ein Netto-Arbeitsentgelt erzielt, welches die maßgebliche Einkommensgrenze übersteigt.
Übersteigt das monatliche Nettoeinkommen 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach §
18 Abs.
1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (
SGB IV), besteht kein Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe, weil ein Einkommen in dieser Höhe etwa dem Durchschnittseinkommen eines alleinstehenden
Arbeitnehmers entspricht (vgl. Kater, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 101. Erg.-Lfg. 2018, Anhang zu
§
16 SGB VI, Rdnr. 48). Bei Versicherten, deren Einkommen über dieser Grenze liegt, wird davon ausgegangen, dass ein Kraftfahrzeug ohnehin
zur Standardausstattung gehört; insoweit kommt eine Hilfe zur Beschaffung allenfalls in besonders begründeten Ausnahmefällen
nach § 9 KfzHV in Betracht (vgl. BR-Drucks. 266/87, S. 23). Der Rentenversicherungsträger bestimmt das maßgebliche Nettoeinkommen nach §
6 Abs. 3 Satz 2 KfzHV anhand der §§
14 ff.
SGB IV. Danach ist Netto-Arbeitsentgelt gemäß §
14 Abs.
2 SGB IV im Grundsatz das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Brutto-Arbeitsentgelt. Die KfzHV legt allerdings nicht fest, welcher Zeitraum für die Einkommensprüfung maßgeblich ist. Einerseits wird vertreten, dass insoweit
der letzte vor der Antragstellung abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum im Sinne von §
47 Abs.
2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (
SGB V) und in Fällen unregelmäßigen Einkommensbezugs der Durchschnitt der letzten drei Monate vor Antragstellung zugrunde zu legen
ist (vgl. Kater, a.a.O., Rdnr. 50). Andererseits soll von dem Einkommen auszugehen sein, das zwei Monate vor dem leistungsbegründenden
Ereignis tatsächlich zugeflossen ist, wobei leistungsbegründendes Ereignis der Kaufvertragsabschluss ist (vgl. Karmanski,
in: Brand,
SGB III, 8. Aufl. 2018, § 6 KfzHV Rdnr. 22 m.w.N.). Vorliegend bedarf es indessen keiner Streitentscheidung, weil das Nettoeinkommen der Klägerin sowohl im
Oktober 2014 (letzter Entgeltabrechnungszeitraum vor Antragstellung) als auch im Juli 2015 und August 2015 (die beiden Monate
vor dem Kaufvertragsabschluss am 3. September 2015) unverändert jeweils 2.471 EUR betrug. Dieses Netto-Arbeitsentgelt überstieg
aber ganz offenkundig 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße sowohl für das Jahr 2014 (2.765 EUR, davon 75 v.H.: gerundet 2.075
EUR (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KfzHV)) als auch für das Jahr 2015 (2.835 EUR, davon 75 v.H.: gerundet 2.130 EUR (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KfzHV)). Weitergehende Abzüge vom Nettoeinkommen sind demgegenüber nicht zu berücksichtigen. Da die Klägerin alleinstehend ist,
kommt insbesondere § 6 Abs. 2 KfzHV nicht zum Tragen. Auch Werbungskosten sind nicht vom Netto-Arbeitsentgelt abzusetzen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
28. Februar 2013, L 1 AL 111/11 - juris).
Wegen übersteigenden Einkommens scheidet mithin die Gewährung eines Zuschusses auf der Grundlage von § 6 KfzHV aus.
Darüber hinaus steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Zuschuss gemäß § 9 KfzHV zu.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 können zur Vermeidung besonderer Härten Leistungen auch abweichend von § 2 Abs. 1, §§ 6 und 8 Abs. 1 KfzHV erbracht werden, soweit dies
1. notwendig ist, um Leistungen der Kraftfahrzeughilfe von Seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden
zu lassen, oder
2. unter den Voraussetzungen des § 3 KfzHV zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.
Leistungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KfzHV können als Darlehen erbracht werden, wenn die dort genannten Ziele auch durch ein Darlehen erreicht werden können; das Darlehen
darf zusammen mit einem Zuschuss nach § 6 KfzHV den nach § 5 KfzHV maßgebenden Bemessungsbetrag nicht übersteigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 KfzHV). Das Darlehen ist unverzinslich und spätestens innerhalb von fünf Jahren zu tilgen; es können bis zu zwei tilgungsfreie
Jahre eingeräumt werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 KfzHV). Auf die Rückzahlung des Darlehens kann unter den in § 9 Abs. 1 Satz 1 KfzHV genannten Voraussetzungen verzichtet werden (§ 9 Abs. 2 Satz 3 KfzHV).
Ausgehend hiervon ist ein Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KfzHV zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil Leistungen in besonderen Härtefällen von vornherein nur als Darlehen gewährt
werden könnten. Das leitet der Senat aus § 2 Abs. 2 KfzHV ab, wonach die Leistungen der Kraftfahrzeughilfe als Zuschuss und nach Maßgabe des § 9 KfzHV als Darlehen erbracht werden. Daran zeigt sich zunächst, dass die Zuschussgewährung im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe grundsätzlich
Vorrang genießt und eine Darlehensgewährung allenfalls in den Fällen des § 9 KfzHV in Betracht kommt. Dieses Vorrang-Nachrang-Verhältnis der beiden Leistungsformen gilt allerdings auch bei § 9 KfzHV selbst. Denn § 9 Abs. 1 Satz1 KfzHV stellt die Leistungsgewährung in besonderen Härtefällen in das Ermessen des Leistungsträgers ("können"). Insoweit heißt es
in der Begründung, die Bundesregierung gehe davon aus, "dass die Träger der beruflichen Rehabilitation das ihnen nach § 9
eingeräumte Ermessen mit der Zielsetzung ausüben, die nach dieser Vorschrift möglichen Leistungen wirkungsvoll zur vollen
beruflichen Eingliederung der in Betracht kommenden Behinderten einzusetzen" (vgl. BR-Drucks. 266/87, S. 28). Dabei können
gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. KfzHV die Leistungen in besonderen Härtefällen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KfzHV als Darlehen erbracht werden, wenn die dort genannten Ziele auch durch ein Darlehen erreicht werden können. Im Umkehrschluss
bedeutet dies, dass auch Leistungen nach § 9 KfzHV grundsätzlich als Zuschuss gewährt werden können und eine darlehensweise Leistungsgewährung im Ermessenswege nur unter der
zusätzlichen Bedingung in Betracht kommt, dass hierdurch gleichwohl eine volle berufliche Eingliederung des behinderten Menschen
erreicht wird.
Ein Anspruch der Klägerin aus § 9 Abs. 1 Satz 1 KfzHV scheidet indes mangels Vorliegen eines besonderen Härtefalles aus. Der Begriff der "besonderen Härte" ist eng auszulegen
(ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 29. Juli 1993, 11/9b RAr 27/92 = SozR 3-4100 § 56 Nr. 10) und zielt auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles. An dieser restriktiven Sichtweise
ist auch nach Inkrafttreten des
SGB IX zum 1. Juli 2001 festzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7a AL 34/06 R - juris Rdnr. 14). Die für behinderte Menschen allgemeingültigen Verhältnisse
begründen somit noch keinen Härtefall, sondern es müssen individuelle Verhältnisse sein (vgl. Luik, in: Schlegel/Voelzke,
jurisPK-
SGB IX, Stand: 15. Januar 2018, §
49 SGB IX, Rdnr. 239 m.w.N.). Es muss sich um Fälle handeln, in denen der unabweisbare behinderungsbedingte Bedarf durch die in der
Verordnung vorgesehenen Leistungen nicht abgedeckt und in denen im Interesse einer umfassenden Eingliederung daher eine dem
Einzelfall angepasste sinnvolle Entscheidung geboten ist; das Vorliegen eines solchen Falles kann sich dabei "vor allem aus
den wirtschaftlichen Verhältnissen des Behinderten, aber auch aus unvorhergesehenen Ereignissen ergeben" (vgl. BR-Drucks.
266/87, S. 26).
Vor diesem Hintergrund verneint der Senat - ebenso wie das Sozialgericht - das Vorliegen einer besonderen Härte. Die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Klägerin sind nicht derart angespannt, dass sie nicht in der Lage ist, den Mercedes-Benz Tourer Vito zu finanzieren.
Dies ergibt sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles sowie daraus, dass der Klägerin letztlich nur deshalb keinen
Anspruch auf Zuschuss zusteht, weil ihr Netto-Arbeitsentgelt die Einkommensgrenze des § 6 Abs. 1 KfzHV überschreitet. Bei der Festlegung der Einkommensgrenzen für eine volle zuschussweise Förderung hat der Verordnungsgeber nämlich
ausweislich der Materialien berücksichtigt, dass neben der geförderten Beschaffung des Kraftfahrzeugs der notwendige Lebensunterhalt
des Behinderten sowie die mit Betrieb und Unterhaltung des Kraftfahrzeugs für berufliche Zwecke durchschnittlich verbundenen
Kosten sicher gestellt sein müssen. Die KfzHV geht dabei grundsätzlich davon aus, dass der Behinderte die nicht durch einen Zuschuss nach § 6 KfzHV abgedeckten Anschaffungskosten mit der bei Kraftfahrzeugkäufen üblichen Finanzierung und den damit verbundenen Belastungen
selbst tragen kann (vgl. BR-Drucks. 266/87, S. 27). Eben das ist hier der Fall. Die Klägerin war durchaus in der Lage, den
Kaufpreis des Mercedes-Benz Vito Tourer über die D-Bank zu finanzieren. Da die insoweit von ihr monatlich zu leistende Darlehensrate
431,18 EUR beträgt, ist damit ganz offenkundig ihr notwendiger Lebensunterhalt sichergestellt, ohne dass es noch darauf ankommen
könnte, ob die von der Beklagten angestellten Berechnungen zur Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch in allen Einzelheiten nachvollziehbar sind. Denn in diese Berechnungen sind sogar Finanzierungskosten in Höhe von 605,59
EUR eingeflossen.
Letztlich zielt das Begehren der Klägerin darauf, trotz Anschaffung des Kraftfahrzeugs und damit verbundener Kosten den bereits
erreichten Lebensstandard zu halten, indem sie hierbei mit nicht mehr als 200 EUR monatlich belastet wird. Dass es der Klägerin
allein darum geht, bestätigt auch das von ihr gewählte Finanzierungsmodell, das dergestalt konzipiert ist, dass sie den von
ihrem Arbeitgeber gewährten Vorschuss von 18.400 EUR, den sie durch monatlichen Einbehalt in Höhe von 200 EUR von ihren laufenden
Gehaltszahlungen zurückzahlt, dafür verwendet, die Darlehensraten der D-Bank in Höhe von 431,18 EUR zu bedienen. In einer
ersten Finanzierungsphase hat die Klägerin somit effektiv finanzielle Einbußen nur in Gestalt der um 200 EUR geringeren Gehaltszahlungen
hinzunehmen.
Den Erhalt bzw. die Sicherung eines einmal vom behinderten Menschen erreichten Lebensstandards bezweckt die KfzHV aber gerade nicht. Vielmehr können die Leistungen nach § 9 KfzHV erbracht werden, um die umfassende Eingliederung des behinderten Menschen in Arbeit zu erreichen. Das gilt dabei nicht nur
für § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KfzHV, sondern ebenso für § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KfzHV (vgl. hierzu: Kater, a.a.O., Rdnr. 64). Die Leistungen der Kraftfahrzeughilfe dienen nicht dazu, angespannte Einkommensverhältnisse
auszugleichen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7a AL 34/06 R - juris Rdnr. 15). Insoweit ist erforderlich, dass noch weitere Umstände hinzutreten.
Das muss dann aber erst Recht in den Fällen gelten, in denen - wie vorliegend - die Einkommensverhältnisse des behinderten
Menschen keinesfalls als angespannt bezeichnet werden können. Weitere besondere Umstände sind im Falle der Klägerin indessen
nicht ersichtlich. Das Bestreben, den Lebensstandard zu halten, teilt jedermann - behinderte wie nicht behinderte Menschen
- gleichermaßen. Abgesehen davon ist die Klägerin auch in der Lage, die Anschaffungskosten mit der bei Kraftfahrzeugkäufen
üblichen Finanzierung und den damit verbundenen Belastungen selbst zu tragen, wovon aber - wie vorstehend bereits ausgeführt
- gerade auch der Verordnungsgeber ausgeht (vgl. BR-Drucks. 266/87, S. 27). Dann aber kann keinesfalls von atypischen Verhältnissen
die Rede sein, die eine besondere Härte im Sinne von § 9 KfzHV begründen.
Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass sich die finanzielle Situation der Klägerin dann verändern wird, wenn
der von ihrem Arbeitgeber gewährte Vorschuss von 18.400 EUR aufgebraucht ist. Ab diesem Zeitpunkt muss sie wegen des Einbehalts
von ihren laufenden Gehaltszahlungen zwar unverändert mit 200 EUR monatlich weniger auskommen, zusätzlich aber die Darlehensverbindlichkeiten
gegenüber der D-Bank in Höhe von 431,18 EUR bedienen. Ungeachtet dessen, ob diese erst künftig eintretende Situation bei der
Beurteilung eines besonderen Härtefalls überhaupt berücksichtigt werden darf, ist jedenfalls zu konstatierten, dass die Klägerin
diese Situation durch das von ihr gewählte Finanzierungsmodell selbst herbeigeführt hat. Es liegt auf der Hand, dass sich
bei dieser Sachlage die Annahme eines unvorhergesehenen Ereignisses im Sinne eines besonderen Härtefalls verbietet. Das gilt
umso mehr, dass bei Berücksichtigung von künftig höheren finanziellen Belastungen dann auch in den Blick genommen werden müsste,
wie sich zwischenzeitlich das Einkommen des behinderten Menschen entwickelt hat. Das monatliche Nettoeinkommen der Klägerin
hat sich ihren eigenen Angaben zufolge seit Januar 2017 aber auf 2.678 EUR erhöht.
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht mit Blick auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), Gesetz vom 21. Dezember 2008, BGBl.
II, S. 1419, in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft seit 26. März 2009, BGBl. II, S. 812). Zwar ist der Klägerin beizupflichten, wenn sie meint, dass die innerstaatlichen Regelungen, insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe,
im Lichte der UN-BRK ausgelegt werden müssen und außerdem die UN-BRK bei der Ermessensausübung zu beachten ist (vgl. LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 26. September 2012, L 2 SO 1378/11 - juris Rdnr. 39 m.w.N.). Daraus lässt sich jedoch kein für sie günstigeres
Ergebnis ableiten, weil die speziell für die Leistungen zur Teilhabe bedeutsamen Art. 26 bis 28 UN-BRK ebenfalls auf eine
umfassende Eingliederung des behinderten Menschen in Arbeit und nicht auf die Sicherung eines bestimmten Lebensstandards zielen.
Auch das in Art. 5 Abs. 2 UN-BRK normierte Diskriminierungsverbot, das unmittelbar zur Anwendung gelangt und im Wesentlichen
den Vorgaben des Art.
3 Abs.
2 Satz 2
Grundgesetz (
GG) entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2012, B 1 KR 10/11 R - juris Rdnr. 31), stützt die Auffassung der Klägerin nicht. Ihr Vergleich mit nicht behinderten Menschen greift schon deshalb
zu kurz, weil - worauf bereits die Beklagte zu Recht abgestellt hat - die Klägerin Leistungen begehrt, die nicht behinderte
Menschen von vornherein nicht beanspruchen können. Aber auch gegenüber anderen behinderten Menschen mit weniger schwerwiegenden
Beeinträchtigungen wird die Klägerin nicht aufgrund ihrer Behinderung diskriminiert. Insoweit verkennt sie, dass sie letztlich
nur wegen ihrer guten Einkommensverhältnisse keine Leistungen der Kraftfahrzeughilfe erhält.
Eine andere Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Zuschusses steht der Klägerin nicht zur Seite.
Zwar ist bei einem Antrag auf Kraftfahrzeughilfe wegen §
14 SGB IX vom angegangenen Rehabilitationsträger, der den Antrag nicht rechtzeitig weitergeleitet hat, auch die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe
nach § 8 Verordnung nach § 60 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV)) vom 1. Februar 1975 (BGBl. I, S. 433), zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch Art. 13 Nr. 4 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in
das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 3022) als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII)) zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2014, B 11 AL 6/13 R = SozR 4-3500 § 14 Nr. 1). Einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch den dafür zuständigen
Träger der Sozialhilfe (§
5 Nr.
4, §
6 Abs.
1 Nr.
7 SGB IX) hat die Beklagte offenbar nicht in Betracht gezogen. Das aber beruhte augenscheinlich darauf, dass die Klägerin zu keinem
Zeitpunkt geltend gemacht hatte, ein Kraftfahrzeug für ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu benötigen. Ein solcher
Bedarf der mit einem Elektrorollstuhl versorgten Klägerin ist in der Folgezeit ebenso wenig zu Tage getreten und wird daher
auch vom Senat nicht gesehen. Bei dieser Sachlage erübrigte sich deshalb die eigentlich im Streit um Leistungen zur Teilhabe
nach §
14 SGB IX gegen einen vorläufig zuständigen Rehabilitationsträger notwendige Beiladung aller anderen in Betracht kommenden Rehabilitationsträger
(§
75 Abs.
2, 1. Alt.
SGG, vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R = SozR 4-3250 § 14 Nr. 8), vorliegend mithin des für die Eingliederungshilfe zuständigen Sozialhilfeträgers.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.